Skip to main content

Full text of "Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Classe"

See other formats


^•^  *     I 


Ü 


^ "  tf 


Ire  | 


>  *  H 


•'WN$ 


adj^S 


Iftbrarg  of  %  gUtscum 


OF 


COMPARATIYE    ZOÖLOGY, 

AT  HARVARD  COLLEGE,  CAMBRIDGE,  MASS. 
jFounücti  1)2?  jm'batc  sufcscrfptfmt,  in  1861. 

From  the  Library  of  LOUIS  AGASSIZ. 

No.  /32,. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER    KAISERLICHEN 


AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHE  CLASSE. 


NEUNUNDVIERZIGSTER  HAND. 


WIEN. 

AUS  DER  K.   K.  HOF-  UNI)  STAATSDRUCKEREI. 

IN  COMMISSION  BEI   KARL   SEROLD'S  SONN,  BUCHHÄNDLER   DER   KAIS.    AKADEMIE 
DER    WISSENSCHAFTEN. 

1804. 


SllZI.!MiN«KBH:il*M 


DEK 


MATHEMATISCH-NATURWISSENSCHAFTLICHEN 

CLASSE 


DER  KAISERLICHEN 


AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 


XLIX.  BAND.  I.  ABTHEILIJM. 

Jahrgang   1864.  —  Heft   I  bis  "V. 

v'  (litt  27  «nftln.) 


WIEN. 

AUS  DER  K.  K.  HOF-  UND  STAATSDRUCKEREI. 

IN  CUMMISSION  BEI   KARL  GEROLD'S  SOHN.   BUCHHÄNDLER   DER    KAIS.  AKADEMIE 
DER  WISSENSCHAFTEN. 

1864. 


IN  II  A  LT. 


I.  Sitzung  vom  8.  Jänner  1864:  Übersicht 3 

v.Zepharovich,  Krystallographische  Studien  über  denldokras. 

(Mit  13  Tafeln.) 6 

Ettingshausen,  C.v.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Flächonskelete 

der  Farnkräuter.  II.  (Auszug.) 135 

II.  Sitzung  vom  14.  Jänner  1864:  Übersicht 136 

Leitgeb ,     Zur     Kenntniss    von     Harlwegia    commosa   Nees. 

(Mit  1  Tafel.) 138 

Hyrtl,  Über  eine  Eigentümlichkeit  des  Schlundes  von  Catla 

Buchanani.  (Mit  1  Tafel.) 161 

—     Über  das  Verhalten  der  Leberarterie  zur  Pfortader  bei 

Amphibien  und  Fischen.  (Mit  1  Tafel.) 167 

III.  Sitzung  vom  21.  Jänner  1864:  Übersicht    .........  176 

Baue,   Der   albanesische   Drin   und   die   Geologie   Albaniens, 

besonders  seines  tertiären  Beckens 179 

IV.   Sitzung;  vom  4.  Februar  1864:  Übersicht 195 


V.  Sitzung  vom  18.  Februar  1864:  Übersicht 198 

Steindachner,  Ichthyologische  Notizen.  (Mit  2  Tafeln.)       .    .        200 
Rcuss,  Über  fossile  Lepadiden.  (Mit  3  Tafeln.) 215 

VI.  Sitzung  vom  25.  Februar  1864:  Übersicht 247 

Boue,  Über  die  Geogenie  der  Mandel-,  Blatter-  oder  Schaal- 
steine,  der  Variolithen,  der  Serpentine  und  der  kieseli- 
gen Puddingsteine 249 

Hyrtl,  Über  Wirbelassimilation  bei  Amphibien.  (Mit  1  Tafel.)         264 

VII.  Sitzung  vom  10.  März  1864:  Übersicht 273 

Leitgeb,  Über  kugelförmige  Zellverdickungen  in  der  Wurzel- 
hülle einiger  Orchideen.  (Mit  1  Tafel.) 275 

VIII.  Sitzung  vom  17.  März  1864:  Übersicht 287 

Unger,  Über  einen  in  der  Tertiärformation  sehr  verbreiteten 

Farn.  (Mit  2  Tafeln.) 289 

IX.  Sitzung  vom  31.  März  1864:  Übersicht 298 

Boue,  Über  die  neuen  Karten  der  zwei  serbischen  Kreise  von 
Uschitze  (Ujitze)  von  Steph.  Obradovitsch  und  von 
Knjesevatz  (ehemals  Gorguschovatz)  von  K.  Kiko. 
(Mit  1  Tafel.) 301 


VI 

Seite 

X.  Sitzung  vom  14.  April  1864:  Übersicht 327 

Tschermak,  Einige  Pseudomorphosen.  III.  (Mit  1  Tafel.)    .    .  330 
Diesing ,   Revision  der  Cephalocotyleen.   Abtheilung:  Cyclo- 

cotyleen r 357 

liosow,  Experimente  über  die  Durchschneidung  des  Seh- 
nerven               431 

XI.  Sitzung  vom  21.  April  1864:  Übersicht 437 

ßoue,  Über  die  säulenförmigen  Gesteine,  einige  Porphyr- 
districte  Schottlands,  so  wie  über  die  vier  Basalt- 
gruppen des  nördlichen  Irlands  und  der  Hebriden    .    .         439 

Kner ,    Einiges   über   die   Thymusdrüse  bei  Fischen  und  die 

Schwimmblase  der  Stachelflosser       455 

XII.  Sitzung  vom  28.  April  1864:  Übersicht 460 


XIII.  Sitzung  vom  12.  Mai  1864:  Übersicht 463 

v.  Hochstetter ,  Über  das  Vorkommen  und  die  verschiedenen 
Abarten  von  neuseeländischem  Nephrit  (Punamu  der 
Maoris) 466 

Kner,   Specielles   Verzeichniss   der   während   der  Reise  der 

kais.  Fregatte  „Novara"  gesammelten  Fische    ....        481 

Boue ,  Über  die  canalartige  Form  gewisser  Thälcr  und  Fluss- 
bette              487 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KAISERLICHEN  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 

MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE  CLASSE. 

XL1X.  BAND. 

ERSTE  ABTHEILÜNGr. 
1. 

Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der  Mineralogie,  Botanik, 
Zoologie,  Anatomie,  Geologie  und  Paläontologie. 


I.  SITZUNG  VOM  8.  JÄNNER  1864. 


Herr  Hofrath  W.  Hai  ding  er  übermittelt  eine  Abhandlung, 
betitelt:  „Sternschnuppen,  Feuerkugeln  und  Meteoritenschwürnie 
im  Zusammenhange  betrachtet". 

Derselbe  übersendet  ferner  den  „zweiten  Bericht  über  das  zu 
Athen  am  18.  October  1863  beobachtete  Feuermeteor (e  von  Herrn 
Dr.  Julius  Schmidt,  Director  der  Sternwarte  zu  Athen. 

Herr  Dr.  Ernst  Mach  erklärt  sich,  mit  Schreiben  vom 
6.  Jänner,  bereit,  die  ihm  von  der  Classe  übertragene  wissenschaft- 
liche Untersuchung  der  Schallleitung  im  menschlichen  Gehörorgan 
auszuführen,  und  dankt  für  die  ihm  zu  diesem  Zwecke  bewilligte 
Subvention  von  500  fl.  ö.  W. 

Herr  Dr.  Rud.  Edler  v.  Vivenot  junior  übermittelt  eine 
Abhandlung:  „Beobachtungen  über  die  Verdunstung  und  deren 
Beziehung  zu  Temperatur,  Feuchtigkeit,  Luftströmungen  und 
Niederschlägen". 

Herr  Fr.  J.  Öhri,  pens.  k.  k.  General-Auditor  zu  Güns,  über- 
sendet eine  Abhandlung,  betitelt:  „Die  Welt"  mit  dem  Ersuchen 
um  deren  Beurtheilung. 

Herr  Prof.  C.  Ludwig  legt  eine  Abhandlung  vor:  „Über  die 
Bindung  und  Ausscheidung  der  Blutkohlensäure  bei  der  Lungen- 
und  Gewebeathmung"  von  Herrn  Dr.  W.  Preyer. 

Das  c.  M.,  Herr  Prof.  C.  Ritter  v.  Ettingshausen,  über- 
reicht sein  eben  erschienenes  Werk,  betitelt:  „Photographisches 
Album  der  Flora  Örterreichs,  zugleich  ein  Handbuch  zum  Selbst- 
unterricht in  der  Pflanzenkunde"  und  knüpft  daran  einige  erläu- 
ternde Bemerkungen.  Derselbe  übergibt  ferner  den  zweiten  Theil 
seiner  für  die  Denkschriften  bestimmten  Abhandlung:  „Beiträge  zur 
Kenntniss  der  Flächen- Skelete  der  Farnkräuter". 

Herr  Dr.   J.    Wiesner,    Docent    am    k.    k.    polytechnischen 

Institute,  legt  die  erste   Abtheilung   einer  Abhandlung   „über  die 

Zerstörung  der  Hölzer  an  der  Atmosphäre"  vor. 

1* 


4 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 

Ännales   des  mines.    YIe  Serie.   Tome  IV.  4e  Livraison  de  1863. 

Paris,  1863;  So- 
Astronomische  Nachrichten.  Nr.  1452— 1455.  Altona,  1863;  4°- 
Clausius,    R.,    Über    den    Unterschied    zwischen    activem    und 
gewöhnlichem   Sauerstoffe.   (Aus    der   Vierteljahresschrift  der 
naturf.  Ges.  zu  Zürich.  Bd.  VIII.)  8<>- 
Comptes    rendus    des    seances    de    l'Academie    des    Sciences. 

TomeLVII.  No.  22—25.  Paris,  1863;  4o- 
Cosmos.    XII'  Annee,   23e    Volume,  25e— 26e  Livraisons.    1863. 

XIIIe  Annee,  24°  Volume,  lre  Livraison.  Paris,  1864;  8»- 
Ettings hausen,    Const.    Ritt.    v. ,    Photographisches    Album    der 
Flora  Österreichs,  zugleich  ein  Handbuch  zum  Selbstunterricht 
in  der  Pflanzenkunde.  Mit  173  Tafeln.  Wien,  1864;  So- 
Genootschap    van    Künsten    en    Wetenschappen,    Bataviaasch: 
Verbandelingen.  Deel  XXIX.  Batavia,  1862;  4<>-  —  Tijdschrift 
voor  indische  Taal-Land-en  Volkenkunde.  Deel  XI.  Aflevering 
1-6.  Batavia  ,1861;  Deel  XIL  Aflev.  1  —  6.  Batavia,  1 862 ;  So- 
Gesellschaft,    naturforschende,    in    Danzig:     Schriften.    Neue 

Folge.  I.  Bd.,  1.  Heft.  Danzig,  1863;  So- 
Gewerbe-Verein,   nieder  -österr. :  Verhandlungen  und  Mitthei- 
lungen. Jahrg.  1863.  10.  u.  11.  Heft.  Wien;  So- 
Land-    und    forstwirtschaftliche    Zeitung.    XIII.    Jahrg.,     1863. 

Nr.  36.  XIV.  Jahrg.  Nr.  1.  Wien,  1864;  4<>- 
Larrey,  Baron  H.,  Notice    sur  l'hygiene  des  hopitaux  militaires. 
8°-  —  Discours  prononce  aux  obseques  de  M.  Alphonse  Robert. 
Paris,    1862;   8»-  —  Discours  prononce  le  6  Janvier  1863  ä 
l'Academie  Imp.  de  Medecine.  Paris,  1863;  8°' 
Mittheilungen  aus  J.  Perthes'  geographischer  Anstalt.    Jahr- 
gang 1863.  XI.  Heft.  Ergänzungsheft  Nr.  11.  Gotha;  4o- 
Mondes.  1"  Annee,  Tome  IIr,  21c — 23*  Livraisons.  Paris,  Leipzig, 

Tournai,  1863;  So- 
Mo  niteur  scientifique.    168.  Livraison.   Tome  Ve,   Annee    1863, 

Paris,  1863;  4o- 
Museum  Francisco  -  Carolinum.   22.  Bericht.  Linz,  1862;  So-  — 
Urkunden  -  Buch  des   Landes   ob   der  Enns.   II.  Band.  Wien, 
1856;  8o- 


Pengelly,  William,  and  Oswald  Heer,  On  the  Lignite  Formation 
of  Bovey  Tracey,  Devonshire.  (From  the  Philosophical  Trans- 
actions.  Part  II.  1862.)  London,  1863;  4°- 
Pucheran,  Essai  de  Determination  des  caracteres  generaux  de  la 

Faune  de  la  Nouvelle-  Guinee.  4°- 
Revoltella,   P. ,  Österreichs  Betheiligung  am  Welthandel.   (Als 

Manuscript  gedruckt.)  Triest;  So- 
Schönemann,  Th.,  Das  Horizontal-Dynamometer  und  seine  An- 
wendung   auf  die  Mechanik.    Nebst    Ableitung    eines    neuen 
Princips  für  den  Ausfluss  tropfbarer  und  luftförmiger  Flüssig- 
keiten. Berlin,  1864;  So- 
So  ci  et  e  Imperiale  de  Medecine  de  Constantinople:  Gazette  medicale 

d1  Orient.  VIIe  Annee,  Nr.  8.  Constantinople,  1863;  4«- 
Society,  The  Royal  Astronomical :  Memoirs.   Vol.  XXXI.  London, 

1863;  4o- 
—  The   Asiatic,    of  Bengal:    Journal.    Nr.    2.    1863.    Calcutta, 
1863;  8o- 
Verein,    OfFenbacher,    für   Naturkunde:   4.   Bericht  über    seine 
Thätigkeit.   OfFenbach   a/M.,  1863;    So-  —  Denkschrift,    der 
Dr.  Job.  Christ.  Senckenbergischen  Stiftung  zu  ihrer  Säcular- 
feier  gewidmet.  OfFenbach;  4o« 
Wiener     medizinische    Wochenschrift.     XIII.    Jahrgang,     1863. 

Nr.  51  —  52.  XIV.  Jahrg.  Nr.  1.  Wien,   1863  ;  4<>- 
Wochen-Blatt  der    k.  k.    steierm.  Landwirthschafts  -  Gesell- 
schaft. XIII.  Jahrgang,  Nr.  11.  Gratz,  1863;  4<>< 
Zimmermann,  Karl,  Jakob  Reuter.  Ein  Nekrolog.  Wien,  1863;  8°* 


Zepharovich. 


Krystallo graphische  Studien  über  den  Idokras. 
Von  V.  Ritter  v.  Zepharovich. 

(Mit  13  Tafeln.) 
(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  9.  Juli  1863.) 

I.  Allgemeiner  Theil. 

Für  die  Grundgestalt  der  Idokras  -Krystallformen  liegen  in 
den  neueren  mineralogischen  Handbüchern  zwei  ziemlich  abwei- 
chende Winkelangaben  vor : 

«i,i    rT^       iS0°  31'     a  f  0-535104:1 

(Hl):(lii)  =  jso     39    ,  daraus  c:«=|0.S37199!l 


die  erstere  enthalten  in  den  Werken  von  Mohs  1821 — 1839  (wohl 
nach  Haidinger's  Messung),  welche  in  die  Mineralogien  von 
Brooke  und  Miller  1852,  Dana  1855,  Dufrenoy  1856  und 
Zippe  1859  überging;  die  letztere  nach  den  Messungen  Kupf- 
fer's  1825  und  v.  Kokscharow's  1853,  in  den  Handbüchern 
von  Naumann  (die  neueren  Auflagen)  und  Descloizeaux  1802. 

Kupffer1)  erhielt  den  obigen  Werth  durch  14malige  Mes- 
sung eines  Kantenwinkels  an  einem  Krystalle  aus  Piemont  mittelst 
eines  Wollaston'schen  Goniometers  in  seiner  ursprünglichen  Ein- 
richtung. 

Kokscharow3)  bestimmte  mit  einem  Mitscherlich'schen 
Goniometer  au  zwei  ausgezeichneten  Krystallen  aus  dem  Ural,  (1) 
von  Poljakows,  (2)  von  Acbmatowsk,  die  Polkante  von 

mn       P°  39'  30' W 

1      J  ~~  (50    39    —      (2) 

(1)  aus  drei  und  (2)  aus  zwei  vollkommen  übereinstimmenden 
Messungen  an  zwei  verschiedenen  Kanten,  und 

(111):  (001)  =  37°  13'   25 (1) 

als  Mittel  aus  17  Messungen  von  drei  Kanten  eines  Krystalles. 


»)  Preisselirift,  182!>.  S.  96. 

2)  Maler.  /.  Mineralogie  Russlands  1S53,  1.  Bd    S.  122.  n". 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  7 

Die  nahe  Übereinstimmung  dieser  Winkel  mit  Kupffer's 
Messung  veranlasste  Kokscharow  die  letztere,  oder  das  Para- 
meter-Verhältniss  c :  a  =  0*5372  :  1  seinen  Messungen  zu  Grunde 
zu  legen.  Dass  dieses  Verhältniss  für  die  Krystalle  von  Poljakowsk 
angenommen  werden  dürfe,  folgt  aus  einer  Vergleichung  der  meist 
nur  ganz  unbedeutend  von  einander  abweichenden  Ergebnisse  von 
Piechnung  und  Messung  verschiedener  Kanten  an  7  Kryst.  der  ge- 
nannten Localität. 

Kokscharow  folgert  noch  weiter  aus  seinen  Beobachtun- 
gen, dass  auch  an  den  Krystallen  aus  Achmatowsk  und  Piemont 
und  wahrscheinlich  auch  an  jenen  vom  Vesuv  der  Polkantenwinkel 
von  {111}  50°  39'  oder  39 ^V  betrage.  Er  fand  nämlich  an  einem 
Krystalle  aus  Piemont 

(lil):(Tll)  =  50°  39' 
(Hl)  :  (001)  =  37     14 

und  an  einem  Ki^stalle  vom  Vesuv 

(111):  (HO)  =  52°  46 %' 

durch  in  der  Zahl  von  1.  2  und  1  vorgenommene  Messungen. 

Die  Winkelfrage  schien  mir  aber  wie  für  die  vesuvischen,  auch 
bezüglich  der  piemontesischen  Kryst.  noch  eine  offene  zu  sein,  denn 
auch  die  sorgfältigsten  Beobachtungen  in  so  geringer  Anzahl,  wie 
sie  von  Kupffer  und  Kokscharow  für  die  bezeichneten  Fundorte 
vorliegen,  dürften  wohl  nicht  zur  Feststellung  der  krysfallographi- 
schen  Constanten  für  eine  bestimmte  Localität  genügen. 

Ich  habe  mir  die  Aufgabe  gestellt,  zunächst  die  Gestaltungs- 
verhältnisse der  Krystalle  von  der  Mussa-AIpe  in  Piemont,  welche  in 
dem  k.  k.  Mineraliencabinet  zu  Wien  reichlich  vertreten  sind,  einem 
möglichst  eingehenden  Studium  zu  unterziehen  und  gleichzeitig  beson- 
dere Rücksicht  zu  nehmen  auf  die  vonB  reithau  pt  in  seinen  „vorläu- 
figen Nachrichten"  vom  Jahre  1829 J)  und  in  jenen  vom  Jahre  18602), 


l)  Schweigger's  Jahrbuch  1829,  XXVII,  S.  83  ff.  —  Gegen  Bre  ithaup  t's  Ansich- 
ten über  die  einfachen  Krvstallformen  hat  sich  schon  damals  Glocker  (mineral. 
Jahreshefte,  1831  u.  1832,  S.  33)  bestimmt  ausgesprochen. 

~)  Berg-  und  hüttenmiinn.  Zeitung  von  Bornemann  und  Kerl,  1800,  Nr.  10  und 
v.  Hingenau's  österr.  Zeitschr.  für  Berg-  u.  Hüttenwesen,  1S60. 


ö  Z  e  p  li  a  r  o  v  i  c  h. 

und  in  allen  inzwischen  erschienenen  einschlägigen  Publicationen, 
festgehaltene  Asymmetrie  der  Idokras-Pyramiden  {111}  und  {101}, 
obgleich  Kokschar ow,  1853,  dieser  Angabe,  gestützt  auf  seine 
anerkannt  genauen  Messungen,  entschieden  entgegengetreten 
war  !)• 

Das  vorzügliche  Material,  welches  mir  auch  von  anderen  Fund- 
orten in  Wien  zu  Gebote  stand,  veranlasste  jedoch  bald  die  anfäng- 
lich engeren  Grenzen  der  Arbeit  zu  überschreiten,  so  dass  sie  sich 
schliesslich  auf  alle  (138)  messbaren  Krystalle,  die  ich  erhalten 
konnte,  erstreckte  und  sich  nun  auf  die  folgenden  Localitäten,  denen 
ich  die  Anzahl  der  gemessenen  Krystalle  beisetze,  bezieht: 

Monte  Somma,  Neapel 17 

Mussa-Alpe,  Piemont 99 

Zermatt,  Schweiz 13 

Pfitsch  und  Monzoni,  Tirol 7 

Eker,  Norwegen 2 

Im  Ganzen  sind  mir  weit  über  200  Kryst.  nebst  brieflichen 
Mittheilungen  zugekommen  von  den  Herren  Dir.  M.  Hörnes,  Prof. 
F.  v.  Hochs tett er  und  Hofrath  W.  Haidinger  in  Wien,  Dr.  V.  v. 
Lang  in  London,  Prof.  A.  Kenngott  in  Zürich,  Dr.  A.  Krantz 
in  Bonn,  von  den  Prof.  Q.  Sella  und  B.  Gastaldi  in  Turin, 
und  A.  Scacchi  in  Neapel,  von  Dr.  Th.  Kjerulf  in  Christiania, 
Dir.  L.  Li  ebener  in  Innsbruck,  F.  Hessenberg  in  Frankfurt, 
Dr.  0.  Speyer  in  Cassel  und  Prof.  S.  Aichhorn  in  Graz,  welchen 
ich  für  ihre  freundliche  Bereitwilligkeit  meine  Arbeit  zu  fördern,  zu 
besonderem  Danke  verpflichtet  bin. 

Die  Messungen  habe  ich  mit  meinem,  mit  zwei  Fernrohren 
versehenem  Reflexions  -  Goniometer  (Mitscherlich's  Construction) 
ausgeführt.  Die  Theilung  des  Limbus,  9  Zoll  im  Durchmesser,  gibt 
10  Minuten  direct,  mit  dem  Nonius  10  Secunden  und  beträgt  der 
wahrscheinliche  Fehler  einer  Ablesung  —  nach  einer  bei  früherer 
Gelegenheit  vorgenommenen  Ermittelung  —  53/4  Secunden,  so  dass 
die  Angaben  des  Instrumentes,  ohne  einen  erheblichen  Fehler  be- 
fürchten zu  lassen,  unmittelbar  benützt  werden  können. 


i)  A.  r.  o.  S.  131. 


Krystallographisehe  Studien  über  den  [dokras.  0 

Den  Ergebnissen  meiner  Messungen  lasse  ich  hier  eine  tabel- 
larische Übersicht  der  am  Id.  auftretenden  Krystallgestalten  und 
deren  Bezeichnungsweise  durch  verschiedene  Krystallographen 
vorangehen.  Die  Tabelle  gibt  in  den  drei  ersten  Hauptcolonnen  die 
Symbolik  sämmtlicher  Formen  nach  Whewell  —  Miller,  Weiss 
und  Naumann;  die  eingeklammerten  Buchstaben  der  mit  (Z)  und 
(TT)  überschriebenen  Rubriken  beziehen  sich  auf  die  Figuren  dieser 
Abhandlung  und  der  Tafeln  X  und  XI  zu  Kokscharow's  Minera- 
logie Russlands. 


10 


Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h. 


Millei 

Weiss 

Naumann 

Desclnizeaux 
1862 

Dufrenoy 
1856 

Dana 
1855 

Z 

K 

i) 

73 

001 

(ö 

eoa 

eoa  :  c 

0P 

(P) 

P 

P 

0 

1,1,20 

(«) 

20« 

20a  :c 

W 

— 

— 

— 

1,1,10 

(ß) 

10« 

10a :  c 

VioP 

— 

— 

— 

119 

(x) 

9a 

9a  :  c 

%p 

— 

— 

— 

118 

0) 

8« 

8a :  c 

VsP 

— 

— 

117 

0*3 

7« 

la  :  c 

1/7P 

— 

— 

— 

116 

(0 

6a 

6a  :  c 

VeP 

— 

— 

— 

HS 

G) 

5« 

5a  :  c 

%P 

— 

— 

— 

114 

O/) 

4« 

4a  :  c 

*AP 

— 

— 

— 

113 

i#) 

3a 

3«  :  c 

V3P 

(0 

(,■■  , 

b3 

's 

112 

CO 

2« 

2«  :  c 

%p 

f)i 

b* 

]  0 

33a 

0) 

5  a 

5a :  3c 

3/sP 

— 

— 

— 

445 

W 

5  a 

5a  :4c 

%P 

— 

— 

— 

111 

00 

a 

a  :  c 

P 

00 

b% 

Z.i 

1 

885 

0*) 

5  a 

5a :  8c 

%P 

— 

— 

— 

221 

(p) 

a 

a:2c 

2P 

(*) 

*'/* 

öVa 

2 

331 

(0 

a 

a  :  3c 

3P 

(0 

*v« 

6 '  3 

3 

551 

a 

a :  5c 

5P 

— 

— 

5 

102 

(?) 

2« 

eea  :  c 

y3Poc 

— 

— 

— 

101 

(o) 

a 

eoa:  c 

Peo 

00 

«1 

«' 

(«2) 

1/ 

302 

(?) 

2  a 

eoa :  3c 

%Peo 

— 

— 

— 

201 

(«) 

a 

<x>a  :  2c 

2Peo 

00 

'  «Vs 

— 

2/ 

301 

(*) 

a 

eoa  :  3c 

3Pee 

— 

— 

1 

747 

00 

la 

4a  :  4c 

P7A 

— 

— 

212 

(n) 

2a 

a  :  c 

P2 

— 

— 

— 

423 

(0 

6« 

3a  :  4c 

ViPa 

(7,1 

«W/V) 

00 

— 

— 

211 

0) 

2a 

«:2c 

2P2 

0) 

(7,1 

Ji/3Ai    )  =  «3 

W 

«2 

'>•> 

421 

{<() 

2a 

a  :  4c 

4P2 

(61 

i*y«Ai  ) 

(w) 

(*yf**/4Ä») 

(i1) 

42 

737 

(»0 

7a 

3«  :  3c 

F% 

— 

— 

— 

833 

(?) 

8rt 

3« :  8c 

8/3JP% 

— 

— 

- 

319 

00 

9a 

:  3a  :  c 

1/3  P3 

— 

■ — 

315 

(0 

15a 

5a  :  3c 

y5P3 

— 

— 

- 

629 

0) 

9a: 

3c :  2c 

%P3 

— 

— 

- 

313 

0*0 

3a 

a :  c 

P3 

(ar) 

(H 

^'AAVi) 

(£) 

— 

— 

312 

(0 

6  a 

2«  :3c 

s/,P3 

(«) 

(7,i 

J1/,/*'   )=a2 

<£) 

(7W,i3«y2) 

(0 

%3 

311 

0) 

3  a 

« :  3c 

3P3 

(») 

(&  Vz  b  V4  Ä  *  ) 

w 

":; 

33 

61.20,20 

3,05a 

«:3,03c 

•;  0  *  20 

(>») 

— 

■ — 

— 

411 

(?/) 

4a 

«  :  4c 

4P4 

(7,1 

aW    ) 

0*0 

"4 

44 

511 

(») 

5a 

« :  5c 

5P5 

(/,■ 

^Ve*1   ) 

(v) 

— 

711 

(«0 

7a 

«:7c 

7P7 

— 

— 

— 

HO 

(m) 

a 

«  :  eoc 

ocP 

(d) 

m 

M 

/ 

530 

(?) 

5a 

3« :  c»bc 

CO  P5  s 

— 

— 

— 

740 

(40 

la 

4a :  eoc 

oopy4 

— 

— 

— 

210 

(/') 

2  a 

a:  eoc 

~/'2 

(/•) 

//« 

A2 

/2 

310 

(ä) 

3  a 

a  :  eoc 

00  P3 

«- 

äs 

/:: 

100 

(«) 

eoa 

a  :  o»c 

00  Peo 

(Ä) 

Äl 

//i 

i  i 

Krystallograpltische  Studien  über  de*n  Idokras. 


11 


Hausmann 

Mohs 

Levy 

Ha  iiv 

IM? 

1S39 

183S 

1801 

M 

L 

7/ 

A 

P~co 

in 

P 

P 

</J) 

R.  de  l'lsle  1783. 
Z 

AE$ 

— 

— 

— 

Z 

v.  Kobell  1833. 
Z 

z 

AEZ 

AEl 

%P-2 
.  P— 2 

0)9 

Ö3 

A 

0) 

z 

z 

PresI  1837  (?) 
de  l'lsle,  Hauy 
Haidinger  (?) 

Z 

Z 
de  1'  Isle,  Hauy 

Z 
Haidinger  (?) 
de  risle,  Weiss  1826 
Dana  1855 

P 

P 

w 

a> 

Ä 

00 

EA% 
EAi/s 

P+2 

3/zP+2 

(0 

(0* 

«Vi 

— 

l) 

P-l 

0) 

6» 

2 

B 

(» 

Z 

de  l'lsle,  Hauy. 
Z 

Haidinger  (?) 

BA  '/2 

P+l 

(</) 

— 

— 

— 

■ — 

— 

Z 

— 

— 

— 

— 

z 
z 

Hessenberg  1858. 
Hauy  1801 
Haidinger  (?) 

Z 

Z 

Z 

z 
z 

Haidinger  (?) 
Weiss  1826 
de  l'lsle,  Hauy 
Kokscharow  1853 
Hauy  1801  (?) 
G.  Rose  (?) 

BDI 
BB2.   EAft 

(P— 1)3 

(r+iy 

0) 

(WVitf1) 

U'1) 

U'/?2Gi 

oo 

BAyz.DBy% 

BD3 

Bm 

(P-2)3 
(P)3 

(P)4 
(P)5 

0) 
0) 

O) 
GO* 

«3 
«4 

CO 

>/sA%B*Gl 

2.42  52  Gl 

— 



— ■ 

— 

Z 

E 

P+~ 

(0 

01 

iG1 

(<0 

de  l'lsle,  Hauy 
Z 

z 

de  l'lsle,  Hauy 
Haidinger  (?) 
de  l'lsle,  Hauy 

BB2 
BB3 
B 

[(P+~)3] 
(P+~)3 

[P+«>] 

cn 
(*) 

(i¥) 

#2 

• 

2^2 
3/1 

(Ä) 

(A0 

*  In  Mobs 

'  Grundi'iss, 

824, 

nicht  entlial 

ene 

Formen. 

1  2  Zepharovich. 

Die  übrigen  Colonnen  der  vorstehenden  Tafel  enthalten,  um  die 
fortschreitende  Kenntniss  darzustellen,  in  chronologischer  Reihung  die 
Synonymik  nach  den  Angaben  der  wichtigsten  mineralogischen  Hand- 
bücher, gleichfalls  mit  den  auf  Abbildungen  bezüglichen  Buchstaben 
in  Klammern.  In  die  letzte  Rubrik  endlich  sind  die  Namen  Jener 
gestellt,  welche  die  einzelnen  Formen  zuerst  beobachtet  oder  mit- 
getheilt  —  bei  den  älteren  Daten  so  weit,  als  sich  dies  in  der  mir 
zu  Gebote  stehenden  Literatur  ermitteln  Hess. 

Nach  dieser  Übersicht  und  der  stereographischen  Projection 
Fig.  74  sind  am  Mokras  46  verschiedene  einfache  Krystallformen 
nachgewiesen  und  zwar: 

1  Pinakoid, 

,    t.  \  17  normaler    )  _,  „ 

21  tetragonale  Pyramiden  s    M  ,.  ,     }  Stellung, 

°  (5  diagonaler) 

17  oktogonale  Pyramiden, 

2  tetragonale  Prismen. 
4  oktogonale  Prismen. 

Diese  Zahl  Hesse  sich  wohl  noch  erhöhen,  da  mehrere  Sym- 
bole in  vorstehender  Tafel  als  Repräsentanten  einer  Reihe  sehr  nahe 
liegender  Flächen  aufzufassen  sind  ')•  Von  den  bezeichneten  Kryst.- 
Formen  waren  24  schon  früher  bekannt.  Ich  habe  sie  alle  beobachtet 
mit  Ausnahme  der  Pyramide  (551),  welche  ohne  weitere  Bemer- 
kung in  Dana's  Mineralogy  1855,  pag.  198,  angegeben  ist. 

Die  daselbst,  so  wie  in  allen  grösseren  Werken  citirte  Pyramide 
(441)  habe  ich  als  noch  nicht  bestimmt  nachgewiesen  in  dasFormen- 
verzeichniss  nicht  aufgenommen.  Die  erste  Anzeige  derselben  stammt 
von  Hauy  nach  R.  de  lTsle's  Beschreibung  und  Zeichnung  a).  Aus 
letzterer  folgt  aber,  wenn  den  Hauy'schen  Flächen  s  der  Index  (131) 
zukommt,  deutlich  r  =  (331)  und  nicht  (441)  wie  Hauy  annahm, 
und  in  seiner  var.  encadree  und  enneacontacdre  zeichnete3).  Mes- 
sungen zur  Bestimmung  von  r  hat  Hauy,  wie  er  dies  auch  aus- 
drücklich bemerkt,  nicht  vorgenommen  4). 

i)  Einen  bestimmten  Nachweis  einer  Aufeinanderfolge  von  4  Flächen,  in  der  Tafel  durch 
den  Index  (61,20,20)  zusammengefasst,  hat  Kokscharow  geliefert  (s.  d.  Ab- 
schnitt Russland).  —  In  den  meisten  Fallen  ist  die  durch  Krümmung'  angezeigte 
Mehrzahl  der  Flachen  nicht  sicher  zu  deuten. 

8)  Krystallographie,  1763.  II,  p,  293,  Hyacinthe  var.  o';  PI.  IV.  Fig.  124. 

S)  Traite  de  miner.  1  edit.  1801,  II,  p.  416.  Atlas  XLV1I,  Fig.  73  u.  74. 

4)  Dessen  ungeachtet  bildet  Quenstedt  in  seiner  Mineralogie  wiederholt  (1855  und 
1863)  Hauy's  Fig.  74  getreulich  ah. 


Kryslallographische  Studien  über  den  Idokras.  1  3 

Eine  zweite  Erwähnung  der  Pyramide  (441)  findet  sich  in  den 
Werken  von  M  o  h  s »)  nach  II  a  i  d  i  n  g  e  r's  vielfältig  reproducirter  Zeich- 
nung eines  Kryst.  vom  Vesuv  im  Joanneum  zu  Graz;  auch  hier  stützte 
sich  die  Bestimmung  nicht  auf  Messungen.  Haidinger  hatte  selbst, 
nach  neueren  genauen  Beobachtungen G.Rose's,  die  durch (331)  be- 
richtigte Figur  für  sein  Handbuch  der  bestimmenden  Mineralogie  ') 
neu  gezeichnet.  Auch  ich  habe  in  meinem  reichhaltigen  Materiale 
nicht  einmal  (441)  gemessen,  dafür  aber  ungemein  häufig  (331). 

Haidinger  berichtigte  gleichzeitig  auch  die (411)  seiner  älte- 
ren Zeichnung  in  (KU),  da  G.  Rose  erstere  ebenfalls  nicht,  häufig 
aber  (511)  beobachtete,  und  die  erste  Angabe  von  (411)  wahrschein- 
lich auf  einer  ungenauen  Bestimmung  Hauy's  beruhen  dürfte.  Die 
(411)  habe  ich  selbst  nur  einmal  angetroffen,  daher  sie  zu  den  selten- 
sten Formen  gehören  dürfte;  eben  dahin  sind  von  den  bereits  bekann- 
ten noch  zu  rechnen  (114).  (112)3),  (221),  (201),  (313)  u.  (423)*). 

Im  Verlaufe  meiner  Untersuchungen  habe  ich  ausser  der  Mehrzahl 
der  24  älteren,  noch  Flächen  22  anderer  Kryst.-Formen  kennen  gelernt. 
Nicht  bei  allen  war  durch  ein  häufigeres  Auftreten  eine  grössere  Anzahl 
von  Bestimmungen  ermöglicht  oder  gelangen  dieselben  mit  befriedi- 
gender Sicherheit;  es  scheint  mir  daher  zur  Beurtheilung  des  Ver- 
trauens, welche  die  Angaben  der  neuen  Flächen  verdienen,  wünschens- 
werth  einige  Bemerkungen  über  die  Umstände,  unter  welchen  die  Beob- 
achtungen angestellt  wurden,  hier  anzuschliessen;  die  näheren  Nach- 
weise der  Messungen  bleiben  der  Besprechung  der  einzelnen  Fälle, 
welcher  auch  meist  Abbildungen  beigegeben  wurden,  vorbehalten. 

I.  Tetragonale  Pyramiden,  beobachtet  in  der  Zone 
[001  .  110]. 

1-7.  a(l,l,20),  ,3(1,1,10),  7(118),  o(117),  s(116),  £(118), 
y.(335)  an  Krystallen  von  der  Mussa-AIpe  in  Piemont. 
5.    =(116)  an  einem  Krystall  von  Rympfischweng  bei  Zermatt. 
3.  v(H8)  „      „  „  „     Eker,  Norwegen. 

8-  X(445)i  Putsch   Tirol 

9.^(880)1       *  "         "  ' 

i)  Grundriss  d.  Min.  1824,  S.  408,  Taf.  VI.  Fig.  95.  Anfangsgr.   d.  Min.  1839,  S.  393, 
Fig.  132,  I5d.  I. 

2)  1845,  S.  214,  Fig.  314. 

3)  Ich  fand  diese  beiden  zuerst  in  P  resl's  Mineral.,  Prag  1837,  Af.l.  VIII,  Fig.  293  erwähnt. 

4)  Wahrscheinlich  hat  Haidinger  (221),  (201)  und  (313)   zuerst  beobachtet.  (423) 
fand  Hesse  nberg  (Min.  Notizen  Nr.  2,  1833)  an  einem  Kryst.  vom  Vesuv. 


14  Z  e  |>  li  ;s  r  o  v  i  C  li. 

Alle  diese  Formen  zeigten  sieh  gewöhnlich  mit  deutlichen,  aber 
meist  schmalen  und  gekrümmten  Flächen.  Eine  scharfe  Reflexion 
des  Fadenkreuzes  war  daher  nur  ausnahmsweise  zu  erhalten.  An  der 
Stelle  des  mehr  weniger  gestreckten  Scheines,  welcher  sich  im  Beob- 
achtungsfernrohre  zeigte,  war  es  meist  sicherer,  bei  vorgeschobener 
Loupe  den  Beginn  und  das  Ende  des  Einspiegeins  der  Fläche  zur 
Einstellung  zu  benützen  und  aus  diesen  beiden  Ablesungen  das 
Mittel  für  den  Kantenwinkel  zu  nehmen.  Auf  diese  Weise  wurden 
bei  mehreren  gleichartigen  Flächen  an  einzelnen  Individuen  ziemlich 
übereinstimmende  Resultate  erzielt. 

Im  Ganzen  ergaben  62  Bestimmungen  der  obigen  9  neuen  Pyra- 
miden beim  Vergleich  der  gemessenen  und  berechneten  Werthe  der 
Kante  (001  :  hhl)  einen  Fehler  von  90  Minuten,  welcher  mit  Rück- 
sicht auf  die  Beschaffenheit  der  besprochenen  Flächen  sogar  auffal- 
lend gering  zu  nennen  ist. 

Die  bezeichneten  und  die  übrigen  flachen  Pyramiden  erscheinen 
in  der  Regel  einzeln,  oder  die  häufige  (113)  mit  einer  noch  flacheren 
combinirt,  als  schmale  Abstumpfung  zwischen  (001)  und  (111). 

Nur  ausnahmsweise  wurde  an  einer  Localität  —  Rympfischweng 
bei  Zermatt  —  die  (113)  breit  angelegt  beobachtet. 

II.  Tetragonale  Pyramiden  in  der  Zone  [001  .  100]. 

1.  v(102)  Mussa-Alpe  (2*) 

3:Si)iMoDteSomma(i#) 

mit  äusserst  schmalen,  gekrümmten  Flächen,  welche  nur  sehr  an- 
nähernde Messungen  zuliessen.  Fehler  derselben  gegen  die  Berech- 
nung für  £102j  =  23/  52,/  bei  4  Messungen 

(302)  =  39    47      „    1 

(301)  =     3    52      „    1 

III.  Oktogonale  Pyramiden. 

^^Ipfitschri*) 

2.  <r(315)f  l     } 

äusserst  schmale  Abstumpfungen ,  erstere  Fläche  einer  Kante 
(101  :  111),  letztere  einer  Kante  (113:101).  Differenz  von  je 
einer,  wegen  sehr  geringer  Flächenbreite,  unsicheren  Messung  für 

(747)  =  11'  21" 
(315)  ==    9   20 
*)  Anzahl  der  Kryst.,  rii  »eichen  <li >■  Flächen  lieohachtel  wurtlnt. 


Krystallogt-aphische  Studien   über  <l<"ii  Idokras.  1b 


"  Br7qw\  I  ßympfischweng  bei  Zermatt  (2*) 


Leide  Flächen  sicher  bestimmt  durch  den  Nachweis  ihrer  Lage  in 
zwei  verschiedenen  Zonen. 

(212)  sehr  schmale,  kurze  Fläche  beobachtet  in  den  Zonen 
[111,  101]  und  [113,  311]. 

(737)  breitere  und  längere,  stark  glänzende  Fläche,  spiegelnd 
in  den  Zonen  [111,  101]  und  [113,  312]. 

5.  2(833)  Mussa-Alpe  (1  *) 

schmale ,    wenig-    glänzende   Abstumpfungen    zwischen    (121)    und 
(131).    Fehler  von  3  unsicheren  Messungen  gegen  die  Rechnung 

==  5'  42". 

6.  p(319) 


7.  K629))MuSSa-Alpe(1#)' 
beide  ziemlich  breit  entwickelt  in  der  Zone  [001,  132],  erstere  zu- 
nächst (001)  gelegen,  glatt  aber  gekrümmt;  letztere  an  (132)  an- 
liegend, ganz  matt,  bei  starker  Beleuchtung  nur  wenig  schimmernd, 
daher  nur  approximative  Messung  möglich;  Differenz  für 

(319:001)  =     2'  46" 
(629:001)  =  16  38 

An  demselben  Krystalle  erscheint  ausser  (132)  noch  (131). 

8.  w{l\i)  Mussa-Alpe  (1*) 

schmale  schimmernde  Fläche  zwischen  (131)  und  (010)  gelegen. 
Diff.  von  2  approximativen  Messungen  gegen  die  Rechnung  =-.  25'  30". 

IV.  Oktogonale  Prismen.  —  Zwischen  den  beiden  tetra- 
gonalen  Prismen  erscheinen  häufig  Flächen  oktogonaler,  unter 
welchen  mit  für  verlässliche  Einstellung  hinreichender  Breite 
und  Glätte,  vorwaltend  nur  /"(120)  ausgebildet  ist;  viel  seltener 
zeigt  sich  gut  bestimmbar  Ä(130)  ;  ausserdem  treten  noch  als 
Zwischenglieder  mehrfach  schmale  Flächen  auf,  durch  Abrundung 
ihrer  Kanten  in  einander  übergehend,  welche  einzeln  sicher  zu 
deuten,  unmöglich  ist.  Nur  in  2  Fällen  wurde  eine  Bestimmung 
versucht. 

1.  ?(S30)  Mussa-Alpe  (2*). 
breite,  dicht  geriefte,  glanzlose  Flächen,  zu  zwei  au  Stelle  einer 


Jß  Zepharovich. 

(110)  Fläche  erscheinend.   15  Messungen  mit  dem  Contract-Gonio- 
meter  gaben  einen  Fehler  für 

(530:100)) 

(3S0 :  010)) 

2.  ^(740)  Eker  Norwegen  (1  *). 
deutliche,  dicht  geriefte  Abstumpfung  der  Kante  (110:210).  Fehler 
wiederholter  Reflexions-Beobachtungen  für 

(740:110)  =    8'  18" 

(740  :  210)  =  17   12 

Ermittelang  des  Parameter-Verhältnisses  für   {111}. 

Zur  Berechnung  der  Elemente  eines  tetragonalen  Krystall- 
Systemes  genügt  ein  Kantenwinkel,  und  es  wird  sich  die  Verlässlich- 
keit  der  Rechnung  mit  der  Zahl  der  Beobachtungen,  auf  welche  sie 
gegründet  ist,  steigern. 

Die  Theorie  setzt  voraus,  dass  die  Kanten  einer  tetragonalen 
Pyramide  von  zweierlei  Art,  die  gleichnamigen  aber  zu  8  und  4, 
oder  deren  Modifikationen  durch  andere  Flächen,  von  absolut  glei- 
cher Grösse  seien,  eine  Bedingung,  welche  ich  an  den  grünen  Id.- 
Krystallen  von  der  Mussa-Alpe  in  Piemont,  unter  56  untersuchten 
Individuen  nur  an  einem  einzigen  erfüllt  gefunden.  Ich  habe  hier 
insbesondere  die  Messungen  der  Kanten  (001  :  111),  an  dem  fast 
immer  nur  einseitig  ausgebildeten  Ende  der  Kiyst.  im  Auge,  deren 
auf  den  genannten  Fundort  bezügliche,  im  Ganzen  160  und  mit 
Weglassung  der  approximativen,  139  mir  vorliegen. 

Eine  Gesetzmässigkeit  in  der  Ungleichheit  der  Kanten, 
wie  sie  Breithaupt  *)  angibt,  derart  dass  die  Gestalten  {111}  und 
{101}  als  tetragon-pyramidale  Triploeder  und  Diploeder  aufzufassen 
wären,  muss  ich  nach  sorgfältiger  Prüfung  meiner  Messungen  in 
dieser  Richtung  entschieden  in  Abrede  stellen.  —  Die  Fälle,  in 
welchen  überhaupt  die  Entscheidung  dieser  Frage  möglich  war, 
beschränken  sich  nur  auf  wenige,  denn  es  ist  hiezu  erforderlich, 
dass  von  {111}  nicht  nur  alle  4  Flächen  vorhanden  seien,  sondern 
dass  dieselben  auch,  vermöge  ihrer  Beschaffenheit,  eine  sichere 
Messung  zulassen,  Bedingungen,  welche  nur  ausnahmsweise  gleich- 


')   VolUtänd.  Hdbch.  d.  Miner.   18M\,  III.  S.  648. 


Krystallographisehe  Studien  über  den  Idokras.  j,  7 

zeitig  erfüllt  erscheinen.  Ich  werde  an  geeigneter  Stelle  einige  von 
diesen  18  Fällen  anführen  und  hebe  hier  nur  heraus,  dass  die  von 
Breithaupt  für  die  Mussa-Krystalle  angegebenen  Werthe1): 


oP: 

■  + 

P 

T 

= 

37° 

5' 

:  — 

p' 
T 

= 

37° 

13' 

F 

= 

37° 

10' 

an  denselben  —  wenn  auch  nur  annähernd  —  nicht  einmal,  und 
eine  entsprechende  Position  gleicher  und  ungleicher  Kanten  nur  an 
2  Kryst.  beobachtet  wurde,  während  in  8  Fällen  die  beiden  be- 
nachbarten Kanten  sich  als  gleich  erwiesen. 

Von  2  anderen  Kryst.  hatte  der  eine  alle  4  Kanten  gleich ,  der 
andere  2  Paare  gleicher  und  gegenüberliegender  Kanten;  an  den 
übrigen  6  Kryst.  hingegen  waren  sämmtliche  4  Winkel  von  ver- 
schiedener Grösse. 

N.  v.  Kokscharow's  Messungen  2)  der  Kante  (001  :  111)  an 
je  einem  Kryst.  von  Poljakowsk  und  aus  Piemont  und  der  Polkanten 
von  (111)  an  einem  Kryst.  von  Achmatowsk  sprechen  ebenfalls  ganz 
bestimmt  gegen  Breithaupt  und  erwiesen  überdies  die  mess- 
baren Kanten  selbst  in  den  Secunden  übereinstimmend. 

Derart  regelrecht  gestaltete  Kryst.  sind  überhaupt,  und  beim 
Id.  insbesondere,  als  grosse  Seltenheiten  zu  betrachten;  ich  selbst 
konnte,  wie  erwähnt,  nur  einen  solchen  Fall  mit  vier  gut  messbaren 
und  gleichen  Kanten  verzeichnen;  hingegen  ergibt  der  Überblick 
meiner  139  Beobachtungen  an  den  grünen  Mussa-Kryst.  ein  Schwan- 
ken des  Kantenwinkels  von  (001  :  111)  zwischen  37°  2'  u.  37°  38', 
am  häufigsten  zwischen  37°  10'  u.  37°  17'  (hei  94  Messungen)  und 
ein  völlig  regelloses  Auftreten  von  gleichen  und  ungleichen  Kanten, 
wenn  mehrere  solche  an  einem  Kryst.  zur  Messung  sich  eigneten. 

Man  wird  daher,  entweder  für  die  manchfaltigen  genau  be- 
stimmbaren Individuen  mit  ungleichen  Kantenwinkeln,  eben  so  ver- 
schiedenartige geometrische  Anschauungsweisen  wählen,  oder  sich 


*)  A.  a.  0.,   1836,  und  vorläufige  Nachricht  über  13  Krystallisations-Systeme  u.  s.  w. 

Berg-  u.  hiittenmänn.  Ztg.  1860,  Nr.  10. 
*)  Materialien  zur  Miner.  Russlands,  1853.  1,  122—125. 
Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  CI.  XLIX.  Bd.  I.  Abth.  % 


1  $  Zephnroric  h. 

entschliessen  müssen  aus  dem  besonderen  das  allgemeine,  mit 
Zugrundelegung  einer  einfachen  Annahme,  abzuleiten.  Der  letztere 
Vorgang  ist  wohl  der  naturgemässe  und  auch  der  bisher  geübte  und 
es  wird  demnach  die  Grundgestalt  der  Idokrasformen  so  lange  als 
sy  m metrisch  -  tetragonal  zu  gelten  haben,  bis  nicht  für  das 
Gegentheil  zahlreiche  Beobachtungen  beigebracht  und  dieselben 
mehrseitig  bestätigt  werden  *). 

Die  Kryst.    waren  bei  ihrer  Bildung-  den  verschiedenartigste 
Einflüssen  unterworfen,  Einflüsse,  über  deren  Art  wir  meist  nur  Ver- 
mutungen aufstellen  können,  deren  Grösse  sich  aber  in  manchfaltigen 


l)  Breithaupt  wirdi  öffentlich  ausführliche  Belege  für  seine  bereits  1829  in  eine 
„vorläufig  g  Nachricht"  gebrachten  Ansichten  über  Idokras  u.  a.  Kryst.  liefern,  und 
dürfen  wir  dieselben,  nachdem  die  „vorläufige  Nachricht"  vom  Jahre  1860  ein  Werk 
über  Krystailisations-Systenie  demnächst  in  Aussicht  stellt,  nun  wohl  bald  erwarten 
Bishin  wird  die  Erfahrung  ,  dass  am  Id.  die  erwähnten  Abweichungen  Zufälligkeilen 
sind  und  die  Annahme  einer  symmetrisch  gebauten  Grundform  desselben,  als  unbe- 
stritten gelten.  In  den  Äusserungen  a.  a.  0.  1860,  über  die  Resultate  der  Messungen 
K  o  ksc  harow's  vermissten  wir  einige  specielle  Angaben  über  die  Zahl  der  von  B. 
gemessenen  Kryst.  und  dessen  Instrument  —  da  die  Winkel  für  den  Id.  aus  Piemont 
in  dem  Aufsatze  von  1860  und  in  der  Mineralogie  von  1836  identisch,  sind  Messungen 
und  Goniometer  wohl  von  altem  Datum  —  schon  als  vorläufige  Stütze  seiner  Worte: 
„Meine  Messungen  an  den  Idokrasen  habe  ich  nicht  allein  mit  aller  möglichen  Ge- 
nauigkeit und  ausserordentlichen  Vervielfältigung,  sondern  auch  zum  grössten  Theile 
an  Exemplaren,  welche  nichts  zu  wünschen  übrig  Hessen,  ausgeführt,  wie  z.  B.  an 
dem  aus  Piemont".  Ferner  sagt  B. :  „Herr  v.  Kokscharow  will  nur  den  Winkel 
=  142°  463/4  bei  allen  4  Flächen  gefunden  haben.  Jene  Unterschiede  (142°  53'  — 
142°  47')  gehören  freilich  zu  den  zartesten,  zu  den  schwierigsten,  welche  mir  vor- 
gekommen  sind "     Und  doch    beträgt  jeuer  Unterschied  8  Minuten!  gewiss 

kein  zarter  für  ein  feines  Instrument.  „Es  wäre  doch  wahrlieh  auch  mehr  als 
sonderbar  gewesen,  solche  Winkelverschiedenheiteii  finden  zu  wollen,  und 
zwar  an  vielen  Kryst.,  aber  an  allen  mit  einer  und  derselben  Art  gestörter  Symmetrie 
welche  ich  weder  erwartet  noch  gesucht  hatte.  Übrigens  mnsse  ich  mir  über  Id. 
welche  ich  nicht  untersucht  habe,  kein  Urtheil  an,  warum  sollte  es  nicht  auch  solche 
geben,  welche  symmetrischen  Flächenbau  besitzen?  Aber  die  von  mir  asymmetrisch 
gefundenen  werden,  wenn  sie  durchsichtig  sind,  gewiss  ohne  Ausnahme  optisch 
zweiaxig  sein."  Es  wird  demnach  ferner  noch  die  letztere  Annahme  —  auf  welche 
sogleich  der  bestimmte  Ausspruch:  „So  viel  ist  gewiss,  dass  die  optische  Zwei- 
axigkeit  tetragonaler  und  hexagonaler  Substanzen  bei  absolut  symmetrischer  Lage 
der  pyramidalen  und  rhomboedrischen  Flächen  nicht  exi stiren  kann",  folgt — durch 
krystallographische  und  optische  Untersuchung  vieler  einzelner  Individuen  zu  be- 
gründen sein. 

Wie  es  sich  in  optischer  Beziehung  mit  dem  Id.  u.  a.  verhält,  bat  Haidinger, 
B*s.  Äusserungen  über,,  Zunft-  und  Innungszwang  und  die  ewigen  Gesetze  des  Ewigen" 
abweisend,  nach  Brewster's,  B  i  0  t's  und  seinen  eigenen  Beobachtungen  nach- 
gewiesen. (Jahrb.  der  geol.  Reichsanstiilt,  XI.  1860,  Vrhdlg.  S.  63.) 


Rrystallographische  Studien  über  den  Idokras.  19 

Missbildungen,  liis  herab  zu  nur  mit  feinen  Instrumenten  nach- 
weisbaren Winkeldifferenzen  zu  erkennen  gibt.  Wohl  nur  wenig 
Individuen  in  begünstigter  Stellung  mögen  sich  nach  den  ihrer 
Substanz  eigentümlichen  Gestaltungsgesetzen  ungestört  haben  aus- 
bilden können. 

Abgesehen  von  den  Winkeldifferenzen  der  Krystalle  verschie- 
dener Fundorte,  welche  sich  oft  in  Zusammenhang  mit,  durch  die 
Verschiedenheit  der  Bildungsstätten  bedingten  Umständen  bringen 
assen,  mögen  auf  die  regelmässige  Entwicklung  einzelner  Individuen 
eines  bestimmten  Krystallisationsraumes  insbesondere  die  Einwir- 
kungen benachbarter  Gebilde  und  der  Schwerkraft  sich  störend 
geäussert  haben.  Dabei  können  aber  bei  langsamer  Bildung  die 
Krystallflächen  doch  vollkommen  eben  und  glänzend  geworden  sein, 
so  dass  die  Flächenbeschaffenheit  allein,  nicht  auch  geometrische 
Regelmässigkeit  voraussetzen  lässt  *).  Nicht  selten  h-<be  ich  an  den 
Mussa-Kryst.  mit  tadellosen  Flächen  bedeutende  Bildungsfehler  ver- 
eint gefunden,  und  Hessen  sich  letztere  oft  nachweisbar  auf  die  Ver- 
wachsung mit  anderen  Kryst.  desselben  Drusenraumes  zurückführen, 
während  es  in  anderen  Fällen  unmöglich  scheint  für  abnorme 
Kantenwinkel  eine  Veranlassung  aufzufinden. 

Es  war  daher,  bei  den  nicht  geringen  und  regellos  um  die  End- 
fläche vertheilten  Abweichungen  der  Kanten  (001:111)  eine  grosse 
Zahl  von  Messungen  erforderlich,  um  den  wahrscheinlichsten  Mittel- 
werth  dieser  Kante  zu  erhalten.  Bei  Verwertbung  vieler  Messungen 
wird  aber  die  relative  Güte  derselben,  welche  von  der  Flächen- 
reflexion abhängt,  nicht  ausser  Acht  zu  lassen  sein.  Erfahrung  s- 
mässig  sind  die,  durch  Störungen  des  Krystallisations-Processes  ver- 
anlassten, Winkelschwankungen  viel  bedeutender  als  die  Beobach- 
tungsfehler, sobald  ein  genaues  Messungsinstrument  angewendet 
wird,  oder  liegen,  wie  dies  Dauber  nachgewiesen,  selbst  bei  den 
besser  krystallisirten  Mineralien,  die  aus  ersteren  berechneten  Ge- 
wichte innerhalb  weiterer  Grenzen  als  die  aus  letzteren  abgeleiteten. 
Ebenso  folgt  aus  den  gründlichen,  mühevollen  Untersuchungen  D;<  u- 
ber's,  dass  eine  Schätzungsbestimmung  der  Gewichte  auf  Grund- 
lage der  Flächen-Beflexionsgrade  statlbaft  sei,  sobald  man  sich   — 


i)   H.  Da  üb  er,  Rothbleiera.   Ber.  d.  Wr.  Ak.  d.  W.  1860,  XLII.  Sep.  Abdr.  S.  22. 

3* 


20  7.  e  |>  li  ii  r  o  v  i  c  li. 

um  nicht  den  Werth  einzelner  Beobachtungen  auf  Kosten  der  übri- 
gen unverhältnissmässig  zu  erhöhen  —  auf  wenige  Abstufungen 
beschränkt.  Dauber  hat  auch  eine  genäherte  Berechnung  der 
Gewichte  der  besten  und  schlechtesten  Bestimmungen  am  Rothblei, 
erz  vorgenommen  J),  wobei  sich  ergab,  dass  sich  dieselben  wie  3  zu 
1  verhalten,  welches  Resultat  zufällig  übereinstimmt  mit  den  von 
ihm  bei  dieser  und  früheren  Untersuchungen  a  priori  angenomme- 
nen Schätzungswerthen. 

Ich  habe  auch  diesmal,  wie  bei  anderen  Arbeiten,  aufsteigend 
je  nach  der  Schärfe,  mit  welcher  das  reflectirte  Fadenkreuz  zu 
beobachten  war,  meine  Messungen  mit  1,2,3  bezeichnet,  und  die 
einzelnen  Ablesungen  mit  diesen  Zahlen  als  Factoren,  bei  der  Be- 
stimmung des  Mittelwerthes  in  Rechnung  gestellt,  und  glaube  den, 
derart  aus  vielen  Messungen  erhaltenen  Resultaten  einen  weit 
höheren  Werth  beilegen  zu  dürfen,  als  jenen,  welche  sich  aus  einer 
anfänglich  durchgeführten  Rechnung  ergaben,  zu  welcher  ich  nur 
wenige,  aber  ausschliesslich  ausgezeichnete  Messungen  — 
deren  Gewichte  nach  der  Methode  der  kleinsten  Quadrate,  aus  den 
Abweichungen  der  einzelnen  Repetitionswerthe  von  dem  arithmetischen 
Mittel,  berechnet  wurden  —  zugezogen  habe.  Der  letztere  Vorgang 
musste  um  so  mehr  verworfen  werden,  als  sich  an  den  scheinbar 
vollkommensten  grünen  Krystallen  von  derMussa-Alpe,  eben  in  jener 
Zone,  in  welcher  die  gemessenen  Flächen  lagen,  bedeutende  Bil- 
dungsfehler nachweisen  Hessen,  ein  Umstand,  der  immer  zu  befürch- 
ten ist,  sobald  man  Rechnungen  nur  wenige,  wenn  auch  noch  so 
genaue  Messungen  zu  Grunde  legt  a). 


i)  A.  a.  o.  S.  34. 

2)  Es  ergaben   10  bis  14malige  Repetitionen  bei  tadellos  spiegelnden  Flüchen  an  den 
Krystallen:  Nr.  3. 

(lTi  :  001)  =  37°  14'  39-5"  (Tll :  001)  =  37°  14'  25" 

(lTl  :  lTO)  =  52  44   10  (Tll  :IlO)  =  52    44  15 

daher:   (001  :  lTO)  =  89  58  495  (001  :  TlO)  =  89    58  40 

Diff.  geg.    90°  =  —  70-5'' —  80" 

Diff.  geg.  180    = —  1505" 

Nr.  10. 

(lTl : 001)  =  37°  14'  30"  (111 : 001)  =  37°  16'  — 

(111: 110)  =  52  44  28-6  (111:  110)  =  52    44  12" 

daher:   (001  :  1 10)  =  89  58  580  (001  :  HO)  =90      0  12 

Diff .  gesr.  90°  =  —61-4" +   12" 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  21 

Bei  der  Wahl  des  Vorganges  für  die  Ermittelung  der  krystallo- 
graphischen  Constanten,  kann  es  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  die 
Methode,  welche  die  Berechnung  auf  eine  gros  sere  Zahl  von,  in 
möglichst  verschiedenen  Zonen  gelegenen  Kantenmessungen, 
als  für  ein  gegebenes  Krystall system  erforderlich  ist,  gründet,  jener 
vorzuziehen«sei,  welche  sich  auf  die  unbedingt  verlangte  Zahl  von 
Bestimmungen  beschränkt.  In  der  letztgenannten,  von  den  meisten 
Krystallographen  befolgten  Weise,  liegt  in  der  Monographie  des 
Euklases  von  J.  Schabus  ')  eine  sehr  sorgfaltige  Arbeit  vor.  Den 
ersteren  Weg  haben  zuerst,  mit  Anwendung  der  Lehren  der  Wahr- 
scheinlichkeits-Rechnung, Kupffer  und  Neumann  eingeschlagen 
und  wurde  derselbe  von  Dauber  in  seinen  zahlreichen  mit  grösster 
Genauigkeit  durchgeführten  Arbeiten  weiter  verfolgt  und  die  Me- 
thode derartiger  Untersuchungen  zu  einem  hohen  Grade  der  Aus- 
bildung gebracht.  Ihrer  allgemeinen  Anwendung  dürfte  sich  aber 
manche  Schwierigkeit  bei  Durchführung  der  Rechnung,  die  ein  voll- 
kommenes Vertrautsein  mit  der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  vor- 
aussetzt, entgegenstellen. 

Einfacher  als  auf  diese  directe  Weise  gelangt  man  zu  den 
wahrscheinlichsten  Werthen  der  Elemente  eines  Krystallsystemes, 
wenn  man  den  auch  in  der  Astronomie  bei  analogen  Aufgaben  ange- 
wandten ind  irecten  Weg  einschlägt.  Diese  Rechnungsart  bringe 
ich  nun  hier  zur  Anwendung,  und  bin  für  den  Vorschlag  derselben 
meinem  verehrten  Freunde  V.  v.  Lang  und  für  manche  freundliche 
Beihilfe  meinem  Collegen  Prof.  K.  Hornstein  ganz  besonders  ver- 
pflichtet. 


Nr.  22. 

(TTl  :  001)       ==  37°  16'    7-5" 

(TTl  :  HO)       =52    44  37-8 
daher:   (001:110)       =90      0  453" 

Diff.  geg.  90°    =  +  45  3 

Auch  die  Summe  der  Werthe  -4^  (mit  gerechneten  Gewichten  p  der  einzelnen 
Repetitionswerthe  »;)  aus  8  Bestimmungen  von  (111)  :  (001)  und  aus  den  obigen 
5  von  (111)  :  (HO)  gibt  89°  59'  26",  also  einen  Fehler  von  —  34"  gegen  90°.  Hin- 
gegen gleichen  sich  die  obigen  Werthe  (mit  geschätzten  Gewichten)  aus  139  Messun- 
gen von  (111):(001)  und  54  Messungen  von  (111):  (HO)  zu  +6  aus  (s.  Tabelle  1, 
Seite  16). 
i)  Denkschriften  d.  Wr.  Ak.  d.W.  VI.  Bd.  1834.  —  Brei  tha  u  pt's  Annahme  des  anorthi- 
schen  Systemes  für  den  Euklas  wird  hierin  vollständig  widerlegt.  (Sep.  Abdr.  S.  12.) 


22 


Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h. 


Für  die  grünen  Kry stalle  von  der  Mussa-Alpe  in  Piemon 
gründet  sich  die  Rechnung  auf  die  Messungen  der  folgenden  sieben 
in  verschiedenen  Zonen  gelegenen  Kanten. 


Kante 

31 -- 

S(mp) 

n 

SO) 

"i 

£  =  (111:001) 

37° 

14'  38" 

139 

219 

14-798 

V»  (111: 110) 

52 

45  28 

54 

93 

9-644 

JV=(11I  :TTl) 

74 

20  10 

14 

28 

5-292 

0  =  (ill  :Tll) 

50 

40   4 

33 

63 

7-937 

P=(lll  :  100) 

64 

40   0 

43 

67 

8-185 

£  =  (111:331) 

29 

4  44 

15 

23 

4-796 

£  =  (111:132) 

16 

49  30 

8 

14 

3-742 

Aus  L  «=  37°  14'  38"  folgt  das  Parameter- Verhältniss 

c.a-.a  =  0-537578  : 1  : 1 

und  aus  diesem  berechnen  sich  die  Kanten 

M'  =  52°  45'  22° 
N'  =  74  29  16 
0'  =  50  40  30 
P'  =  64  39  45 
Q'  =  29  4  52 
TT  =  16  50   9 

Die  Änderung  des  Parameters  a  um  einen  kleinen  Beirag,  etwa 
um  a  =  0-00578,  gibt 

c :  (a-f  a)  :  (rt+a)  =  0-537578  :  1-00578  :  1-00578 
=  0-534485  :  1  :  1. 

und  aus  diesem  geänderten  Verhältnisse  folgen  die  Kanten 

V  =   37°  5'  5" 

W  =   52  54  55 

JV'  =   74  10  10 

Oü  =   50  28  26 

P'  =   64  45  47 

Q°  =  29  7  6 

Ä'  =  16  46  40 


Kiystallographisehe  Studien  über  den  [dokras.  23 

Das   wahrscheinlichste  Verhältniss    der  Parameter   wird    nun 

c  :  (a  -f-  xa)  :  («  -f  a? «) . 

Den  Factor  a?  für  die  früher  angenommene  Änderung  der  a 
fi  idet  man  aus  den  Gleichungen 

0  =                      (L"  —  L')x  =           —  573  x 

0  =  M'  —  M+  (M"  —  M')x  =  —  6  +  573.t- 

0  =  N'  -  TV  +  (iV"  —  A7')a?  =  —  6  —  114607 

0  =  0'  —0  +(0"  —  0')x  —     26  —  724a? 

0  =  /"  —  P  +  (/>"  —  F)a?  =10+  362a? 

0=  Q' —  Q+  ((?"-  (?')*?  =      8-  134a? 

0  =  fi  —B  +  (TT  -  R)x  =     39   —  209o? 

mittelst  der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  nach  der  Formel 

•r  -    [*«]• 

Mnltipücirt  man  nämli  h  jede  der  letzten  sieben  Gleichungen 
mit  der  entsprechenden  Gewiehtswurzel  für  L,  M,  N  u.  s.  f.  (aus 
der  ersten  Tafel,  Seite  16)  und  bezeichnet  das  erste  Product  auf  der 
rechten  Seite  des  Gleichheitszeichens  mit  h  und  das  zweite  mit  b,  so 

erhält  man 

0  =  btx 

0  =  h-,  -f  bzx 

0  =  hz  +  h&  u-  s-  f- 

Durch  Multiplicatlon  jeder  dieser  Gleichungen  mit  dem  Coef- 
ficienten  von  x  und  durch  Addition  der  gleichnamigen  Pioducte 
ergibt  sich 

o  =  [*, h  . . . .  +  bn ih]  +  [(b.y  ....  +  (b.yqx 

und  hieraus  wie  oben 

..=  _M  =  _=ü^_5  =  +  0011818 
[62]  1820390SS  ' 

Das  wahrscheinlichste  Axenverhältniss  ist  hiernach  für  die 
grünen  Mussa-Krystalle 

c:(a  +  y.x)  =  0-537578  :  10000683 
c:  g  :  a :  =  05375414:  1  :1 

Die  folgende  Tafel  (I)  gibt  die  Differenzen  der  aus  dem  eben 
erhaltenen  Verhältnisse  berechneten  und  der  gemessenen  Winkel. 


24 


Z  e  p  h  a  r  o  v  i  eh. 


Kante 

Gemessen 

n 

Gerechnet 

Diff. 

(111:001) 

37°  14'   37-t" 

139 

37°  14'   31-3" 

+     6-4° 

(111:110) 

52  .  45  .  27-5 

54 

52  .  45  .  28-7 

—       1-2 

(111:111) 

74  .  29  .    9-6 

14 

74  .  29  .    2-6 

+     7-o 

(111:111) 

SO  .  40  .    4-3 

33 

50  .  40  .  20-6 

—  16-3 

(111:100) 

64  .  39  .  59-9 

43 

64  .  39  .  49- 

+    10  2 

(111  :  331) 

29  .    4  .  43-7 

15 

29  .    4  .  52-8 

—     9-i 

(111:132) 

16  .  49  .  30 

8 

16  .  50  .    7-3 

—  37-3 

Die  positiven  und  negativen  Differenzen  in  der  letzten  Colonne 
gleichen  sich  bis  auf  3"  aus,  wenn  man  die  letzte  Differenz, 
welche  auf  den  mit  der  geringsten  Zahl  von  Messungen  erhaltenen 
Winkel  fällt,  nicht  berücksichtigt;  mit  Hinzurechnung  derselben 
bleibt  ein  Rest  von  40". 

Vergleicht  man  aber  die  aus 

c:  a  =  0-537578:1 

gerechneten  Grössen  mit  den  gemessenen,  so  gleichen  sich  die 
Fehler  mit  einem  Reste  von  58*7"  aus.  Es  stellt  sich  also,  wie 
auch  a  priori  zu  erwarten,  das  Resultat  —  wenn  auch  in  diesem 
Falle  nicht  um  einen  bedeutenden  Retrag  —  günstiger,  wenn  zur 
Ermittelung  der  Constanten  mehr  Winkel,  als  absolut  erforderlich, 
hinzu  gezogen  werden. 

Renützt  man  aber  nicht,  wie  es  hier  geschehen,  alle  guten  Mes- 
sungen der  genannten  Kanten  mit  den  Schätzungs-Gewichten  1 — 3, 
sondern  nur  die  ausgezeichnetsten  Repetitions-Reobachtungen  (26 
für  5  verschiedene  Kanten)  mit  berechneten  Gewichten,  so  stellt 
sich  das  Axenverhältniss,  nach  Durchführung  der  obigen  Rechnung 


auf 


c:a  =  0-5376399:1 


oder  wenn  man  5  Restimmungsreihen,  die  sich  auf  die  mit  dem 
Seite  20,  Anm.  2  besprocheneu  Rildungsfehler  behaftete  Kante 
(111:110)  beziehen,  hinweglässt 

c:a  =  0-5376065:1. 

Diese  beiden  letzteren  Resultate  verdienen  aber  unbedingt 
geringeres  Vertrauen  als  das  erst  genannte,  welches  sich  auf  eine 
fast  12mal  grössere  Anzahl  von  Daten  stützt. 


Krystallogr:i|>hische  Studien  über  den  [dokras. 


25 


Kokscharow  war  sehr  glücklich  in  der  Wahl  der  Krystalle 
für  seine  Messungen,  er  fand  erst  in  der  vierten  Stelle  von  mei- 
nem aus  306  Bestimmungen  folgenden  Resultate,  abweichend: 

c:a  =  0-537199:1 
und  es  differiren  seine  Kanten-Bereehnungen  von  den  meinen  nur  um 
beiläufig  eine  Minute. 

Ich  habe  dieselben,  zum  Theil  vervollständigt,  in  die  Tabelle 
(S.  30 — 37)  aufgenommen.  Sie  beziehen  sich  nicht  nur  auf  die  von 
Kokschar ow  untersuchten  russischen  Krystalle  von  Polja- 
kowsk  und  Achmatowsk,  sondern  dürften  wahrscheinlich  auch  für  die 
rothbraunen  Krystalle  von  der  Mussa-Alpe  und  die  Kry- 
stalle von  Rympfischweng  bei  Zermatt  zu  gelten  haben. 

Die  meist  vorzüglichen  Beobachtungen  an  18  rothbraunen 
Mussa-Krystallen  erwiesen  fast  allgemein  Winkel  (M),  welche 
von  jenen  der  grünen  Krystalle  derselben  Localität  (iW)  abweichen 
und  sich  gleichzeitig  den  Koks  charo  w'schen  Berechnungen  (B) 
mehr  weniger  anschliessen,  wie  es  die  folgende  Vergleichung  zeigt 


Kante 

G  e  m  e  s  s  ( 

i  n 

Gere 

c  h  n  e  t 

(W) 

n  \S(p) 

(B) 

(M) 

(111:001) 

37°  13'  52" 

15 

34 

37° 

13'  30" 

37°  14'  31' 

(111:110) 

52  46   5 

5 

10 

52 

46  30 

52  45  29 

(111:100) 

64  40  3b 

8 

16 

64 

40  30 

64  39  50 

(111  :331) 

29   5  48 

6 

13 

29 

5  15 

29   4  53 

(331  :  001) 

66  IT  35 

8 

18 

66 

18  30 

66  19  24 

(331  :  100) 

49  38  43 

3 

5 

49 

38  45 

49  38  24 

(132:001) 

40  20   0 

23 

51 

40 

20  30 

40  21  44 

(132 :  110) 

73  11  30 

1 

2 

73 

11   0 

73   9  53 

0) 


20;  S(p)  =  44. 


Die  beiden  ersten  Messungen  mit  ihren  Gewichten  geben 
combinirt 

(111:001)  =  37°  13'  53' 
(111  :  110)  =  52    46      7 

Von  Rympfischweng  bei  Zermatt  hatte  ich  nur  4  Krystalle 
zur  Verfügung,  von  welchen  einer  keine  genauen  Messungen  zu- 
liess.  Während  die  Mittelwerthe  aus  allen  Beobachtungen  an  die- 
sen Krystallen  den  Berechnungen  Kokscharow's  überhaupt  ziem- 
lich nahe  kommen,    erwies   das    ausgezeichnetste  Individuum   eine 


26 


Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h. 


so  auffallende  Übereinstimmung  mit  den  letzteren  in  fünf  verschiede- 
nen Kanten  (siehe  folgende  Tafel),  dass  ebenfalls  für  diese  Krystalle 
vorläufig  die  obige  Annahme  gerechtfertigt  sein  dürfte. 


Kaute 

G  e  in  e  s  s 

e  n 

Gerechnet 

Rympfischweng 

n 

S(p) 

(B) 

(111 : 110) 

52°  46'   27" 

2 

3 

52°  46'   30" 

(111:101) 

25     19     20 

1 

3 

25     19     30 

(111  :  331) 

23     41     30 

1 

2 

23     41     30 

(132:001) 

40     20     30 

1 

3 

40     20     30 

(132:131) 

19     10     30 

1 

3 

19     10     30 

Aus  den  Messungen  aus  3  Krystallen  ergibt  sich 


Kante 

Geness 

;  n 

Gerechnet 

Rympfisehweng- 

n 

«00 

(J) 

(111:001) 

37°  13'   12' 

4 

7 

37°   13'   30' 

(111:110) 

52     46     46 

8 

9 

52     46     30 

daher 

(001:110) 

89     59     58 

und  aus  diesen    beiden  und   der  ersten  in  obiger  Tafel   folgt  mit 
Rücksicht  auf  die  Gewichte 


(*) 


(111:001)  =  37°  13'  17" 


13;  £(»  =  19. 


(111:110)  =  52    46    43 

Die  Resultate  («)  und  (6)  differiren  in  so  geringem  Grade, 
dass  eine  weitere  Combination  derselben  erlaubt  ist;  demnach  würde 
sieh  für  die  braunen  Mussa-K  ry  stall  e  und  jene  von  Rympfi- 
sehweng ergeben : 

(111  :001)  =  37°  13'  42"j 


(«) 


(111  :  110)  ==  52     46    18 


n  =  33;  S(p)  =  63. 


Mit  etwas  verschiedenen  Dimensionen  im  Vergleiche  der  vor- 
erwähnten, sind  die  Krystalle  vom  Findelen-Gletscher  bei 
Zermatt,  von  Pfitsch  in  Tirol  und  vom  Vesuv  ausgebildet, 
wie  sich  dies  aus  den  vorliegenden  Messungen  ergibt,  und  dürfte 
für  dieselben  ein  gleiches  ParainetT-Verhältniss  anzunehmen  sein. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokias. 


27 


Hinsichtlich  der  Grösse  fallen  die  Winkel  zwischen  die  aus 
(111  :  001)  =  37°  13</3'(5)  und  =  37°  T(C)  (s.  S.  30)  be- 
rechneten. 


Berechnet 

Gemessen 

Zermatt 

n   <(p^ 

Putsch 

n 

o> 

Vesuv 

n 

</<) 

(111:001) 
37°  13</2  (ß) 
37°    7       (C) 

(111:110) 
52°  46V3  (#) 
52°  53       (C) 

37°  12'  41" 

52      47     7 

4 
6 

4 
6 

37°  12'  39" 
52    46   55 

14 

8 

28 
12 

37°  12'  21" 

52    47   29 

8 
19 

8 
19 

89°  59'  48" 

89°  59'  34" 

89°  59'  5U" 

Durch  Combination  der  obigen  Wert  he  mit  Berücksichtigung 
der  Gewichte  erhält  man: 


Zermatt            n 

O) 

Putsch 

n 

00 

Vesuv 

n 

0> 

(111:001) 
(111:  HO) 

37°  12' 48") 
52  47  12  ( 

10 

10 

37°12'34") 
52  47  2G  j 

22 

40 

370 12' 28") 
52  47  32   ) 

27 

27 

welche  Resultate  sich  so  nahe  stehen,  dass  eine  weitere  Combina- 
tion derselben  gestattet  ist.  Demnach  würde  für  die  Krystalle  vom 
Findelen-Gletscher  bei  Zermatt,  von  Pfitsch  und  vom  Vesuv  folgen 

((111:001)  =  37°  12' 34")) 
(IÜ) 1(111:110)  =  52    47  26  )  j  "  =  ™ '  SW  =  ?? 

zufällig  übereinstimmend  mit  den  speciell  für  Ptitseh  gefundenen 
Daten. 

Bezüglich  des  Vertrauens,  mit  welchem  die  obigen  Resultate 
aufzunehmen  sind,  ist  zu  beachten,  dass  weder  für  Zermatt,  noch 
für  Vesuv  Messungen  in  solcher  Anzahl  angestellt  Averden  konnten, 
als  bei  den  grösseren  Unterschieden  •),  welche  selbst  die  sichersten 
zeigten,  wünschenswerth  gewesen  wäre.  Es  schien  daher  hier  auch 
angezeigt  bei  Bestimmung  des  Mittels,  die  einzelnen  Beobachtungen 

i)   Beobachtete  Grenzweithe  : 


(111:001)        '370    V  45  (p!3  -  37»  14       (p)3        37»  10'  20  (1)  —  37<>  15'  29(1) 
(111:110)  52    43   10(p)3— 52    58  45  (p)3       52   44  20(3)  —  52    55  16(1) 


28 


Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h . 


ohne  Rücksicht  auf  deren  Güte  alle  gleich  anzusetzen.  Auch  der 
von  Kokscharow  an  einem  Vesuv-Krystalle  beohachtete  Winkel 
(110:  111)  =  52°46'/ä'  wurde  ebenfalls  mit  dem  Gewichte  1  in 
die  Rechnung  einbezogen. 

Die  Kryst.  vom  Findelen-Gletscher  und  vom  Vesuv  stehen  sich 
überhaupt  in  vielen  Beziehungen  nahe;  ihr  meist  dicht  gedrängtos 
Erscheinen  in  Drusen  und  die  häufige  Einigung  kleiner  Individuen 
zu  einem  Grujtpenkrystall,  so  wie  Verziehung  und  starke  Parketü- 
rung  der  Flächen,  haben  grosse  Abweichungen  in  den  Winkeln  zur 
Folge,  oder  machen  viele  Krystalle  zu  Messungen  ungeeignet.  So 
konnten  unter  60  isolirten  Krystallen  nur  26  näher  untersucht  wer- 
den und  zwar  18  vom  Vesuv  und  9  von  Zermatt. 

Weit  günstiger  sind  die  Krystalle  von  Pfitsch  gestaltet,  von 
welchen  5  kleine  ausgezeichnete  Individuen  gute,  wenig  von  einan- 
der abweichende  Resultate  gaben.  —  Es  folgen  hier  noch  einige  der 
besseren  Messungen  an  Kryst.  vom  Vesuv,  welche  alle  zwischen 
den  aus  37   13«/8'(#)  u.  37°  T  (C)  berechneten  Werthen  liegen*). 


Berechnet 

G  e  in  e  s 

s  e  u 

S(mp) 

■i(p) 

n 

*Ü0 

(111:111) 

50°  39' 
50     31 

(#) 

(O 

50°  32%' 

2 

4 

(331  :  HO) 

23     41*/a 
23     19 

(#) 

(C) 

23     30 

8 

10 

(132:001) 

40     20% 
40     14 

(*) 

(O 

40     17 

2 

2 

(132:100) 

52      7 
52     13 

(£) 

(C) 

52       9i/8 

5 

10 

(111:101) 

25     191/a 

25     I51/3 

(*) 

«?) 

25     17*4 

6 

12 

(131:001) 

59     31 
59     25 

(C) 

59     30 

2 

2 

(131  :  100) 

35       91/2 
35     15 

(B) 
(C) 

35     I31/4 

2 

5 

(151  :  100) 

22     55 
22     58 

(*) 
(C) 

22     571/3 

3 

4 

*)   Ebenso  verhalten  sich  die  Messungen  an  P  f'i  ts  c  h  -  Krystallen  : 
(111:111)   =  SO«  37'    8"     ni.    (Sp)ll 
(331  :  110)  =  23    36   52         3  4 

(132:001)   =   40    18   US  Z  4. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras. 


2<> 


Hingegen  verhalten  sieh  mit  den  obigen  nicht  übereinstimmend 
die  folgenden  Messungen  (Vesuv) 


Berechnet 

Gerne 

s  s  e  n 

n 

«O) 

(111  :  100) 
(111:331) 
(101  :  001) 
(101  :  100) 

64°   401/,'     (#j 

29       51/4       „ 
28     I43/4       . 
61     451/4       „ 

64°  40y12 

29       41/4 
28     i4% 
61     45% 

3 

3 

1 

10 

4 

4 

1 

21 

An  3  braunen  Krystallen  vom  Monzoni-Berge  im  Fassa- 
Tliale   ergaben  approximative  Messungen 


Gemessen                '     n       S(p) 

Combination  der  Messungen 

(111:001) 
(111:  110) 
(111: 100) 
(tli:Tll) 

37°     2'  28" 
52     54    38 
64     48    23 
50     26    17 

2 

9 

13 

7 

2 

10. 
13 

8 

37°     4'  55" 
52     55      5 
64     47    48 
30     24    24 

l   n 
jli 

■20 

12 
21 

welche  Werthe  von  den  früheren  bedeutend  verschieden  sind,  aber 
noch  fernerer  Beobachtungen  zur  Bestätigung  bedürfen. 

Eben  so  scheint  auch  an  den  Krystallen  von  Eker  in  Nor- 
wegen (s.  d.)  nach  den  bisherigen  ungenügenden  Bestimmungen 
der  Kante  (001  :  111)  ein  kleinerer  Werth  als  37°  7  eigen  zu 
sein. 


Die  folgende  Tabelle  enthalt  —  behufs  fortzusetzender  Ermit- 
telung der  an  verschiedenen  Idokras-Localitäten  oder  Gruppen  von 
solchen,  nicht  identischen  krystallographischen  Constanten  —  Be- 
rechnungen der  wichtigsten  Kantenwinkel  aus  den  Abmessungen, 
wie  sie  sich  nach  meinen  eigenen  Beobachtungen  (Z.  Col.  1),  jenen 
von  Kupffer  und  Kokschar ow  (K.  Col.  2)  und  von  Haidin- 
ger  (M.  Col.  3)  ergeben.  Bei  ferneren  Untersuchungen  wäre 
demnach 

Col.  1  für  die  grünen  Mussa-Krystalle, 


30 


Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h. 


Col.  2  für  die  brauuen  Krystalle  von  Mussa,  jene  von  Rympfi- 
sehweng  bei  Zermatt  und  vom  Ural, 

Col.  2  u.  3  für  die  Krystalle  vom  Findelen- Gletscher  bei  Zer- 
matt, von  Putsch  und  vom  Vesuv  und 

Col.  3.  für  die  braunen  Krystalle  von  Monzoni  in  Tirol  und 
jene  von  Eker  in  Norwegen  zu  vergleichen. 


Winkel  der  Normalen  berechnet  uü 

c:  «=0-537541:1 

c:«=0'537199:l 

c:«=0-535104:l 

z 

A'1) 

if2) 

/(Hl)  :  c(OOi) 

*37°  14'  31" 

37°  13  ya' 

*37°     7' 

P           m'(HO) 

*52     45    29 

52     461/a 

52     S3 

«'(100) 

*64     39    50 

64     40«/8 

64     45 

,I(iTi) 

*50     40    20 

*50     39 

50     31 

j»»(lli) 

*74    29      2 

74    27 

74     14 

a'(1.1.20):c(00i) 

2     10    37 

— 

— 

yaop    /(Hl) 

35       3    54 

— 

— 

m'(HO) 

87     49    23 

— 

- 

a»(1.1.20) 

3       4    41 

— 

— 

/3'(1.1.10):c(001) 

4     20    50 

— 

— 

yi0p   /(in) 

32     53    41 

— 

— 

m'(UO) 

85     39    10 

— 

— 

j32(l.T.10) 

6       8    42 

— 

— 

X'(119)  :  c(001) 

4     49    41 

— 

— 

%P     :/(Ul) 

32     24    50 

— 

— 

:m'(UÖ) 

85     10    19 

— 

— 

X2(lT9) 

6     49    25 

— 

— 

7(118)   :  c(001) 

5     25    42 

— 

— 

%P     /(i11) 

31     48    49 

— 

— 

m'(liO) 

84     34    18 

— 

— 

V2(1T8) 

7     40    16 

— 

.._ 

-5(117)    :  c(001) 

6     11    53 

— 

— 

y7p     /(iio) 

31       2    38 

— 

— 

m'(110) 

83     48     7 

— 

— 

§8(117) 

8    45    25 

')  Berechnet  aus  Kupffer's  Messungen  von  Koksclurow  (Min.  Russlands.  Bd.  1, 
S.  117 — 120)  zum  Tlieil  von  Descloizeaux  (Min.  1»Ü2,  p.  278)  und  mir  ver- 
vollständigt. 

J)  Die  Berechnungen  aus  Haidinger's  Messung  (Molis,  Charakteristik  1821).  ent- 
nommen Brooke  and  Miller's  Mineralogy  1852  (s.  mi'i-li  Dufrenoy's  Miner  III, 
1886,  p.  61Ä). 


Krystallographisehe  Studien   über  den  Idokrns. 


31 


z 

K 

M 

£'(116) 

:  o(001) 

7°  13'  IS" 





%p 

P'(H1) 

30   1  16 

— 

— 

m'(HO) 

82  46  45 

— 

— 

£"(1T6) 

10  11  54 

— 

— 

S(H5) 

:  c(001) 

8  38  42 

— 

— 

V&P 

/(Hl) 

28  35  49 

— 

— 

m'(ilO) 

81  21  18 

— 

— 

£"(115) 

12  12  10 

— 

— 

V(1H) 

:  t(001) 

10  45  39 

— 

— 

v*p 

/(Hl) 

26  28  52 

— 

— 

m'(llO) 

79  14  21 

— 

— 

*'(ii4) 

15  10  23 

— 

— 

3(113) 

:  c(001) 

14  13  10 

14°  12%' 

14°  10' 

v*p 

/(Hl) 

23   1  21 

23    % 

22  57 

ro'(HO) 

75  46  50 

75  47% 

75  50 

«'(100) 

79  59  59 

80    % 

80   3 

3"(H3) 

20   0  18 

19  S9«/8 

19  55 

t'(112) 

:  c(001) 

20  48  42 

20  48 

20  44 

W 

/(Hl) 

16  25  49 

— 

— 

m'(HO) 

69  11  18 

69  12 

69  12 

«'(100) 

75  26  58 

75  27 

75  31 

t"(lT2) 

29   6  4 

29   5 

28  59 

x'(335) 

:  c(001) 

24  31   7 

— 

— 

%P 

/(Hl) 

12  43  24 

— 

— 

»«'(HO) 

65  28  53 

— 

— 

x"(335) 

34   7  42 

— 

— 

X'(445) 

:  c(OOl) 

31  18  22 

— 

— 

%P 

/(Hl) 

5  56   9 

— 

— 

m'(HO) 

58  41  38 

— 

— 

X"(445) 

43   6  47 

— 

— 

f/(885) 

:  r(OOl) 

50  34  28 

— 

— 

\P 

/(Hl) 

13  19  57 

— 

— 

m'(HO) 

39  25  32 

— 

— 

«'(100) 

56  53  35 

— 

— 

f*"(885) 

66  12  51 

— 

— 

5'(221) 

:  c(OOl) 

56  39  58 

56  3!) 

56  33 

2P 

:/(lll) 

19  25  27 

19  25  % 

19  26 

m'(HO) 

33  .20   2 

33  21 

33  27 

«'(100) 

53  47  17 

— 

53  51 

Ä"(221) 

72  25  27 

72  24% 

72  19 

f'(33i) 

:  f(001) 

66  19  24 

66  18i/2 

66  41 

3/* 

/(Hl) 

*29   4  53 

29   S% 

29  34 

32 


Z  e  p  1)  a  r  o  v  i  c  h . 


z 

K 

M 

<(331)  6(221) 

9° 

39'  26" 

— 



m'(UO) 

23 

40  36 

23°  4iy3' 

23°  19' 

«'(100) 

49 

38  24 

49  38% 

49  41 

<2(331) 

80 
28 

43  11 
15  36 

80  42% 

80  39 

o'(iOl) 

:  f(001) 

28  14% 

28   9 

Pco 

«'(100) 

61 

44  24 

61  451/4 

61  51 

m'(HO) 

70 

26  24 

70  27 

70  31 

o4(011) 

39 

7  13 

39   6 

38  59 

p'(iii) 

25 

20  10 

25  19i/3 

25  15% 

v'( 1  02) 

:  c(00i) 

15 

2  38 

— 

— 

%/><*> 

o'(10l) 

13 

12  58 

— 

— 

a'(lOO) 

74 

57  22 

— 

— 

v*(012) 

21 

9  6 

— 

— 

i'(H2) 

14 

33   2 

— 

— 

£'(302) 

:  c(00i) 

38 

52  47 

'  —  • 

— 

%Pe« 

o'(10i) 

10 

37  11 

— 

— 

«'(100) 

51 

7  13 

— 

— 

£4(032) 

52 

41  55 

— 

— 

»'(201) 

:  c(OOl) 

47 

4  20 

47   3% 

46  57 

2Poo 

o'(101) 

18 

48  44 

18  49 

18  48 

o'(100) 

42 

55  40 

42  56% 

43   3 

»4(021) 

62 

21  48 

62  20  V» 

62  13 

y(iii) 

31 

10  54 

— 

— 

t:'(301) 

:  c(00i) 

58 

11  48 

— 

— 

3P~ 

o'(lOl) 

29 

56  12 

— 

— 

o'(100) 

31 

48  12 

— 

— 

7T*(031) 

73 

52  30 

■— 

— 

t/(747) 

:  c(0.01) 

31 

45  44 

— 

— 

py4. 

«'(100) 

62 

48  14 

— 

— 

a4(010) 

74 

51  39 

— 

— 

v2(747) 

30 

16  42 

— 

— 

u 8(477) 

15 

55  20 

— 

— 

p'(lll) 

10 

11  59 

— 

n (212) 

:  c(001) 

31 

0  20 

— 

— 

n 

ö'(lOO) 

62 

33  55 

— 

— 

«4(010) 

76 

40  51 

— 

— 

f(210) 

58 

59  40 

— 

— 

»8(212) 

26 

38  18 

— 

— 

«8(122) 

18 

45   0 

— 

— 

p'(lll) 

12 

1   1 

— 

— 

i'(U2) 

12 

53   3 

, 

Krystallographische  Studien   über  den  Idokras. 


33 


Z 

K 

M 

f(423)  :  c'(0ül) 

38° 

42'  21" 



4/3/>2  «'(100) 

So 

SO  32 

— 

— 

«4(010) 

73 

4S  38 

— 

— 

f(210) 

51 

17  39 

— 

— 

*a(423) 

32 

28  44 

— 

— 

J8(243) 

22 

48  37 

— 

— 

/(Hl) 

11 

24  18 

— 

11° 

22'  23" 

«'(212) 

7 

42   1 

— 

— 

t'(211)  :  c(001) 

SO 

14  27 

50°  13%' 

50 

7 

2P2   «'(100) 

46 

33  40 

46  34  «/3 

46 

40 

«4(010) 

69 

53  31 

— 

69 

56 

f (210) 

39 

45  33 

39  46 ! :, 

39 

53 

m'(HO) 

43 

10  23 

43  11 

— 

,2(211) 

40 

12  57 

40  12y4 

40 

6 

«8(121) 

28 

8  20 

28   7% 

28 

5 

s*(l21) 

93 

39  14 

— 

— 

/(Hl) 

18 

6  10 

18   6 

— 

-.2(112) 

46 

49  37 

— 

— 

o*(011) 

43 

26  20 

— 

— 

»'(212) 

19 

14  7 

— 

— 

Z'(423) 

11 

32  6 

— 

— 

d'(42i)  :  c(OOi) 

67 

24  49 

67  24 

67 

20 

4P2   «'(100) 

34 

19  40 

34  20 

34 

24 

«4(010) 

6S 

36  44 

65  37 

65 

38 

f(210) 

22 

35  11 

— 

22 

40 

m'(HO) 

28 

50  45 

28  51 

— 

f/°-(421) 

48 

46  33 

48  46 

48 

44 

^8(241) 

33 

57   8 

33  57 

33 

56 

&'(22i) 

19 

27  37 

— 

— 

«'(331) 

16 

58  34 

— 

— 

«4(021) 

SS 

40  20 

— 

— 

«'(211) 

17 

10  22 

— 

— 

j8(121) 

3S 

33  51 

— 

— 

w'(737)  :  o(001) 

30 

19  13 

— 

— 

P%      «'(ioo) 

62 

21  13 

— 

— 

«4(010) 

78 

31  46 

— 

— 

oj2(737) 

22 

56  28 

— 

— 

oj8(377) 

21 

36  46 

— 

— 

/(Hl) 

13 

51  56 

— 

— 

5(113) 

17 

50  30 

- 

— 

o'(101) 

11 

28  14 

— 

— 

(«'2 12) 

1 

50  55 

-r  IV  RJ   I  A 

Ml, 

3 

34 


Zepharovich. 


z 

K 

M 

«'(833)  :  c(001) 

56°  SO'  SO" 

— 

— 

%P%    «'(100) 

38  22  48 

— 

— 

rt*(010) 

72  54  16 

— 

—  ■*■ 

«-(833) 

34  11  28 

— 

— 

2S(383) 

40  32  22 

— 

— 

/(Hl) 

26  17  2 

— 

— - 

O*(011) 

51  37  12 

— 

— 

s'(211) 

8  10  52 

— 

— 

p'(319)  :  ^(001) 

10  41  44 

— 

— 

i/3P3  «'(100) 

79  51  34 

— 

— 

«4(010) 

86  38  8 

— 

— 

«'(310) 

79  18  16 

— 

— 

p*(319) 

6  43  44 

— 

— 

Ps(i39) 

9  31  18 

— 

— 

*'(315)  :  c(001) 

18  46  36 

— 

— 

%PB     «'(100) 

72  13  12 

— 

— 

«4(010) 

84   9  28 

— 

— 

Ä'(310) 

71  13  24 

— 

— 

(72(315) 

11  41   4 

— 

— 

ff8(13S) 

16  33  10 

— 

— 

t'(629)  :  c(001) 

20  41  38 

— 

— 

%P3  «'(100) 

70  24  46 

— 

'  — 

«4(010) 

83  35   2 

— 

— 

«'(310) 

69  18  22 

— 

— 

t2(629) 

12  49  56 

— 

— 

t8(269) 

18  Xi      8 

— 

— 

a;'(313)  :  c(001) 

29  32  12 

29°  31 V 

— 

P3    «'(100) 

62   6  58 

62   8 

— 

«4(010) 

81   1  53 

81   2 

-- 

«'(310) 

60  27  48 

— 

— 

a-2(3T3) 

17  56  14 

17  55% 

— 

a;8(133) 

25  28  24 

25  27% 

— 

p'(lll) 

16  22   3 

— 

— 

5'(113) 

17  53   1 

— 

— 

o'(101) 

8  58  7 

— 

— 

oj'(737) 

2  30   7 

— 

— 

«'(212) 

4  21   2 

— 

— 

»'(312)  :  c(001) 

40  21  44 

40  20'  ,3 

40°  14' 

3/.P3   «'(100) 

52   5  35 

52   7 

52  13 

«4(010) 

78  10  57 

78  11 

78  13 

//(310) 

49  38  16 

— 

— 

?«'(110) 

54  36  9 

Krystallograpliische  Studien  üher  den  Idokras. 


35 


z 

K 

M 

«'(312)  :  w-(UO) 

73 

9  53 

73°  11' 

— 

/H3T2) 

23 

38  6 

23  38 

23°  34' 

2*8(132) 

33 

40  15 

33  39 ' '., 

33  35 

/(11t) 

*16 

50   7 

16  49  */4 

16  47Va 

3(113) 

28 

14  53 

— 

— 

.'(ii2) 

23 

21  23 

— 

— 

t2(112) 

35 

23  51 

— 

— 

o'(101) 

13 

50  15 

— 

— 

v 4(0 12) 

37 

54  26 

— 

— 

£'(302) 

11 

49   3 

— 

— 

m'(212) 

10 

28  20 

— 

— 

«'(■737) 

10 

24  23 

— 

— 

•r'(313) 

10 

49  32 

— 

— 

/'(423) 

5 

25  49 

— 

— 

,'(211) 

11 

25  46 

— 

— 

s'(3ii)  :  c(001) 

39 

31  56 

59  31 

59  25 

3P3   «'(100) 

35 

8  47 

35  9y3 

35  15 

ö*(010) 

74 

11   0 

74  11 

74  12 

A'(310) 

30 

28  4 

— 

— 

m'(110) 

39 

33  48 

39  35 

— 

m8(110) 

67 

19  40 

— 

— 

«2(311) 

31 

38   1 

31  37  Vi 

31  36 

«8(131 ) 

43 

20  40 

45  2014 

45  15 

/(Hl) 

29 

31   3 

29  31 

29  30 

^(111) 

50 

26  12 

— 

— 

ö'(22i) 

22 

40  20 

— 

— 

«'(331) 

24 

32  36 

— 

- 

o*(011) 

34 

51  13 

— 

— 

o'(833) 

3 

14  1 

— 

— 

2(211) 

11 

24  53 

11  25 

— 

o"(421) 

10 

43   3 

- 

— 

t'(312) 

19 

10  12 

19  10 1/4 

— 

»2(312) 

33 

36   5 

— 

— 

,t'(313) 

29 

59  44 

— 

— 

Ä'(61,  20,  20)  : 

c(001) 

— 

59  531/4 

— 

F-(6i, 20,20) 

— 

31  16 1/4 

— 

£8(20,61,20) 

— 

45  59  % 

— 

«'(311) 

— 

0  26% 

— 

s*(3Ti) 

— 

31  27i/3 

— 

y'(411)  :  c(001) 

65 

42  56 

65  42 

65  37 

4P4   «'(100) 

27 

50   5 

27  51 

27  55 

36 


Zepharovich, 


z 

K                  1 

M 



2/'(4il)  :rt4(010) 

77° 

13'  40" 

77° 

14' 

77°  14' 

4P4   2/2(4H) 

25 

32  40 

25 

32 

— 

2/8(141) 

55 

56  6 

55 

56 

— 

/(Hl) 

36 

49  45 

— 

— 

o*(01i) 

62 

9  55 

— 

— 

s'(3U) 

7 

18  42 

— 

— 

d'(421) 

11 

36  57 

— 

— 

»'(511)  :  c(001) 

69 

57  22 

69 

57 

69  53 

5P5   a'(lOO) 

22 

53  59 

22 

55 

22  58 

«4(010) 

79 

23   0 

79 

23 

79  23 

»2(511) 

21 

14   0 

21 

14 

21  14 

»8(151) 

62 

48  44 

— 

— 

/(llf) 

41 

45  51 

— 

— 

«'(331) 

31 

24  22 

— 

— 

o4(011) 

67 

6   1 

— 

— 

2/'(4U) 

4 

56   6 

— 

— 

s'(311) 

12 

14  48 

— 

— 

d'(421) 

14 

25  48 

— 

— 

w'(711)  :  c(OOi) 

75 

15  36 

— 

— 

7P7   o'(iOO) 

16 

47  23 

— 

— 

«H010) 

82 

8  21 

— 

— 

«?2(71i) 

15 

43   7 

— 

— 

w8(171) 

70 

56  14 

— 

— 

p'(lli) 

47 

52  27 

— 

— 

o*(0U) 

73 

12  37 

— 

— 

»'(511) 

6 

6  36 

— 

— 

s'(311) 

18 

21  24 

— 

— 

m'(HO)  :  «'(100) 

45° 

0'  0" 

OOP      w?2(lT0) 

90 

0  0 

?'(530)  :  ö'(IOO) 

30 

57  50 

~P%  „/(HO) 

14 

2  10 

y3(530) 

61 

55  40 

?«(350) 

28 

4  20 

f(740)  :  «'(100) 

29 

44  42 

ooP%  ro'(UO) 

15 

15  18 

•^(740) 

59 

29  24. 

4*s(470) 

30 

30  36 

f (210)  :  «'(100) 

26 

33  54 

col'Z      Wi'(HO) 

18 

26  6 

/*(210) 

53 

7  48 

/■8(120) 

36 

52  12 

Krystallogrnphische  Studien  über  den  Idokras. 


37 


Z                 j                  K 

M 

Ä'(310)  :  ö'(100) 
~P3    ra'(liO) 

A2(3T0) 
A8(130) 

18°  2G'     6" 
26     33    54 
36     52    12 
53       7    48 

Für  die  Grundpyramide  des  Idokras  finden  wir,  nach  Ergän- 
zung der  mitgetheilten  Angaben  durch  einige  von  älterem  Datum 
folgende  Winkel  verzeichnet: 


Fundort 

(111  :  001) 

R.  de  l'Isle 

Kristallographie    1783,     II. 
p.  292 

Vesuv 

Contact  -  Goniometer 
35°     -       - 

R.  J.  H  a  u  y, 

Mineralogie,  1801,11.  p.  416. 

Vesuv  (?) 

37°       6"     - 

Fr.  Mobs, 

Charakteristik  1821  —  Mi- 
neralogie 1839     .... 

Reflexions-Goniomet. 
37°       7'     — 

W.  Philipps, 
Mineralogy,  1823 



37°     12'     — 

A.  Kupffer, 
Preisschrift,  1823,  p.  95.    . 

Piemont 

37°     13'     28" 

Wilui 

36°     40'     36° 

C.  Naumann, 

37°       5'     15" 

N.  v.  Kokscharow, 
Mineralogie  Russlands,  1853, 
p.  130 

Poljakowsk    >Ural 
Achmatowsk  j 
Piemont 
Vesuv 

37°     13'     50" 

oder 
37°     13'     28° 

V.  v.  Zepharovich.    .    . 

Mussa,  grüne  Var. 

37°     14'     31° 

Mussa,  braune  Var. 
Rympfischweng  bei 
Zermatt 

37°     13'     42" 

Findelen -Gletscher  bei 

Zermatt 
Pfitsch 
Vesuv 

37°     12'     34° 

Monzoni,  Fassathai, 
braune  Var. 

?37°       4'     55° 

Eker,  Norwegen 

?37°       3'     — 

38 


Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h. 


Hauy  und  Philipps  haben  noch  folgende  Kanfenwiukel  an- 
gegeben: 


Hauy 

Philipps 

berechnet 

gemessen 

3(113) 

:  c(001) 

14°         9' 

13°       54' 

irfili) 

22         57 

— 

6(221) 

:  c(OOi) 

— 

55         30 

<(331) 

:  c(OOl) 

— 

66        30 

o(101) 

:  a(lOO) 

61         52 

— 

:p(lli) 

25         15 

— 

2(211) 

:  «(100) 

46        42 

41         30 

:K1H) 

18          3 

— 

i(312) 

:  c(OOl) 

— 

39         48 

:  «(100) 

— 

51         55 

«(311) 

:  «(100) 

35         16 

34         55 

2/(411) 

:  «(100) 

27         57 

— 

:*(!!!) 

36        48 

II.    Besonderer  Theil. 


Die  Idokras-Krystalle  nach  ihren  Fundorten  *). 

Neapel 3). 

Die  von  Einigen  speciell  Vesuvian3)  genannten  Id. -Varietäten 
stammen  nebst  mannigfachen  anderen  Mineralien  aus  losen  Blöcken, 
den  „Auswürflingen  der  Somma",  welche  in  und  auf  den  Trachyt- 
Tuffen  am  äusseren  Abhänge  der  Somma   am  Vesuv    lagern4). 


*)  In  den  Ländern:  Neapel,  Toscana,  Piemont,  Schweiz,  Tirol,  Banat,  Ungarn,  Salzburg', 
Mahren,  Böhmen,  Sachsen,  Baiern,  Hessen,  Preussen,  Spanien,  Frankreich,  Irland, 
Schottland,  Norwegen,  Schweden,  Russland  und  in  Nordamerika. 

2)  J.  Roth.  Der  Vesuv  und  die  Umgebung  von  Neapel.  Berlin  1837,  S.  XXXIV  ff. 

3)  Der  auch  im  Allgemeinen  übliche  Name  wurde  zuerst  von  Werner,  dem  vor  ibm 
als  vulcanischen  Hyazinth  (die  braunen  Var.),  Chrysolith  (grün,  oder  gelblich, 
durchscheinend)  oder  Schörl  (grün)  beschriebenen  Minerale  ertheilt.  (In  älterer 
Zeit  nannte  man  auch  —  so  Kirvan  —  den  Leuzit,  Vesuvian).  Hauy  wählte  1S01 
den  Namen  Idokras,  für  das  nun  auch  vom  Wilui  gebrachte  Mineral. 

4)  Schon  de  l'lsle  war  über  Localität  und  Vorkommen  des  Id.  wohl  unterrichtet;  er 
schreibt  in  seiner  Cristnllogr     ITS'.i,  2.   ed.   II,   p.  200:   „Elles  —  les  hyacinthes  du 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  39 

Diese  Tuffe  reichen  hier  bis  zu  etwa  1900  Fuss  über  das  Meer, 
bis  zur  Eremitage  hinauf;  aus  ihnen  erhebt  sich  mit  ihren  dunklen 
Leucitgesteinen  die  Somma,  den  eigentlichen  Vesuvkegel  als  wall- 
artiges Segment  umfassend. 

Die  häufig  Drusenräume  umschliessenden  Auswürflingsblöcke 
bestehen  entweder  aus  mehr  weniger  dolomitischen,  krystallinisch- 
körnigen  Kalken  oder  aus  Gemengen  krystallisirter  Silicate.  Für  die 
Kalkblöcke  mit  krystallisirten  Silicaten  und  jene  Silicatblöcke, 
welche  Idokras  und  andere  kalkreiche  Silicate  enthalten,  dürfte  die 
Annahme  am  wahrscheinlichsten  sein,  dass  sie  beim  Durchbruche 
feurig-flüssiger  Gesteine  durch  Apenninenkalk  an  den  Berührungs- 
stellen durch  Zusammenschmelzen  gebildet  und  später  mit  empor- 
gerissen wurden.  Als  gleichzeitig  ausgeschleuderte  Schollen  des 
durchbrochenen  und  veränderten 'Apenninenkalkes  wären  dann  die 
nur  aus  Kalk  bestehenden  Blöcke  zu  betrachten.  Die  Kalkmassen 
sind  nicht  selten  rundlich  aber  doch  nicht  glatt  genug,  um  sie  als 
Geschiebe  betrachten  zu  dürfen;  auch  können  sie  nicht  aus  den  Laven 
der  Somma  ausgewittert  sein,  da  sie  nicht  in  oder  zwischen  solchen, 
sondern  in  den  Tuffen  vorkommen.  Hingegen  sprechen  für  ihre  Auf- 
fassung als  einzelne  Auswürflinge,  ähnlich  vulcanischen  Bomben,  die 
oft  an  ihrer  Aussenfläche  haftenden  Augite. 

Andere  Silicatblöcke  als  die  früher  erwähnten  lassen  sich  auf 
Trachyte  oder  Augitophyre  mit  grösser  als  gewöhnlich  entwickelten 
Cemengtheilen  beziehen;  zu  den  ersteren,  zu  welchen  auch  die 
Silicatblöcke  der  phlegräischen  Felder  gehören,  sind  die  bisweilen 
granitähnlichen,  stets  quarzfreien  Gemenge  aus  Sanidin,  Amphibol 
und  Augit,  oft  mit  Nephelin,  Sodalith,  Glimmer  und  Magnetit  zu 
rechnen;  zu  den  letzteren,  jene,  welche  aus  Olivin,  Augit  und  Glimmer 
zusammengesetzt  sind. 

Die  in  den  vorstehenden  Zeilen  nach  I.  Both  vorgetragene 
Ansicht  über  die  Bildung  der  Contactminerale  in  den  Sommablöcken, 

Vesuve  —  ne  sont  point  un  produit  du  feu  des  volcans,  ....  elles  faisaient  partie 
des  l-oches  primitives  du  second  ordre,  qui  se  sont  trouvees  dans  la  spbere  d'acti- 
vite  du  foyer  voleanique;  c'est  ä  l'epoque  des  premieres  et  des  plus  anciennes  ex- 
plosions,  qne  les  volcans  les  ont  rejetees.  Aussi  le  Vesuve  n'offre-t-il  de  ees  sub- 
stances  que  dans  les  laves  de  la  Somma,  ou  eta.it  Fanden  cratere  de  ce  volcan; 
et  c'est  en  vain  qu'on  espeierait  en  rencontrer  aus  environs  du  cratere  actuel,  ou 
Ton  ne  voit  que  des  matieres  tres-denaturees  par  le  feu."  —  Vergl.  auch  Mobs,  v. 
d.  Null's  Min.  Cab.  1804,  S.  73. 


40  *•  e  1'  ''  ilrov  '  c  h. 

ist  die  der  ultra-plutonischen  Schule,  wälirend  die  neuere  chemische 
Geologie  bekanntlich  in  der  kristallinischen  Beschaffenheit  der 
Kalksteine  und  deren  Reichthum  an  Silicaten  in  der  Nachbarschaft 
eruptiver  Massen,  die  Wirkung  erhitzten  Wassers  und  Dampfes  — 
für  deren  Aufsteigen  eben  an  den  Berührungsstellen  verschiedener 
Gesteine  die  Wege  vorhanden  waren  —  sieht.  Von  diesem  Stand- 
punkte aus  äussert  sich  Prof.  K.  Peters1)  über  die  Genesis  der 
Somma-Minerale  in  folgender  Weise :  „Was  nun  die  Vesuvblöcke 
anbelangt,  welche  dem  Plutonismus  bei  Beurtheilung  der  Contact- 
Mineralien  eine  so  wichtige  Stütze  darboten,  so  möchte  ich  die  Ar- 
gumentation (der  Plutonisten)  jetzt  umkehren  und  sagen:  Weil  die 
Contactgemenge  zwischen  Syenit  und  Kalkstein  auf  dem  Wege 
feuriger  Schmelzung  nicht  entstanden  sein  können  und  kein  echtes 
Feuergestein  (Trachyt,  Dolerit),  wo  es  Kalksteingebirge  durchsetzt, 
von  dergleichen  Gemengen  begleitet  ist,  so  sind  auch  die  Vesuv- 
blöcke in  ihrem  gegenwärtigen  mineralreichen  Bestände  nicht  aus 
einer  Zusammenschmelzung  desApenninenkalksteines  mit  den 
alten  Laven  im  Schlotte  des  Vulcans  hervorgegangen,  sondern  sie 
sind  Trümmer  eines  alten  Contactgebildes,  welches  in  der_Region 
der  gespannten  Wasserdämpfe  im  festen  Kalksteingebirge  entstand 
und  wahrscheinlich  erst  später  in  den  Bereich  des  Lavaschlottes 
gerieth.  Es  ist  sogar  sehr  fraglich,  ob  eine  in  den  Kalkstein  injicirte 
Lava  (Leucitophyr  oder  Augitophyr)  oder  eine  andere  ältere  Fels- 
art das  Materiale  dazu  geliefert  hat.  Da  wir  im  Banat  und  bei  Rez- 
bänya  Syenite  kennen  gelernt  haben,  welche  (im  Kalkstein  analoge 
Contacterscheinungen  veranlassend)  dem  Alter  nach  der  letzten  — 
dritten  —  Gruppe  von  Eruptivgesteinen  angehören,  nicht  älter,  viel- 
leicht sogar  jünger  sind  als  der  Grünsteintrachyt,  so  wäre  es  selbst 
denkbar,  dass  dieselben  vulcanischen  Massen  des  Vesuvherdes, 
welche  an  der  Atmosphäre  zu  Augitophyr  und  Leucitophyr  erstarrt 
sind,  in  der  Region  des  gepressten  Wasserdampfes,  innerhalb  des 
Apenninenkalksteines,  sich  zu  granitartigen  Gesteinen  ausbilden  und 
als  solche  die  Entstehung  der  Contactgebilde  bedingen  mussten." 


*)  Die  Contactgebilde  im  Kalksteingebirge  und  der  gegenwärtige  Stand  der  ehem. 
(ieologie.  (Schriften  des  Vereines  zur  Verbreitung  naturwissenschaftl.  Kenntnisse 
in  Wien.  1801.) 


Rrystallographische  Stadien  über  den  Idokras.  4-1 

Kry stalle  von  der  Somrna.  Unter  den  Mineralien  der 
Somma-Auswiirflinge  ist  der  von  hier  zuerst  bekannt  gewordene  Id. 
durch  Grösse1)  oder  Flächein  eichthum  seiner Kryst.  besonders  aus- 
gezeichnet. Bei  gewöhnlich  dunkler  Färbung  —  grünlich-  oder  roth- 
braun, bräunlich-,  röthlich-  oder  gelblich-grün  —  und  meist  gerin- 
gen Graden  von  Pellucidität,  besitzen  die  Flächen  vorzüglich  der 
kleineren  Individuen  häufig  einen  so  hohen  Grad  von  Ebenheit  und 
Glanz,  dass  sie  zu  den  besten  Erwartungen  am  Goniometer  berech- 
tigen. Aber  die  Schälte  und  Übereinstimmung  der  Messungen  lässt 
meist  viel  zu  wünschen  übrig;  mehrfache  Fadenkreuze  werden  von 
den  anscheinend  ebensten  Flächen  gespiegelt  und  an  einzelnen  Kry- 
stallen  weichen  die  gleichnamigen  Kanten  oft  nicht  unbeträchtlich 
von  einander  ab,  insbesondere  wo  die  Kryst.  mit  anderen  in  den 
Drusenräumen  zusammentreffen.  In  denselben  ist  dichtes  Gedrängt- 
sein  verschiedener  individualisirter  Minerale  ganz  bezeichnend  für 
den  Fundort;  häufig  sind  die  Id.  dadurch  in  ihrer  Ausbildung  gestört 
und  auch  unter  sich  regellos  oder  in  paralleler  Stellung  verwachsen. 
Aggregate  letzterer  Art,  wie  die  in  Fig.  10  und  11  dargestellten, 
konnten  bei  weiterer  Entwicklung,  wenn  die  einzelnen  Individuen 
noch  mehr  zurücktreten,  einen  scheinbar  einfachen  Gesammtkrystall 
ergeben,  an  dem  die  geknickten  oder  verzogenen  Flächen  noch  auf 
die  Zusammensetzung  hinweisen.  Nicht  aber  ausnahmslos  wird  ein 
solcher  Schluss  statthaft  sein,  da  mancherlei  Verhältnisse  und  Einflüsse 
während  der  Krystallbildung  sich  in  ähnlichen  Resultaten  äussern 
mögen.  Nachweisbar  an  mir  vorliegenden  Exemplaren  haben  fremd- 
artige Einschlüsse,  wie  von  Glimmerblättchen,  Gruppen  von  Augit- 
säulchen  oder  Sodalithköi  neben,  ein  Individuum   beim  Fortwachsen 


!)  Die  grössten  Krystalle,  gut  ausgebildete  Säulen  mit  .vorwaltender  Endfläche  errei- 
chen 30  Millim.  Höhe  und  40  Millim.  Breite ;  an  einem  Bruchstücke  wurden  selbst 
CO  Millim.  Höhe  und  40  Millim.  Breite  gemessen.  Gewöhnlich  sind  die  Vesuvian- 
Kryst.  10 — 15  Millim.  hoch  und  4 — 6  Millim.  breit.  Monticelli  und  Corelli, 
miner.  vesuviana.  Napoli  1825,  p.  243.  —  In  den  ungemein  reichen  Vesuv-Schiänken 
des  Universitäts-Museums  in  Neapel  zeigte  mir  Prof.  S  c  acch  i  u.a.  auch  pracht- 
volle Idokrase.  An  einem  unvollkommenen  Kr.  —  schwarz  von  Orthoklas  und  Am- 
phibol  durchdrungen  —  (001)  .  (110),  konnte  ich  HO  Millim.  Höhe  und  31  Millim. 
Breite  messen.  Ein  anderer,  ein  schwarzbrauner  kurzsäuliger  Kr.  gab  24  u.  45  Mm.; 
in  seiner  Gestalt,  mit  den  vorherrschenden  (001)  u.  (Hl»)  und  den  sehr  untergeord- 
neten (111),  (100)  u.  (120),  erinnert  derselbe  an  die  Kr.  von  Egg  in  Norwegen. 


42  Z  e  p  h  ar  o'v  i  c  h. 

in  einzelne  sich  selbstständig  entwickelnde  Theile  getrennt  oder 
schliesslich  bei  dem  Streben  dieselben  zu  überdecken ,  Verzerrun- 
gen der  Flächen  bewirkt. 

An  Somma-Krystallen,  welche  theils  säulig,  theils  tafelig  und 
nur  zuweilen  an  beiden  Enden  ausgebildet  erscheinen,  wurden  Flä- 
chen der  folgenden  Formen  beobachtet: 
((001),  (H3),  (112),  (111),  (221),  (331),  (101),  (302),  (201),  (301), 

\     OP,         y3P.         %P,  P,  2P,  'SP,         Poo,       %Poo,     2Pce,     3Poo, 

((243),  (121),  (241),  (132),  (131),  (151),  (HO),  (120),  (130),  (100). 
(  %P2,     2P2,       4P2,      %P3,     3P3,      5PS,      o=P,      <n>P2.    ccP3,    <x»P~. 

Von  diesen  sind  (302)  und  (301)  neu  .  (243)  wurde  von 
Hessen  berg1)  aufgefunden.  Die  bereits  bekannte  (201)  habe  ich 
nur  anSomma-Kryst.  und  (151)  ausserdem  nur  an  einem  Kryst.  von 
Egg  in  Norwegen  beobachtet. 

Die  Fig.  1  — 11  stellen  einige  der  einfachsten  und  complicir- 
teren  Combinationen  dar  3). 

Eine  Abbildung,  entworfen  nach  einem  kleinen  Kryst.  desselben 
Fundortes  im  Joanneum  zu  Graz,  gab  Haidinger  in  seiner  Mine- 
ralogie 1845,  Fig.  314,  S.  214.  In  derselben  wurden  die  früher  s) 
mit  4P  und  4P4  bezeichneten  Formen  nach  den  Beobachtungen 
G.  Rose's  als  3P  und  oPo  berichtigt.  Letzterer  hatte  —  wie  Hai- 
dinger damals  auf  einer  Skizze  des  erwähnten  Kryst.  bemerkte  — 
4P4  niemals,  dafür  aber  häufig  5 Po  beobachtet.  Ich  selbst  kann 
letzteres  vollkommen  bestätigen;  5  Po  habe  ich  an  mehreren  Kryst. 
von  der  Somma,  die  zuerst  von  Hauy  beobachtete  4P4  hingegen 


i)  Mineral.  Notizen  Nr.  2.  Abhdlg.  d.  Senk.  natf.  Ges.  zu  Frankfurt  a.  M.  Bd.  II. 

2)  Vergl.  auch  Fig.  47  n.  48.  —  Ich  habe,  wenn  es  nicht  besonders  wünschens- 
wert!) schien,  vermieden  bereits  vorliegende  Krystallzeichnungen  wieder  abbilden 
zu  lassen.  —  Zeichnungen  von  Somma-Kryst.  entbiilt  R.  de  l'lsle  Cryst.  II.  Taf.  IV. 
Fig.  23,  20,  123,  124,  125,  127,  128;  Levy,  Atlas,  XXXIII,  Fig.  2,  4,  G,  8,  XXXIV, 
Fig.  12.  13,  18—21;  Presl,  Atlas,  VIII,  Fig.  286,  291,  292,  294,  300,  302;  D  u- 
frenoy,  Atlas  Tal'.  131,  Fi-.  36,  37,  40.  41,  4(i.  (Dir  Fig.  36  u.  37  „une  var. 
de  crislaux  trcs  frequente  ;  on  en  connait  du  l'ie'monl ,  de  Siberie,  du  Tirol  ei  <lu 
Vesuve«  mit  (00i)P,  und  (101)e*  am  Säulenende,  statt  (ooi)  und  (III):  die  Ver- 
wechslung1 scheint  auf  der  Annahme  zu  beruhen,  dass  an  den  Krysl.  stets  (HQ)M, 
breiter  als  (100)A*  sei)   u.   Desc  I  oizeaux,  Atlas,  XVIII.  Fig.  103. 

•*)  In  den  Werken  von  Mobs  1824  und  1839.  Diese  Fig.  ist  unverändert,  auch  nach 
Haidinge r1s  Berichtigung  in  die  Mineralogien  von  Brooke  u.  Miller  I852s 
Dana   IS.'i.'i  uml  Des cl  oizeaux   I862  übergegangen, 


Kryslallographische  Studien  über  den  Idokras.  4-3 

nur  an  einem  Kryst.  von  der  Mussa-Alpe  angetroffen,  wornach  letz- 
tere Form  zu  den  seltensten  zu  rechnen  ist.  Die  Pyramide  4P  dürfte 
aber  vorläufig-,  da  keine  Messungen  für  dieselbe  vorliegen,  aus  der 
Reihe  der  Krystallformen  des  Idokrases  ganz  zu  streichen  sein 
(s.  S.  12). 

Die  Ähnlichkeit  in  den  Gestalten  der  einfacheren  Combinationen 
in  ihrer  Einigungsart  und  in  den  Kantenwinkeln  (s.  S.  27  u.  28), 
welche  an  den  Kr.  vom  Vesuv  und  jenen  vom  Findelen-Gletscher  bei 
Zermatt  bemerkbar  ist,  lässt  sich  auch  weiter  in  der  Beschaffenheit 
ihrer  Flächen  verfolgen.  Auch  hier  sind  vollkommen  ebene  Flächen 
nicht  seilen,  und  geben  meist  nur  die  in  den  Combinationen  vor- 
waltenden (001)  und  (111)  Parkettirung  oder  Riefung  zu  erkennen, 
übereinstimmend  mit  den  an  den  Zermalter  Krystallen  beschriebe- 
nen (vergl.  Fig.  10  u.  11,  50  u.  öl).  Als  bezeichnend  für  die  übri- 
gens durch  ihre  Begleiter  hinreichend  kenntlichen  Vesuv -Krystalle 
dürfte  sich  vielleicht  auch  nach  weiterer  Vergleichung  bervorheben 
lassen,  dass  an  denselben  die  Lamellen  auf  (001)  nicht  selten 
krummlinig,  gewellt,  zuweilen  auch  fast  kreisrund  begrenzt  sind, 
wobei  sich  der  Mittelpunkt  der  concentrischen,  durch  schichten- 
förmigen  Aufbau  bedingten  Linien,  meist  in  einer  Ecke  oder  Kante 
der  Endfläche  befindet  (Fig.  11).  Die  früher  erwähnten  Einknickun- 
gen,  so  wie  blasenartige  Erhebungen,  gelangen  auf  dieser  Fläche 
vorzugsweise  zur  Erscheinung.  —  Die  Prismen  sind  zart  vertical 
und  gewöhnlich  (100)  und  die  achtseitigen  in  weiteren  Abständen 
als  (HO),  gerieft. 

Manche  Krystalle  zeigen  bei  starker  Vergrösserung  auf  sämmt- 
lichen Flächen  sehr  feine  Poren,  wie  von  Messerspitzen  herrührend; 
grössere  narbige  Unterbrechungen  der  Oberfläche  werden  oft  durch 
balbumschlossene  und  später  wieder  zerstörte  oder  herausgefallene 
Minerale  veranlasst. 

Die  Liste  der  die  Jdokras-Krystalle  in  den  Drusenräumen  be- 
gleitenden Minerale  ist  eine  zahlreiche.  Ich  füge  den  Angaben  über 
diese  *)  einige  Notizen  bei. 

Amphibol  OP.  — P.  ooP.  und  Augit  — P.  P.  Poo.  ooP.  ooPoo. 
(ooPbo),  grüne  bis  schwarze,  oft  sehr  nette  Kryställchen.  —  Calcit, 


!)   Monticelli   u    Covelli,   I.  c;   Roth,   I.e.;  L  e  v  y,  Deseriut.  d'uue  collection, 
1838. 


44  Z  e  [i  li  a  r  o  v  i  c  h. 

weiss,  blaulich-  oder  graulich  weiss  t).  —  Fluorit,  wasserhell,  in  Oktae- 
dern und  späthigen  Partien.  —  Glimmer  (Magnesiaglimmer,  Biotit 
und  Phlogopit)  Täfelchen  von  verschiedener,  meist  dunkelgrüner 
Farbe. —  Granat  braun,  gelblichroth;  ooO,  ooO.  202,  und  gehäufte 
Körnchen.  —  Hauyn.  —  Humit.  —  Magnetit.  —  Mejonit.  —  Ne- 
phelin.  —  Olivin.  —  Orthoklas  (Eisspath),  flächenreiche  Kryställ- 
chen :  OP.  Poo.  2Poo.  ooP.  (ooP3).  (00P00).  —  Phillipsit.  — 
Pleonast.  —  Sodalith,  wasserhelle  ooO,  ooO.  202;  körnige  Aggre- 
gate. —  Wollastonit.  —  Von  diesen  findet  man  ganz  oder  theilweise 
von  Id. -Kr.  umschlossen:  Amphibol,  Augit,  Calcit,  Glimmer,  Granat, 
Sodalith  und  Magnetit. 

Die  mikroskopischen  Untersuchungen  Sorby's  der  Somma- 
Minerale,  Idokras,  Calcit,  Nephelin,  Amphibol  und  Eisspath  erwiesen 
in  denselben  Hohlräume,  welche  er  ihrem  Inhalte  nach  als  „fluid-,  gas- 
und  glass-cavities"  unterscheidet,  und  welche  ihn  in  ihrem  Zusammen- 
vorkommen zu  dem  Schlüsse  führen:  „that  the  peculiar  minerals, 
characteristic  to  the  hlocks  ejected  from  Vesuvius,  were  formed  at  a 
dull  red  heat,  under  a  pressure  equal  to  several  thousand  feet  of  rock, 
when  water,  containing  a  large  quantity  of  alkaline  salts  in  Solution, 
was  present  along  with  melted  rock  and  various  gases  and  vapours2)". 
Die  oben  genannten  Minerale  enthielten  alle  „Fluid  -  Cavities", 
Nephelin  und  Eisspath,  ausserdem  auch  „Gas-  und  Glass-Cavities". 
Die  Flüssigkeit  in  den  häufigen  Höhlungen  des  Id.  ist  überreich  an 
Krystallen;  nach  der  Ähnlichkeit  mit  jenen  in  den  Fluid-Cavities,  im 
Calcit  und  Nephelin  sind  es  z.  Th.  Würfel  des  Chlorkalium  und 
Chlornatrium.  Die  durch  Contraction  der  Flüssigkeit  in  derselben  ge- 
bildeten Blasenräume  erweisen  durch  ihre  Grösse  —  sie  erreichen  bis 
ein  Drittel  des  Hohlraumes  —  dass  bei  der  Krystallbildung  eine 
Temperatur  von  38°  C,  Rothglühhitze,  geherrscht  habe. 

Die  Mannigfaltigkeit  der  Erscheinungsweise  der  Somma-Id. 
wird   noch   erhöht   durch   die  Verschiedenheit  der  Unterlage,   auf 


!)  Der  blauliche  Calcit  der  Sommablöcke  enthält  nach  Bischof  organische  Substanzen 
(ehem.  Geol.  II.  1031).  Roth  fand  solchen  nach  der  Formel  CaO.C08+MgO.HO  — 
also  entsprechend  dem  Pencatit  von  Predazzo  zusammengesetzt.  (Zeitschrift  der 
deutsch,  geol.  Ges.  III,  18Si,  S.  142.) 

2)  Sorby,  on  the  microsc.  strueture  ot  crystals,  indicat.  the  origin  ofmin.  and  rocks, 
Quart.  Journ.  geol.  soc.  XIV,  185.S,  482;  s.  Tat'.  Will.  Fig.  TS.  79,  1)2,  IKJ. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  4-i) 

welcher  sie  nebst  vielartigen  Begleitern  sich  entwickelten.  Es  sind 
theils  körnige  Kalksteine,  theils  krystallinisch-körnige  Gemenge  von 
Silicaten,  vorwaltend  ausAugit,  Granat,  Glimmer,  Id.,  Olivin  undSoda- 
lith  in  wechselnden  Verhältnissen  bestehend,  welche  die  krystall- 
reichen  Hohlräume  enthalten.  An  den  Wandungen  derselben  bemerkt 
man  in  den  Kalkblöcken  häutig  späthigen  Calcit  von  weisser,  bläu- 
lich- oder  graulichweisser  Farbe;  zuweilen  erscheint  auch  weisser 
Calcit  von  blauem  durchadert  —  also  auch  hier  die  an  anderen 
hlokras-Localitäten  bekannte  eigentümliche  Färbung  des  Calcites. 
Auf  der  körnigen  oder  lamellaren  Calcit  -  Unterlage  haben  sich 
hin  und  wider  kleine  Calcit- Rhomboeder  ausgebildet.  In  einem 
Drusenraume  fand  ich  an  Exemplaren  im  Wiener  k.  k.  Mineralien- 
Cabinet  sämmtliche  Kryst.,  Id.,  Amphibol  und  Glimmer  mit  einer 
äusserst  dünnen,  schimmernden  weissen  Kruste  von  jüngerem  Calcit 
überdeckt.  Eigentümlich  zeigten  sich  an  einem  anderen  Stücke 
kleine  halbkugelige  oder  geflossene  Gestalten  von  weissem,  mattem 
Calcit,  auf  Id. -Kryst.  hie  und  da  gleichsam  wie  aufgeträuft;  die 
Unterlage  bildet  körniger  Kalk  mit  reichlich  eingemengtem  Glimmer, 
wie  dies  so  häufig  vorkommt. 


Cooibinationen  und  Kantenwinkel,  beobachtet  an  einigen  Krystallen 
von  der  Summa. 

Fig.  1,  2  und  3.  Einfache  Combinationen  mit  Flächen  von 

c(001),i»(lll),  o(10i),  w(110), /"(120),  «(100), 

an  welchen  oft  ganz  schmal  noch  (331)  und  (131)  erscheinen. 
Zuweilen  ist  (001)  noch  mehr  als  in  Fig.  1  ausgedehnt  bis  zum 
völligen  Verschwinden  von  (Hl). 

Fig.  4.  c(001).  $(l\Z).p(\il).b(22l).t(331).  o(101). 
<121).;(132).s(131).™(110)./(120).rt(100). 

Gemessen  Gew.  Gemessen  Gew. 

pirrn  —  52°  42'       ....    (2)  ;?/«4  =  34°  30' (3) 

t^mk  =  23     i0\'2    ....    (2)  />4  =  18     20 (2) 

Fig.  5.  c(001)  .  3(113}  -Kill).  *(221)-  *(331).  o(101). 
t(132).s(131).u(151).m(110)./(120).4100). 


46  Zepharovic  h. 

Gemessen  Gew.  Gemessen  Gew. 

pzPi  =  50°  36  y3'  .    .    .    .  (3)  pa4  =  64-47%' (2) 

p20l  =  25  20i/2     ....  (2)  p434  =  22  -28i.  4 (2) 

Pi0i  =  25  16y3    .    .        .  (2)  «'«4  =  61  46        (3) 

Pkmk  =  52  50        ....  (2)  ?>4  =  52  «2% (2) 

Fig.  6.  c(001)  .  .5(113)  .  j»(lll).-f(331).o(101).€(302). 
7t(301).2*(132).s(131).rf(241).m(110)./(120).«(100). 

Gemessen  Gew.  Gemessen  Gew. 

oza%  =  61°  46'       ....    (2)  «,o  ==  90°  13' (1) 

ozc  =  28     Uy2    ....    (1)  ö4e  =  89     47 (1) 

90     —  ys  180     - 

Die  neuen  Flächen  £  =  a/zPoo  und  ?r  =  3jPoo  äusserst  schmal, 
rc  überdies  gekrümmt;  als  Mittel  aus  je  drei  sehr  approximativen 
Messungen  ergab  sich  ^«j  =51    49'  und  ^aj  =31     441/3'. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  die  ot  mit  der  sonst  nicht  mehr 
beobachteten  Zuschärfung  ihrer  Kante  gegen  c,  äusserst  verzogen 
gleichsam  unfertig  und  mit  abnormer  Neigung  gegen  c  und  a 
erscheint.  Ich  fand  nämlich 

ox  c    =  24°  41 ' 
oi  ai  =  64    46 

89°  27' 

Fig.  7.  Idealisirtes  Bild  der  Combination  Fig.  5,  welche  so 
wie  die  Fig.  2,  3  und  4  nach  tafelartigen  Krystallen  im  Wiener 
Mineraliencabinet  entworfen  sind. 

F.g.  8.  c(001)  .  5(113)  .  p(lll)  .  *(331)  .  o(101)  .  «(201). 
4241)./(132).s(131).v(t51).w(110)./(120).«(100). 

Sehr  glattflächiges  Krystallfragment  erhalten  von  Dr.  Krantz. 

Gemessen  Gew.  -  Gemessen  Gew. 

Pi  c  =  37°  9'  .  •.    .    .  (2)  «,  i\  =  14°  29'  ....  («) 

M,  c  =  47  1     .    .    .    .  («)  M]  ${  =  19       4  ....  (a) 

m,  «i  =42  56    ....  (I)  t<8c    =69     48i3  .    .    .    .  (fl) 

Mj  ot  =  18  22</3    ...  (1)  t>8t>7  =  21     34  ....  (1) 

,/,  s,  =  10°  45*     ....    (o). 

Fig.  9.  c(00i).p(Hi).o(i01)  .  m(201)./(243)  .  z(121). 
rf(241).i(l32).s(131).w(i81).w(100)./(120).a(100). 


Krystallographische  Studien  über  den  Nokias. 


47 


Hesse nberg,  dessen  trefflichen  mineralogischen  Notizen 
(Nr.  2,  1.  c.)  diese  Zeichnung  entlehnt  ist,  fand  an  den  neuen,  vor- 
züglich spiegelnden  Flächen  von  l  =  */3P2. 

lp  =,  11°  20'. 

Neben  dem  Idokras  Hess  sich  im  Gesteine  und  in  dessen  Hohl- 
räumen noch  unterscheiden:  Sodalith,  Nephelin,  Granat,  Diopsid 
und  Hornblende. 


IHittelwerthc  aus  allen  Hessnn; 

jen  an  Rrystallen 

Ton  der  . 

"ioinnui. 

W  i  u  k e 1     de  r     Norm 

a  1  e  n 

n 

S(P) 

/(Hl)  :  c(00i) 

37°  12',' 

8 

8 

»j'(HO) 

52     471', 

19 

19 

p*(iil) 

50     32% 

2 

4 

«'(100) 

60     40 

3 

4 

3'(H3)  :  r(00i) 

14     16 

3 

a 

/(Hl) 

22     59i/o 

8 

5 

S'(221)  :  m'(HO) 

33     18  ya 

2 

a 

*'(331) 

9     34 

2 

2 

<(331):m'(110) 

23     30 

8 

10 

/(Hl) 

29       4y4 

3 

4 

f(210) 

26       2% 

« 

o'(lOi) :  c(001) 

28     141/, 

1 

«'(100) 

61    45V2 

10 

21 

03(101) 

56     303/4 

1 

/(Hl) 

25     171/. 

6 

12 

£'(302)  :  «'(100) 

51     49 

a 

w'(201)  :  c'(OOl) 

47       1 

« 

«'(100) 

42     56i/., 

1 

o'(lOl) 

18     35 

1 

/(Hl) 

31  .    914 

2 

m'(HO) 

59       3 

1 

-'(301)  :  «'(100) 

31     441 '3 

a 

2(211)  :m'(H0) 

43       8% 

1 

d'(421):t>(001) 

67     19 

« 

f(210) 

22     40 

« 

«'(100) 

34     29 

« 

///(HO) 

28     37 

2 

/(Hl) 

33       3 

« 

<(331) 

16     59 

2 

s'(311) 

10     42 

3 

»'(511) 

14     27 

1 

48 


Z  e  i>  h  a  r  o  v  i  c  h. 


Winkel     der     Nor  in 

a  1  e  o 

n 

S(v) 

t*(312)  :  c(00i) 

40°  17' 

2 

2 

ö'(iOO) 

52       9% 

5 

10 

^(3l2) 

23     32y3 

1 

1 

^(1 32) 

33     32" 4 

1 

3 

j»'(lli) 

16     45% 

4 

8 

*'(331) 

33     17 

1 

2 

m'(110) 

54     32 

2 

2 

o'(iOi) 

15     46 

1 

2 

w'(201) 

14     23 

2 

2 

,'(211) 

11     20  i/a 

1 

1 

s'(311):c(001) 

59     30 

2 

2 

a'(lOO) 

35     13i/4 

2 

5 

/(Hl) 

29     32 1/3 

2 

2 

jȊ(lll) 

50     22 

1 

2 

m'(HO) 

39     43% 

2 

2 

«'(201) 

19     11 

3 

1 

?'(312) 

19     13 

2 

3 

t/(511)  :  c (001) 

69     48i/3 

1 

a 

a'  (100) 

22     571/3 

3 

4 

»3(511) 

21     34 

1 

1 

/(Hl) 

41     43 

3 

« 

«'(331) 

31     23 

1 

2 

f(210)  :«'(100) 

26     32 

9 

12 

m'(110) 

18     31 1/3 

6 

8 

a'100:c(100) 

90       5 

5 

5 

?n'(110) 

44     59ii  ,'18 

14 

18 

Das  spec.  Gewicht  fand  ich 

Magnus  J) 

Rammeisberg  2) 


3-447,  3-445  an  2  Kr. 
3-420, 

3-382,  gelbbraun, 
3-428,  dunkelbraun, 
Mittel   =  =  3-426    (5) 


Id.  wurde  auch  als  Gemengtheil  der  krystallinischen  Auswurfsmassen  am  Mte.  Vul- 
ture  bei  Melfi  von  Tenore  und  Gussone  ang-eg-eben  (Memoria  sulle  pere- 
grinazioni  eseguite  nel  1833—1838.  Napoli  184'i,  pag.  108).  Scacchi  und  Pal- 
mieri  konnten  aber  den  Id.  daselbst  nicht  auffinden.   (11  Monte  Yulture  ed  il  tre 


i)  Poggend.  Annal.  1830,  477. 
a)  Mineralchemie,  1860,  734. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  49 

muoto  del  dl  14  Agosto  1851.  Napoli  1852;  pag.  112.)  Weder  zeigen  sieh  liier  die 
an  der  Somma  so  häufigen  Kalkblöcke,  noch  kommt  Caleit  im  Gemenge  der  Aus- 
würflinge vor.  Letztere  bestehen  wesentlich  aus  Augit,  Glimmer  und  Olivin,  zu 
welch'  ersterem  sich  noch  als  besonders  bezeichnend  für  die  Localiliit.  grauer  oder 
blauer  Hauyn  und  Titaneisen,  und  Apatit  gesellen.   (L.  c.  pag.  81.) 


Toscaua. 

Von  Pitigliano  (lei  Sovana  am  Fiora  Fl.  unweit  der  römi- 
schen Grenze)  bewahrt  das  Wiener  Mineraliencabinet  grosse  Plat- 
ten, bedeckt  mit  Drusen  von  braunen  Id. -Kr.  —  (OOl).(l 1 1).(33I). 
(101).  (3H).  (110).  (120). (100),  begleitet  von  Granat  —  ferner 
krystallinisch-körnige  Id. -Aggregate.  An  einem  Exemplare  von  die- 
sem Fundorte1)  beobachtete  R.  Blum  in  Drusenräumen  einer  dich- 
ten Granatmasse  auf  einem  körnigen  Gemenge  von  Granat,  Id.  und 
Augit  (Pyrgom),  Kr.  dieser  Minerale  in  manchfacher  Berührung  mit 
einander,  sich  wechselseitig  überdeckend  oder  umschliessend  und 
daher  von  gleichzeitiger  Bildung.  So  sind  auf  einem  grossen,  gelb- 
lich-braunen Id.-Kr.  (100).  (HO)  .  (130)  .  (001)  .  (111),  viele 
wein-  und  honiggelbe  Granat-Kr.  oo0.303/2  abgesetzt  oder  in  den- 
selben tiefer  eingedrungen,  so  dass  nur  noch  einzelne  Kanten  und 
Ecken  des  letzteren  vorragen.  Auch  Augit-Kr.  sind  auf-  und  einge- 
wachsen; eben  so  findet  man  in  Granat  und  Augit,  mehr  weniger 
eingesenkt,  kleine  Individuen  von  Id.3).  —  Das  Vorkommen  des  Id. 
zu  Pitigliano  darf  man  wohl  mit  der  eruptiven  Thätigkeit  des  nach- 
barlichen alten  Trachyt-Vulcanes,  des  Monte  Amiata,  in  Verbindung 
bringen,  und  für  denselben  eine  analoge  Genesis  wie  für  dieSomma- 
Kr.  annehmen. 


i)  G.  Santi  (Viaggio  secondo  per  la  Toscann,  Pisa  1798,  p.  46—48)  fand  Id.  in  den 
Feldern  oberhalb  der  Madonna  del  Gradone  bei  P  i  t  i  g  I  i  a  n  o  am  linken  Ufer  des  Fiora 
Fl.  in  ansehnlichen  Massen,  —  ferner  1V2  Meile  davon,  beim  Pantano-Hofe,  mit  braunem 
Granat  (Colophonit). 

2)  Leonh.  u.  Br.  Jahrb.,  1851,  S.  659. 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Cl.  XLIX.  ßd.  I.  Abth. 


1)0  Z  c  ]i  h  a  r  ii  v  i  eh. 


Piemont. 

So  zahlreich  in  allen  Sammlungen  die  prachtvollen  Krystalle 
von  der „Mussa- Alpe"  oder„AIa"  vertreten  sind,  so  spärlich  und 
ungenau  sind  üher  das  Vorkommen  daselbst  Berichte  in  der  Lite- 
ratur zu  finden  ')•  Es  war  m^v  daher  hoch  erfreulich  meinen  Wün- 
schen und  Fragen,  von  Seite  der  Herren  Professoren  Q.  Sella  und 
B.  Gastaldi  in  Turin,  so  reichlich  entsprechen  zu  sehen.  Ein  an- 
sehnliches Materiale  von  98  Id.-Krystallen  wurde  mir  freundlichst 
aus  dem  Turiner  Museum  anvertraut;  darunter  waren  viele  ausge- 
zeichnete zu  eingehenden  Untersuchungen  geeignet.  Prof.  Sella 
theilte  mir  mit,  dass  er  selbst  zahlreiche  Messungen  an  dem  man- 
ganliältigen  Id.  vorgenommen,  und  wollte  mir  seine  Resultate  bereit- 
willigst zur  Verfügung  stellen.  Aber  die  bald  darauf  erfolgte  Berufung 
desselben  zu  einem  hohen  Staatsamte  machte  leider  die  Sichtung 
und  Zusammenstellung  der  Beobachtungen  unmöglich.  Möge  Sella 
bald  Gelegenheit  gegeben  sein,  was  ich  nun  über  diese  Krystall- 
Varietät  aufzeichnen  konnte,  zu  ergänzen  und  zu  berichtigen. 
Prof.  Gastaldi  hatte  selbst  vor  längerer  Zeit,  in  Verfolgung 
geologischer  Studien,  die  Localität  besucht  und  mich  von  seinen 
Erfahrungen  freundlichst  in  Kenntniss  gesetzt;  eben  so  verdanke  ich 
demselben  eine  Reihe  von  instructiven  Exemplaren,  welche  ein  treff- 
liches Bild  des  Vorkommens  geben. 

Die  Mussa-AIpe  liegt  unweit  vom  oberen  Ende  des  beiLanzo 
in  die  Turiner  Ebene  mündenden  Ala -Thal es  am  Fusse  der  Testa 
ciarva,  einem  hohen  Felsen  mit  Gletscher-Furchen  beiläufig  6000 
Fuss  über  dem  Meere. 

Oberhalb  der  Alpe  an  der  Testa  ciarva  ist  die  durch  Mineral- 
reichthum  ausgezeichnete  und  vielfach  ausgebeutete  Fundstelle  er- 
öffnet, in  Granat-  und  Idokrasmassen,  welche  den  krystallinischen 
Schiefern  der  alpinen  Centralkette  angehören.  Aus  der  Ähnlichkeit 
des  ganzen  Vorkommens  dürfte  wohl  anzunehmen  sein,  dass,  wie 
in  Zermatt  (Ob.- Wallis),  so  auch  in  Mussa  diese  Minerale  lager- 
oder  nesterartige  Ausscheidungen  in  chloritischem  Schiefer  bilden. 


!)  Konvois  in  hat  das  Mineral  als  „Peridot-Idokras"  bekannt  gemacht  mit  der  An- 
gabe, dass  es  den,  aus  Serpentin  bestehenden  Felsen  Testa  ciarva  in  Adern  durch- 
ziehe. Journ,  <le  Phys.  LX1I,  409.  —  A.  Brogniart,  Min,  807. 


Krystallographische  Studien   über  den  Idokras.  5  ! 

IVlir  vorliegende  Stücke  zeigenden  allmählichen  Übergang  von  chlorit- 
oder  kalkschieferartigem  Gestein  in  die  Granat-  oder  Idokrasmasse, 
welche  als  Träger  der  schönen  Krystalldrusen  erscheint. 

Der  Farbe  nach  sind  von  den  Id.-Krystallen  der  Mussa-Alpc, 
zwei  auch  in  krystallograpliischer  Hinsicht  zu  trennende  Varietäten 
zu  unterscheiden,  die  grün  und  die  braun  gefärbten.  —  Die  grü- 
nen Krystalle  bilden  Drusen  auf  gleichartiger  gelblich-grüner  Id.- 
Unterlage,  welche  stetig  von  krystallinischer  Gestaltung  zu  grobkör- 
nigem bis  dichten»  Gefüge  übergeht.  Die  licht-  bis  dunkelbraunen 
Krystalle  hingegen,  nach  Sismonda's  Untersuchung  7-1  Mangan- 
oxydul enthaltend1),  sind  auf  feinkörnigem  bis  dichtem,  röthlich- 
grauem  oder  braunem  Granat  in  Drusen-  und  Klufträumen  aufgewach- 
sen; seltener  lagern  sie  in  stengeliger,  egeranartiger  Ausbildung 
unmittelbar  auf  dem  Schiefer. 

In  den  Drusenräumen  erscheinen  als  Begleiter  des  Id.  hell 
lauch-  bis  schwärzlich-grüne  Klinochlor-Täfelchen  3),  Schüppchen 
und  Täfelchen  von  silberweissem  oder  grünlich-grauem  Talk,  ausge- 
zeichnete Krystalle  von  wasserhellem  oder  weissem  Apatit  und  hyazinth- 
rothem  Granat,  dannDiopsid-  undCalcit-Kr.,  erstere  in  der  lichtgrau- 
grünen „Alalit"  genannten  Varietät.  Diese  mannigfaltige  Kr.  -  Ent- 
wickelung  zeichnet  insbesondere,  wie  es  scheint,  die  Hohlräume  des 
Granatgesteines  aus;  die  hier  vorkommenden  braunen  Id.  erscheinen 
meist  in  schlanken  Säulen,  liegend,  nicht  selten  gekrümmt,  geknickt 
oder  zerklüftet  —  so  wenn  sie  Klinochlorblätter  überbrücken  —  oder 
aufgerichtet  und  an  den  freien  Enden  einfach,  auch  zuweilen  flächen- 
reich begrenzt.  Besser  ausgebildete  Individuen  aller  genannten 
Minerale  fand  ich  eingeschlossen  in  Calcit,  der  an  meinen  Exem- 
plaren stets  oberflächlich  deutliche  Spuren  ätzender  Einwirkung 
trägt.  Eben  so  umhüllen  Id.-  und  Granat-Kr.  häufig  Klinochlor-  oder 
Talkblättchen  s). 


i)  Mem.  della  R.  Acad.  d.  so.  di  Torino  I.  Seria  XXXVII,  93. 

2)  Von  Descloizeaux  optisch  untersucht.  Miner.  I,  1862,  444. 

3)  In  einer  schönen  Druse,  auf  äusserst  feinkörnigem,  rothgrauen,  zum  Theil  mit 
Klinochlor  gemengten  Granat,  beobachtete  ich,  den  Grund  vorwaltend  mit  sechs- 
seitigen Klinochlor-Täfelchen  und  Hyazinth-Granaten  ausgekleidet;  letztere  in  ge- 
häuften Körnchen  und  nach  einer  trigonalen  Axe  verlängerten  kleinen  oaO.  Aus  diesen 
ragten  stellenweise  empor:  dicke  und  zart  nadelfönnige,  stark  geriefte  braune 
Id. -Prismen,   rothbraune   grössere  Granaten  ooO .  202.  ooOoo  ,   eine  Gruppe  sehr 

4* 


i)  2  Zepharo  v  ich. 

Minder  reichlich  scheinen  sich  die  Begleiter  der  grünen  Id. 
einzufinden.  Vornehmlich  ist  es  der  hyazinthrothe  Grossular,  der 
sich  durch  wohlgebildete,  mitunter  ansehnliche  Kr.  (211)  .  (Oll) 
bemerkbar  macht.  Auch  dieser  ist  gleichzeitig  mit  dem  Id.  gebildet; 
feine  Nadeln  des  letzteren  dringen  vielseitig  in  die  Granat-Kr. 
ein,  welche  zuweilen  ganz  frei  in  die  spiessigen  Aggregate  ein- 
gesenkt sind.  —  Blum  fand  manche  Kr.  von  der  Mussa-Alpe  etwas 
fettglänzend  und  weich,  so  dass  sie  leicht  mit  dem  Messer  zu  ritzen 
sind;  ihm  scheint  dies  auf  eine  beginnende  Umwandlung  in  Steatit 
zu  deuten  *)• 

Nach  den  angegebenen  Verhältnissen ,  insbesondere  der  ver- 
schiedenartigen Unterlage,  durch  Gastaldi  an  den  zahlreichen 
Suiten  der  Turiner  Sammlung  festgestellt,  dürfte  das  Vorkommen 
der  grauen  und  braunen  Id. -Varietät  auf  getrennter  Lager- 
stätte —  schon  aus  der  verschiedenen  chemischen  Beschaffenheit 
wahrscheinlich  wohl  anzunehmen  sein.  Überdies  zeigte  keines  der 
Stücke,  welche  ich  untersuchen  konnte,  die  beiden  Kr. -Varietäten 
neben  einander.  Die  seltene  braune  Färbung  der  oberen  oder  der 
mittleren  Partie  mancher  grüner  Kr.  —  sollte  sie  ebenfalls  durch 
Mangan  bewirkt  sein  —  kann  bei  der  muthmasslichenNachbarschaft 
der  beiden  Lagerstätten  nicht  befremdend  erscheinen. 


netter  wasserheller  vielflächiger  Apatit-Täfelchen,  endlich  eine  krystallinisehe  Partie 
von  Calcit,  einzelne  Granat  und  Apatit-Kryställchen  einhüllend  —  alle  anscheinend 
von  gleichzeitiger  Bildung.  —  Ein  ähnliches  Stück  von  Mussa  beschrieb  Kenngott 
und  bestimmte  am  Apatit:  OP  .  i/2P  .  P  .  2P  .  P2, .  2P2.  —J3,  "g  '  °°P'  °°P  . = 
ooPZ,  am  Granat  ooO.IOZ.mOn.ooOl.  (Übersicht  der  miner.  Forsch.  1861,  17.)  — 
Mit  der  Angabe  „äusserst  selten"  enthielt  Gastaldi's  Sendung  von  Mussa  auch  ein 
Exemplar:  brauner  Id.,  und  Hyacinth-Granat  eingewachsen  in  einem  verwitterten 
Minerale,  sehr  ähnlich  dem  Laumontit.  Dieses  bildet  eine  15  Millim.  starke  plalten- 
förmige  Masse,  welche  nach  einigen  Resten  auf  einer  Breitseite  zu  schliessen,  auf 
derbem  Granat  lagerte,  und  auf  das  Innigste  durchweht  ist  von  Id. -Nadeln,  die  von 
12  Mm.  Länge  und  1  Mm.  Breite  bis  zur  Dünne  der  feinsten  Haare  herabsinken,  so 
<Jass  von  diesen  freie  Partien  nur  äusserst  spärlich  anzutreffen  sind.  Ausser  kleinen 
vielflächigen  Granaten  erscheinen  noch  Calcit-Theilchen  und  einzelne  Klinoehlor- 
Schüppchen  in  der  krümmeligen,  gelblich-  oder  graulich-weissen  Masse  eingesprengt. 
Im  Kölbchen  erhitzt  gibt  dieselbe  viel  Wasser  ab  und  wird  dunkelgrau;  das  Pulver 
wird  mit  C1H  digerirt  vollständig,  unter  Abscheidung  von  gallertartiger  SiO3,  zer- 
setzt; ausserdem  wurden  noch  CaO  und  AIO3  mit  Spuren  von  Fe~03  nachgewiesen. 
Vor  dem  Löthrohre  schmelzbar  unter  starkem  Schäumen  zu  einer  weissen  email- 
artigen Perle.  Nach  diesen  Reactionen  dürfte  das  Mineral  wohl  Laumontit  sein, 
i)  Pseudomorpbosen,  1843.  S.  137. 


Krystallographische  Studien  iiher  den  Idokras.  i)  o 

Auch  dass  von  zwei  anderen  Localitäten  Piemonts  nur  mangan- 
hältiger  Id.  —  wahrscheinlich  unter  gleichen  geognostischen  Ver- 
haltnissen vorkommend  —  bekannt  ist,  spricht  für  obige  Ansicht.  Es 
sind  dies  nach  Gastaldi  das  Thal  von  Ceresole  (Locana),  das 
zweitnächste  Parallelthal  zu  jenem  von  Ala,  jenseits  der  Kette  des 
Monte  Levanna,  und  Gressoney  (nördlich  von  Ivrea)  am  südlichen 
Fusse  des  Monte  Rosa.  An  beiden  Fundstellen  sind  die  Kr.  sehr 
selten.  Von  der  ersteren  stammen  schöne,  grosse,  rüthlich-schwarze 
Kr.  mit  Apatit,  Calcit,  Talk  und  Augit1);  also  ganz  ähnlich  dem  Vor- 
kommen von  Mussa. 

Im  Ala-Thale  lieferte  auch  die  Localität  Corbassera  Id. -Kr.; 
dieselbe  scheint  aber  gegenwärtig  ganz  ausgebeutet  zu  sein2). 


Krystalle  von  der  Mnssa-Alpe  im  Ala-Thale. 

A.    Grüne  Varietät. 

An  81  Krystallen  Hessen  sich  Flächen  der  folgenden  Formen 
bestimmen: 
1(001).   (1,1,20),   (1,1,10),  (119),  (118),    (116),  (115),    (114).   (113), 

(   op,       i/80p,        yiop,      %p,    y8p,     y6p,     y5p,     y^p,      yzp, 

(  (112),  (335),  (111),  (221),  (331),  (102),  (101),   (121),   (383),   (139), 

(    VZP,  %P,        P        2P,        3P,      KPco,    P*o,       2P2,     %P%,    ysP3, 

j(269),  (132),  (131),  (141),   (171),  (110),  (330),  (120),  (100). 

\  2/.P3,  %P3,     3P3,      4P4,      7P7,      ~P,     ~PV3,  <x>P2,    ooP<n>. 

Sobald  die  grünen  Mussa -Kr.  zu  einer  freieren  Entwicklung 
gelangten,  zeigen  dieselben  eine  säulenförmige  Ausbildung  mit  vier- 
oder  mehrseitigem  Umriss ,  wobei  die  Fläche  von  (110)  in  der 
Regel  weit  breiter  als  die  übrigen  Prismen  ausgedehnt  sind,  zum 
Unterschiede  von  den  rothbraunen  Krystallen  derselben  Localität, 
bei  welchen  (100)  vorherrscht.  Durch  überwiegend  vortretende 
Flächen  einzelner  Prismen  werden  zuweilen  eigenthümliche  Säulen- 
umrisse veranlasst,  wofür  die  Figuren  27  und  28  Beispiele  geben. 
Bei   der  Schwierigkeit,   welche   sich   der   Messung   der   Prismen- 


i)  G.  Leouhards  topogr.   Min.   1843,  293. 

a)   In  einiger  Entfernung  von  Mussa  findet  man,  nach  Gastaldi,  in  den  krystallinischen 

Seliiefern    Magnetit,  liegleitet  von  ßornit  und  Granat,  ferner  Amphibol,   Sphen  und 

Gänge  (Filons)  von  Smaltin  und  Rnmmelsbergit. 


J)  4-  Z  e  p  li  ;i  r  o  v  i  c  li. 

flachen,  ihrer  Furchung  und  Krümmung  wegen,  entgegenstellt,  habe 
ich  mich  mit  der  Nachweisung  der  vorgenannten  begnügt;  die  Be- 
stimmung Yon  (350)  an  zwei  Krystallen,  welche  in  Fig.  16  und  17 
abgebildet  sind,  wurden  mit  dem  Anlege-Goniometer  vorgenommen 
und  nur  hervorgehoben,  als  ein  durch  breitere  Ausdehnung  bemer« 
kenswerther  Fall  des  Vorkommens  von  Übergangsflächen  zwischen 
(110)  und  (100). 

Eine  so  reichliche  Entwicklung  der  Zone  [001.111],  wie  sie 
hier  vorliegt,  hat  sich  an  keinem  andern  Fundorte  wieder  gezeigt; 
sie  bekundet  ein  Übergangsstreben  zwischen  den  beiden  Haupt- 
flächen (001)  und  (111),  welches  überdies  noch  angedeutet  wird, 
durch  die  häufige,  eine  sichere  Messung  erschwerende  Krümmung, 
der  immer  mit  sehr  geringer  Breite  auftretenden,  intermediären 
Flächen.  Zwischen  (111)  und  (HO)  hingegen  war  allein  (ein 
paar  Ausnahmen  abgerechnet)  (331),  wenn  aucli  häufig  nur  ange- 
deutet, in  fast  allen  Fällen  zu  beobachten,  und  zwar  scharf- 
kantig gegen  die  genannten  Nachbarflächen  begrenzt.  Die  Kante 
(331.110)  zeigt  oft  in  Folge  der  Unebenheit  der  Prismenflächen 
einen  krummen  oder  gezahnten  Verlauf. 

Über  die  grosse  Mannigfaltigkeit  der  Combinationen  an  den 
freien  Enden  der  Krystalle  gewinnt  man  am  leichtesten  einen  Über- 
blick, wenn  man  dieselben  nach  der  Entwicklung  der  Fläche  (001) 
zu  gruppiren  sucht.  Es  ergeben  sich  dann  drei  Haupttypen. 

Hab.  1.  Die  Endfläche  wenig  ausgedehnt.  —  Hierher  gehören 
die  häufigsten  und  einfachsten  Combinationen,  welche  unter  dem 
Schema  (111). (001)  —  (101).  (/</</)  h<l .  (331). (121). (132). 
(131)  zusammengefasst  werden  können  (Fig.  12,  16,  18,  21,  22, 
23,25),  und  die  vielflächigen,  selteneren  Fälle,  wenn  (111)  u.  (101). 
gemeinschaftlich  oder  letztere  allein,  vorwalten  (Fig.  15,  20,  27), 
oder  nebst  diesen  beiden  noch  andere  Pyramiden  stärker  entwickelt 
sind,  wie  in  dem  Krystalle  Fig.  19,  an  welchem  die  für  Mussa 
sehr  seltenen  Formen  t(H2),  6(221)  und  v/(141)  auftreten. 

Hab.  2.  Die  Endfläche  breit  angelegt  oder  allein  die  Säulen 
abschliessend.  —  In  innigem  Anschluss  an  den  ersten  Habitus  gelangt 
dieser  doch  minder  häufig  zur  Ausbildung  und  hat  dann  meist  sel- 
tene Flächen  im  Gefolge,  wie  (833),  Fig.  24,  (113),  (102), 
(139)  und  (269)  Fig.  28,  oder  ist  durch  das  Fehlen  oder  Zu- 
rücktreten von  (Hl)  bemerkenswert!!  (Fig.  30).  Auch  an  doppel- 


Krystallogranhische  Studien  über  den  Idokras.  55 

farbigen  Krystallen  beobachtete  ich  diesen  Habitus,  der  an  denroth- 
braunen  Mussa-Kr.  der  vorwaltende  ist,  so  an  dem  pistaziengrünen, 
von  einem  hellbraunen  Bande  quer  durchzogenen  Kryst. ,  Fig.  32, 
von  der  Form  (001).  (1 10).  (100);  und  an  einem  17  Mm.  hohen 
und  11  Mm.  breiten  Individuum,  Fig.  29,  welches  unten  pistaziengrün, 
oben  bräunlichroth  gefärbt  ist,  und  um  (001)  einen  grossen  Reich- 
thum  an  Flächen,  mit  einer  eigenthümlichen  Zeichnung  auf  (001) 
(111)  und  (331)  zeigt. 

Hab.  3.  DieEndfläche  nicht  vorhanden.  —  Dies  ist  der  seltenste 
Fall,  welcher  ausser  an  sehr  kleinen  Kr.,  von  der  einfachsten  Com- 
bination  (1 11) .  (131).  (HO)  ebenfalls,  wie  zum  Theil  Habitus  2. 
an  einem  zweifarbigen  Individuum  bemerkt  wurde;  eine  schlanke, 
16 Mm.  hohe,  ölgrüne,  unten  schön  hyacinthrothe Säule  (110). (100), 
wird  vorwaltend  achtseitig  zugespitzt  durch  (131),  Fig.  33,  und 
erinnert  in  dieser  Ausnahmsgestalt  an  die  Krystalle  des  uralischen 
Id.  von  PoJjakowsk  und  an  jene  aus  dem  Saas-Thale  in  der  Schweiz. 

Die  Art,  wie  die  früher  genannten  Flächen  an  den  Säulenenden, 
oft  zu  sehr  unsymmetrischem  Ansehen,  zur  Ausbildung  gelangten, 
ist  in  den  Fig.  13,  15,  18  u.  a.  möglichst  naturgetreu  dargestellt. 

Die  Flächen  von  (001),  (111),  (331),  (101)  und  (131)  zei- 
gen mit  wenig  Ausnahmen  jede  in  eigener  Weise  eine  bestimmte 
Oberflächen-Beschaffenheit,  welche  vorzüglich  geeignet  isf, 
bei  unsymmetrischen  Krystallen  die  Orientirung  zu  erleichtern. 

Die  glänzende  (001)  ist  nur  selten  vollkommen  eben;  meistens 
gewahrt  man  auf  derselben,  gewöhnlich  nur  bei  starker  Vergrös- 
serung ,  parketartig  oder  regellos  vertheilte,  quadratische  Täfel- 
chen. Wo  dieselben  mit  grösserer  Deutlichkeit  entwickelt  sind, 
lassen  sich  in  grösster  Mannigfaltigkeit  neben  einander  lagernde, 
äusserst  flache  Pyramiden  und  die  verschiedensten  Combinations- 
erscheinungen  dieser  mit  (001)  erkennen;  das  Ganze,  äusserst 
wenig  über  die  Endfläche  des  Krystalles  erhaben  und  nur  bei  gewis- 
ser Stellung  gegen  das  einfallende  Licht  erkennbar. 

In  anderen  Fällen  beobachtet  man  als  Begrenzung  ausgedehn- 
terer, stufenweise  übereinander  folgender  Blätter,  in  ein  oder  meh- 
rere Systeme  gesondert,  zarte  Linien,  welche  gerade  oder  wellig 
verlaufend,  rechtwinkelig  zusammenstossen  oder  concentrische,  oft 
lappig  ausgefranste  Ringe  bilden.  Letzteres  ist  seltener,  und  dann 
liegen  die  Mittelpunkte  der  Ringsysteme  in  den  Ecken  oder  an  den 


56  Zepharovic  h. 

Rändern  von  (001).  Zuweilen  enden  die  sich  überdeckenden,  und 
von  einer  Ecke  der  Fläche  ausgehenden  Lamellen  ganz  unregelmässig 
und  ziehen  schief  über  dieselbe  hin. 

Die  genannten  Fläclienzeichnungen  treten  nicht  selten  com- 
binirt  auf,  insbesondere  ist  häufig  die  klein -quadratische  Täfelung 
auf  linear-gezeichneter  Grundlage  zu  finden.  An  einem  beiderseits 
ausgebildeten  Krystalle  fand  Kenngott1)  eine  Basisfläche  getä- 
felt, die  andere  einfach  gerieft  parallel  der  Combinationskante  mit 
(111);  von  einer  zweiten  Riefungsrichtung  war  keine  Spur  zu  sehen- 

Die  Vertiefungen  auf  (001)  sind  entweder  durch  Lücken  in 
der  Einigung  der  Flächentheilchen  oder  durch  nachherige  Erosion 
veranlasst,   und  zeigen  ebenfalls  quadratische  Umrisse. 

Derart  ist  stets  (001)  entsprechend  der  Gestalt  der  kleinsten 
Theilchen,wo  sich  diese  nicht  unter  einer  vollkommenen  Ebenheit  und 
Glätte  der  Fläche  der  Beobachtung  entziehen,  charakteristisch  markirt, 
und  es  darf  wohl  diese  Erscheinung  nicht  als  ein  Ausdruck  der  selbst- 
ständigen Vergrösserung  einzelner  wie  in  einem  Bündel  vereinter 
Kryställchen  aufgefasst  werden;  ein  Individuum  vergrössertesicb,  in- 
dem auf  seinen  Flächen  bereits  grössere  erkennbare  contourirte  Blätt- 
chen sich  ablagerten,  oder  die  kleinsten  Theilchen  sich  auf  denselben 
in  regelmässigen  Umrissen  zusammen  fanden.  An  einzelnen  Stellen 
der  Flächen  macht  sich  zuweilen  ein  lebhafteres  Aufbauen  bemerk- 
bar und  bedingt  grössere  Unebenheiten;  bald  sind  es  die  Kanten 
gegen  (Hl),  die  rascher  sich  erheben  und  wallartig  ein  vertieftes 
rechteckiges  Feld  umschliessen,  bald  ist  es  die  Mitte  der  Fläche, 
die,  wie  ein  hervortretendes  Stockwerk,  mit  den  Flächen  (001), 
(111),  (110)  höher  aufstrebt.  Solche  Fälle  scheinen  aber  bei  den 
Mussa-Kr.  zu  den  Ausnahmen  zu  gehören  und  im  Allgemeinen 
das  Wachsen,  vorzüglich  an  den  freien  Krystallenden,  ein  gleich- 
massig  und  langsam  fortschreitendes  gewesen  zu  sein. 

Häutig  haben  aber  zwei  oder  mehrere  benachbarte  Krystalle 
löt'lbauend  sich  seitlich  berührt  und,  die  Lücken  ausgleichend,  zu 
einem  Gruppen-Kr.  vereint.  In  vielen  Fällen  ist  ein  solches  Zu- 
sammentreten noch  deutlich  nachzuweisen;  über  die  oberen  Flä- 
chen ziehen  dann  die  Trennungslinien  der  Individuen  hin,  anfangs 


<}  Ubers.  <1.  minor.  Forsch«»..  18öS,  S.  100 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras-  57 

noch  gerade  oder  gesetzmässig  winkelig,  —  gekrümmt,  wenn  die 
Ausgleichung  weiter  vorgeschritten  aber  noch  nicht  vollständig 
gelungen;  so  erscheint  die  (001)  oft  wie  gebrochen,  mehrfach  in 
Felder  getheilt.  Dasselbe  zeigt  sich  auf  den  Flächen  von  (111). 

Nur  höchst  selten  wird  man  unter  den  vier  glänzenden  Flä- 
chen der  Pyramide  (111)  Eine  vollkommen  eben  finden;  das  fort- 
wachsen durch  aufgelagerte  Lamellen  bedingt  hier  verschieden- 
artige Zeichnungen,  die  sich  aber  leicht  auf  einander  beziehen 
lassen.  Den  Ausgangspunkt  gibt  die  einzelne  pentagonale  Lamelle 
mit  drei  Winkeln  von  90°  und  zweien  vonl35°,  die,  in  idealer  Regel- 
mässigkeit gedacht,  entweder  eine  in  ein  Quadrat  und  ein  gleichseiti- 
ges Dreieck  zerlegbare  Figur  bildet  (s.  Fig.  24),  oder  auch  in  eini- 
gen Fällen  ein  Quadrat  darstellt,  in  welchem  ein  Winkel  durch  eine 
einzelne  Seite  ersetzt  ist  (s.  Fig.  IS).  Immer  sind  nun  diese  Pen- 
tagone so  auf  den  Flächen  von  (111)  anzutreffen,  dass  ihre  einzelne 
Seite  mit  der  Kante  (001  :  111)  parallel  liegt,  und  bei  jenen  der 
ersten  Art,  die  beiden  gegenüber  liegenden  Seiten,  den  Kanten  von 
(111)  mit  (132)  und  (312),  das  Seitenpaar  aber  den  Kanten  von 
(111)  mit  (010)  und  (100)  gleichlaufend  sind;  während  bei  den 
Pentagonen  der  zweiten  Art  die  beiden  Seitenpaare  den  Kanten  von 
(111)  mit  den  vier  Flächen  von  (100)  parallel  liegen.  Nie  wird  man 
die  Penfagonal-Lamellen  in  einer  anderen  Stellung  gelagert,  desto 
öfter  aber  sie  von  ihrer  idealen  Figur  abweichen  sehen;  als  Dreiecke, 
als  breite  oder  spitze  infulartige  Schuppen  gestaltet  und  häufig  von 
stufig  oder  gekrümmt  verlaufenden  Linien  eingeschlossen.  Diese  ein- 
zelnen Lamellen  lagern  nun  entweder  über  einander  mit  gleichlaufend 
zurücktretenden  Rändern,  oder  sie  sind  zahlreich  neben  einander  über 
die  (111)  Flächen  in  verschiedenen  Abständen  zerstreut.  Haben  sich 
aber  solche  Lamellen  zu  geschlossenen  Reihen  vereint  und  diese 
über  einander  sich  auf  die  Fläche  gelagert,  so  wird  auf  derselben, 
je  nach  ihrer  innigeren  seitlichen  Fügung  eine  band-  oder  mauer- 
steinartige Zeichnung  in  feinen  Linien  erscheinen;  die  Bänder  zie- 
hen parallel  der  Kante  (001  :  HO)  über  (111)  hin  und  veranlassen 
bei  abnehmender  Breite  eine  zarte  Riefung  der  Fläche,  oft  auch  — 
auf  einen  minder  ruhigen  Vorgang  deutend  —  zeigen  die  einzel- 
nen Blätterschichten  einen  unregelmässigeren,  welligen  oder  ge- 
krümmten Rand;  immer  aberscheint  die  Überdeckung  der  Fläche 
von    den    Kanten    mit    (001),     (110)    und    (101)   aus    (letzteres 


58  Zepharovich. 

wohl  am  seltensten)  gegen  die  Mitte  zu  gestrebt  zu  haben.  Unter 
allen  untersuchten  Mussa-Krystallen  habe  ich  keinen  gefunden,  der 
nicht  von  den  beschriebenen  Erscheinungen,  eine  oder  mehrere  auf 
die  mannigfaltigste  Weise  verbunden,  wenigstens  auf  einer  der  (111) 
Flächen  deutlicher  gezeigt  hätte.  —  Mit  der  Figur  der  aufsitzenden 
Lamellen  stehen  auch  die  Vertiefungsgestalten ,  die  man  zuweilen 
auf  derselben  Fläche  gewahrt,  in  Zusammenhang;  auch  sie  haben 
nach  Begrenzung  und  Anordnung  eine  sehr  grosse  Verschiedenheit 
aufzuweisen. 

In  den  Polkanten  der  Pyramiden  (111)  liegen,  bald  mehr,  bald 
minder  breit,  an  vielen  Krystallen  die  Flächen  von  (101)  zuweilen 
weniger  glänzend  als  die  ersteren  oder  auch  nur  schimmernd,  mit 
zartgekörnter  chagrinartiger  Oberfläche.  Lebhafter  glänzende  Flä- 
chen lassen  aber  bei  einiger  Vergrösserung,  Ablagerungen  mandel- 
oder  zitzenförmiger  Schüppchen,  alle  mit  den  Spitzen  gleichförmig 
und  zwar  meist  nach  abwärts,  gegen  (100)  gewendet  und  ge- 
wöhnlich dachziegelartig  angeordnet ,  erkennen.  Im  Allgemeinen 
zeigt  sich  demnach  eine  analoge  Bildung  der  Flächen  von  (111) 
und  (101). 

Gegen  die  Säule  folgen  nur  an  vielen  Krystallen,  ringsum  als 
schmales  Band,  die  Flächen  (331)  und  (131),  beide  mit  schwacher 
Riefung  versehen;  auf  (131)  deutlicher  und  über  die  ganze  Fläche 
hinziehend  parallel  der  Kante  (111:100),  und  in  einigen  Fällen 
sichtlich  durch  lamellaren  Bau  veranlasst;  auf  (331)  meist  absatz- 
weise, in  der  Richtung  der  Kante  (111:110)  und  diese  Erschei- 
nung, wie  es  zuweilen  nachzuweisen  gelingt  ,  im  Zusammen- 
hange mit  rechtwinkeligen  Schüppchen,  wie  solche  auch  auf  (111) 
zu  beobachten  sind. 

Die  Flächen  von  (132)  sind  gewöhnlich  nur  wenig  ausgedehnt, 
aber  auch  bei  weiterer  Entwickelung  zeigen  sie  sich  vollkommen 
glatt;  nur  an  einem  Krystalle  waren  schwache  Linien  wahrzu- 
nehmen, z.  B.  auf/8  parallel  zu  p1  und  ml. 

Die  Säulenflächen  sind  stets  verlical  gefurcht,  (HO)  tiefer  und 
in  geringeren  Abständen  als  (100).  Zuweilen  sind  die  Furchen  dort 
so  tief,  dass  sich  die  Fläche  ganz  oder  stellenweise  in  eine  gedrängte 
Reihe  einzelner  Nadeln  auflöst,  diese  selbst  ordnen  sich  wieder  in 
Lagen  und  sind  in  diesen  gegen  die  Mitte  des  Krysl alles  fortschrei- 
tend immer  inniger  mit  einander  verwachsen,    wie  dies  an  steilen 


Krystallographisehe  Studien  über  den  Idokras.  oi) 

Bruchflächen  deutlich  sichtbar  wird1).  Scheinen  demnach  die  Säulen 
durch  Anlagerung  prismatisch  gestalteter  Theilchen  in  einer  derJHaupt- 
axe  parallelen  Richtung  sich  zu  erweitern,  so  fand  dies  nicht  immer  in 
gleich  geordneter  Weise  Statt,  denn  an  vielen  Kr.  bemerkt  man  über 
die  (110)  Flächen  ganz  regellos,  äusserst  kleine  Nüdelchen  einzeln 
oder  in  Häufchen  hingestreut.  Den  Seitenflächen  grösserer  Individuen 
haben  sich  zuweilen  auch  in  nicht  paralleler  Stellung  kleinere  wohl 
ausgebildete  Kr.  angefügt  und  ragen  nun  halb  umschlossen  aus  den 
ersteren  hervor.  —  Solche  Erscheinungen  kann  man  wohl  mit  ruhigem 
Fortschreiten  der  Krystallisation  nicht  in  Einklang  bringen;  sie  erklä- 
ren aber,  da  sie  in  jeder  Periode  der  Ausbildung  eines  Kr.  eingetreten 
sein  können,  manche  der  auffallenden  Ergebnisse  optischer  Unter- 
suchung anscheinend  vollkommen  regelmässig  gebildeter  Kr.  So  be- 
obachtete W.  Haidinger  an  einer  der  Axe  parallel  geschnittenen, 
zwischen  gekreuzte  Turmaline  unter  45°  eingelegten  Platte  vom  Id. 
aus  Piemont,  höchst  sehenswerthe  Mosaikzeichnungen  in  grösster 
Farbenpracht,  ganz  analog  den  von  Brewster  beschriebenen 
Erscheinungen  am  Apophyllit  3). 

Combinationen 

an  grünen  Mussa-Kr. ,  welche  mir  bemerkenswerth  schienen,  durch 
das  Auftreten  seltener  oder  neuer  Flächen  oder  durch  eigenthüm- 
liche  Verzerrungen  sind  in  den  Figuren  12  —  34  dargestellt, 
theilweise  mit  Angabe  der  Flächenmerkmale  nach  der  Natur  und 
geordnet  nach  den  erwähnten,  durch  die  Ausdehnung  der  Endfläche 
bedingten,  dreierlei  Typen  3).    Die  folgenden  Zeilen  werden  auch 


4)  Bei  der  Besprechung  der  optischen  Verhältnisse  des  Id.  im  Allgemeinen  erwähnt 
Descloizeaux:  La  plupart  des  cristaux,  ayant  une  structure  fibrcuse,  ily  a  souvent 
dislocation  des  anneaux  et  de  la  croix  noire,  visibles  dans  les  lames  normales  ä  Taxe 
(Miner.  I,  1862,  p.  280). 

*)  Jahrb.  d.  geol.  Reichsanstalt  XI,  1860,  Verhdl.  S.  63. 

s)  Einfache  Combinationen  werden  ferner  repräsentirt  durch  die  2.  Vesuv-  und  die; 
8.  Tiroler  Kr. -Zeichnung  auf  den  Tafeln  dieser  Abhandlung  u.  die  Fig.  1  u.  2,  Taf.  X 
des  Kok  sc  ha  r  o  w'schen  Werkes.  Mussa-Kr.  sind  ferner  dargestellt  in  Presl's 
Atlas,  Taf.  VIII,  Fig.  290,  296  u.  299  (in  den  Fig.  ist  statt  h  =  °oP3  u.  n  =  */2P 
wohl  richtiger  f=°°P2  u.  i  3P  zu  setzen;  b  =  2P,  r=3P,  z  =  2P2  u.  ü".  s.  d. 
Abschnitt  Eker,  Norw.),  in  Levys  All.  Taf.  XXXTII,  Fig.  4,  5,  9,  10,  11,  13,  14, 
16,  17,  18,  19,  in  Mohs'  .Miner.  1839,  II.  Taf.  XVIII  u.  XIX.  Fig.  134  u.  135  und 
in  Dufrenöy's  Miner.  1856,  Taf.  151  und  152,  Fig.  33,  36,  37  (s.  S.  36,  Anm.  2) 
38,  43  u.  44. 


60  Zepharoyich. 

Gelegenheit  bieten,  die  in  den  ersten  Blättern  mitgetheilten  Resul- 
tate, bezüglich  der  Symmetrie- Verhältnisse  der  Kantenwinkel 
(001  :  111),  an  einzelnen  Individuen  näher  nachzuweisen. 

1.  Fig.  12  u.  13.  W.  MK.;  H.  S.  II. 0  Nr.  2579";  grasgrün  mit 
ülgrünen  Flecken:  9-5  Mm.  hoch. 

c(001).*£(116),  p(ili),  *(331),  o(101),  s(131),  ™(110),  /"(120), 

«(100). 

sc  =     7°  17'   («)  2*)  nmtk  =  52°  48'   (1) 

zp  =  30      8     O)  2  p^  =  29       6     (1) 

f4»,4  =  23°  37*   (1) 

2.  Fig.  14  u.  15.  Wr.  Mk.;  H.  S.  II,  2579";  dunkel  pistazien- 
grün, 11  Mm.  hoch. 

c(001),  *7(118),p(lll),c(101),s(131),M<171),wi(110),«(100). 

VC  =     5°  18'        O)  2  w6s6  =  18°  45'  («) 

v/>  =  31     46        (a)  2  ^2c  =  38  14  (2) 

«V'3  =  16     49%     («)  ^3m2  =  52  44  (1) 

^m2  =  23°  39'  (1) 

3.  Fig.  16.  Wr.  polytechn.  Institut. 

£■(001),  3(113),   7>(1H),  *(331),   o(I01),  m(110),  *?(530), 

/"(210),  «(100). 

Vzc  =  37°  12'       (1) 

p3c  =  37     15%     (1) 

Pic  =  37     16%     (1) 

Drei  Flächen  des  (HO)  sind  sehr  dicht  und  tief  vertical  ge- 
rieft, an  Stelle  der  vierten  erscheinen  2  gleich  geriefte  Flächen 
unter  sehr  stumpfem  Winkel  gegen  einander  geneigt.  11  Messun- 
gen mit  dem  Anlege-Goniometer  gaben  im  Mittel 

m<?  =  76°  28'  (Suppl.)  woraus 

«<?  =  31     28 

folgt.  Die  Abweichung  von  30'  gegen  den  berechneten  Werth  von 
af  —  30  58'  —  wobei  sich  die  Wahl  der  Indices  (530)  durch 
ihre  Einfachheit  empfiehlt  —  ist  bei  der  Unsicherheit  der  Messung 
nicht  auffallend. 


')   K.  k.  Mineralien-Cahinet  zu  Wien;  II.  Ilundsammlung. 

*     Neue  Fliehen. 

-)  Die  Klammem  enthalten  fortan  das  Gewicht  der  einzelnen  Messungen  mit  (a)  appro- 
ximativ bis  (3)  grösster  Grad  der  Genauigkeit  bezeichnet.  Die  nachfolgenden  Ziffern 
geben  die  Anzahl  der  Beobachtungen,  ans  welchen  das  Mittel  genommen  wurde. 


Krystallographische  Studien   über  den  Idokras.  6  1 

Ganz  ähnlich  verhielt  sich  ein  Kr.  aus  Prof.  Kenngo tt's 
Sendung: 

4.  Fig.  17.  a<p  =  30°  30'  aus  4  Messungen.  Als  Mittel  dieser 
und  der  früheren  Hestimmung  folgt 

a<p  =  31  3/V  aus  15  Messungen. 
Erwähnenswerth  ist  dieser  Kr.  noch  durch  eigentümliche 
Flächenmerkmale,  welche  durch  eine  spätere  Anätzung  veranlasst 
scheinen.  Auf  der  getäfelten  (001)  bemerkt  man,  der  Fügung  der 
Flächentheilchen  entsprechend,  bis  l^/z  Mm.  breite  Rinnen,  äus- 
serst wenig  vertieft,  im  Grunde  rauh  und  glanzlos;  auf  den  minder 
glänzenden  (111)  und  (101)  hingegen  Vertiefungen  zum  Theil  — 
auf  (111)  —  mit  den  Umrissen  gleichschenkliger  Dreiecke. 

5.  Fig.  18.  Wr.  Mk.;  11.  S.  II;  2579",  grasgrün,  9  Mm.  hoch, 
6  und  4  Mm.  breit. 

c(001),  KH1),  *(331),  <121)5  ^(132),  s(131),  m(110),/(120). 

a(100). 

cPi  =  37°  15'   —     (3)                       pi  mx  =  52°  45*  10"  (3) 

cpz  =  37     12     40"  (2)                        p2  mz  =  52     49  40     (2) 

cp3  =  37     15     -     (2)                        p3  m3  =  52     44  20     (1) 

fcp4  =  37     11     20     (2)                        p4ro4  =  52     44  40     (3) 

plPs  =  50°  40'   36"  (3) 

Pi  ptl  =  SO  42     -     (3) 

6.  Fig.  19.  Turiner  Sendung.  Dunkel  grasgrüner  kleiner  Kr. 
mit  den  seltenen  Flächen  i,  b  und  y.  An  dem  einen  nicht  vollstän- 
dig ausgebildeten  Ende  erscheinen. 

c(001),  t(il2),  jj(lii),  6(221),  *(331),  o(101),  z(121),  s(131), 

2/(141). 

cp2  =  37°  2t'  (1)  cbx  =  56°  45'  («.«) 

cpik  =  37       2y7  (2)  Pi  ö4  =  64     45  (2) 

cPi  =  37       9  (1)  pi  fl4  =  64     42  (1) 

at  =21     21  (a)  y7  «4  =  28      4  (V) 

Von  1/(141)  zeigte  sich  nur  die  y7  als  schwach  geriefte 
schmale  Fläche,  unterhalb  s7  mit  etwas  concaver  Krümmung. 
ya  berechnet  =  27°  50'.  Dieser  Fall  ist  überhaupt  der  einzige, 
welcher  für  y  vorliegt  (s.  S.  7  u.  36).  —  Die  gekrümmte  ziemlich 
breite  i(112)  und  die  schmale  6(221)  waren  wegen  mangelhafter 
Ausbildung  des  Kr.  ebenfalls  nur  an  einer  Stelle  messbar. 


G2  Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  li. 

7.  Fig.  20.   Wi\  Mk.  18G2.  X.  31;  olivengrün. 

t(001),  */3(i,  1,10),  .3(113),  t(112),  K111)'  '(331),  o(101), 
«(121),  /(132),  s(131),  m(UO),  /"(120),  «(100). 

Bemerkenswert!]  durch  die  Ausdehnung  von  (101)  und  zweier 
gegenüber  liegender  Flächen  von  (111),  welche  letztere  dadurch 
in  die  beiden  sphenoidischen  Hernieder  zerlegt  erscheint.  Noch 
auffallender  wird  dies  durch  das  Auftreten  der  ß,  .3-  und  t. 

ß  ist  sehr  wenig  gekrümmt  und  schwach  horizontal  gerieft. 


nc  =  37° 

15%' 

(2) 

i3p  =  16° 

36' 

00 

p^c  =  37 

17% 

(1) 

fec  =  66 

18% 

(2) 

ftc  =  37 

10 

(1) 

tzlh  =  29 

4 

(2) 

ßtc  =     4 

16 

(«)  2 

£2?n3  =  23 

42 

(2) 

Z2c  =  14 

9 

(«) 

hPi  =  16 

49 

(3)  3 

i3e  =  20 

43 

(1) 

«"g»?!  =  54 
=  3<     17 

50 

(2) 

8.  Fig.  21.  Wr.  Mk.  1860,  VI,  33,  N.  162;  dunkel  pistazien- 
grün;  14  Mm.  hoch,  5  Mm.  breit. 

c(001),  £(113),  Kill),  *(331),  0(101)!  »(121),i(132),  ,<131), 
w(110),  «(100). 

Ple  ==  37°  13%'   (1)  Plnh  =  52     42%     (1) 

p3c  =  37       9         (2)  p3m3  ==  52     46         (1) 

pzc  =  37     15         (2)  Vzm2  =  52     51         (1) 

9.  Fig.  22.  Wr.  MK.  1860,  VI,  32,  N.  160;  hell  grasgrün; 
9  Mm.  hoch,  4  Mm.  breit. 

c(001),  i(112),  K1H),  '(331),  o(101),  <121),  i(132),  s(131), 
W2(110), /(120),  «(110). 

Plc  =  37°  10'  (1)  pitrii  =  52°  45'  (a) 

psc  =  37     16  (2)  p3ms  =  52     44  (2) 

lhc  =  37     16  (2)  *                              pzmz  =  52     46  (3) 

pkc  =  37     13  (2)  pkmil  =  52     44  (2) 

10.  Fig.  23.   Wr.  MK.  Kryst.  S.:  1172;  5  Mm.  breit. 
c(001),    *£(115),   ;>(111),    *(331),  o(101),  s(131),   m(U0), 

/(120),  «(100). 

pzc  =  36°  16%'   (i)  p%c  =  37°  10%'   (l) 

Vkc  =  37     16%     (1)  ?t=     8    29         (a)  3 

11.  Fig.  24.  Wr.  MK.  2579";  grasgrün,  gegen  oben  in  pista- 
ziengrün übergehend;  11  Mm.  hoch,  5  und  6  Mm.  breit. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  Oo 

c(001),   p(lll),    ^(331),  *(121),    *ö(383),    /(132),    s(132), 
m(U0),  «(100). 

,,,,.  =  37°  IS1/.'  (1)  Pimt  =  52°  44V3'  (1) 

psc  =»  37  13  (1)  2>3?«3  =  52  46  (1) 

p2c  =  37  lSVa  (1)  Pz»i2  =  52  44  (1) 

Plp3  =  50  40  (2)  qlPi  =  26  16'/2  («)  2 

?li?4  =  50  40  (2)  qzat  =  38  28  (o) 

psi>a  =  50  41  (2)  pzat  =  64  40  (1) 

pm  =  50  40%  (1)  M  =  64  42  (2) 

12.  Fig.  25.  Wr.  MK. :  Nr.  i6/33 ;  ölgrün;  12  und  9  Mm.  breit. 
c(001),  *v(H8),  p(Hl),   *(33t),  o(101),   s(131),   ro(HO), 

/(120),   «(100). 

Ptc  =  37°  14i/o'    (1)  Pia3  =  64°  40'   (2) 

piic  =  37     13         (2)  fc  =    5     47     (a)  3 

13.  Fig.  26  nach  einer  von  Fr.  Hessenberg  mitgetheilten 
Skizze  eines  Kr.  seiner  Sammlung  entworfen. 

c(001),  x(H9),  ^(111),  6(221),  *(331),  o(100),  s(131),  »1(110), 

«(100). 
Bemerkenswerth  durch  die  an  kleinen  Flächen  reiche  Zone 
[001,  HO]  mit  (119),  welche  Pyramide  schon  1835  von  F.  v. 
K  ob  eil  ebenfalls  an  einem  Kr.  aus  Piemont  (cptoma)  beobachtet 
wurde1);  ich  fand  dieselbe  nur  in  Hausmann's  Mineralogie  citirt. 
Die  4  Flächen  der  (119)  vollkommen  spiegelnd;  Hessenberg 
bestimmte 

Xc  =  4°  48%' 
# 
die  Berechnung  erfordert  4    49.3/J.  Kobell  fand   dieselbe  Kante 

annähernd  5    (Reflex. -Gon.). 

14.  Fig.  27.    Wr.  polyt.  Inst.;  ölgrün;  8  Mm.  hoch,   9  Mm. 
breit. 

c(00i),    *a(U  1,  20),  *|3(1,  1,  10),  p(lll),  *(331),   o(101), 
s(131),  m(110),  «(100). 
Nur  die  Endfläche  dieses  durch  die  fast  trigonale  Säule  eigen- 
tümlichen  Kr.   spiegelte.     Die   ungewöhnliche  Entwicklung   von 


i)  Erdmann  und  Schweiger  —  Seidel  J.  f.  pr.  Chemie,  V,  1835,  S.  213.  > 
Glocker,  Min.  Jahresheft.  1833,  S.  175.  Bei  Angabe  der  berechneten  Winkel  ist  statt 
9"  und  173«  zu  setzen  6°  u.  175°.  Der  gleiche  Fehler  findet  sich  auch  in  Haus- 
mann's Min.  II,  1.  S.572. 


Q  4.  Z  e  p  li  a  r  o  v  i  c  h. 

(101)  reiht  ihn  an  den  früheren  Fall  und  Fig.  20  an.  Für  die 
neuen  Pyramiden  mit  ebenen,  glatten,  deutlich  begrenzten  Flächen, 
fand  ich  durch  mehrfache  Repetition  annähernd 

cc2c  =  2°  27' 
«4c  =  2       4 

<xc'=  2°  15 V   berechnet    .    .    2°   10y8' 
fcc  ==  4     19  „  .    .    4    21 

15.  Fig.  28.  Wr.  MK.  257S;  grosser  olivengrüner  Kr.,  unten 
durch  eine  (111)  Fläche  begrenzt.  An  dem  einen  gut  ausgebilde- 
ten Ecke  bemerkt  man  in  der  Zone  [001,  130]  über  der  glänzenden 
(132),  deutlich  eine  ganz  matte  Fläche  (r)  und  eine  zweite  weniger 
breite  (p)  glatt  und  gekrümmt. 

c(001),   £(113),  p(lll),    o(101),    <121),    *p(139),    *r(269), 
i(132),  s(131),  m(liO),  /(120),  «(100). 

Sehr  unsichere  Messungen  gaben 

pc  =  10°  44i/2'   berechnet.    ...     10°  41% ' 
zc  =  20     25  „         ....    20     45i/8 

woraus  annähernd  obige  Indices  folgen.  An  diesem  Kr.  erscheinen 
demnach  in  einer  Zone 

«WSGO,  %f3<V>,  %P3(0.  3P3(0- 

16.  Fig.  29.  Polyt.  Inst.  Zürich.  Schöner  säulenförmiger  Kr. 
mit  meist  vollkommen  spiegelnden  Flächen;  17  Mm.  hoch,  11  und 
9  Mm.  breit;  zunächst  (001)  bräuulichroth,  unten  pistaziengrün, 
durchsichtig.  Auf  (001),  (111)  und  (331)  eigenthümliche,  an  an- 
dern Mussa-Kr.   nicht  beobachtete  Flächenzeichnungen. 

c(001),  Hill),  ^(331),  <121),  i(132),  s(131),  w(110),/(120), 

«(100). 

i8c  =  40°  17'  52"  (3) 
isi7  =  23  47  40  (3) 
isPi  =16     56     15     (2) 


cPi  =  37° 

15' 

20° 

(3) 

cPi  =  37 

5 

20 

(2) 

ctt  —  66 

18 

33 

(3) 

ci3  =  66 

18 

43 

(3) 

ctit  =  66 

12 

50 

(2) 

Pitt  =  29 

3 

13 

(3) 

p4<4  =  29 

6 

50 

(2) 

hms  ~  23 

41 

20 

(3) 

i7c  =  40 

13 

20 

(3) 

ige  =  40 

10 

— 

(2) 

<8S8 

=  19 

12 

10 

(2) 

*S#7 

=  33 

38 

45 

(2) 

S8C 

=  59 

29 

57 

(2) 

s$s7 

=  31 

40 

40 

(1) 

«sPi 

=  29 

34 

15 

(2) 

*Vi 

=  24 

32 

20 

(2) 

.V7M4 

=  39 

34 

20 

0) 

,c  =  90°  0'   0"   (3) 


Kryslallographische  Studien  iiirer  den  Idokras.  tu) 

17.  Fig.  30.   Wr.  MK.,  2579";  grasgrün;   7  Mm.  hoch,  4  und 
2  Mm.  breit.   Die  Parkettirung  auf  (001)  sehr  deutlich. 
c(001),p(lii),  *(331),  «(121),  s(131),m(110)./(120),  «(100). 

cpt  =  37°   13'    (2) 

18.  Fig.  31.  Turiner  Sendung.  Obige  Combination  ohne  «(121). 

19.  Fig.  32.  Turiner  Sendung;  16  Mm.  hohe  Säule  pistazien- 
grün, quer  durchzogen  von  einem  breiten  hellbraunen  Bande. 

e(001),  m(110),  «(100). 

Scharfe  Kanten  zwischen  der  rissigen  wenig  glänzenden  End- 
fläche und  den  gerieften  (in  stark,  a  schwach)  Prismen. 

20.  Fig.  33  und  34.  Wr.  MK. :  Nr.  46/33 ,  ölgrün  am  ausge- 
bildeten Ende,  unten  hyazinthroth,  16  Mm.  hoch,  2  und  4  Mm. 
breit.   Sehr  approximative  Messungen  bestimmten 

p(lll),  <131),  w(110),  «(100). 

Eine  der  am  Id.  überhaupt  seltenen  Combinationen  ohne  End- 
fläche l)»  noch  besonders  bemerkenswerth  durch  die  formgebende  s 
in  der  Zuspitzung  der  Säule.  (Vergl.  auch  Saasthal  in  der  Schweiz, 
Seite  86,  und  Poljakowsk  im  Ural.) 

Unter  den  abgebildeten  Kr.  waren  einige,  die  mehrfach  die 
Kante  cp  zu  messen  gestatteten,  ich  lasse  diesen  eben  erwähnten 
Fällen  noch  andere  folgen  als  Belege  für  die  S.  16  u.  17  im  Allge- 
meinen angegebenen  Messungs-Resultate. 

I.   Alle  vier  Kanten  von   gleicher  Grösse. 

21.  (c*ytpbt*vosmaJ.  7(118).  v(102). 

Pic  =  37°  14'  55"  (2)  7c  =  5°  22%'  (a)  3 

psc  —  37  15  —  (3)  >.c   =  20  47 V4  («)  4 

p3c  =  37  15  —  (1)  vc  =  15  24  (n)  3 

pkc   =  37  15  -  (2) 

II.  Zwei  Paare  gleicher  gegenüber  liegender  Kanten. 

22.  (cpoma). 

Pic  =  37"   15i/2'    (2)  p2c  =  37°   133/4'    (2) 

Psc  =  37     15         (2)  1hf •  =  37     13%     (2) 


*)  Von  der  Mussaalpe  erhielt  ich  solclie  Combinationen:  (ptma)  und  (ptoni). 
Sit?.b.  d.  mathem.-naturw.  Cl.  XL1X.  Bd.  I.  Ahth.  5 


Oß  Z  e  [>  li  a  r  o  v  i  c  h. 

Dieser  und  der  frühere  Fall  wurden  nur  einmal,  beide  an  vor- 
züglich und  gleichmässig  ausgebildeten  Kr.  der  Turiner  Sendung, 
beobachtet. 

III.  Zwei  gegenüber  liegende  Kanten  gleich. 

23.  (cpma). 

Pic  =  37°  15%'   (2)  pzc  =  37°  14'  (3) 

Psc  =  37     15y4     (2)  pitc  =  37     16     (2) 

24.  (c*y.pisma).  x(335). 

Pic  =  37'   I514 '   (2)  pzc  =  37°  14«/a'   (3) 

j,,e  ===  37     15         (2)  /?4c  =  37     18         (a) 

xlC  =  24"     7'  O) 

Xj^!   =13     —  (sa) 

25.  {cpsmaj. 

Pic  =  37°  15y2'   (2)  />,»»,  =  52°  44% '  (1) 

p3e  =  37     15         (3)  p8m3  =  52     441/,  (3) 

pzc  =  37     12%     (3)  p2mo  =  52     44  (2) 
(Vergl.  auch  Nr.  10,  S.  62.) 

IV.  Zwei  Nachbarkanten  gleich. 

26.  (cpzismfa}. 


Plc  =  37° 

11  y% 

(2) 

Pimi  —  ^2 

'  46%'    (3) 

p^c  =  37 

11 

(2) 

Plst  =  29 

30%     (3) 

p3c  =  37 

9% 

(1) 

jooSj  =  50 

25%     (3) 

Pzc  =  37 

14 

(1) 

pziz  ==  16 

49%     (2) 

IhPi  =  50 

41 

(3) 

Sjflj    =  37 

1Vz     (2) 

P1P2  =  50 

38 

(3) 

•sV"i  =  39 

33         (2) 

J9jär4    =    64 

42 

(2) 

Piai  =  64 

42% 

(2) 

27.   (cpozismfa) 

I. 

p3c  =  37° 

16  %' 

(3) 

J»s»'3  =  52° 

44%'    (3) 

pKc  =  37 

16% 

(3) 

^4m4  =  52 

46         (2) 

/?,c  =  37 

15 

(3) 

p3az  =  64 

39         (3) 

pzc  =  37 

12% 

(2) 

p3a3  =  64 

34%     (3) 

P3^4   =  50 

41% 

(3) 

J»4«3   =  64 

45%     (2) 

/?4/>,  =  50 

40% 

(2) 

Pi«i  =  64 

37%     (2) 

p,p2  =  50 

42% 

(2) 

^2 «2  =  64 

36%     (2) 

28.  (cpoma). 

Pzc  =  37°  " 

15' 

(3) 

P\mi  —  52° 

50'       (2) 

p3c  =  37 

14% 

(3) 

P3™3  =  52 

46         (1) 

pkc  =  37 

11% 

(1) 

PtPs  =  74 

25         (3) 

/,,<•  =  37 

9% 

(2> 

f2j»3    =    50 

38  >/2     (3) 

Krystallographische  Studien  über  den  [dokras.  07 

29.  (cqptoismfa). 

Pzc  =  37°  13*  (1) 
p3c  =  37     13         (2) 

lhc  =  37     14"4     (2) 

30.  (cpzismaj. 

pikc  =  37°  14i/3 '  (3) 
}hc  =  37  14i/3  (3) 
p2c  =  37     22 1/6     (1) 

V.  Ungleichheit  aller  m es s baren  Kanten  war  am  häu- 
figsten zu  beobachten.  Ausser  den  unter  Nr.  3,  7,  8,  9,  11  und  12 
angeführten  Fällen  seien  nur  noch  die  folgenden  erwähnt. 

31.  (cpsmaj. 

lhc  =  37°  16'  —  (1) 

pzc  =  37     11  20"  (1)  pom2  =  52°  42'  45°  (1) 

p3c  =  37     15  11  (3)  p3m3  ==  52  44  15  (2) 

pkc  =  37     17  53  (3)  p4w4  =  52  48  —  (l) 

da  demnach 

Ergänzung1  zu  90° 

Cmz  =  89°  54'     5° -J-     5'   55" 

cmit  =  90       5     53      —     5     53 

~~     179°  59'    58" +     0       2 

und 

cnh  =  89     59     26      +     0     34 

hat  die  c  in  der  Zone  [m2cnh]  eine  von  der  normalen  bedeutend 
abweichende  Lage. 

32.  (cnptsma). 

ptc  =  37°  15'    (i)  psc  =  37°  20'    (1) 

poc  =  37     10     (1)  pKc  =  37     17     (1) 

33.  (epmfa). 

Pic  =  37°  16 i/o'  (2)  p3c  =  37°  11%'  (2) 

pzc  =  37  13    (1)  pkc   =  37   5%  (2) 


68 


Zepharovich. 


Mittelwerthe  aus  allen  Messungen  au 

grünen  Mussa-Krystalleu  *). 

Winkel  der  Normalen 

n 

S(P) 

/(Hl)  ;  c(001) 

37°  14' 

37-?"* 

139 

219 

m'(ilO) 

52  45 

27-s  * 

54 

93 

m2(iT0) 

90   0 

44 

7 

9 

o'(ÜO) 

64  39 

59-9  * 

43 

67 

^(111) 

50  40 

4-3  * 

33 

63 

^3(lll) 

74  29 

9-6  * 

14 

28 

«'{1,1,  20)  :c(00i) 

2  15 

50 

2 

a 

£'(1,1,10)  :  c(OOi) 

4  22 

25 

5 

a 

^'(118)  :  c(OOi) 

5  28 

36 

13 

a 

/(Hl) 

31  43 

0 

2 

a 

3'(117)  :  c(001) 

6  24 

43 

7 

a 

£'(116)  :  c(001) 

7  21 

19 

11 

a 

/(Hl) 

30   6 

26 

3 

a 

£'(115)  :  c(001) 

8  28 

32 

19 

a 

/(Hl) 

28  27 

21 

3 

2 

>j'(114)  :  c(001) 

10  19 

34 

18 

a 

/(Hl) 

26  34 

0 

3 

a 

3(113)  :  c(001) 

14  17 

55 

6 

a 

/(Hl) 

22  55 

58 

3 

4 

i'(Ü2)  :  c(001) 

20  52 

10 

6 

6 

/(Hl) 

16  36 

0 

1 

a 

x'(335)  :  e(001) 

24   7 

0 

1 

a 

£'(221)  :  c(001) 

56  48 

32 

3 

sa 

m'(ÜO) 

33  17 

0 

4 

a 

<(331)  :  c(OOi) 

66  17 

40 

2 

3 

/(Hl) 

29   4 

43-7  * 

15 

23 

m'(HO) 

23  41 

53 

18 

26 

o'(101)  :  c(OOi) 

28   9 

15 

15 

17 

a'(100) 

61  47 

26 

4 

6 

/(Hl) 

25  20 

46 

18 

21 

v'(102)  :  c(001) 

15  26 

30 

4 

a 

z'(2H)  :  ß(100) 

46  34 

30 

2 

2 

m'(HO) 

43  17 

0 

1 

2 

/(Hl) 

18   7 

17 

12 

5 

2(833)  :  a'(100) 

38  28 

0 

1 

a 

/(Hl) 

26  16 

30 

2 

a 

1)   Die  ans  den  mit  *  bezeichneten,   gemessenen  Winkeln  berechneten  Werlhe  sind  in 
der  Tafel  S.  30— 37,  Coloune  /.  enthalten. 


Krystallngraphische  Studien  iilier  den  Idokras 


69 


Winkel  der  Normalen 

n 

S(p) 

p'(319)  :  c(00i) 

10  44 

30 

1 

a 

r'(629)  :  c(00i) 

20  25 

0 

1 

a 

«'(312)  :  c'(OOl) 

40  22 

47 

6 

10 

«4(0 10) 

78  11 

50 

2 

5 

m'(HO) 

54  41 

56 

4 

7 

Wo(lTO) 

73  12 

18 

4 

5 

4(312) 

23  43 

24 

2 

5 

/(Hl) 

16  49 

30   * 

8 

14 

»'(211) 

11  17 

0 

1 

2 

g'(31i)  :  c(001) 

59  30 

0 

2 

5 

«'(100) 

35   8 

47 

10 

12 

m'(HO) 

39  33 

26 

7 

4 

p'(lil) 

29  29 

58 

24 

30 

*8(131) 

45  20 

0 

1 

1 

ftCiii) 

50  26 

16 

7 

10 

*'(211) 

11  25 

50 

2 

1 

z'(312) 

19   8 

26 

3 

5 

?'3(3T2) 

33  37 

36 

3 

5 

y(4H)  :  «'(100) 

28   4 

0 

1 

1 

io(711)  :  fl'(lOO) 

16  49 

20 

1 

a 

«'(131) 

18  45 

0 

1 

a 

m'(HO)  :  c(001) 

89  59 

45 

11 

25 

«'(100) 

44  58 

25 

10 

17 

?'(530)  ;  «'(100) 

31   0 

0 

15 

sa 

f (210)  :  fl'(iOO) 

26  32 

46 

2 

3 

m'(HO) 

18  24 

0 

1 

1 

«'(100)  :  c(001) 

90   0 

57 

9 

13 

Für  die  in  der  Tafel  enthaltenen  88  Messungen  der  Kante  (001  : 
hhl)  an  10  flachen  Pyramiden  beträgt  die  Abweichung  gegen  die 
Berechnung  102  Minuten;  übergeht  man  aber  die  nur  einfache  Be- 
stimmung von  x'c,  so  stellt  sich  die  Abweichung  bei  87  Messungen 
auf  78  Minuten. 


Die  grüne  Farbe  der  Mussa-Kr.  zeigt  sich  in  den  verschie- 
densten Abstufungen,  spargelgrün,  grasgrün  bis  pistazien-,  öl-  und 
olivengrün,  mit  vielerlei  Graden  der  Pellucidität.  Manche  sind  an 
den  beiden  Enden  verschieden,  z.  B.  gras-  und  pistaziengrün,  oder 
grün  und  roth  gefärbt;  zuweilen  erscheint  auch  eine  grüne  Säule 
von  einem  braunen  Bande  quer  durchzogen. 


t  0  Z  e  p  h  a  r  o  y  i  c  h. 

Das  Dichroskop,  parallel  mit  der  Endfläche  gehalten,  zerlegt 
das  Grün  der  Kr.  oft  mit  auffallendem  Unterschiede  in  eine  (jB) 
smaragd-  oder  grasgrüne  Axen-  und  eine  (0)  grünlich-  oder  bräun- 
lichgelbe Basisfarbe.  —  Dichroismus  war  an  einigen  Kr.  zu  beob- 
achten ,  einen  fand  ich  bräunlichgelb  in  der  Richtung  der  Axe, 
ülgrün  senkrecht  darauf  gesehen. 

Das  speci fische  Gewicht  der  grünen  Mussa-Kr.  ergab 
sich  im  Mittel  von  24  sorgfältigen  Bestimmungen 

3-408 
mit  den  Grenzen    .    .     3-364  —  3-479. 
Rammeisberg  fand     3-407*). 

B.    B  raune  Varietät. 

Die  Kr.  dieser  manganhältigen  Varietät  von  der  Mussa-Alpe 
erscheinen  gewöhnlich  als  schlanke  Säulen,  deren  Umriss  durch  das 
vorwaltende  (100)  bedingt  wird;  die  Flächen  von  (110)  und  an- 
deren Prismen  —  von  welchen  nur  ausnahmsweise  (120)  und  (130) 
nachgewiesen  werden  konnten  —  treten  in  der  Regel  gegen  die 
ersleren  Zurücks).  Nur  zuweilen  stellt  sich  eine  (110)  Fläche  breiter 
ein  und  bewirkt  einen  vorherrschend  dreiseitigen  Umriss.  Annähe- 
rungen vielflächiger,  vertical  geriefter  Säulen  an  cylindrische  For- 
men kommen  zumal  bei  den  dickeren  Kr.  Yor. 

In  der  Art,  wie  die  Säulen  zum  Abschlüsse  gelangen,  lassen  sich 
dreierlei  Typen  unterscheiden. 

Hab.  1.  Die  (001)  erscheint  allein  an  dem  freien  Krystallende. 
Fig.  35. 

Hab.  2.  Um  die  vorwaltende  (001)  ist  ein  schmaler  Flächen- 
kranz entwickelt.  Fig.  36  und  37. 

Hab.  3.  Die  (001)  und  die  Randflächen  sind  gleichmässig 
ausgedehnt.  Fig.  38. 

In  diesen  Typen  wurden  beobachtet: 
|(00i),   (117),  (115),  (111),  (331),  (101),  (132),  (131),  (110),  (120), 
\    oP         fiP        %P         P  3P        P~       »4P3      3P3         coP      o*P2 

((130),  (100). 

\    ooP3      ooPos 


i)  Minernlchemie   1860,  S.  736. 
')  Vergl.   S.  li'i. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  7  1 

Der  Hab.  2  erinnert  an  manche  Kr.  vom  Findelen-Uletscher 
hei  Zermatt;  auch  die  Flächenmerkmale  einzelner  Krystallformen 
stimmen  zum  Theil  mit  jenen  der  Zermatter,  zum  Theil  mit  jenen 
der  grünen  Mussa-Kr.  überein  (s.  Fig.  39  u.  40).  So  fehlt  hier 
auf  c(001)  nur  sehr  selten  die  Täfelung  durch  mehr  weniger  häu- 
fige, quadratische,  mit  den  Kanten  zu  (110)  parallel  gelagerte 
Blättchen  und  sind  auch  einzelne  Lamellen-Enden  in  Linien  in  dieser 
Richtung  hinziehend,  zu  bemerken. 

Auf  p(lll)  treffen  wir  theils  pentagonale  Blättchen  wie  an  den 
grünen  Mussa-Kr.  oder  auch  reetanguläre  wie  an  den  Kr.  vom  Fin- 
delen-Gletscher; ausserdem  auch  noch  zuweilen  horizontale  Rie- 
fung. Dieselbe  Fläche  der  Kr.  von  Rympfischweng  bei  Zermatt 
trägt  die  fünfseitigen  Blättchen  in  gewendeter  Lage. 

#(331)  ist  immer  parallel  mit  der  Kante  zu  (110)  gerieft  oder 
treppig  abfallend. 

Auf  s(131)  zeigen  sich  oft  sehr  deutlich  Schuppen,  dreiseitig 
begrenzt  durch  Linien  parallel  den  Combinations-Kanten  mit  den 
benachbarten  Flächen  von  (132),  (110)  und  (100);  sie  liegen  einzeln 
oder  dachziegelartig  übereinander  auf  der  überdies  oft  noch  parallel 
mit  (100)  gerieften  Fläche.  Hier  lässt  sich  das  Entstehen  der  für 
die  Flächen  von  (131)  überhaupt  charakteristischen  Riefung,  durch 
das  seitliche  Verschmelzen  und  das  Überlagern  mit  dem  nach  (100) 
gerichteten  Rande  einzelner  trigonaler  Schuppen  verfolgen. 

Auch  auf  £(132)  zeigen  sich  dreiseitige  Blättchen,  aber  hier 
liegen  sie  umgekehrt  mit  einer  Spitze  gegen  (001)  gewendet1), 
und  durch  Linien  parallel  den  Kanten  mit  den  benachbarten  Flächen 
von  (Hl)  und  (132)  und  der  unterhalb  liegenden  Fläche  von  (131) 
begrenzt.  Eine  dieser  Seitenlinien  und  zumeist  die  zu  einer  anlie- 
genden Fläche  von  (111)  parallele,  ist  auch  als  Riefungsrichtung 
zu  beobachten.  Es  gelingt  nur  selten  diese  Merkmale  auf  (132) 
nachzuweisen,  sie  verschwinden  meist  unter  vollkommener  Ebenheit 
derselben. 


f)  Nur  an  einem  Kr.  fand  ich  auf  1  Flächen  von  (132)  die  Schüppchen  mit  der  Spitze 
nach  ahwärls  gerichtet,  während  sich  auf  drei  anderen  noch  vorhandenen  Flächen 
einfache  Riefung-  zeigte. 


t  Z  Zepharövich. 

Combinalionen. 

Fig.  35.  c(001),  «(100),  m(110). 

Viel  häufiger  als  grüne  sind  braune  einfache  achtseitige  Prismen 
als  Grundgestalt  vielseitiger  oder  cylindrischer  Säulen  in  den  ver- 
schiedensten Höhe-  und  Breite- Dimensionen,  und  ist  an  diesen 
zum  Unterschiede  von  ersteren,  meist  «  breiter  als  m  angelegt 
(s.  Fig.  32). 

Fig.  36  und  37.  c(OOl),  p(lll),  *(331),  /(132),  s(13I), 
«(100),  w(110). 

Repräsentanten  des  zweiten  Typus,  nach  obigem  der  nächst  oft 
vertretene.  Seltener  sind  (111)  und  (331)  allein  anzutreffen. 
Immer  treten  die  Pyramidenflächen  unvollzählig  auf,  so  dass  sie  aus- 
schliesslich oder  vorherrschend  nur  an  einer  Seite  von  (001)  er- 
scheinen. —  Dieselbe  Unregelmässigkeit  der  Ausbildung  gilt  auch 
für  den  dritten  Typus,  dargestellt  durch 

Fig.  38  mit  den  oben  bezeichneten  Flächen. 

Viele  von  diesen  Kr.,  welche  ich  sämmtlich  den  Herren  Sella 
und  Gastaldi  in  Turin  verdanke,  Hessen  vorzügliche  goniome- 
trische  Beobachtungen  zu,  aus  welchen  ein  Parameterverhältniss, 
etwas  abweichend  von  jenem  für  die  grünen  Kr.  derselben  Localität 
folgt  (s.  S.  25). 

Aus  einer  grösseren  Reihe  specieller  Daten  gebe  ich  hier 
einige 

Messungen   einzelner  Krystalle. 

1.  c(001),  .p(l'li).  *(331),  o(101),  i(132),  s(131),  «(100), 
j»(110). 

Fig.  39,  gelblich  rothbraune,  durchsichtige,  17  Mm.  hohe  und 
4  Mm.  breite  Säule. 

piC  =  37°  1414'   (i)  p4ö4  _,  64°  40'       (2) 

piC  =  37     13%     (2)  ent  =  90       0         ( 3 ) 

;j4W?4  =  52     48       '  (1)  r«,  =  90       0         (  1  > 

rm4  =  t)0       1  (1)  ca3  =  90       3</3     (1) 

cas  =  90°  2i/2  (1) 

2.  c(001),^(lll),  *(331),  e'(132),  s(13i),  «(100),  w*(110). 
Fig.  40,  ausgezeichnet  schönes .  glatt  und   glänzend-flächiges 

Individuum;  rothbraun,  durchsichtig. 

Pkc  =  37°  lo34'    (2)  /,s7  =  19°  10'        (2) 

Pic  =  37     IG         1  i8«a  =  19     108/4     i1» 


s8c  =  59 

33  % 

(2) 

cat  ==  90 

0 

(3) 

ca2  =  90 

1 

(3) 

cas  ==  90 

2 

(3) 

cak  =  90 

1 

(3) 

Krystallograghische  Studien   über  den  Idokras.  73 

Plmt  =  52  44%  (3) 

cm,  =90       1  (3) 

'   Wl  =  50  42%  (2) 

Plat  =  64  41  (2) 

z7c  =  40  18%  (3) 

3.  Hochsäuliger  Kr.  ganz  ähnlich  dem  in  Fig.  40  dargestell- 
ten; mit  den  Prismen  noch  das  seltene  A(130),  vertical  gerieft, 
bestimmt  durch  die  Zone  [ci7s7h7~]. 

Pic  =  37°  12'/10*  (3)  i7c  =  40°  21'  (3) 

p2c  =  37  12  (3)  i8c  =  40  20  %  (3) 

Pic  =  37  13 %  (3)  t'^s  =  33  39i/4  (3) 

piPa  =  50  39%  (3)  tlft  =  16  49  V,  (3) 

Pl/,4  =  50  41  Va  (2)  ttf4  ==  16  48 '/2  (2) 

^,04  =  64  371/3  (2)  i,Pk  ==  16  493/4  (3) 

päa2  =  64  43  %  (2)  isPi  =  16  50 1/4  (3) 

pkak  =  64  49  (2)  ij«,  =  19  8  (3) 

tzc  =  66  18%  (3)  **8*8  =  19  10  (2) 

ilC  =  40  19%  (3)  i'cmt  —  73  11  %  (2) 

*8c  =  40  21%  (3)  siPi  =  29  34%  (3) 

slöl  =  35°  5«/4  (3) 

4.  Ähnlich  den  beiden  vorigen,  mit  einer  Fläche  von  o(117); 
«2  und  a3  mit  verworren  gelagerten  Säulchen  bedeckt. 

lhc  =  37°  II1/4'    (2)  nhc  =  90°     1%'  (3) 

P4C  =  37     16i/2     (2)  oV  s     6     14%  (a) 

^lC  =  37     14%     (3)  ^c  ==  40     21%  (3) 

Pinil  =  52     46%     (3)  ioc  =  40     2iy6  (3) 

i8c  =  40°  231/4  (3) 

Jj.  Breite  Säule  geschlossen  durch  die  sehr  glatten  c(00i), 
p(lll),  *(331),  i(132)  und  s(131);  rothbraun  durchsichtig. 

Pic  =  37°  14%'   (3)  iac  =  40°  20%'   (3) 

tiPi  =  29       4%     (3)  i8s8  =  19     11%     (3) 

txnn  =  23     41  Va     (2)  *8^  =  59°  32' 

cm,  =  90°       %'  sie  =  59     37%     (3) 

hai  =  49°  38'       (3) 

*,*„  =  24    32i/3     (3) 

ss(h  =  74°  10% ' 

Plz8  =  16     50         (3) 

6.  Kleines  glattflächiges  Kr.-Fragment,  Combination  wie  oben 
mit  sehr  wenig  ausgedehntem  (101). 

Pkc  =  37°  13'/2'  (3) 

ilC  =  40     221/4     (3) 
s7e  =  59     33  Vi     (3; 


74 


Z  e  p  Ii  a  r  o  vi  c  h. 


Mittelwerthe  aus  allen  Messungen  an  braunen  Mussa-Krystallen  '). 


Winkel  der  Normalen 

n 

S(P) 

/(Hl)  :c(001) 

37°  13'  52" 

15 

34 

m'(HO) 

52  46   5 

5 

10 

«'(100) 

64  40  35 

8 

16 

^2(lil) 

50  40  56 

3 

7 

d'(117)  :  c(001) 

6  14  49 

1 

« 

£'(115)  :  r(001) 

8  34  40 

1 

« 

<'(331)  :  c(001) 

66  17  35 

8 

18 

/(lll) 

29   5  48 

6 

13 

m'(HO) 

23  40  52 

4 

6 

«'(100) 

49  38  43 

3 

5 

z'(312)  :  c(OOi) 

40  20   0 

23 

51 

A'(310) 

49  18  59 

1 

2 

»n2(lTO) 

73  11  30 

1 

2 

/>'(111) 

16  50  29 

6 

15 

*'(131)  :  c(001) 

59  32  21 

16 

36 

«'(100) 

35   4  24 

3 

7 

«4(010) 

74  11  13 

3 

6 

A'(310) 

30  16  11 

1 

1 

//(Hl) 

29  34  38 

4 

8 

*'(331) 

24  32  20 

2 

7 

f(312) 

19  11  39 

14 

29 

4(312) 

33  39   9 

4 

9 

m'(HO)  :  c(001) 

90   0  45 

8 

15 

«'(100) 

45   0  51 

4 

7 

«'(310)  :  ^(001) 

90   0   1 

1 

2 

«'(100)  :  c(001) 

90   1  14 

13 

30 

ß4(010) 

90   0  18 

4 

8 

Die  Farbe  des  Mangan -Id.,  ein  helleres  oder  dunkleres 
Braun,  —  Haarbraun,  Nelkenbraun  oder  ein  reines  Dunkelbraun  — 
gibt  durch  das  Dichroskop,  senkrecht  auf  die  Prismenaxe  betrachtet, 
zwei  sehr  ähnlich  gefärbte  Bilder,  wovon  das  E  mehr  in's  Gelbe,  das 
0  mehr  in's  Rothe  neigt.  Säulen  von  7  Mm.  Durchmesser  sind  noch 
durchsichtig. 


')  S.  Tafel  der  Berechnungen  S.  30 — 37,  Colonne  K. 


Kryst allographische  Studien  über  den  Idokras.  i  «) 

Das  specifische  Gewicht  fand  ich  im  Mittel  aus  14  VVä- 
gungeh 

3-479 
mit  den  Grenzen 

3-424  —  3-582 

also  höher  als  jenes  der  grünen  Kr.  von  dieser  Localität,  entspre- 
chend den  Resultaten  der  chemischen  Untersuchung  *)  der  beiden 
Varietäten. 

Schweiz» 

Nordwärts  der  piemontesischen  Localität  Gressoney,  jenseits 
der  Gletscherfelder  des  Monte  Rosa,  liegen  in  der  alpinen  Hoch- 
region die  Fundorte,  im  Nikolai-s)  und  im  Saas-Thale,  dem 
westlichen  und  östlichen  Arme  des  Visp -Thaies  in  Ober- Wallis. 
Über  diese  verdanke  ich  die  folgenden  Angaben  meinem  verehrten 
Freunde  Prof.  Kenngott  in  Zürich. 

An  der  Rymp  fisch weng,  gegen  den  Grat  der  Täsch-Alpe  zu, 
und  an  dem  benachbarten  Strahl  hörn,  welche  beide  denFindelen- 
(Finnelen-)Gletscher —  imNikolai-Thale  bei  Z  er  matt  — nordwärts 
begrenzen,  erscheinen  in  dem  chloritischen  (Pennin)  Schiefer  grössere 
Ausscheidungen  von  derbem  braunen  Id.  mit  eingemengtem  Pennin; 
in  diesem  sind  in  Nestern,  Klüften  und  Adern,  liegend  oder  stehend, 
Id.-Krystalle  aufgewachsen,  einzeln  oder  unregelmässig  gruppirt, 
zuweilen  auch  in  paralleler  Stellung  aneinander  gefügt.  Als  Begleiter 
finden  sich  Pennin3),  bisweilen  die  Basisflächen  des  Id.  schuppig 
überdeckend,  Granat4),  seltener  kleine  weisse  Calcit-Krystalle 
( — i/2  R)  und  nadel-  oder  schilfförmige  weisse  Kryställchen  von 
Grammatit. 

Vom  Mittags  hörn,  südlich  von  Saas  im  Saasthale,  gegen 
den  Feegletscher  zu,  stammen  nadeiförmige  bis  stengelige  braune 
Id.-Krystalle.  Ausgezeichneter  und  jenem  von  Mussa  sehr  ähnlich  ist 
das  Vorkommen  vom  Feegletscher  selbst,  besonders  auf  der  insel- 
förmig  aus  dem  Eise  steil  aufragenden  „Gletscheralp".  Die  schönen 


i)  Rammeisberg,  Min.   Chemie;  Descloizeaux  Min.  I.  281   f. 

2J  Schon  1806  von  Escher  als  ein  bekannter  Fundort  bezeichnet  (Leonh.  Taschen!» 

I.  333). 
3)  Kenngott.  Übers,  miner.  Forschungen.  1858,  62. 
*)  F.  Wiser,  Leonh.  u.  Br.  Jahrb.  1843,  299. 


7"  6  Zepharovich, 

Drusen  von  Id.  in  gleich  gewählter  Begleitung  wie  zu  Mussa,  erschei- 
nen in  Nestern  und  Klüften  eines  Gemenges  von  hellgrünem  Id.  und 
dunkelgrünem  Pennin.  Nach  Hess  e  nberg  J)  ist  das  Muttergestein 
ein  dichtes  Gemenge  von  Granat  und  Diopsid-Massa,  wie  auch  auf 
der  Mussa- Alpe3). 

Am  Hügel  oberhalb  der  Kirche  von  Tarasp,  am  Inn  imUnter- 
Engadin,  sind  nach  Wiser3)  kleine  mehr  weniger  deutliche 
Säulchen  —  gelblichgrün,  durchscheinend  bis  halbdurchsichtig, 
fettig  glasglänzend  —  in  silberweissem,  stellenweise  etwas  grau- 
lichem Talk  eingebettet  4). 


I.  Krystalle  von  der  Rympfischweng  bei  Zermatt. 
Ein  ganz  eigentümlicher  Combinations-Typus,  das  Vorkommen  sel- 
tener, zum  Theil  ganz  neuer  Flächen,  eine  tiefschwarze  Farbe  und 
gänzliche  Undurcbsichtigkeit  verbunden  mit  lebhaftem  Glasglanze, 
unterscheiden  diese  Krystalle  in  auszeichnender  und  auffallender 
Weise  von  denen  anderer  Fundorte  5).  Die  grösste  der  mir  vorlie- 
genden Säulen,  ringsum  nicht  vollständig  ausgebildet,  misst  im 
Querschnitte  IS  und  11  Mm.  Sehr  kleine  Kryställchen  zeigen  sieb 
daneben  in  Drusen  und  sind  bei  gleichem  äusseren  Ansehen  durch- 
scheinend mit  rothbrauner  Farbe. 


i)  Mineralog.  Notizen  Nr.  5.  Frankfurt  1863,  S.  23. 

2)  Champeaux  fand  Id.  in  den  Moränen  des  Saas-Thales.  (ßernouilli  geogn. 
Übers,  der  Schweiz  1811,  S.  1.S0.)  —  Einen  Fund  von  einer  andern  Localität  in 
Ober- Wallis  —  kolophoniumbrauner  Id.  aus  dem  A  n  t  i  g  r  e  i  o  -  Thale  (Seitenast 
des  Binnenthaies)  bei  Viesch  —  erwähnt  ßernouilli  in  einem  Schreiben  an  K. 
Leonhard.  (Taschenb.  VII,  1813.) 

3)  Leonh.  u.   B  r.  Jahrb.   1849,  803. 

*)  Als  Seltenheit  fand  Wiser  (Leonh.  und  ß  r.  Jahrb.  1841.  92;  1S43,  303)  ein 
schwarzes  glänzendes  Säulchen  von  Id.  (?)  oder  Rutil  (°©/\  °o/>oo,  °©P3,  P, 
Poo,  oP)  umgeben  von  kleinen  Bitterspath-Rhomboedern  in  dem  feinkörnigen 
schneeweissen  Dolomit  von  Campo  longo,  bei  Dazio  grande  in  Tessin  ,  einge- 
wachsen. —  Die  Angabe  des  Vorkommens  von  Fieudo  am  St.  Gotthard 
selbst  (Südseite),  beruht  nach  Wiser  auf  einer  unrichtigen  Bestimmung  des 
zirkonähnlichen  aber  wenig  über  4  harten  Minerales  (s.  G.  L  eo  nhard's  topogr. 
Miner.  1843,  292). 

5)  Nach  Übereinstimmung  in  Form  und  Farbe  ergab  sich  auf  den  ersten  Blick,  dass 
auch  ein  ausgezeichnet  schöner  Krystall  aus  dem  k.  k.  Mineraliencabinet  in  Wien 
(Nr.  *ö/s5)  angeblich  vom  Vesuv,  von  demselben  Fundorte  stammen  müsse,  eben  so 
auch  zwei  andere  Krystalle,  welche  in  den  Fig.  4ö  u.  4C  abgebildet  sind. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  7T 

Ali  den,  in  den  Fig.  41 — 46,  Taf.  VII  u.  VIII,  dargestellten  Kr.  von 
der  Bympfischweng  Hessen  sich  Flächen  folgender  Formen  ermitteln: 

(00t),    (116),    (114),    (113),    (111),    (221),    (331),    (101),    (212),  (737), 

0P         %P        i/4P        y3P         P  2P         3P         P~  PZ        P% 

(313),  (312),  (311),  (110),  (120),  (100). 

P3  3/2P3       3P3         coP         co  PI      coPoo 

Die  neue  oktogonale  Pyramide  (737)  erscheint  mit  schmalen, 
langen  und  ganz  glatten  Flächen  als  Abstumpfung  der  Combinations- 
kante  von  (113)  und  (132),  ausserdem  fallt  sie  mit  (313)  in  die 
Zone  [101,  111]  und  zwiscben  diese  Flüchen,  und  ist  daher  durch 
ihre  Lage  vollkommen  bestimmt.  Der  geringen  Breite  wegen  wirrt 
das  Fadenkreuz  nur  undeutlich  reflectirt.  Die  gleiche  allgemeine 
Position  hat  ferner  eine  zweite  neue  oktogonale  Pyramide  (212), 
von  welcher  eine  Fläche  mit  sehr  geringer  Ausdehnung  auch  in  der 
Zone  [113,  311]  beobachtet  wurde  —  und  die  seltene  (313),  für 
welche  bereits  von  Kokscharow  Messungen  vorlagen1). 

So  wie*Art  und  Entwicklung  der  Formen  im  Ganzen  ein  eigen- 
tümliches Gepräge  diesen  Krystallen  ertheilen,  ergaben  sich  auch 
feinere  Unterschiede  von  jenen  anderer  Fundorte  durch  die  Spuren, 
welche  die  krystallbauende  Thätigkeit  auf  den  Flächen  zurück- 
gelassen. 

Auf  der  breit  angelegten  c(00l)  findet  man  Avieder  das  bekannte 
System  von  feinen  Linien,  welche  von  den  vier  Kanten  mit  (hhf) 
aus  und  denselben  parallel,  gegen  das  Innere  sich  folgen  und  sich 
als  das  Piesultat  einer  treppenförmigen  Schichtung  äusserst  dünner 
rechtwinkeliger  Lagen  darstellen. 

War  die  Fläche,  wie  in  Fig.  42,  durch  einen  andern  Krystall 
der  Druse  in  ihrer  seitlichen  Fortbildung  gehemmt,  so  ist  eben  an 
den  Berührungsecken  mit  dem  Hindernisse  eine  raschere  flach- 
pyramidale  Aufschichtung  quadratischer  Blättchen  bemerkbar.  Auf 
den  Eintritt  eines  lebhafteren  Bildungsvorganges  dürfte  es  hindeuten, 
wenn,  wie  in  Fig.  44  dargestellt,  die  eben  beschriebene  Fläche 
regellos  mit  einer  Unzahl  kleiner  Schüppchen  besäet  erscheint.  Bei 


i)  Mater,  zur  Miner.  Russiands  Bd.  I,  S.  104,  Taf.  XI,  Fig.  14.  Ausser  der  Pyramide 
P3  erwähnt  Kokscharow  an  Achmatowsker  Krystallen  eine  zweite  unbestimmte 
Pyramide  Pn  als  Abstumpfung  der  Kanten  zwischen  P  und  Poo ,  welche  wahr- 
scheinlich mit  einer  der  obigen  Formen  PI  oder  P7  '3  identisch  sein  dürfte. 


78  Zepharoyich. 

einiger  Vergrösserung  zeigt  sich  diese  Fläche  wie  dicht  gepflastert 
mit  Täfelchen,  deren  jedes  seitlich  durch  äusserst  schmale  Pyrami- 
denflächen eingerahmt  ist,  die  grössten  mit  geradlinig-rechtwinke- 
liger, die  kleineren  und  kleinsten  mit  rundlicher  Begrenzung,  stark 
abgestutzten  konischen  Gestalten  ähnlich  und  eine  chagrinartige 
Oberfläche  erzeugend.  —  Immer  aber  sind  die  rechtwinkeligen 
Täfelchen,  wo  sie  auch  auf  der  abgestuften  Unterlage  erscheinen 
mögen,  mit  ihrer  Einfassung  parallel  zu  der  Kante  (001:111) 
gelagert  und  nicht  selten  sind  die  grössten  unter  ihnen  seihst 
wieder  mit  einzelnen  rundlichen  Blättchen  oder  Häufchen  von  sol- 
ohen  bedeckt. 

Auch  die  schmale  Pyramide  #(113)  gibt  an  demselben  Kr., 
Fig.  44,  einen  raschen  Bau  zu  erkennen;  zart  drusig  anzusehen,  ist 
sie  in  ihrem  unvollendeten  Zustande  aus  kleinen  Hervorragungen 
zusammengesetzt,  von  denen  einige  in  Form  von  Dreiecken  mit  der 
Spitze  gegen  (001)  gewendet,  bei  der  Einstellung  von  (113) 
reflectiren,  während  die  Mehrzahl,  kleine  Dreiecke  in  der  gewen- 
deten Stellung,  mit  der  glatten,  zunächst  sich  anschliessenden 
(111)  Fläche  einschimmern.  An  dem  Kr.  Fig.  42  und  einem  ande- 
ren ganz  ähnlichen  hingegen,  ist  die  Pyramide  (113)  mit  ebener 
glänzender  Oberfläche  am  weitesten  in  dem  Flächenkranze  zwischen 
(001)  und  den  Prismen  ausgedehnt  und  bedingt  hierdurch  den 
eigentlichen  Combinations-Typus.  Äusserst  zarte,  oft  dichotome  Linien 
ziehen  auf  ihr  ziemlich  gleichlaufend  mit  der  Kante  (001:111) 
hin,  nur  wenig  die  glatte  Oberfläche  störend,  während  dreiflächige 
Vertiefungen  dieselbe  stellenweise  unterbrechen.  Diese  Vertiefun- 
gen erscheinen  als  kleine  mit  der  Spitze  gegen  (111)  gerichtete 
deltoidische  Dreiecke,  deren  Seiten  parallel  sind  zu  den  Kanten 
der  genannten  Fläche  mit  (001),  (011)  und  (101)  und  es  erglän- 
zen die  einzelnen  einwärts  gerichteten  Flächen  der  Vertiefungen  zu- 
gleich je  mit  den  an  (113)  grenzenden  (101),  (011)  und  (Hl). 
Einzeln  oder  wie  nach  einer  Schnur  aneinander  gereiht,  erstrecken 
sich  diese  Vertiefungsecken,  auch  über  die  schmale  Leiste,  als 
welche,  zwischen  (001)  und  (113),  die  Flächen  (116)  oder  (114) 
erscheinen. — Vergleichen  wir  in  den  besprochenen  Kr.  die  Dreiecke, 
welche  die  Lage  von  (llii)  selbst  besitzen,  mit  jenen  der  Vertie- 
fungsgestalten auf  (113),  so  finden  wir  dieselben  in  entgegen- 
gesetzter Stellung,   wie  es  in   der  That  auch  der  Vorstellung  über 


Krystallographische  Studien  über  <len  rdokras.  79 

die  gegenseitige  Lage  von  Flächenelementen  und  Lücken,  durch 
mangelhafte  Einigung  derselben,  entspricht. 

In  gleicherweise  wie  an  den  Mussa-Kryst.  sind  an  den  Kryst. 
dieses  Fundortes  die  Flächen  von  p(i\i)  und  &(132)  gezeichnet,  nur 
hefinden  sich  hier  auf  (111)  die  Lamellen,  sobald  sie  bestimmt  cou- 
tourirt  sind,  in  einer  umgekehrten  Lage.  Die  penlagonalen  Ta- 
felchen (1.  Art,  siehe  S.  57)  sind  nämlich  mit  dem  stumpfen 
Winkel  gegen  aufwärts  (001)  gewendet,  während  derselbe  an  den 
Mussa-Kr.  abwärts  gegen  (110)  gerichtet  ist. 

Leicht  hemerkt  man  auf  den  Flächen  von  (132)  (Fig.  42  und 
44)  Lamellen,  begrenzt  in  paralleler  Richtung  mit  den  Kanten  gegen 
die  anliegenden  (111)  und  (011);  sie  lagern  dachziegelartig  über 
einander  und  kehren  den  Winkel  von  90°  gegen  (001)  Neben 
diesen  oder  auch  auf  die  ebene  Fläche  sind  hingestreut  sehr  kleine 
Schüppchen,  welche  begrenzt  sind  durch  zwei  längere  Seiten  eben- 
falls gleichlaufend  mit  den  Kanten  (132  :  111)  und  (132  :  011)  und 
durch  zwei  kürzere  Seiten,  die  einen  sehr  stumpfen  Winkel  bilden. 
Die  beiden  letzteren  Seiten  scheinen,  als  gebrochene  Linie  auf- 
gefasst,  die  Richtung  der  Kante  (132  :  131)  einzuhalten. 

Die  Pyramide  £(331)  ist  sehr  fein  horizontal  gerieft.  Auch 
auf  $(131)  zeigen  sich  wie  auf  (132)  Lamellen  und  einzelne  Blätt- 
chen. Hier  sind  die  Blättchen  Dreiecke  mit  parallelen  Seiten  zu  den 
Kanten  von  (131)  mit  (132),  (010)  und  (110)  und  haben  die- 
selben den  stumpfen  Winkel  nach  abwärts  —  gegen  (HO)  — 
gerichtet  *). 

Die  Prismen  sind  vertical  gerieft  und  zwar  ?w(110)  stärker  als 
«(100);  auf  ersterem  ist  der  lamellare  Bau  deutlich  ausgeprägt 
durch  mehr  weniger  breite  glänzende  Bänder  zwischen  schimmern- 
den Streifen,  letztere  durch  die  einzelnen  wellig  begrenzten  La- 
mellen bedingt. 

Fig.  41  und  42.  c(001),  *<116),  5(113),  p(iii),  6(221), 
£(331),  o(101),  *w(212),  *w(737},  .r(313),  e(312),  s(311), 
w(110),  «(100). 

An  diesem  ausgezeichneten,  11  Mm.  hohen  und  breiten,  mit 
mehreren   kleineren   verwachsenen   Kr.    Hessen  sich   mit  grösster 


i)  Estragen  demnach   die  Flachen   (132),   (131)    und  (331)   an   den   Krystallen    von 
Rympfischweng-  und  an  den  rothbraunen  Mussa-Krystallen,  die  gleichen  Merkmale. 


80 


Z  e  p  h  a  r  o  v  i  e  h. 


Genauigkeit  die  auf  Seite  26  genannten  Winkel  messen,  welche 
mit  den  aus  dem  Axenverbältnisse:  a  :  c  =  1  :  0*537 1 99  berech- 
neten übereinstimmen. 

An  demselben  Kr.  ist  die  Neigung 

c(001)://(lll)  =  37°  11'  SO' 
c(001):^3(TTl)  =  37  12  2 
c(00i):_p4(lli)  =  37       1     22 

und  es  liegt  die  eine  so  abweichende  Kante  (cp4)  gegenüber  jener 
((*p2),  an  welcher  die  Verwachsung  mit  einem  anderen  Individuum 
stattfand,  wodurch  sich  die  auffallende  Differenz  gegen  die  beiden 
anderen  fast  gleichen  Kanten  erklärt;  aus  p4m4  folgt  p4c  =  37 
13'  29".  Die  breit  angelegte  c  gibt  überhaupt  mehrere  Fadenkreuze 
neben  einander  und  daher  keine  verlässlichen  Resultate.  Dasselbe 
gilt  auch  für  die  beiden  anderen  Kr.  von  demselben  Fundorte. 

Der  Seite  76,  Anm.  5  erwähnte  Kr.  aus  dem  Wiener  Mineralien- 
Cabinet,  ein  niederes  Säulenfragment.  15  und  10  Mm.  breit,  ist  ganz 
ähnlich  der  Projection  Fig.  42;  es  fehlen  nur  die  Flächen  von 
(212)  und  (221),  und  statt  (116)  erscheint  (114);  (113)  ist 
ebenfalls  sehr  breit  entwickelt. 

Eine  auffallende  Abweichung  von  der  idealen  Lage  besitzen 
die  breiten  Flächen  von  (113)  an  den  beiden  oben  besprochenen 
Exemplaren.  Ich  erhielt  an  dem  in  Fig.  41  und  42  dargestellten 
Kr.  (A),  an  einem  kleineren  angewachsenen  (Z?),  und  dem  Kr.  aus 
dem  Wiener  Cabinete  (C)  : 


G     e     in     e     s 

s     e 

n 

Gerechnet 

(4) 

n      |           (5) 

■ 

(CJ 

n 

Sc 

13°  SÄVa' 

4 

— 

— 

13°  47i/3' 

2 

14°  12%' 

Sp 

23   isy4 

3 

23°  11' 

1 

23     26% 

1 

23       0% 

Sm 

76       5 

1 

— 

— 

— 

— 

75     47  % 

Es  ist  jedenfalls  bemerkenswert!),  dass  an  drei  verschiedenen 
Kr.  die  Winkel  von  $  zu  den  benachbarten  Flächen  nicht  einen 
bedeutenderen  Unterschied  unter  sich  aufweisen,  ein  Umstand,  der 
insbesondere  bei  der  Genauigkeit  der  Messungen  am  ersten  Kr. 
veranlassen  müsste,  die  Fläche  nicht  als  (113)  zu  betrachten,  wenn 
übereinstimmende  Beobachtungen  an  mehreren  und  auch  an  kleine- 
ren Kr.  vorliegen  würden. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras. 


81 


Mit  Übergebung  der  directen  Messungen  von  Sc  —  wegen  der 
Beschaffenheit  von  c  unsicher  —  ergibt  sich  als  Mittel 

pä  =  23°  17%',    n  =  5 

und  daraus  würde  —  wenn  pc  —  37°  131/.}'  angenommen  wird  — 

de  =  13°  55% ' 

und  für  ^  der  Index  (1,  1,  3062)  folgen;  an  ähnliche  erinnernd, 
welche  Kokscharow  für  zwischen  (311)  und  (411)  liegende 
oktogonale  Pyramiden  berechnet  hat. 

Wie  in  der  Zone  mc ,  weichen  auch  die  Berechnungen  der 
Kanten  von  $■  und  Flächen  anderer  Zonen,  mehr  weniger  von  den 
Messungen  ab.  So  ist  am  Kr.  (Ä) 


gemessen 

n 

berechnet 

28°  24'   50" 
17     57     28 

1 
3 

28°  14'      1" 
17     49     55 

Nimmt  man  aber  statt  dem  normalen  Winkel  (113  :  001) 
=  14°  123/4'  den  wirklich  gemessenen  der  einen  Kante 
#(1,  1,  3-06)  :  c(001)  =  13°  57'  10"  in  Rechnung,  so  folgt 

ä'i*  =  28°  26'  21"  to*y  =  18°  2'   15" 

welche  Werthe  mit  den  obigen  Messungen  natürlich  gut  stimmen 
und  die  Richtigkeit  der  Indices  (737)  der  neuen  Fläche  w  mit  be- 
stätigen. Noch  wurden  gemessen  die  Kanten 

y0*  =  20°  35'   5"  3'»'  =  18°     8'    -   (a) 

SV  =  47    20     5  S'x'  =  17     55     -  («) 

Unterhalb  t'  zeigte  sich  am  Kr.  Fig.  41  eine  schmale  Fläche, 
welche  schwach  das  Fadenkreuz  reflectirte;  die  unsichere  Messung 
ergab  den  Winkel  zu 

m'  =  21°  51'   37" 

woraus  der  Winkel  zu 

t'  =  1°  50' 

folgen  würde,  während  eine  directe  aber  ganz  approximative  Messung 
denselben  mit  2°  3'  40"  bestimmte.  Nach  der  ersteren  Angabe 
würde  die  Fläche  mit  (3-28;  3-28;  1)  annähernd  =  i%Pzu  be- 
zeichnen sein. 

Sitzb.  d,  mathem.-naturw,  Cl.  XUX.  Bd.  I  Abtli.  q 


82 


Zepharovic  h. 


Fig.  43  und  44.  c(001),  *<116),  .5(113),  ^(111),  *(331) 
o(101),  *(312),  s(311),  *w(737),  »i(iiö),  «(100), 

Breite  niedere  Säule  mit  10  Mm.  Seite,  begleitet  von  kleinen 
weissen  Calcit-Kr.  (—  yaR);  (001)  und  (113)  nicht  gut  reflecti- 
rend;  sämmtliche  Flächen  deutlich  parkettirt  oder  gerieft. 

Fig.  45.  c(001),  3(113),  p(lll),  *(331),  o(101),  #(313), 
t(312)  s(311),  «(110),  f(210),  «(100). 

Die  Skizze  zu  dieser  Zeichnung  verdanke  ich  Herrn  Hofralli 
Haidinge'r.  Dieselbe  hatte  die  Überschrift:  „schwarzer  Id.  von 
Brozzo,  Piemont".  Dort  kommt  aber  nach  Gastaldi's  freundlicher 
Mittheilung  Id.  nicht  vor.  Die  Ausbildung  der  Combination,  das 
Auftreten  der  seltenen  (313),  so  wie  die  Farbe  lassen  annehmen, 
dass  der  Kr.  von  dem  hier  behandelten  Fundorte  stammte. 

Fig.  46.  c(001),  3(113),  p(lil),  o(101),  s{311),  m(110), 
«(100). 

Entworfen  nach  einem  11  Mm.  breiten  und  8  Mm.  hohen  Frag- 
mente eines  grossen  schwarzen  Kr.  aus  dem  Wiener  polytechnischen 
Institute  ohne  Angabe  des  Fundortes.  Die  Ausdehnung  von  (113), 
die  Oberfläche  derselben  und  von  (001),  (101)  und  (110)  ent- 
sprechen vollkommen  den  Kr.  von  Rympfischweng.  Mit  dem  Contact- 
Goniometer  bestimmte  ich: 


3c 


14°     7" 
75     53 


90°     0' 


Mittelwcrthe  aus  allen  Messungen  der  Krystalle   von  Rynipfischweng. 


Winkel     der     Normalen 

n 

S(P) 

;/(lll)  :  c(001) 

37°   13' 

12" 

4 

7 

ro'(HO) 

52     46 

46 

7 

9 

e'(116)  :  c(001) 

7     18 

15 

2 

a 

vj'(H4)  :  c(001) 

10     21 

- 

1 

a 

*'(33i)  :/(1ll) 

29'     4 

47 

4 

7 

m'(  110) 

23     42 

10 

3 

4 

o'(IOl)  :  ,(001) 

28       4 

45 

2 

5 

a'(10Ö) 

61     52 

— 

1 

1 

//(1I1) 

25     19 

20 

1 

3 

Krystiillog-iaiihische  Studien   über  den   [clokr; 


s:t 


Winkel  der  Normalen 

n 

S(P) 

»'(212)  :/(Hl) 

11  4o  — 

1 

a 

s'(311) 

29  39  13 

1 

a 

w'(737) 

2   6- 

1 

a 

w'(737)  :/(lll) 

13  52  16 

3 

5 

o'(101) 

11  25   2 

2 

u 

?'(312) 

10  29   3 

5 

a 

.r'(313) 

2  27  - 

a 

a/(313)  :  c(001) 

28  53  - 

a 

o'(10i) 

7  31  15 

a 

i'(312) 

11  27  - 

a 

t'(312)  :  c(001) 

40  19  10 

2 

4 

«"(312) 

23  40  35 

2 

4 

s'(311) 

19  11  15 

4 

10 

6(311)  :  a'(100) 

35   8  - 

2 

/(lil) 

29  34  10 

2 

«"(311) 

31  42  10 

3 

o'(lOl) 

33  37  - 

2 

m'(110)  :  e(001) 

90  -  - 

2 

m"(110) 

90  -  - 

2 

«'(100) 

45   2  50 

3 

7 

Die  vorstehenden  Messungen  sind  mit  der  zweiten  Colonne  der 
berechneten  Werthe  (K),  Seite  30 — 37,  zu  vergleichen.  Die  Über- 
einstimmung der  Messung  und  Rechnung  für  die  Flächen  von  (212), 
(737)  und  (313)  kann,  da  dieselben  ihrer  geringen  Entwicklung 
wegen  nur  eine  approximative  Bestimmung  zuliessen,  wohl  als  eine 
ganz  genügende  betrachtet  werden.  Die  Indices  dieser  Flächen 
folgten  unabhängig  von  den  Messungen  aus  ihrer  sicher  nachweis- 
baren Lage  je  in  zwei  verschiedenen  Zonen. 


$4  Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  li. 

II.  Einen  ganz  andern  Typus  besitzen  jene  Individuen,  welche  ich 
unter  der  Bezeichnung:  „Krystalle  vom  Find  elen- (Finnel-) 
Gletscher  bei  Zermatt"  von  Prof.  Kenngott,  und  „Zer- 
matt« allein,  von  Dr.  Krantz  erhielt.  (Fig.  47  —  Sl.Taf.VIIIu.IX.) 

Es  sind    kleine  kurzsäulige  Combinationen  von  dunkelbrauner 
Farbe   und  undurchsichtig,    oder    bei   kleineren   Dimensionen    und 
hellerer  Färbung,  durchsichtig  mit  einem  Stiche  in's  Grüne,  mit  den 
Formen: 
(001),  (111),  (113),  (331),  (101),  (312),  (311),  (HO),  (120),  (100). 
oP  P  %P        3P         Pcc        %P3      3P3        eoP       ocFZ      ocPoo 

Die  (001)  schliesst,  oft  vorwiegend  ausgedehnt,  die  Säule, 
den  Pyramiden  nur  wenig  Raum  zur  Entwickelung  lassend.  Sie  ist, 
wie  auch  an  den  Krystallen  anderer  Fundorte,  durch  kleine  recht- 
winkelige, oft  quadratische  Blättchen  getäfelt,  welche  zuweilen  nach 
den  Diagonalen  schwach  erhöht  oder  mit  sehr  stumpf  angesetzten 
Leistchen  eingerandet  sind.  Ausserdem  gewahrt  man  auf  dieser 
Fläche  Aufschichtungen  von  rechtwinkeligen  Lamellen,  diese  mit 
ihren  Seiten  immer  parallel  zu  dem  Prisma  (HO)  und  daher  auch 
zu  den  einzelnen  Täfelchen,  gestellt.  Zuweilen  zeigt  sich  nur  an 
einer  Stelle  von  (001)  ein  System  von  übereinander  lagernden 
kleineren  Blättehen,  während  man  in  arideren  Fällen  verschiedene 
solche  Systeme  oft  scharf  gegen  einander  abgegrenzt,  wahrnimmt; 
dann  gelingt  es  auch  meist  auf  den  Pyramiden  oder  Prismenflächen 
eine  Trennungslinie  weiter  zu  verfolgen,  zwei  oder  mehrere  Indivi- 
duen nachzuweisen,  die  in  ihrer  Vereinigung  den  scheinbar  ein- 
fachen Kr.  bilden.  Häufig  sind  solche  Kr. -Aggregate  schon  durch 
mehr  weniger  auffallende  Unterschiede  in  den  Dimensionen  der  ein- 
zelnen, parallel  oder  doch  annähernd  parallel  geeinten  Individuen 
bezeichnet.  Die  kleinen  Parkettäfelchen  aber  sind  ohne  Beziehung 
zu  den  Lamellensystemen  ganz  regellos  über  dieselben  verbreitet, 
sie  sitzen  eben  so  auf  den  einzelnen  Stufen,  wie  auf  den  obersten 
Lagen;  nur  ausnahmsweise  bringen  sie  hie  und  da  eine  Überein- 
anderfolge  von  Lamellen  zum  Abschluss.  Es  darf  daher  die  Par- 
kettirung  der  Basisfläche  an  und  für  sich  nicht  als  ein  Ergebniss 
der  Kr.-Einigung  des  Id.  aufgefasst  werden. 

In  ähnlicher  Weise,  wie  auf  (001)  gibt  die  Beschaffenheit  auf 
der  (lll)-Fläche  den  Fortschritt  eines  regelmässigen  lamellaren 
Aufbaues  zu  erkennen  durch  Linien,  welche  parallel  mit  der  Kante  zu 


Krystallogrnphische  Studien  über  den  Idokras.  OO 

(001)  oder  senkrecht  gegen  dieselbe,  häufig  aber  in  diesen  beiden 
Richtungen  und  in  einer  Diagonale  der  Fläche  aneinander  stossend, 
eine  zarte  Riefung  bewirken.  Auch  rechtwinkelige  Täfelchen  ein- 
zeln oder  in  geschlossenen  Reihen,  oft  mehrfach  von  feinen  Linien 
eingerahmt,  zeigen  sich  auf  den  Pyramidenflächen  (Fig.  SO  und  51) 
ähnlich  wie  an  den  Kr.  vom  Vesuv  (Fig.  10  und  11). 

Die  achtseitigen  Pyramiden  sind  glattflächig  und  die  Prismen 
vertical  gerieft;  die  letzteren  gehen  oft  mit  gerundeten  Kanten  in 
einander  über,  fassartige  Gestalten  bildend. 

Eine  weitere  Übereinstimmung  der  Kr.  vom  Vesuv  und  von 
Zermatt  herrscht  im  Äusseren  in  den  einfachen  Combinationen 
(s.  Fig.  1  u.  2,  und  Fig.  47  u.  48) ,  nur  dass  an  den  letzteren  die, 
an  Vesuv-Kr.  fast  nie  fehlenden  Flächen  von  (101),  nur  als  Selten- 
heit beobachtet  wurden. 

Zu  genauen  Messungen  waren  die  Kr.  dieses  Fundortes  mit 
ihren  wenig  ebenen  Flächen  nicht  geeignet.  Aus  10  Messungen  der 
Kanten  cp  und  pm  folgt,  wie  Seite  27  angegeben: 

ci>  =  (001  :111)  =  37°  12'   48" 
welcher  Werth  mit  dem  an  Vesuv-Kr.  erhaltenem  verglichen,   sich 
nur  um  20"  grösser  zeigt. 

Sämmtliche  Messungen  von  cp  ergaben  die  Grenzwerthe 

37°  5'  23"  —  37°  18'   29' 

jene  von  pm  „  n 

J  '  52°  43'   S2     -  S2°  55*  16 

wobei  die  mehrfach  messbaren  gleichen  Kanten  eines  Kr.  um  3,  an 

einem  andern  um  8  und  um  11  Minuten  differirten. 

An  dem  vorzüglichsten  Kr.  erhielt  ich 

pc  =  37°  12'  20"    ) 

pm  =  52     47     S8      t  Gew.  3 

mc  =  90     —     -      ) 

und  es  erklärt   sich  die  Differenz   von    18"    der    beiden    ersteren 

Messungen  gegen  die  letzte  dadurch,  dass  die  Fläche  p  nicht  genau 

in  die  Zone  mc  fiel. 

An  demselben  Individuum,  wo  dasselbe  aber  seitlich  mit  einem 

andern  verwachsen  war,  bestimmte  ich 

p"c  =  37°  0'    i7",    Gew.  2. 

Endlich  ergab  sich  als  Mittel  je  dreier  approximativer  Messungen 

sc  =  39°  31'     8" 
ig  =  40     23     40 


o !)  Zepharoric  li. 

III.  Krystalle  aus  dem  Saasthale.  An  den  nadeiförmi- 
gen, zum  Theil  flächenreichen  Kr.  vom  Mittagshorn  südlich  von 
Saas  erscheinen  nach  Prof.  Kenngotfs  brieflichen  Mittheilungen 
(110),  (100),  (Jiko),  (001),  (111),  (221)  und  zwei  bis  drei  okto- 
gonale  Pyramiden,  und  an  den  kurzen,  breiten,  grasgrünen  Kr.  vom 
Feegletscher  am  Mittagshorn,  die  Combinationen:  (110).  (111); 
(HO).  (111).  (001);  (110). (100).  (111).  (001)  mit  zwei  Pyra- 
miden (hkl). 

Fig.  52,  Taf.  IX,  gibt  eine  ungewöhnliche  Id. -Form  von  dieser 
Localität,  abgebildet  und  beschrieben  von  Fr.  Hessenberg  *): 

m(110)  .  «(100)  .  s(13i). 
„Mit  nur  sehr  untergeordnetem  oder  auch  ganz  fehlendem  (111) 
erseheinen  demnach  dje  Kr.  durch  (131)  allein,   steil  und  völlig  zu- 
gespitzt, und  dabei   säulig   stark   verlängert.    An   (131)  wurde  die 
Kante: 

gemessen  berechnet  (A') 

Y  =  134°  20'       =       134°  40' 
A'  =  148     43        =      148     22 

Die  Kr.  sind  grasgrün,  in's  Braune  fleckig  verlaufend,  wie  es  von 
den  Tavetscher  Sphenen  bekannt  ist,  erreichen  eine  Länge  bis 
10  Mm.  und  Dicke  bis  2  Mm.,  finden  sich  aber  auch  daneben  äus- 
serst zahlreich  in  winziger  Kleinheit.* 

Hessenberg's  Mittheilung  gewinnt  dadurch  an  besonderem 
Interesse,  dass  sie  einen  weiteren  Beleg  liefert  zu  der,  durch  die 
Begleiter  bewirkten  und  bereits  von  Kenngott 3)  hervorgehobenen 
grossen  Analogie  der  Id. -Vorkommen  im  Ala-  und  im  Saas-Thale.  Ich 
beobachtete  nämlich  die  gleiche  Combination  ebenfalls  an  einem 
isolirten  grünen  Kr.  von  der  Mussa-AIpe  (s.  S.  65  Fig.  33  u.  34). 
An  beiden  Localitäten  sind  mit  dem  Id.,  Krystalle  von  Diopsid, 
Hyazinth-Granat,  Klinochlor,  von  Apatit  und  Calcit,  in  Drusen  auf 
gleichartiger  Unterlage  aufgewachsen. 


»)  Miner.  Notizen  Nr.  li.   Frankfurt  1863,  S.  T.i.  Taf.  2,  Fig.  21. 
2)  Ühers.  der  miner.  Forschungen  1838,  S.  102;  I861j  S.  17. 


Krystallographische  Studien   über  den   Idokras  iS7 

Tirol.i) 

I.  Die  Vorkommen  von  der  Porgumer  A!po  am  Wild- 
kreuzjoch in  Pfitsch  («)  und  von  der  Seh  warzenst  ei  n- 
Alpe  im  Zillerthale  (6),  sonst  ganz  ähnlich,  unterscheiden 
sich  nur  durch  die  Gesteinsunterlage;  an  der  ersten  Fundstelle  (a) 
Allochi'oit  und  dichter  Id.,  an  der  zweiten  (b)  Chloritschiefer.  Die 
kleinen  höchstens  10  Mm.  hohen  Kr.,  mit  lebhaft  glasglänzenden 
Flächen,  ölgrün  in"s  Spargelgrüne  oder  Nelkenbraun,  halbdurch- 
sichtig, einzeln  oder  in  Drusen  vereinigt,  sind  begleitet  von  Diopsid, 
rothein  und  schwarzem  Granat,  Calcit  und  Klinochlor,  welch'  letz- 
terer oft  in  den  Id. -Kr.  eingewachsen  ist. 

Fr.  Hessenberg  beschrieb  eine  Druse  aus  Pfitsch  mit  roth- 
braunem Granat  (in  der  seltenen  Combination  202  .  ooO  .  3/<iO . 
303/2)>  Id.,  Klinochlor  und  Diopsid  auf  einer  fast  dichten  Unterlage, 
scheinbar  einem  Gemenge  aus  den  genannten  Mineralen 2).  Kenn- 
gott hält  nach  Form  und  Farbe  den  Granat  für  Grossular,  da  auch 
das  übrige  Vorkommen  jenem  von  der  Mussa-Alpe  ähnlich  sei3). 

Ein  grünes  derbes  Mineral  mit  splitterigem  Bruche  aus  dein 
Pfitsch-Thale  wird  ebenfalls  zum  Id.  gerechnet4). 

II.  Wenig  ausgezeichnet  ist  der  Id.  aus  Pregratten.  Lie- 
bener  theilte  mir  mit,  dass  er  von  der  Dorfer  Alpe  (nordöstlich 
von  Wind.-Matrei)  ein  Exemplar  erhielt,  an  welchem  sich  bei 
12-S  Mm.  lange  und  3-75  Mm.  breite  säulige  Kr.  zeigten  in  einem 
(wahrscheinlich  früher  mit  Calcit  erfüllten)  Hohlrau  ue  der  gleichen, 
stengelig  zusammengesetzten,  lichtgrünen,  kantendurchscheinenden 
Id. -Masse,  welche  dichten,  ziegelrothen  Allochroit  zur  Unterlage 
hat.  Das  Vorkommen  gehört  höchst  wahrscheinlich  dem  Chloi  itschiefer 
an.  Früher  schon  gelangten  von  demselben  Fundorte  Id.  in  kleinen 
Kr.  und  derben  Stücken  nach  Wien. — Von  der  Eichhalmspitz  am 
Ende  des  Dümmelbach-Grabens  (Wind.  -  Matrei  WNW.),  bewahrt 


>)  L.  Liebener  und  J.  Vor  haus  er,  Die  Miner.  Tirols,  Innsbruck  1832,  S.  140.  > 
Zep  har  o  vi  ch,  Miner.  Lex.  S.  464.  — Neuere  auf  den  Id.  bezügliche  Raten  hat 
mir  unlängst  L.  Liebener  freundlichst  mitgetheilt. 

2)  Miner.  Notizen  Nr.  2,  Frankfurt,  1838,- 9. 

3)  Übers,  der  miner.  Forschungen,  1838,  101. 
*)  Ramm  elsberg,  Miner.  Chemie,  1860,  737. 


8$  ZephaVovich. 

das  Wiener  Mineralien-Cabinet  ein  dem  obigen  ähnliches  Vorkommen. 
(H.  S.  Nr.  I.  3480.) 

Man  darf  wohl  erwarten,  auch  anderwärts  in  der  Verbindungs- 
linie der  beiden  letztgenannten  Localitäten  Id.  aufzufinden.  Jen- 
seits der  Tauernkette  im  Pinzgau  ist  ebenfalls  Id.  bekannt  (siehe 
Salzburg). 


I.  a)  Krystalle   von    der    Porgumer  Alpe    am   Wild 
kreuzjoch  in  Putsch. 

Die  ungemein  netten  Kryställchen  von  diesem  Fundorte  zeich- 
nen sich  durch  ihren  Flächenreichthum,  bei  pyramidalem  oder  tafeli- 
gem Typus  aus.  An  sechs  Kr.  aus  dem  Wiener  Mineralien-Cabinete 
beobachtete  ich  an  den  Taf.  IX  u.  X,  Fig.  53  und  57  dargestellten 
Combinationen  die  Formen: 

U001),  (113),  (445),  (111),  (885),   (221),  (331),   (101),  (201),  (477) 
\    OP        %P       %P        P         %P        HP         3P        Poo      2Poo       P% 

((121),  (241),  (135),  (132),  (131),  (HO),  (120),  (130),  (100). 
(  2P2      4P2      %P3      %PS      3P3       c»P      ~/>2      **P3     ~Poo 

Mehr  als  an  anderen  Localitäten  lässt  hier  Ebenmass  in  der 
Ausdehnung  gleichartiger  Flächen  die  Kr.  wenig  von  der  idealen 
Regelmässigkeit  abweichen;  dabei  sind  die  Flächen  meist  vollkom- 
men eben  und  lebhaft  glänzend. 

Nur  an  einigen  Individuen  Hessen  sich  auf  (001)  bei  starker 
VergrÖsserung  gewellte  Linien  oder  eine  schwache  Erhebung  nach 
den  Diagonalen  und  auf  (111)  eine  zarte  Riefung  in  zweifacher 
Richtung  —  parallel  zu  den  Kanten  mit  (001)  und  mit  (132)  — 
erkennen. 

Von  den  oben  genannten  Formen  sind  die  octogonalen  Pyrami- 
den (135)  und  (477)  und  die  tetragonalen  (445)  und  (885)  neu; 
es  sind  aber  die  Beobachtungen ,  auf  welche  sich  diese  Indices 
gründen,  sämmtlich  nur  wenige  und  unsichere. 

Die  Ergebnisse  der  Messungen  von  (001:111)  =  37°  12' 34" 
sind,  wie  S.  27  mitgetheilt,  mit  den  an  Kr.  von  der  Sonuna  und 
vom  Findelen-Gletscher  erhaltenen  Werthen  fast  übereinstimmend. 
Obgleich  die  Mehrzahl  der  Beobachtungen  zu  den  besten  zu  zählen 
sind,  schwanken  dieselben  doch  zwischen  weiteren  Grenzen,  für 


Krystallographfsche  Studien  ülter  den  [dokras.  89 

(OOi  :  111)  zwischen  37°  10'  (3)  und  37°  15'   50"   (3) 

(111  :  HO)         „  52     47     42"  (3)     „     52     43     28     (2) 

so  dass  eine  Vervielfältigung  derselben,  behufs  einer  sicheren  Er- 
mittlung des  Axenverhältnisses  noch  zu  wünschen  wäre.  Eine  weitere 
Bestätigung  des  obigen  Resultates ,  dass  der  wahre  Werth  der 
(001  :  111)  zwischen 

37°  7'  (17)  und  37°  13*4'  (Z) 

falle,  liegt  in  dem  gleichen  Verhalten  aller  übrigen  mit  einiger  Sicher- 
heit bestimmbarer  Kanten.  Aus 

(001  :  111)  =  37°  12'   30" 
folgt 

a  :  c  =  1  :  0-53690 
und  daraus 

(111  :  lTl)  =  50°  37'   50", 

welchem  Werthe  das  Mittel  der  drei  besten  Messungen  dieser  Kante 
50°  37',  37s/4'  imd  38'  =  50°  37'  35"  recht  nahe  kommt. 

Combinationen  und  Messungen  einzelner  Krystalle  von  Putsch. 

1.  Fig.  53  u.  54.  c(001),  .3(113),  p(lll),  ^(331),  i(132)f 
s(131),  »i(110),/(120),  «(100). 

Kleiner,  auf  der  Seite  von  p*  unvollständiger  Kr.  mit  annähernd 
vollendeter  Symmetrie  in  seiner  stark  glänzenden  Fläche.  Nur  das 
Rudiment  p3  zunächst  der  Anwachsstelle  zeigte  sich  matt.  Die  Mes- 
sungen ergaben  eine  abnorme  Lage  von  (001)  zwischen  zwei  gegen- 
über liegenden  (lll)-Flächen. 

epi  =  37°     li/3'   (2)  pY»  =  74°  20'       (3) 

cp3  __  37     19         (i)  pipz  =  go     34i/3     (3) 

cpt  =  37     11 '/4     (2)  p*p*  =  50     38         (3) 

2.  An  zwei  anderen,  mehr  tafeligen  Kr.  waren  folgende  Kanten 
messbar 

epi  =  37°  13'   10"  (2)  cp*  =  37°  11'   50"  (1) 

cpz  =  37     11     50     (2)  ep*  =  37     12     30     (1) 

3,    epi  =  37°   10  («)  cp3  =  37°  11'   40°  (1) 

cp%  =  37°  13'   7"  (3) 


90  Zepharovich. 

4.  Fig.  55  u.  56.  c(001).  5(113)  . p(lli) . 0(221) .^(331) . 
o(101) .  «(201) .  <121) .  tf(241) . m(liO)  ./(120) .  Ä(130) .  «(100). 

Fragment  eines  glattflächigen,  theilweise  an  der  unteren  Seite 
ausgebildeten  Kryställchens  (Wr.  M.  Cab.  3457",  1857)  mit  dem 
seltenen  (130)  .  c  und  a  gaben  mehrfache  Fadenkreuze;  andere 
Flächen  mit  einfachen  Bildern  fielen  nicht  richtig  in  ihre  Zonen. 

pY~  =  i05°  35"  24"   (3)  daraus      \V*°\  =  37°  12'   18°   (3) 

pimi  =     82     45     20     (2)       „         p}c  =37     14     40     (2) 

pH*  =     16     52     30     (2)  p'{  =  16     36       0     (2) 

i'i'i  =  23°  37'   50"  (2) 

5.  Fig.  57.  c(001)  .  5(113)  .  *A(445)  .  p(lii)  .  V(885). 

6(221)  .  o(101)  .  *u(477)  •  M135)  •  *(132)  •  s(131)  •  m(UO). 
«(100). 

Grasgrünes,  durchsichtiges  Kr.  -  Fragment  (Wr.  Min.  C;ib. 
Nr.  146)  mit  den  neuen  äusserst  schmalen  Flächen  1,  ix,  a  und  -j, 
für  welche  ausser  ihrer  Zonenlage  die  folgenden,  sehr  approxima- 
tiven Messungen  bestimmend  waren : 

berechnet  aus 
a:  c  =  1  :  05369 

\2p*  =     6°     5'  (a)  1 5°  56'     0° 

l*c  =  31  16  (a)  6 31     16     30 

X2m'  =  —  _  _  58     43     30 

jiy  =  13       5  («)  3 13     19     55 

fx'c  =  —  —  —  50     32     25 

(t'm*  ==  —  —  -  39     27     35 

Aus  der  Messung  \x  p'  würde  sich  für  /jl  der  Index  (83,83,50) 
ergeben;  die  Unsicherheit  derselben  gestattet  aber  die  Annahme 
von  (885),  wornach  sich  dann  an  diesem  Kr.  das  Auftreten  von 
vier  Pyramiden  der  Grundreihe,  in  denen  paarweise  sich  die  Axen- 
längen  wie  1:2  verhalten,  herausstellt,  nämlich     » 

P,  2/'  und  %P,  %P. 

(477)  ebenfalls  äusserst  schmal,  zeigte  sich  als  Abstumpfung  der 
Kante  p'o'.  Zur  Messung  konnte,  wie  überhaupt  bei  allen  sehr  klei- 
nen Flächen,  nur  unmittelbar  der  Lichtreflex  derselben,  durch  das, 
mittelst   einer   vorgeschobenen  Loupe  in    ein    sehwaches  Mikroskop 


Krystallographische  Slinlien  über  den  Idokras.  {)  1 

umgestaltete  Beobachtungsfernrohr  gesehen,  benützt  werden.  Die 
Einstellung  des  intensivsten  und  von  den  benachbarten  Kanten 
scharf  begrenzten  Flachenglanzes  gelingt  ganz  gut  und  gibt  ange- 
näherte Besultate,  auf  welche  man,  wenn  wegen  zu  geringer  Aus- 
dehnung der  Flachen  das  Fadenkreuz  des  Beleuchtungsfernrohres 
nicht  mehr  erkennbar  ist,  verzichten  müsste.  Ich  fand  auf  diese 
Weise  als  Mittel  der  Messungen 

v'p'  =  10°   -   (a) 

woraus  u  =  (1;  1-73;  1-73)  folgen  würde.  Die  Berechnung  aus 
obigem  a  r  c  fordert  für  u  =  (477) 

v'p'  =  10°  11'  21" 
•jV  =  IS       7     34 
•j'c  =  31     43     54 

Zwischen  (101)  und  (111)  sind  demnach  im  Allgemeinen  am 
Id.  bereits  folgende  Gestalten  aufgefunden: 

((101) (133),  (377),  (122),  (477) (111) 

(  Pc»  P3       P%        PI       P%  P 

Die  sehr  schmale  Fläche  in  der  Kante  ^^(llS  :  101)  gehört 
wahrscheinlich  der  (135)  an;  die  Indices  ergeben  sich  aus  der 
Lage  in  den  Zonen 

[113,  101]  und  [001,  3T2] 
welch'  letztere  aber  nicht  mit  Sicherheit  nachzuweisen  war. 

Gemessen  Gerechnet 

(j2(31S):  c(001)  =  18°  36'      ....    18°  45'   20" 

Ferner  wurden  an  diesem  Kr.  gemessen: 

pic  =  37°  14'   50"   (3) 
ptc  =  37     15     50     (3) 


92 


Zepharovich. 


Mittelwerthe  aus  allen  Messungen  an  Krystallen  von  Pfitsch. 


Winkel     der     Normalen 


m 


?/(lii):c(00l) 

37c 

'  12 

39° 

14 

m'(HO) 

52 

46 

55 

8 

p»(iTl) 

50 

37 

8 

4 

/(lll) 

74 

22 

28 

3 

3(113)  :  c(001) 

14 

9 

12 

10 

/(tH) 

23 

0 

8 

4 

X'(445)  :  c(OOl) 

31 

16 

0 

1 

/(Hl) 

6 

5 

0 

1 

^'(885): //(Hl) 

13 

5 

0 

1 

6(221)  :/(Hl) 

19 

25 

40 

3 

o'(lOl)  :  c(OOi) 

28 

9 

30 

2 

«'(100) 

61 

49 

55 

2 

«'(201)  :  o'(lOl) 

18 

51 

0 

1 

«'(100) 

42 

52 

0 

1 

i/(747)  :/(lll) 

10 

0 

0 

1 

«"(421)  :  c(001) 

67 

22 

0 

1 

m'(HO) 

28 

55 

45 

1 

«'(311) 

10 

43 

30 

2 

a'(315)  :  c(OOl) 

18 

36 

0 

1 

/'(312)  :  c(001) 

40 

18 

55 

2 

^2(312) 

23 

36 

36 

3 

/(Hl) 

16 

46 

17 

4 

«'(201) 

14 

25 

0 

2 

s'(311)  :  «'(201) 

19 

16 

0 

1 

f(210)  :ro'(110) 

18 

20 

30 

1 

«'(310)  :m'(110) 

26 

36 

30 

1 

28 
12 
11 
8 
3 
1 
a 
a 
a 
a 
2 
1 
a 


I.  b)  In  einer  Druse  von  der  Seh warzenstein  -  Alpe  im 
Zillerthale  (Wr.  Min.  Cab.  3444)  beobachtete  ich  an  etwa  9  Mm. 
hohen,  ölgriinen,  durchseheinenden  Säulen,  begleitet  von  grossen 
Klinochlortafeln,  die  Combination:  (001).  (111)  .(HO)  .  (100).  Auf 
(001)  zeigten  sich  quadratische  und  rundliche  ßlättchen,  auf  (111) 
bedeutendere  Unebenheiten,  durch  die  vorgreifenden  Ränder  sich 
überlagernder  Lamellen.  Eine  von  aussen  nach  innen  vordringende 
Zersetzung  der  Kr.  beginnend  mit  einem  graugrünen,  matten  Über- 
zuge ist  zu  bemerken;  manche  Kr.  sind  durch  und  durch  verändert 
und  dabei  im  Innern  löcherig  geworden;  andere  sind  im  oberen 
Theile  noch  frisch,  zunächst  der  Anwachsstelle  aber  angegriffen. 


Krystallographische  Studien  über  den  Ido-kras  93 

III.  Über  die  altbekannten  ergiebigen  Id. -Fundorte  im  Fassa- 
und  Heims - Thale  entnehme  ich  in  gedrängter  Kürze,  das  Fol- 
gende, dem  ausgezeichneten  Werke  v.  Richthofen's :  Geogno- 
stische  Beschreibung  der  Umgegend  von  Predazzo,  St.  Cassian  und 
der  Seisser  Alpe  •).  —  Im  Monzoni  -  Gebirge  (Ostseite  des 
Fassa-Thales)  und  bei  Predazzo  (Fleims-Thal)  haben  während  der 
Trias-Periode  bedeutende  Eruptivmassen2)  die  Sedimentgesteine 
durchbrochen  und  in  denselben  eine  Reihe  von  Contacterscheinun- 
gen  veranlasst,  welche  den  classischen  Ruf  jener  Gegenden  für 
Geologie  und  Mineralogie  mit  begründeten.  Unter  diesen  sind  jene 
die  bemerkenswerthesten,  welche  an  den  Grenzen  eines  eigentüm- 
lichen Syenites  „Monzon-Syenit" s)  und  des,  diesem  gangförmig 
untergeordneten  Hypersthenites4)  mit  den  oberen  Triaskalken  auf- 
treten. Im  Monzoni-Gebirge  sind  Granat,  Id.  und  Gehlen it 
bezeichnend  für  den  Contact  von  Syenit  und  Kalk,  und  es  liegen  die 
Fundstellen  dieser  Minerale  an  dem  Ost-,  Nord-  und  Westrande  des 
Gebirgsstockes,  der  aus  Syenit  bestehend  von  mächtigen  Kalkalpen 
umfasst  wird,  nur  gegen  Süd  an  die  Quarzporphyre  des  Monte 
Bocche  und  im  Südwest  an  den  Augitporphyr  der  Pesmeda-Alpe 
sich  anschliessend.  Aber  auch  auf  dem  Monzoni  selbst  findet  man 
an  vielen  Orten  aufgelagerte  Kalkmassen,  welche  sich  durch  Ein- 
schlüsse der  charakteristischen  Contactminerale  als  die  Reste  einer 
früheren  zusammenhängenden  Kalkbedeckung  zu  erkennen  geben.  — 
Hypersthenit  trat  später  gangförmig  im  Monzonsyenit  auf  und  kam 
ebenfalls  vielfach  mit  dein  Kalke  in  Berührung.  An  diesen  Stellen 
erscheinen  aber,  wie  dies  Rieht hofen  zuerst  hervorgehoben, 
andere  Contactgebilde  als  die  vorgenannten  des  Syenites,  nämlich: 
verschiedene  Varietäten  von  Augit  (Fassai't  im  Kalk,  Pyrgom  in 
Hohlräumen   des  Hypersthenit)  Magnesiaglimmer,   Brandisit 


!)  Mit  einer  geogn.  Karte  und  vier  Profil-Tafeln.  Gotha.  J.  Perthes  1860.  —  Eine 
frühere  Mittheilung  v.  Ri  ch  t  ho  f  en's  im  Jahrb.  der  geolog.  Reichsanst.  VIII.  Bd. 
1857,  164  bezieht  sich  abschliessend  auf  die  Contacterscheinungen. 

aJ  Monzonsyenit,  Tunnalin-Granit,  Augit-  und  Uralit-Porphyr  und  Melaphyr. 

s)  Quarzfreies  krystallinisch- körniges  Gemenge  von  Orthoklas,  Oligoklas  und  Am- 
phibol  mit  stetem  Glimmergehalt. 

*)  Krystallinisch-körniges  Gemenge  von  Hypersthen  u.  Labradorit  mit  Glimmer,  Titan- 
eisen und  Augit.  Nach  Richthofen,  innerhalb  des  noch  nicht  völlig  erstarrten 
Syenites  langsam  erkaltete  Augit-Porphyrmasse. 


\)  4  Z  e  j>  li  ;i  r  o  v  i  u  li. 

und  Pleonast.  Einige  Fundorte  liefern  beiderlei  Contact-Minerale 
gemeinschaftlich;  dann  stehen  auch  Syenit  und  Hypersthenit  nach- 
barlich an. 

Folgende  Fundstellen  von  Id.  sämmtlich  am  Contacte  von  Syenit 
und  Kalk,  gehören  dem  Monzoni-Gebirge  an  i). 

a)  Nordgehänge  des  Monzoni.  An  mehreren  meist  unzu- 
gänglichen Stellen  (die  reichste  unmittelbar  über  der  Alpenhiitte 
im  Val  di  Monzoni)  erscheint  in  blauem  körnigen  Kalk  ölgrüner 
Id.,  welcher  theils  krystallinisch-zellige,  mit  Kalk  innig  durchwach- 
sene Massen  bildet,  theils  in  Krystallen  in  den  letzteren  hinein- 
ragt. (R.) 

b)  Auf  der  nordöstlichen  Seite  der  Spitze  des  Monzoni 
lagert  eine  Bank  von  krystallinisch-stengeligem  mit  blauem  Calcit 
durchwachsenem  Id.  12  —  15'  hoch  und  breit;  wohl  im  Allgemeinen 
einer  der  ergiebigsten  Fundorte.  Farbe  braun,  in's  Gelbliche,  Graue 
und  Grüne.  Krystalle  sind  hier  selten.  (L.) 

c)  Sülle  Palle  auf  den  höchsten  Bergwiesen  des  Süd- 
abhanges, kurzsäulige  oft  vollkommen  ausgebildete,  12  Millim.  hohe, 
durchscheinende,  leberbraune  Kr.  in's  Nelken-  und  Gelblichbraune, 
mit  Fassai't  in  blauem  Calcit  eingewachsen;  oder  in  Hohlräumen 
von  krystallinischen,  porösen  Fassai't -Aggregaten,  aus  welchem  der 
Calcit  oft  schon  vollständig  entfernt  ist.  Der  Fassai't  gewöhnlich  in 
kleinen,  sehr  frischen  Kr.,  während  der  Id.  in  dessen  Nähe  verwit- 
tert und  rauh,  manchmal  an  den  Kanten  wie  geschmolzen  erscheint. 
Derselbe  wird  nicht  selten  von  weissem  Steatit,  in  kleineren  zuge- 
spitzten sechsseitigen  Säulen,  begleitet.  (L.) 

d)Toa\  della  foja  (Südwest-Abhang).  Die  Fundorte  auf  dem 
westlichen  Walle  dieses  Tobeis,  der  ihn  vom  Pesmeda-Thal  scheidet, 
sind  interessant  durch  das  Nebeneinandervorkommen  der  Contact- 
Minerale  des  Syenit  und  des  Hypersthenit,  welche  beide  in  der 
Nähe  anstehen;  neben  Granat  und  Id.  finden  sich  Pleonast,  Fassai't 
und  Brandisit.  (R.)  Der  Id.  erscheint  hier  in  krystallinischen, 
schlackenartigen,  geträuften,  zerfressenen  und  eingesprengten  Pai- 
ien,  mit  blauem  Calcit  und  Steatit  (nach  Pleonast  und  Glimmer), 
eingewachsen  in  dichtem  Fassai't;  olivengrün  in's  Braune.  (L.) 


')  Nach  Liebener    und   V  o  rli  a  user    I.  c.  S.   140,    und    Liebener's     brieflichen 
Mittheilungen  1863  (F,.),  mich  Richthofeo  l.-c.  S.  Ä56.  (li.) 


Kryttallographische  Studien  über  ilen  Idokras.  yö 

e^AllePallerabbiose (Südwest-Abhang).  Auch  hier  treten 
Syenit  und  Hypersthenit,  letzterer  weit  überwiegend,  auf.  (R.)  Über 
25  Mm.  grosse  kurzsäulige,  meist  unvollkommene  und  verdrückte 
Kiy  stalle,  gummiguttgelb,  in's  Zeisig-  und  Olivengrüne')  und  kry- 
stallinische  Partien;  eingewachsen  in  schmutzig  gelblich-weissen 
bis  lichtgrauen  körnigen  Kalkstein,  zuweilen  von  derbem  Pleonast 
begleitet.  Oft» umgibt  Steatit  die  Id. -Kr.  und  erfüllt  auch  ausgefres- 
sene Stellen  in  denselben.  (L.)  R.  Blum  beschreibt  schalig  zu- 
sammengesetzte Kr.  von  aussen  nach  innen  in  Steatit  übergehend 
von  dieser  Localität3). 

f)  Alle  Seile  (Nord-Abhang).  Grüner  Granat,  drusenförmig  in 
einem  krystallinisch-zelligen  Silicatgestein,  welches  die  Grenze  von 
Syenit  und  Kalk  bezeichnet  und  wesentlich  aus  Granat  und  Id. -Masse 
zu  bestehen  scheint;  stets  dicht  von  Calcit  umhüllt.  Gehlenit  erfüllt 
den  Kalk  in  weiterem  Abstände  mit  einer  Uiuahl  von  Krystallen  und 
ist  von  keinem  anderen  Minerale  begleitet.  —  In  der  Nähe  tritt  auf 
Klüften  des  Syenit  häufig  ein  Überzug  von  Epidot,  wahrscheinlich 
als  Product  späterer  Infiltration  auf.  (R.)  3) 

Ungleich  mannigfaltiger  als  der  Eruptivstock  des  Monzoni,  ist 
jener  von  Predazzo  gegliedert.  Dreierlei  Gesteinsmassen  stiegen 
in  kurzer  Zeit  nach  einander  empor,  zuerst  Syenit,  ähnlich  jenem 
von  Monzoni,  dann  Turmalin-Granit  und  endlich  Melaphyr;  später 
folgten  noch  viele  andere  Eruptionen.  Wie  am  Monzoni,  erscheint 
auch  hier  am  Contact  von  Syenit  mit  den  Triaskalken,  der  Id.  nebst 


i)  Var.  „Monzonit",  s.  D  ufrenoy's  Miner.  1836,  III,  p.  617.  . 

2)  Psendomorphosen,   1843,   S.    137. 

3)  Das  Vorkommen  der  Contactproduele  von  Hypersthenit  u.  Kalk  bringt  v.  R  ich  t- 
hofen  in  die  beiden  Abtheilungen: 

A.  In  Drusenriiumen  im  Hypersthenit:  a)  Toal  de  Rizzoni,  mittlerer  Theil  (Süd- 
Abhang)  :  Pyrgom,  einaxiger  Glimmer,  Labradorit,  Titaneisen,  Sphen.  h)  Allochet 
(Südost-Abhang),  der  zweite  tiefere  Fundort,  nach  Liebener,  mit  Malakolith, 
Labradorit  und  Sphen,  seheint  hierher  zu  gehören. 

B.  Ausserhalb  der  Grenze  des  Hypersthenit  im  Kalke  eingewachsen:  aj  Palle 
rabbiose  (s.  oben  e)  :  Fassait,  Brandisit  und  Pleonast.  b)  Alpe  Pesmeda :  Fassait, 
Serpentin  und  Steatit-Pseudomorphosen,  (nach  L.)  dieser  Abtheilung  eigenthiimlieh. 
cj  Toal  della  Foja :  Fassai't,  Pleonast,  Brandisit.  dj  Toal  de  Rizzoni:  Pleonast  in 
Batrachit.  —  Endlich  sind  Fundorte  von  Infiltration« -Mineralien,  A.  auf  Klüften  im 
Syenit;  Allochet : -Quarz,  Epidot,  —  Granat  u.  andere  (?)  ;  Alle  Seile:  Epidot;  Toal 
de  Rizzoni:  Prehnit  (L.),  B.  auf  Klüften  im  Hypersthenit;  Nord-Abhang,  angeblich 
über  der  Sennhütte:  Chabasit. 


96  Ze  p-ha  r  o  v  i  e  h. 

andern  Silicaten  vorzüglich  an  den  gegenüber  liegenden  durch  die 
Thalebene  des  Avisio  getrennten  Abhängen  der  Sforzella  und  des 
Monte  Margola.  Die  ersteren  Fundstellen  ungemein  ergiebig  an 
schönen  grossen  Krystallen  liegen  an  dem  berühmten  steilen  Ab- 
hänge oberhalb  Canzacoli1).  Der  Marmor,  welcher  hier  gebro- 
chen wurde,  sich  aber  nicht  verwendbar  zeigte,  ist  ein  mit  Magnesia- 
hydrat (Brucit)  gemengter  krystallinisch- körniger  Kfllkstein,  unten 
grauer  „Pencatit«  (CaO.CO,  +  MgO.HO),  oberhalb  weisser  „Pre- 
dazzit" (2CaO  .  COo -f  MgO  .  HO),  die  durch  den  aufsteigenden 
Syenit  veränderten,  dolomitischen,  dunkeln  Virgloria-  und  hellen 
Mendolakalke  der  oberen  Trias.  An  der  ganzen  Grenzlinie  gegen 
den  Syenit  erscheint  der  Predazzit  mit  fremdartigen  Substanzen 
imprägnirt,  und  geht  allmählich  durch  ein  festeres  kalkhaltiges  Feld- 
spathgestein  in  typischen  Syenit  über.  Im  Predazzit  sind  vollkommen 
frisch  Granat  und  Id. 3)  beide  von  Calcit  durchdrungen  ausgeschie- 
den. Besonders  letzterer  erscheint  in  ansehnlichen  bis  6J/3  Cm. 
grossen  Kr.  von  dunkel  ölgrüner,  selten  in's  Braune  oder  Gelblichgrüne 
ziehender  Farbe,  einzeln  eingewachsen  oder  in  Drusen  von  einigen 
Kubikfuss  Inhalt.  Auch  Gehlenit  in  den  grössten  bekannten  Krystallen 
kommt  zur  weiteren  Übereinstimmung  mit  dem  Monzoni  hier  vor.  — 
Die  schönsten  Id.  finden  sich  in  der  Höhe,  nächst  der  Grenze,  in 
einer  isolirten,  von  Syenit  umschlossenen  Masse,  die  vielfältig  von 
Sammlern  ausgebeutet  wurde  3). 

Am  Westabhange  des  Monte  Margola  4)  hat  der  Syenit,  von 
zwei  Hypersthenitgängen,  wie  am  Monzoni,  durchsetzt,  die  rothen 
thonigen  Campiler  Schichten  (untere  Trias)  in  ein  grünes  jaspis- 
artiges, unregelmässig  zerklüftetes  Gestein,  und  die  dolomitischen 
Mendola-Kalke  (obere  Trias)  in  Predazzit  verwandelt.  In  Letzterem 
kommen  Id. -Kr.  und  viele  andere  Silicate  meist  nur  als  Verunreini- 
gung des  geschmolzenen  Kalkes  vor;  Contactproducte  von  Hyper- 
sthenit  und  Kalk  sind  hier  nicht  vorhanden. 


i)  Richthofen  I.  c.  S.  274  ff. 

3J   liier  zuerst  von  Boue  beobachtet  (Leonhard,  Miner.  Taschenbuch  1824.   S.  fiOS). 

3)  Gegenüber  von  Mezzavalle  oberhalb  Predazzo  (am  NW. -Abhänge  des  Monte  Mulatto) 
schliesst  der  Syenit  zwei  mächtige  Blöcke  von  körnigem,  prcda/.zitähnlichem  Kalk- 
stein ein,  in  welchem  auf  Klüften  der  fiymnit  vorkommt. 

*)   Richthofen   I.  c.  S.  260. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  vi 

Th.  Kjerulf1)  beobachtete  (1852)  an  der  Nordwand  des 
Monte  Margola  bei  der  Boscampo-Brücke,  Id.,  Gymnit  und  grosse 
Pleonast-Krystalle  in  Schichten  von  feinkörnigem  Marmor,  welche 
durch  einen  Augitporphyrgang,  der  senkrecht  zwischen  dem  Kalk- 
stein und  Syenit  aufgestiegen  ist,  abgeschnitten  wurden.  Letzterer 
selbst  wird  wieder  von  schmalen  Gängen  rothen  Feldspath-Porphyrs 
durchsetzt.  Dre  genannten  Minerale  linden  sich  am  Contact  des 
Angifporphyrs  und  der  Kalksteinschichten  nesterweise  in  den  dichten 
gelblichen  Kalksteinmassen.  —  Derselbe  gelbliche  Kalkstein  (CaC 
mit  wenig Si  u.  AI)  umschliesst  nach  Kj  erulf  an  der  Fundstelle  „alle 
Seile"  am  Monzoni,  Nester  von  Id.,  Granat  und  Gymnit.  Eine  verticale 
Scheidungslinie  trennt  ihn  von  weissem  körnigen  Marmor,  welcher 
Gehienit  von  Calcit  umhüllt,  enthält.  Bechts  von  der  Scheidungslinie 
im  gelblichen  Kalkstein  steht  Melaphyr  an. 

Bezüglich  der  Entstehung  der  Contact- Minerale  stellt  sich 
Bichthofen,  auf  die  Analogie  mit  den  Sommablöcken  hinweisend, 
entschieden  auf  die  Seite  des  reinen  Plutonismus  (I.  c.  S.  254). 

Wie  in  Südtirol  gehört  der  Id.  aus  der 

Woiwodina  (ISanai)  uuil  lii^ara 

einer  Zone  von  Contactgebilden  an,  welche  in  gleicher  Weise  an 
der  Grenze  von  syenitischen  Eruptivmassen  und  Kalksteinen  auftre- 
tend, durch  ihre  Erzführung  besondere  Bedeutung  für  die  Bergbaue 
im  Banat  und  von  Bezbänya  in  Ungarn  erlangen.  Über  die  letzteren 
verdanken  wir  wichtige  Aufschlüsse  den  geologisch-mineralogischen 
Studien  aus  dem  südöstlichen  Ungarn  von  Prof.  K.  Peters3),  welche 
schöne  Arbeit  auch  reich  ist  an  werthvollen  Momenten  für  die 
Lösung  der  genetischen  Fragen  in  anderem  als  dem  obenerwähnten 
Sinne.  Das  Banater  Gebirge  hat  J.  Kuderna tsch  3),  aber  vor- 
herrschend sfratigraphisch,  gründlich  durchforscht. 


i)  Om  Forholderne  veil  Monzoni  og-  Preoazzo  in  Sydtyrol.  Nyt Magazin  för  Natur videns- 
kaberne.  Cliristiania.  IM.  VIII.  S.  134.  Profil  12,  u.  S.  143  Prodi  4.  —  Das  Obige 
verdanke  ich  einer  briefliehen  Mittheilung  Hrn.  Dr.  Th.  Kjerulf's. 

*)  Sitzb.  d.  k.  Akad.  d.  Wissenseh.  in  Wien,  math.-nat.  Cl.  XLIII.  Bd.  1861  (mit  einer 
geogn.  Karle  u.  einer  Profiltafel.)  I.Theil,  S.  384;  XLIV.  Bd.  1861,  II.  Th.  S.  81  (mit 
■1  Tafeln). 

S)  Ebendaselbst  XXIII.  Bd.  1837,  S.  39    (mit   1  Karte  und  4  Profiltafeln),  S.  66  wird 
auch  der  Contact- Verhältnisse  gedacht. 
Sitzb.  (1.  luatliem.-naturvv.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abth.  7 


98  Z  e  p  h  si  r  o  v  i  eh. 

Vollkommene  Analogie  der  geognostischen  Verhältnisse  herrscht 
nach  den  vorliegenden  Untersuchungen  in  diesen  beiden  Gebieten. 
Nach  Peters  ist  derRezbänyaer  Syenit1)  identisch  mit  dem  Banater, 
aber  verschieden  von  jenem  Südtirols.  Nordöstlich  vonPetrösz  kommt 
er  auf  einer  langen,  ihrer  eisenreichen  Contactgebilde  wegen,  höchst 
wichtigen  Strecke,  mit  Liaskalkschichten  in  Berührung,  im  Valle 
sacca  aber  ist  er  als  plumper,  bnchtiger  Stock  in  sehr  junge,  wahr- 
scheinlich die  jüngsten  -Kalkschiehten  des  Gebietes  (Neocomien) 
hineingetrieben.  —  Im  Valle  sacca  (V.  seca,  trockenes  Thal)  sind 
die  Contactgebilde  im  Seitengraben  Poroze  ganuli  als  das  bekannte 
Gemenge  von  Calcit  mit  Grossular,  Id.,  Epidot  und  Tremolith  ent- 
wickelt, während  an  anderen  Stellen  (so  an  der  Emerici-Seheidung) 
in  der  Contactzone  Magnetit  mit  wasserhaltigen  Magnesia-Silicaten 
oderLimonit,  als  wahre  Ausfüllungsmasse,  mit  eingebetteten  Syenit- 
brocken auftreten. 

Kalksilicate  sind  auch  im  Werksthal,  wahrscheinlich  am  Con- 
tacte  eines  grünsteinartigen  Syenitporphyrs  mit  Kalkstein  in  gros- 
sen Massen  vorgekommen.  Speciell  über  den  Id.  sagt  Peters  a.  a. 
0.  S.  129.  „So  innig  verwandt  die  Rezbanyaer  und  Oravitzaer  Con- 
tactgebilde auch  sind,  in  der  quantitativen  Entwicklung  derMineral- 
species  zeigen  sie  doch  wesentliche  Unterschiede.  Der  Id.  im 
Banater  Calcitgestein  so  trefflich  krystallisirt,  tritt  hier  nur  als  ein 
höchst  untergeordneter  Begleiter,  richtiger  gesagt  als  Stellvertreter 
des  Grossular,  nie  in  ausgebildeten  Kr.,  zumeist  nur  derb  in  körnig- 
stengeligen  Aggregaten  auf.  Übrigens  ist  es  wohl  möglich,  dass  er 
früher  besser  entwickelt  vorkam." 

Ein  interessantes  Exemplar  aus  einer  nicht  näher  bekannten 
Stelle  der  Contactzonen  beschreibt  Peters  a.  a.  0.  S.  131.  Grosse 
Individuen  des  gelblich-grünen  Id.  —  von  nicht  mehr  ganz  frischem 
Ansehen,  mit  beträchtlichem  Wassergehalt  —  umschliessen  mit 
deutlich  homoaxen  Theilchen,  Körnchen  von  Calcit  und  Grossular 
und  Blättchen  eines  eigenthümlichen  Glimmers  —  der  Mitgemeng- 
theile  des  Contact  -  Calcitgesteines,  und  wären  somit  in  dem- 
selben  Sinne  als   Perimorphosen  aufzufassen,  wie    die   Calcit  ein- 


')  A.  a.  0.  S.477.  Bin  qutirzhältiges  körniges,  oft  porphyrartig-es  Gemenge  von  Ortho- 
klas, Oligoklas,  Glimmer  und  Ainphibnl. 


Krystallographische  Studien  übet'  den  Mokras.  9{) 

schliessenden   Id.    und  Granaten  von   Cziklova,    vom   Monzoni  und 
von  Predazzo. 

Ausser  diesen  Einschlüssen  ist  es  auch  die  fast  constante  bläu- 
liche  Färbung  des  begleitenden  Caleites,  welche  das  Vorkommen 
des  Id.  an  den  genannten  Localitäten  zu  einem  sehr  ähnlichen 
gestaltet. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  Geschichte  der  Contact- 
bildungen  ist  Prof.  Peters'  Entdeckung  eines  wasserhaltigen  Magnesia- 
horates, des  Szajbelyit  ')>  welches  in  mikroskopischen  Nadelgruppen 
und  rundlichen  linsengrossen  Körnchen  massenhaft  in  einem  Kalk- 
steine aus  den  Contactzonen  von  Rezbänya  ausgeschieden  ist.  Nach 
der  Analogie  heutiger  Vorgänge  (Volterra,  Volcano)  weiset  die 
Borsäure  auf  Wasserdämpfe  hin ,  welche  in  früheren  geologischen 
Perioden  auf  den  Contactklüften  emporgedrungen ,  bei  der  Ausfül- 
lung derselben  eine  wesentliche  Rolle  gespielt  hahen  mögen.  — 
Auch  erscheint  es  sehr  möglich,  dass  wasserhaltige  Thonerde-Kalk- 
oder  Thonerde-Magnesia-Silieate  (wie  das  von  Peters  ßiharit 2) 
genannte  Mineral),  insoferne  sie  an  der  Stelle  der  normalen  Con- 
tactgemenge  vorkommen  und  keinerlei  Spur  eines  secundären  Ur- 
sprunges an  sich  tragen,  wirklich  primäre  Gebilde  seien,  also  das 
erste  Product,  welches  aus  der  Vereinigung  der  heissen  Auslau- 
gungsproducte  des  Kalksteines  und  der  kürzlich  emporgedrungenen 
Eruptivmassen  resultirte.  —  Die  Contactzonen  von  Rezbänya  sind 
auch  insofern  sehr  interessant  —  ich  folge  hier  weiter  den  Worten 
meines  verehrten  Freundes  —  als  sie  anstatt  der  Kalksilicate  in 
manchen  Gegenden  magneteisenreiche  Gemenge  darbieten,  also 
beweisen,  dass  keineswegs  die  Natur  der  einander  berührenden 
Felsarten  die  Art  der  Contactgebilde  allein  bestimmte,  sondern 
dass  dieselbe  vielmehr  von  hinzukommenden  Stoffen  abhängig  war. 
Übrigens  gibt  es  viele  Stellen,  wo  weder  die  einen  noch  die  andern 
vorhanden  und  im  Kalkstein  kaum  Spuren  einer  Metamorphose  zu 
bemerken  sind  3). 

Aus  der  Zone  von  Contactgebilden,  welche  unter  gleichen 
Umständen    wie   bei  Rezbänya   längs   dem    westlichen   Saume   des 


!)  A.  a.  0.  S.  143  u.  XLV1I.  Bd.  S.  347  —  354. 

2)  Ebendaselbst,  XLIV.  Bd.,  S.  132. 

3)  K.  F.  Peters.  Die  Contactgebilde  im  Kalksteingebirge  und  der  gegenwärtige  Stand 
der  ehem.  Geologie.  Schriften  desVer.  z.  Verbreitung  nalurw.  Kenntn.  in  Wien,  1861. 

7  * 


100  Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h. 

Banaler  Gebirgsstockes  auftreten,  ist  mir  Id.  nur  von  Cziklova  bei 
Oravitza  und  Dognacska  bekannt  geworden.  Bei  Cziklova  fand 
ich  ihn  jenseits  des  Temeseher  Gebirges  in  derben  Massen  und  in 
schönen,  zum  Theil  grossen  und  vollständig  ausgebildeten  Kr.,  von 
säuligem  oder  pyramidalem  Habitus,  eingewachsen  in  bläulichem 
Calcit.  An  einer  andern  Stelle  der  gleichen  Scheidung  von  Syenit 
und  Kalkstein,  jedoch  näher  dem  Orte  zu,  auf  dem  Wege  in  das 
Temeseher  Gebirge  fehlt  der  Id.,  dafür  erscheinen  im  blauen  Calcit 
brauner  und  grüner  Granat  nebst  Wollastonit 1).  —  Also  auch  hier 
das  von  Peters  in  Rezbänya  beobachtete  Verhältniss  zwischen 
Granat  und  Id. 

Von  Dognacska  bewahrte  die  Mineraliensammlung  des  Joan- 
neums  in  Graz,  Drusen  von  grossen  Id. -Kr.  auf  gleichartiger  derber 
Masse,  von  blauem  Calcit  begleitet. 

Nach  Kudernatsch3)  sind  bei  Szäszka  einzelne  Frag- 
mente der  ehemaligen  Kalkdecke,  einige  von  kolossaler  Grösse, 
mitten  im  Syenite  in  demselben  eingesenkt,  und  haben  bergmän- 
nische Arbeiten  an  den  Berührungsflächen  der  beiden  Gesteine 
mehrorts  auch  hier  die  charakteristischen  Contactbildungen  nach- 
gewiesen 3). 

ftrystalle  aus  Südtirol  und  dem  Banate. 

Durch  unverkennbare  Analogien  im  Vorkommen  und  weitere 
Übereinstimmung  in  mineralogischen  Merkmalen,  bilden  die  Kr.  vom 
Monzoni  und  von  Predazzo,  dann  jene  von  Cziklova  und  Dognacska 
eine  natürliche  Gruppe. 

Eine  besondere  Oberflächen-Beschaffenheit  scheint  den  Flä- 
chen der  Kr.  von  diesen  Fundstätten,  insbesondere  den  tirolern 
eigenthümlich  zu  sein  —  eine  über  Pyramiden- und  Prismen-Flächen* 
sich  erstreckende  damascirte  oder  landkartenähnliche  Zeichnung, 
hervorgebracht  durch  rinnenartige,  sich  mannigfaltig  verzweigende, 
oder  rundlich  begrenzte  Unterbrechungen  der  obersten,  glatten, 
lamellaren  Kr.-Schichten. 


J)  Zepharovich,  Min.  Lex.  S.  466  u.  473.  —  Kudernatsch  (a.  o.  a.  0.  S.  67) 
gibt  als  Localität  der  Kalksilicate  bei  Cziklova  den  Rücken  Parlavoi  an. 

2)  A.  ...  ii    0.   S.  «7. 

3)  In  Ackner'a  Mineralogie  Siebenbürgens  1855   wird  Aisö-Va'cza  westl.  von  Rörtfs- 
bitnyii  als  Fundort  von  Id.  (mit  Magnetit)  genannt  . 


Rrystallographische  Studien  ülier  den  (dokras.  101 

Dieses,  wie  durch  ätzende  Einwirkungen  veranlasste  Aussehen, 
zeigte  sich  an  dunklen  (braunen)  und  lichten  (gelblich-grünen  bis 
gelben)  Kr.  vom  Monzoni  und  von  Predazzo.  Auch  erwiesen  sich  die 
Prismenflächen  frei  von  der  sonst  allgemeinen,  verticalen  Riefung. 

Die  Kr.  von  le  Palle  am  Monzoni  sind  durch  ihr  Vor- 
kommen mit  Fassait,  so  wie  durch  ihre  leberbraune  Farbe  und 
Gestalt  leicht  kenntlich.  Die  bis  20  Mm.  hohen  Kr.  sind  entweder 
mit  Fassai't-Kr.  in  blauem  Calcit  eingewachsen,  oder  sie  sitzen  in 
Drusen  von  Fassait,  zuweilen  in  Höhlungen  schwammig -löcheriger 
Aggregate  von  Fassai't-Kryställchen,  oft  nur  mit  einer  kleinen  Stelle 
anhaftend  und  allseitig  entwickelt.  Vorzüglich  an  den  eingewachse- 
nen Id. -Kr.  sind  die  Prismen  nur  wenig  ausgedehnt,  zumal  (110), 
welches  oft  als  schmales  horizontales  Leistchen  erscheint,  während 

(100)  als  grosse  Rhombenfläche  die  Mittelecke  der  (111),  die  im 
übrigen  vorwaltend  die  Kr.  begrenzt,  hinwegnimmt.  (001)  ist  ent- 
weder nicht  oder  nur  sehr  wenig  ausgedehnt  vorhanden.  Derart  haben 
diese  Kr.  bei  gleichmässiger  Entwickelung  von  (111)  und  (100) 
einige,  auch  durch  nicht  sehr  auffallende  Winkeldifferenz  gehobene 
Ähnlichkeit  mit  Rhomben-Dodekaedern.  Mohs  hat  schon  einen 
solchen  Kr.  vom  Monzoni  abgebildet  J)  mit  der  Combination  (111). 
(100). (130).  (HO),  in  welcher  für  das  seltene,  nicht  durch  Mes- 
sung bestimmte  (130),  wohl  (120)  anzunehmen  wäre. 

Eine  reichere  Combination  aus  dem  Wiener  Mineralien-Cabinete 
istTaf.  X,  Fig.  58,  abgebildet: 

c(001)  .p(lll) .  Ä(221) .  *(331) .  «(100)  .m(110)  /(120). 
Nur  an  einem  Individuum  fand  ich  die  Kanten  von  (111)  durch 

(101)  schwach  abgestumpft. 

Nicht  sehr  verlässliche  Messungen  an  drei  Krystallen  ergaben: 
pip«  =  74°     5'   15°  n    2  S(p)     2 


pipz   =  SO 

26 

17 

n 

7 

» 

8 

p'm>   =  52 

54 

38 

n 

9 

n 

10 

p'af  =  64 

48 

23 

n 

13 

» 

13 

lfm'  =  23 

26 

— 

n 

3 

„ 

a 

fa'   =  26 

54 

— 

n 

2 

« 

a 

fm  =   18 

5 

— 

» 

2 

» 

a 

i)   Miner.  2.  Aufl.;  If.  Taf.  XVIII.  Fig.  133.  —  Ebenso  von  K  o  h e  1 1    in    Kastner's 
Archiv,  VII.  Bd.  1826,  Taf.  13. 


102  -Z  eph  a  ro  vich. 

aus  welchen,  wie  S.  29  bemerkt,  ein  von  den  Kr.  der  anderen 
untersuchten  Localitäten  bedeutend  abweichendes  Parameter-Ver- 
hältniss  folgen  würde. 

Mit  den  dodekaederähnlichen  Kr.  kommen  an  demselben  Stücke 
zuweilen  kurzsäuligeKr.  vor,  geschlossen  durch  (111)  mit  (001)  und 
(101)  in  sehr  geringer  Ausdehnung,  vielfach  mit  einander  verwachsen, 
auch  in  paralleler  Stellung,  so  dass  gleichzeitig  die  gleichartigen 
Flächen  erglänzen;  die  Zwischenräume  sind  durch  blauen  Calcit 
erfüllt,  der  oft  deutliche  Anäizung  erkennen  lässt. 

Auch  die  an  den  Palle  rabbiose  vorkommenden  Kr.  „Mon- 
zonit(f  *)  sind  hinreichend  charakterisirt  durch  ihre  vorwaltend  gelhe 
Färbung,  so  wie  durch  das  Fehlen  des  blauen  Calcites;  sie  sind  in 
einem  dolomitischen  körnigen  Kalksteine  eingewachsen  und  zuwei- 
len von  Pleonast  begleitet. 

An  grünlich- gelben  oder  hell  gelblich-grünen  Kr.  von  diesem 
Fundorte  fand  ich  das  Prisma  (110),  meist  mit  schmalen,  rissigen 
Flächen,  geschlossen  durch  (111),  mit  schwachen  Abstumpfungen 
von  (001),  (101)  und  (100). 

Die  anderen  oben  genannten  Fundstellen  am  Monzoni  liefern  Id. 
von  verschieden  grüner  Farbe;  fast  überall  erscheint  der  bläuliche 
Calcit  als  ihr  Begleiter.  Von  allen  diesen  Localitäten  sind  unter  der 
Bezeichnung  „Fassathal"  oder  „Monzoni"  häufig  Exemplare  in  den 
Sammlungen  vertreten2).  An  einer  grösseren  Anzahl  solcher,  von 
grünlich-gelber  oder  licht  bigrüner  Farbe  fand  ich  mit  kurzsäuligem 
Habitus  Combinationen  von 

(001),  (111),  (331),  (101),  (HO),  (100) 

mit  vorherrschendem  (111)  und  (110),  an  denen  zuweilen  noch 
(131)  erscheint.  Fig.  59,  Taf.X,  zeigt  einen  solchen  grünlich-gelben 
grossen  Kr.  vom  Monzoni,  eingewachsen  in  blauem  Calcit;  von 
letzterem  waren  zahlreiche  Theilchen  in  der  Kr. -Masse  eingeschlos- 
sen oder  Eindrücke  auf  den  Flächen  bewirkt.  Die  Einschlüsse  haben 
oft  zu  einer  jüngeren  Bildung  von  Calcit,  der  sich  in  Kr.  in  den 
Hohlräumen  ansiedelte,  das  Material  geliefert. 


i)  S.  S.  95,  Anm.  1. 

B)    Abbildungen  von  Kr.  aus  Fassa  inLevy's  All.  XXXIII.   Fig.  7  (cptosma),  Presl's 
AU.  VIII.  Fig.  282,  28b  (Monzoni)  u.  Dufrenoy's  All.  Taf  lö'i,   Fig.  42. 


KrystallographUche  Studien  über  Jen  Idükras.  1  03 

Die  Kr.  von  Canzacoli  bei  Predazzo  sind  dunkel  ölgrün, 
selten  in's  Braune  oder  Grüne  ziehend;  sie  erreichen  zuweilen  eine 
ansehnliche  Grösse ;  bei  theils  säuligem  (Fig.  60),  theils  pyrami- 
dalem Typus  und  sind  einzeln  oder  gruppenweise  im  Predazzit  ein- 
gewachsen. 

Auch  hier  fehlt  nicht  der  blauliche  Calcit,  doch  ist  er  hier 
spärlicher  und  mehr  grau  gefärbt  als  am  Monzoni. 

Zu  Messungen  sind  die  Kr.  der  vorgenannten  Localitat  so  wie 
die  Banater  wenig  geeignet,  da  die  Flächen  ausser  durch  die  er- 
wähnten Vertiefungen  uneben,  meist  auch  rissig  sind.  Die  folgen- 
den wurden  an  einem  halbdurchsichtigen  Bruchstücke  eines  kleineu 
grünlich-gelben  Kr.  vom  Monzoni  ausgeführt. 

p'a'  =  64°  56'    54° 
p'pk  =  50     42     45 

Vertheilt  man  den  Fehler  dieser  Messungen  (p'a  -f-  i/ap'Pk  = 
90°  18'  15")  gleichmässig,  so  ergibt  sich 

p'a'  =  64°  47'   45° 
p'pt  =  50     24     30 

welche  Werthe  zufällig  stimmen  mit  den  aus  einer  grösseren  Anzahl 
von  Messungen  an  braunen  Monzoni-Kr.  erhaltenen. 

Das  speci fische  Gewicht  der  letzteren  fand  ich  durch 

zwei  Wägungen 3  401 

Rammeisberg      3-385  <) 

Mittel 3-393 

eines  hellgelben  Id.  vom  Monzoni     .    .     3*344 
Die  bis  über  25  Mm.  grossen  kurzsäuligen  oder  pyramidalen, 
öl-  oder  zeisiggrünen  Kr.  von  Cziklova  zeigen  Gestalt  und  Ober- 
fläche der  Fassa-Kr.  und  sind  ebenfalls  in  bläulichem  Calcit  ein- 
gewachsen, von  welchem  sie  Theile  umhüllen. 

Fig.  61.  c(001)./>(lll).»«(110).«(100).  Dieselbe  Combi- 
nation  mit  (120)  gab  auch  Haidinger  von  Cziklova  an3). 

Fig.  62.  ^(lll).o(101).a(100);  beiderseits  vollständig  aus- 
gebildeter pyramidaler  Kr.  (Wr.  Min.  Cab.)  ölgrün  mit  38  Mm. 
langen  Mittelkanten,  bemerkenswert!!  durch  den  Mangel  des  Prisma 


i)    Miner.  Chemie.  1SG0,  104. 

2J  Molis.  .Miner.  transl.  by  Haidinger  II,  iö'^i,  :* J4 . 


104  Zepharovich. 

(110).  Schone  Drusen,  fast  vollständig  ausgebildeter  Pyramiden 
(111)  ohne  Abstumpfung  an  Ecken  oder  Kanten,  bewahrt  die  berg- 
akademische Sammlung  in  Leoben. 

An  anderen  Kr.  fand  ich  in  geringer  Ausdehnung  Flächen  von 
(331),  s(131)  u.  f.  (120). 

Spec.  Gewicht    .    .     =3-368  Magnus. 

3-378  Rammeisberg  (hellbraun). 

An  lichtölgrünen  säulenförmigen  Kr.  von  Dognacska  beob- 
achtete ich  Flächen  von  (001),  (111),  (331),  (101),  (131),  (110) 
und  (100). 

An  die  Banater  Localitäten  scbliesse  ich  hier  als  muthmasslich 
von  einer  derselben  stammend,  ein  eigenthümliches  Vorkommen  an, 
welches  Kenngott  beschrieben  i). 

Gelblich-braune  Id. -Kr. :  (111)  mit  äusserst  kleinen  Flächen 
von  (001),  (1U)  l<2>  (112)>  (101)>  (10°)  und  (HO),  ein- 
gewachsen in  gelblich-weissem  mit  Dendriten  gezierten  Milch-Opal 
von  unbekanntem  Fundorte.  Von  den  Pyramidenflächen  zeigte  sich 
(TU)  glatt,  während  (111)  und  (111)  in  der  Richtung  von  (100), 
und  (111)  in  der  Richtung  von  (OlO)  zart  aber  deutlich  gerieft 
waren,  eine  sehr  auffallende  Erscheinung,  die  auf  ein  Zerfallen  der 
(111)  in  drei  Theilformen,  —  aber  in  ganz  anderem  als  im  Sinne 
Breithaupt's  —  zu  deuten  scheint.  Die  Riefung  der  beiden  Nach- 
barflächen (Hl)  und  (Hl)  Hesse  sich  allenfalls  mit  der  an  diesem 
Kr.  ziemlich  deutlich  auftretenden  Spaltbarkeit  nach  {100}  bezie- 
hungsweise der  Anlagerung  der  Krystallelemente  in  dieser  Richtung 
in  Verbindung  bringen,  womit  aber  die  Beschaffenheit  der  beiden 
anderen  Flächen  nicht  vereinbar  wäre.  Man  wird  verleitet,  die  ganze 
Erscheinung  als  eine  zufällige  aufzufassen,  da  aus  der  (111)  ein  ein- 
gesenktes, gleichgestaltetes  Kryställchen  hervorragte,  dessen  sämmt- 
liehe  Pyramidenflächen  aber,  ganz  glatt  keine  Spur  von  Riefung 
erkennen  lassen,  sich  also  identisch  mit  der  einen  (TU)  des  Trä- 
gers erweisen.  Der  Combinations-Typus  des  besprochenen  Kr.  ent- 
spricht vollkommen  jenem  von  C z i k  1  o v a.  —  Von  Dognacska  be- 
wahrt die  Sammlung  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt  in  Wien, 


i)   Sitzb.  d.  Wr.  Ak.  <!.  W.  1834,  XII.  S.  72'». 


Kryslallographische  Studien  über  den   Idokras.  .  105 

aus  der  Viniera  mare-Grube  —  also  zweifellos  aus  dor  Id.  führen- 
den Contactzone  —  einen  Opal,  schmutzig  gelblich-grau  in's  Milch- 
weisse  mit  blauen  Pünktchen  und  Dendriten  ');  Analogien  des  Vor- 
kommens, auf  welche  die  obige  Annahme  sich  stützt. 


Salzburg* 

In  drei  Querthälern  des  Pinzgaues,  welche  die  Hochkette 
der  Tauern  zum  Salza-Thale  entsendet,  im  Rauris-,  Slubach-  und 
im  Hollersbach-Thale  hat  sich  Id.  gezeigt.  Die  Fundorte  in  den 
beiden  letzteren  Thälern  liegen  beinahe  gegenüber  den  Tirolern  im 
Dorfer-  und  Dümmelbachgraben  Pregrattens;  inzwischen  erhebt 
sicli  die  Tauernkette. 

Im  oberen  Rauris- Thale,  unterhalb  der  DiecheI-(T  ür- 
chel-)Wand:  Kr.  im  Quarz  des  Glimmerschiefers3). 

Reich ersberger  Alpe  im  S  tubach  -  Thal  e  ,  derbe, 
dichte,  zum  Theil  schalige  Massen,  mit  flachmuscheligem  oder  split- 
terigem Rruche,  öl-  bis  pistaziengrün,  mit  wenig  rothem  Granat, 
grünlich-grauem  Anthophyllit  (Bronzit?)  und  Amphibol  auf  Lagern 
im  Glimmerschiefer3). — Wahrscheinlich  ist  dieses,  früher  als  Granat 
bestimmte  Vorkommen  dasselbe,  welches  von  Hlasiwetz  analy- 
sirt  (H  —  7,  S,  spec.  Gew.  =  3-378)  4)  und  von  Descloizeaux 
optisch  untersucht  (JI  =  6)  5)  wurde. 

Scharnkahr  im  Hollersbach  -  Thale,  kleine,  acht-  und 
mehrseitige  Säulen,  ohne  Endfläche,  pistaziengrün,  durchscheinend, 
mit  Granat-Kr.  auf  derbem  Granat6). 


i)  Zepharovich,  Min.  Lexikon,  1839,  S.  303. 

a)   C.  Ehrlich,   Über  die  nordostlichen  Alpen.   Linz  1856. 

3)  L.   v.   Köchl.  Üie  Mineralien  des  Herzogthums  Salzburg.  Wien  1859,  S.  87. 

4)  Kenngott,   Übersicht  der  Res.  miner.  Forschungen,  1856 — 57,  S.  115. 

5)  Miner.  I,  1862,  p.  284.  „Une  variele  du  Salzbourg-  en  masse  compacte  schistoi'de,  ä 
cassure  ecailleuse,  translucide,  parait  au  microscope  composee,  d'une  inullitude  de 
petites  ecailles,  agissant  irregulierement  sur  la  lumiere  polarisee." 

ö)  v.  Köchl,  a.  o.  a.  0. 


106  Zepharövich. 

Mähren  i). 

Bei  Blau  da  kleine  Kr.  (001).  (110)  und  längliche  Körner 
von  schmutzig  pistaziengrüner  Farbe.  —  Nedwieditz,  Olschy  und 
Strzitersch,  kleine  Kr.  (001)  .  (111)  .  (110)  .  (100),  ölgrün, 
eingewachsen  in  feinkörnigem  Kalkstein.  —  Popuwek,  Kr.  (001), 
(110)  in  Drusen  und  körnig,  in  grünlichem  körnigem  Quarzit 
(Obergestein  des  Syenites).  —  Längliche  Körner  bei  Wiesen- 
berg eingesprengt  in  FeMspath,  bei  Fröschau  uml  Lugau  im 
Granulit. 

Böhmen. 

In  dem  Burgstallgiaben  nördlich  bei  Haslau  (nordwestlich 
von  Eger)  steht,  anscheinend  lagerförmig  im  Granit,  ein  eigenthüm- 
liches  schieferiges  Gestein  an,  der  „Egeranschiefer",  wesentlich  ein 
klein-  bis  feinkörniges  Gemenge  von  Calcit,  Sahlit,  Grammatit  und 
Glimmer,  in  welchem  Egeran,  gelbbrauner  Granat,  Quarz,  Periklin, 
weisser  bis  wachsgelber  Opal  und  Pyrit,  letzterer  in  geringer  Menge, 
nester-  oder  lagerweise  vorkommen. 

Diese  Schiefer  scheinen  eine  Art  Lagermasse  von  etwa  300 
Klafter  Länge  zwischen  einem  gleichkörnigen  und  einem  porphyr- 
artigen Granit  zu  bilden  und  von  letzterem  durch  feinkörnigen 
Granit  geschieden  zu  werden.  Ob  dieselben  jedoch  einer  selbststän- 
digen Bildung  angehören,  oder  ob  sie  —  wie  es  manche  Umstände, 
mit  Hinblick  auf  andere  Localitäten,  nicht  unwahrscheinlich  machen  — 
als  Liegendschichten  mit  einem,  bei  der  Thalbildung  aber  gänzlich 
fortgeführten  Kalksteinlager  in  näherer  Beziehung  gestanden,  lässt 
sich  gegenwärtig  mit  Gewissheit  nicht  mehr  entscheiden  ~). 

Werner  betrachtete  den  Id.  von  Eger  (Haslau)  als  neues 
Mineral  und  benannte  es  nach  dem  Fundorte.  Monteiro  erkannte 
dasselbe  als  Varietät  des  Id.  und  sandte  davon  Stücke  an  Haüy, 
der  dies  vollkommen  bestätigt  fand  "). 


')  F.  A. K o lenati. Mioer.  Mährensu. österr.  Schlesiens.  Brunn  1834.      Zepharoi  ich. 

Miner.  Lexikon.  S.  466. 
8)  A.  E.  Ken ss.  Abhdl.  d.  geol.  Reichsanst.  1.  S.  26  ff.  —  Jokeiy.  Jahrb.  d.  geolog. 

Reichsanst.  18i>6,  VII.  S.  HU). 
3)   Iliiiiy.  Min.  2.  Kdit.  1822.  II.  p.  551. 


Kiystallographische  Studien  über  den  Idokras.  J  0  i 

Das  Bezeichnende  für  den  Egeran,  der  spater  noch  an  manchen 
anderen  Orten  bekannt  wurde,  ist  das  Erscheinen  langer,  dünner, 
längs  geriefter  und  quer  rissiger  Prismen  in  Aggregaten  von  radial- 
büscheliger  oder  parallel-stengeliger  Textur.  In  diesen  entwickel- 
ten sich  stellenweise  deutlichere  Individuen  mit  (110),  (100), 
(001),  vorwaltend  (110)  zuweilen  noch  ein  oktogonales  Prisma  *), 
äusserst  selten  schmale  Flächen  von  (111)  meist  als  Abrundung  der 
Kante  (HO,  001). 

Die  grösseren  Individuen  zeigen  eine  schalige  Zusammen- 
setzung, welche  sich  durch  innere  Lücken  und  auch  oberflächlich 
durch  Lichfreflexe  auf  den  tieferen  Lagen  bemerkbar  macht.  Farbe 
meist  dunkel  haar-,  gelblich-,  oder  rüthiichbraun,  in's  Leberbraune 
und  Olivengrüne;  zuweilen  erscheint  eine  obere  Lage  zunächst 
(001)  lichter  als  die  übrige  Säule  gefärbt  3). 

Die  Zwischenräume  der  stengeligen  Aggregate  sind  gewöhn- 
lich mit  Periklin,  seltener  mit  Quarz  erfüllt,  welche  die  frei  gebil- 
deten Enden  der  Egeransäulen  umschliessen ,  in  diesen  aber  auch 
als  Einschluss  sich  finden  3).  Einzelne  Id. -Individuen  sind  zuweilen 
in  graulich-weissen  Fettquarz  eingesprengt;  entfernt,  hinterlassen 
dieselben  in  der  sie  dicht  umgebenden  compacten  Quarz-  oderFeld- 
spathmasse  deutlich  läugsgeriefte  Abdrücke.  Nach  Zippe  erschei- 
nen auch  vollkommen  ausgebildete  Individuen  in  körnigem,  mit 
Grammatit  gemengtem  Kalkstein  eingewachsen,  so  dass  sie  an  der 
Begrenzung  gleichsam  mit  einander  verschmolzen  sind  *). 

Die  Egeranprismen  lassen,  wo  sie  mit  dem  Periklin  in  Berüh- 
rung kommen,  eine  nachträglich  erfolgte,  durch  ihre  schalige 
Textur  begünstigte  Zerstörung  nicht  verkennen;  sie  erscheinen 
oberflächlich  gleichsam  in  einzelne  Nadeln  zertheilt,  oder  ange- 
fressen, während  die  in  Quarz  oder  Calcit  eingeschlossenen  unver- 
ändert bleiben  5). 


i)   Ähnlich  Fig-.  279.  Taf.  VIII  in  Presl's  Atlas. 

2)  Nr.  3471.  H.  S.  Nr.  I  im  Wr.  Miner.  Gab. 

s)   E.  Söchting-,  Einschlüsse  von  Mineralien  u.  s.  w.  1860,  97,  nach  R.  Blum. 

4)  Die  Miner.  Böhmens.  Verhandl.  der  Gesellsch.  des  bnhm.  Museums  1841,  S.  43.  > 

Zepharovich.  Miner.  Lexikon,  1859,  S.  466. 
5J  Von  mir  gesammelte  Suite  im  miner.  Museum  der  Universität  Krakau. 


108  Z  e  p  li  a  r  o  v  i  c  h. 

Spec.  Gewicht  3-399  (Mobs);  3.411  (Rammeisberg), 
enthielt  1S4  MgO,  1-32  KO.  ')• 

Im  südlichen  Böhmen  ist  das  Kalksteinlager  im  Urthon- 
scliiefer  von  Kunicek  (nördlich  von  Zahradka,  nordöstlich  von 
Mirotitz)  durch  reichliches  Id. -Vorkommen  bemerkenswert!].  Un- 
mittelbar im  Hangenden  desselben  erscheint  ein  dichtes,  grünlich 
graues  Felsitgestein  mit  körnigem  bis  dichtem  Id.  als  Ausfüllung 
oder  Überzug  in  Klüften;  stellenweise  sind  krystallinische  Partien 
auch  einzelne  mehr  oder  weniger  gut  ausgebildete  Kr.  dem  Ge- 
steine selbst  eingesprengt.  Ebenso  finden  sich  körnige  Id. -Aggre- 
gate zum  Theil  mit  Calcit  gemengt  in  den  obersten  Kalkschichten 
als  Kluftausfüllung.  Die  Bildung  des  Id.  dürfte  hier  nach  Jokely 
mit  der  Zersetzung  des  hangenden  Felsitgesteines  in  einiger  Bezie- 
hung stehen.  Ausser  Id.  enthält  der  Kalkstein  noch  einzelne  Glim- 
merschuppen und  auf  Kluftflächen  einzelne,  meist  in  eine  weiche 
talkartige  Masse  veränderte  Amphibolsäulen  -). 

In  dem  Kalksteinlager  von  Klementinow  bei  Ilorazdiowitz 
(in  dünnschiefrigem  Gneiss)  kommt  nach  Hochstetter  \d.  ein- 
gesprengt vor.  Der  krystallinische  körnige  Kalkstein  wird  häufig 
von  ansehnlichen  Partien  Grammatites  durchzogen  3). 


Baiern  4 ). 

A.  In  den  Ausläufern  des  Frankenwaldes  und  im  Fichtel- 
gebirge.  —  In  Oberfranken:  Wurlitz  (Landgericht  Schüsslitz) 
kleine  grüne  Kr.;  auch  derb,  in's  Dichte  übergehend,  von  verschie- 
denen Farben,  nesterweise  in  Serpentin  (G  u.  H).  —  Wustuben 
in  der  Gegend  von  Baireuth,  Egeran  in  Quarz  (G).  —  Göss- 
weinstein bei  Pottenstein,  Egeran  (B).  —  An  der  neuen  Strasse 
bei  W uns  i edel,  röthlich-braune,   säulenförmige  Kr.,    selten   mit 


i)  Min.  Chem.  736. 

2)  Jahrb.  d.  geolog.  R.  Anst.  lSfiö,  VI.  S.  696. 

3)  A.  a.  0.  S.  486. 

4)  Mineralog.  Verzeichnisse  von  Frd.  Schmidt  (S),  C.  W.  H  ii  m  b  e  I  (fi)  u.  Horn- 
berg(//j  im  Correspondenzblatt  des  Zoolog,  min.  Ver.  /..  Regensb.  Jahrg.  X.  XI. 
XII,  1856—  1858,  und  von  A.  F.  ISesnard  (#):  Miner.  Baierns,  Augsburg  1So4.  — 
G.  Leonhard  (AJ  topogr.  Mineralogie. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  109 

Epidot,  Quarz  und  Albit,  und  zu  Gö  ring  s  reu  th  (Landgericht 
Wunsiedel);  an  beiden  Orten  accessorisch  im  Quarz  eines  dem 
sächsischen  Erlan  ähnlichen  Gesteines,  —  gangförmig  im  Glimmer- 
schiefer und  Gneiss  (H  u.  S).  —  Göpfersgrün  bei  Wunsiedel, 
Egeran;  gut  ausgebildete  Kr.  in  büscheligen  Gruppen,  radiale  Ag- 
gregate. Im  Glimmerschiefer  (S  u.  L).  [Nach  G um  bei  (die 
geog.  Verhältn.  des  Fichtelgebirgos;  Bavaria ,  3.  Bd.)  bilden  der 
Erlan  von  Göringsreuth  u.  s.  w.  und  das  Id.  führende  Gestein  bei 
Göpfersgrün  Lager  im  Thonschiefer.] 

B.  Im  Böhmerwaldgebirge.  —  In  der  Oberpfalz:  Wildenau 
(Landgericht  Tirschenreuth),  Egeran  und  derber  Id.  (B).  —  Am 
Mühlbiihl,  Fuchsberg  bei  P  leistein  (Landgericht  Vohenstrauss) 
Kr.  mit  Quarz;  derber  Id.  zu  Höfen  und  Stöckarn  (B).  —  Süd- 
östlich von  Hauxdorf  bei  Ebendorf  im  Steinbruch,  mit  Quarz  und 
Glimmer,  gangartig;  Gottesacker  bei  Tirschenreuth,  dicht,  derb 
mit  Epidot;  an  beiden  Orten  in  Gneiss  (G).  —  In  Niederbaiern : 
bei  Pfaffenreuth  (Landesgericht  Wegscheid)  säulige  Kr.  mit 
Granat  und  Grammatit  (B). 

Sachsen  *)• 

In  der  Gegend  von  Breit  enbrunn  und  S  chwarze  nbe  rg 
treten  im  Glimmerschiefer  Lagerstätten  (lagerartige  Gänge?)  auf, 
welche  («)  aus  Grünsteinen,  (6)  aus  solchen  in  Begleitung  von  Kalk- 
stein und  Dolomit  oder  (c)  aus  einem  Gemenge  von  Kalkstein  oder 
Dolomit  und  Grünstein,  aus  Erlan,  bestehen,  und  sich  durch  grosse 
Manchfaltigkeit  der  daselbst  einbrechenden  Minerale  —  Magnetit, 
Kassiterit,  Kiese,  Galenit,  Blende,  Kalk-  und  Magnesia-Silicate, 
Quarz,  Calcit  u.  s.  w.  —  darunter  auch  Granat  und  Id.  bemerkbar 
machen.  In  den  erzhaltigen  Grünsteinen  hat  man  Id.  angetroffen, 
in  den  Gruben  bei  Breitenbrunn  («)  —  derb,  dunkel  nelken- 
braun, grobkörnig  in's  Schalige,  mit  Kassiterit,  Magnetit,  Pyrit  und 
Glimmer   —   bei  Wildenau   (6)  —    olivengrün   und  leberbraun, 


i)  Naumann,  Erläuter.  zur  geogn.  Karte  von  Sachsen.  II.  S.  219  ff.  1845.  Strahlstein, 
Kies-,  Erz-  und  Kalklager  von  Rreitenbrunn  und  Schwarzenberg  von  ß.  Cotta.  — 
Freiesleben,  Beiträge  zur  miner.  Kenntniss  von  Sachsen,  1817  (geogn. 
Arbeiten,  V)  u.  Magazin  für  die  Oryktographie  von  Sachsen,  1.  Heft,  1828,  S.26. 


110  Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h, 

derb,  zum  Theil  stengelig  und  krystallisirt  im  Grünstein  —  und  Lei 
Bermsgrün  (6).  Interessant  sind  besonders  die  Gesteine,  welche 
in  der  Grube  Magdeburger  Glück  der  Bermsgrüner  Lagergruppe  l) 
einbrachen  durch  den  grossen  Beichthum  an  verschiedenen  Mine- 
ralien, unter  denen  sich  hohle  und  zum  Theil  schalig  zusammen- 
gesetzte Id. -Kr.  besonders  auszeichnen,  welche  in  ein  kalkarliges 
Gestein  mit  Wollastonit  eingewachsen  sind  und  im  Querhruche  ab- 
wechselnde Kalk-  und  Id.-Binge  zeigen.  Auch  auf  Wellner's  Fund- 
grube ist  öl-  und  olivengrüuer  und  leberbrauner  Id.  in  Kr.  und  derb, 
körnig  und  stengelig,  in  und  mit  Granat  vorgekommen.  —  Ferner 
fand  man  Egeran  in  geringer  Menge  auf  Klüften  im  Erlan-Lager  am 
Hohen  Bade  bei  Grünstäd  tel  3),  und  einen  egeranartigen  Granat 
an  der  Gölzsch  bei  Auerbach  3)  in  fast  dichtem  Grünstein,  wel- 
cher als  Lager  im  Thonschiefer  aufsetzt  und  Nester  von  Quarz, 
derben  und  eingesprengten  Pyrit  enthält  4). 

Grossherzogthum  Hessen. 

Der  körnige  Calcit  von  Auerbach  an  der  Bergslrasse  im 
Odenwald  führt  ausser  den  bekannten  Granat- Perimorphosen 
nebst  den  daselbst  vorkommenden  Pseudomorphosen  von  Epidot 
nach  Granat,  —  Gegenstände,  schon  vielseitiger  interessanter  Erörte- 
rungen von  A.  Knop  5),  Tb.  Scheerer6),  B.  Blum7)  und  0. 
Volger  8)  —  auch  ähnliche  Gebilde  von  Id. 

Nach  C.  Fuchs9)  bildet  der  Kalkstein  ander  bezeichneten 
Stelle  eine  10' — 40'  und  darüber  mächtige  Spaltenausfüllung  von 
beträchtlicherLangserstreckung  zwischen  Syenit  im  Hangenden  und 


i)  Erläuter.  S.  237.  (Vergl.  K.  v.  Leonhard,  Hültenerzeugnisse,  1858,  S.  392.) 
-)  A.  a.  U.  S.  239. 
S)  A.  a.  0.  S.  277. 

4)  Zschorlau  unfern  Schneeberg,  wurde  noch  als  Fundort  angegeben  von  schönen, 
dunkelbraun en  Kr.  mit  Strahlstein,  Limonit,  Magnetit  und  Quai/. ,  im  Glimmer- 
schiefer (G.  Leonhard,  Topogr.  Miner.  1843,293;  R.  Blum,  Oryktogn.  1804,316). 

5)  Leo  uli.   ii.    Br  on  u.  Jahrb.  1858,  33. 

6)  A.  a.  ü.  1859,  51. 

7)  Pseudomorphosen  2.  Nachtrag',  1852,  pag.  11. 

s)  Leonh.  u.   Bronn.  Jahrb.  1858,  393  u.  a.  a.  0.  (s.  d.) 

9)  Der  körnige  Kalk  bei  Auerbach,  Heidelberg  18Ö0.  >  Leonh.  u.  Bronn.  Jahrb. 
1861,  495. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras. 

Schriftgranit  und  Gneiss  im  Liegenden:  von  dem  letzteren  zum 
Calcit  vermittelt  eine  eigenthümliclie  Zone  von  Kalkthon-Siliraten 
den  Übergang  1). 

An  Handstücken  beobachtete  A.  Knop  aufeinander  folgende 
Lagen  in  der  Ordnung:  1.  körniger  Marmor  (Gangausfüllung), 
2.  Calcit,  3.  Wollastonit,  4.  Granatfels,  5.  Schriftgranit  in  Dioiit 
übergehend  und  grobkörnigen  Granit  als  Nebengestein.  Aus  Granat 
und  Epidot  besteht  die  dichte,  zuweilen  körnige  Masse  der  Granat- 
fels-Zone: in  Drusenräumen  erscheinen  daselbst  bis  flintenkugel- 
grosse  Individuen  von  dunkelbraunem  Granat  —  die  Perimorphosen 
nicht  weniger  als  11  verschiedene  Mineralsubstanzen  umschliessend 
—  Krystalle  von  farblosem  Granat  und  bis  2"  lange  Epidot-Prismen. 
Fernere  Bestandteile  des  Granatfelses  sind,  wie  Knop  weiter 
berichtet,  ausser,  die  Hohlräume  erfüllendem  Calcit,  nicht  selten 
eine  lauchgrüne  chloritische  Substanz  in  sechsseitigen  Tafeln  und 
Id.  3).  Dieser  ist  häufig  wegen  Ähnlichkeit  von  Farbe  und  Bruch, 
nicht  vom  Granat  zu  unterscheiden;  mitunter  jedoch  ist  er  dunkler, 
tief  mumien-braun  gefärbt  und  tritt  hie  und  da  auch  wohl  in  Granat- 
drusen krystallisirt  hervor,  (001),  (111),  (221),  (110),  (210), 
(310),  (100).  Bisweilen  zeigen  sich  grosse,  schalig  zusammen- 
gesetzte Individuen,  welche  einen  Kern  von  Calcit,  Diopsid,  Granat. 
Wollastonit  und  Quarz  umschliessen. 

Eine  andere  schwefelgelbe  Id. -Varietät,  ähnlich  jener  von 
Monzoni,  fand  sich  früher  in  ziemlich  grossen  eingewachsenen  Kr.; 
auf  den  Bruchflächen  nicht  selten  cariös  und  in  den  zerfressenen 
Höhlungen  mit  sehr  kleinen  vielflächigen  Kryställchen  besetzt.  Auch 
im  körnigen  Kalk  (obige  Zone  1)  kommt  Id.  in  mangelhaft  aus- 
gebildeten, stark  vertical-gerieften  Kr.  vor. 

Bemerkenswerth  ist  noch  das  Vorkommen  einzelner  Kr.  oder 
Gruppen  weniger  Individuen  von  Molybdänit  im  Granatfels,  nament- 
lich an  der  Bangertshöhe  bei  Hochstätten;    weniger  ausgezeichnet 


l)  Die  graublaue  Färbung  der  Kalksteine  ist  nach  Bischof  organischen  Ursprunges ; 
sie  brennen  sich  weiss.  (Cliem.  Geol.  II.  1018.) 

3)  Nach  G.  Leonhard  sind  die  Kr.  von  Auerbach  jenen  vom  Vesuv  zum  Verwechseln 
ähnlich  (Topogr.  .Min.).  —  Auch  einzelne  gelbliche  Oligoklas-Lamellen  mit  deut- 
licher Riefung  und  Glimmer  wurden  im  Granatfels  von  H.  Fischer  beobachtet, 
wesshalh  ihn  derselbe  als  eine  sehr  granatreiche  Varietät  des  „Kinzigit"  betrachtet. 
Leonh.  u    Bronn.  Jahrb.  1861,641. 


j  1  2  Zepharovich. 

ist  derselbe  auch  auf  den  Granatfels-Zonen  im  Banate  von  Oravicza 
und  Szaszka  bekannt  geworden.  Es  lässt  sich  überhaupt  zwischen 
den  Contactgebilden  von  Auerbach,  und  jenen  des  ßanater  und 
Rezbänyaer  Gebirges  eine  Analogie  nicht  verkennen,  im  mineralogi- 
schem Sinne  hergestellt  durch  das  gemeinschaftliche  Vorkommen  der 
Silicate,  von  Granat  und  Id.  (beide  inPerimorphosen),  Epidot,  Wolla- 
stonit ,  faserigen  Amphibol  -  Varietäten  ,  Apophyllit ,  sämmtlich  in 
und  mit  meist  graublauem  Calcit  und  metallischen  Substanzen,  wie 
Chalkopyrit,  Tetraedrit,  Mispickel,  Pyrit,  Magnetit,  Eisenglanz, 
Hämatit,  Galenit,  Azurit,  Malachit  und  Chrysokolla;  die  letzteren, 
die  metallhaltigen  Minerale,  in  Auerbach  wohl  nur  als  Seltenheiten 
gegenüber  der  reichlichen  Entwickelung  in  den  bezeichneten  wich- 
tigen bergbaulichen  Districten  Österreichs.  Aber  auch  für  weitere 
Verfolgung  der  genannten  Analogie  in  geologischem  Sinne  fehlen 
zum  Theil  wenigstens  nicht  nach  den  über  Auerbach  mitgetheilten 
Verhältnissen  die  Anhaltspunkte. 

Preussen. 

Mit  den  früher  erwähnten  sächsischen  bieten  die  Erzlager- 
stätten von  Kupferberg  und  Rudelstadt  in  Schlesien  —  nach 
Webskys  Darstellung  *)  —  manche  Analogien  dar.  Die  Kupfer- 
erzgänge daselbst  treten  vornehmlich  in  Dioritschiefern  auf,  welche, 
dem  Glimmerschiefergebirge  angehörig,  von  Kalksteinen  und  Dolo- 
miten begleitet  werden.  Ausserhalb  des  eigentlichen  Erzrevieres 
erscheinen  bei  Rothenzechau  und  Alt- Kein  nitz  in  Verbin- 
dung mit  den  Dolomiten,  augitische  Saalband-Bildungen,  aufweichen 
Id.  beobachtet  wurde.  An  letzterem  Orte  tritt  die  Augitmasse,  etwa 
2  Lachter  mächtig  —  zwischen  Dolomit  und  Quarzschiefer  —  auf 
und  wird  von  Calcitgängen  durchzogen,  auf  deren  Seitenflächen  Kr. 
von  Hyazinthgranat,  Ripidolilh  untl  Id.,  zum  Theil  in  bis  zollgrossen 
Individuen  sich  zeigen.  In  der  Mitte  dieses  augitischen  Saalbandes 
erscheint  durch  Übergänge  mit  dem  Nebengesteine  verbunden,  eine 
1 — 2  Zoll  starke  Lage  von  ölgrünem  durchscheinendem  Serpentin, 
welcher  Chrysotilschnüre  und  fein  eingesprengte  Arsenikkies-Kr. 
enthält. 


»)  Zeilschr.  d.  deutschen  geolog.  Ges.  V.  Bd.,  18Ö3,  S.  371$. 


Krystallograpbiscbe  Studien  über  den  Idokras.  llö 

Nach  Klöden  fand  sich  nur  einmal  in  der  Nähe  von  Pots- 
dam ein  innig  verwachsenes  Aggregat  von  Id.-Kr.  als  Geschiebe 
von  9  Zoll  Durchmesser  *)• 

Spanien. 

Nach  älteren  Angaben  zu  San  Lorenz  o  in  der  Provinz 
Segovia,  grünlichgrau  in  vierseitigen  Säulen,  mit  Granat  und 
Magnetit  auf  Gängen  im  Gneiss  2). 

Frankreich» 

Die  Kalksteine  der  Pyrenäen  enthalten  nebst  anderen  acces- 
sorischen  Gemengtheilen  auch  Id.-Kr.  mit  Flächen  von  (001), 
(110),  (100)  und  (Hl)3).  In  der  Umgegend  von  Cauterets 
(Arond.  Argeies)  findet  man  in  dichtem,  grauen  Kalkstein,  grosse 
braune  Granat-Kr.,  welche  einen  deutlich  krystallisirten  Kern  von 
dunkelgrünem  Id.  umgeben.  Beide  Minerale  sind  so  bestimmt  von 
einander  geschieden,  wie  Fluorit  und  Quarz  an  manchen  Exemplaren 
von  Derbyshire  *).  —  Am  Pic  d'Arbizon  (östlich  von  Viella) 
ward  bräunlich-grüner  Id.  in  krystallinischem  Kalkstein  von  Granat 
und  Axinit  begleitet  5).  » 

Irland. 

In  der  Grafschaft  Donegal  (Provinz  Ulster)  sind  Fundorte: 
Derrylvaghan  ,  Aggregate  haarbrauner  geriefter  Prismen  in 
grünlich -weissem  Kalkstein;  Barnes  Gap  be  Kilmacrenan; 
bei  Latte rmacher ward;  Bambeg  bei  Gweedore,  zuweilen 
ziemlich  ausgebildete  Krystalle  (110),  (100),  (001)  —  (210), 
(310),  (111),  (101),  (201)  von  haarbrauner  Farbe  mit  schönen 
Granat-Kr.  in  körnigem  Dolomit6). 


tj   Leo  ah.   u.  Br.  Jahrb.  1834,  417. 

2)  Anales  de   bistoiia  natural,  VI.    >    K.   C.   (a )   u.   G.  L  e  o  n  ii  a  r  d   topogr.    Miner.; 
0)   111,   1809. 

3)  K.  C.   Leonhard.   Oryktognosie,  1826,483. 

4)  Descioizeanx.  Min.  I,  1862,  p.  542. 

5)  Leymerie,  Min.  II,  p.  136. 

6)  Greg-    and    Lettsom,    Mineralogy  of  Great  Britain  and  Ireland,  London    1858, 
l>.  102. 

Sitzb.  d.  matbem.-naturw.  Cl.  XUX.  Bd.  I.  Abth.  8 


\  [  J^.  Zephnrovich. 

Schottland. 

Grafschaft Äberdeen:  Glen  Gairn  in  Kalksteinbrüchen,  (110), 
(100),  (001)  —  (210);  am  Guwn  -  Flusse  »).  —  Auf  der  Insel 
Skye,  anderthalb  Meilen  südlich  vonBroadford  am  Wege  nach 
Kilbride  3). 

Norwegen. 

Über  die  Fundorte  der  schönen,  ihrer  schaligen  Textur  wegen 
oft  genannten  Id. -Kr.  dieses  Landes,  liegen  in  der  Literatur  nur 
spärliche  und  aus  älterer  Zeit  stammende  Nachrichten  vor.  Meinem 
Ansuchen  um  bezügliche  Mittheilnngen  hat  mein  verehrter  Freund, 
Dr.  Th.  Kjerulf  in  Christiania,  in  besonders  dankenswerter 
Weise  auf  das  Bereitwilligste  entsprochen  durch  Übersendung  eines 
reichhaltigen  Manuscriptes  3),  welches  ich  diesem  Abschnitte,  sowie 
der  später  folgenden  Beschreibung  der  Kr.  zu  Grunde  lege. 

Drei  verschiedene  Vorkommen  von  Id.  sind  in  Norwegen  bekannt: 
I.  im  Kirchspiel  Eker  bei  Drammen,  II.  beim  Hofe  Egg  (Eeg, 
Eg)  dicht  bei  Christiansand,  und  III.  der  „Cyprin"  im  Kirchspiel 
Souland  in   Telemarken    und    am   Strömsheien  im  Sätersthal. 

I.  Kirchspiel  Eker,  westlich  vonDrammen:  kleine,  oft  flächen- 
reiche Kr.;  pistaziengrün  bis  oliven-  und  grasgrün. 

Ältere  schriftliche  Notizen  Prof.  Esmark's  über  norwegische 
Fundorte  erwähnen:  Id.  krystallisirt  in  Allochroit  vom  See  Ekern; 
ferner  Id.  und  dichter  Kalkstein.  —  Nach  Prof.  Keilhau  4)  kommt 
stellenweise  als  Seltenheit  Id.  mit  jenen  Contactmineralien  vor,  welche 
an  den  Grenzen  von  Granit  und  Übergangsschiefer  oder  Kalkstein 
erscheinen:  die  häufigeren  Contactgebilde  sind  Granat  oder  Allochroit 
nebst  Epidot.  Keilhau's  Übergangsschichten  gehören  nachKjerulf, 
im  Eker  Kirchspiele,  der  ober-  und  untersüurischen  Formation  an. 
In  der  Nähe  der  grossenGranitmassen  erlitten  dieselben  verschieden- 
artige Veränderungen.  —  Im  Hammer -Fjeld   nahe    am   Ekern-See 


i)  A.  o.  n.  o. 

-)  An  der  Grenze  zwischen  Trapp  u.  K;ilk.  <;.  Leonhnrd.  Topogr.  Miner.  184:i,  292. 

8)   Vom  24.  April  1863. 

*)  (i;ie;i  norvegica.  I.  Theil. 


Krystallographisehe  Studien  über  den  Idokras,  115 

werden  nachTellef  D  ahl's  neueren  Erhebungen,  silurische  Schiefer 
von  Granit  durchsetzt  und  demselben  zunächst  lagern  Id.  und  Granat 
zwischen  den  einzelnen  Schieferschichten;  Calcit  erfüllt  die  freien 
Räume  der  Kr. -Drusen.  Unweit  von  der  Contactfläche  ist  in  den 
Schiefern  ein  4  Fuss  mächtiger  Trapp-Gang  aufgestiegen1). 

Die  Id. -Drusen  erscheinen  entweder  unmittelbar  auf  dem  hell— 
und  schmutzigfarbigen  gehärteten  Schiefer  3)  oder  auf  unbestimmt 
granatartiger  Unterlage  („allochroitisch"  der  älteren  Autoren)  und 
sind  die  nicht  selten  auf  beiden  Breitflächen  eines  Handstückes  auf- 
sitzenden Kr.  zuweilen  von  verschiedenem  Typus.  Als  Begleiter 
erscheinen  gelblich- weisser,  selten  sehr  licht  fleisch-rother  Skapolith 
und  Calcit;  sie  sind  späterer  Bildung,  da  körnige  Partien  des  letz- 
teren, zuweilen  mit  Spuren  von  violblauem  Fluorit,  mit  Id.  bedruste 
Allochroitplatten  überdecken,  oder  mit  Kr.  ausgekleidete  Hohl- 
räume in  derber  Id. -Masse  erfüllen ;  auch  gelblich-weisser,  weicher' 
in  Zersetzung  begriffener  Skapolith  ist  als  Ausfüllung  solcher  klei- 
nerer Höhlungen  zuweilen  zu  beobachten.  Selten  findet  man  äusserst 
kleine,  röthlich-honiggelbe  Granat-Kr.,  =  zOo,  00O,  mOn,  mit  dem 
Id.  verwachsen. 

II.  Egg  bei  Christiansand:  Kr.  mit  ansehnlichen  Dimensionen 
und  ausgezeichnet  schaliger  Textur;  dunkel  grünlich -braun  bis 
kölophonium-braun. 

In  dem  nördlichen  Theile  der  Umgegend  von  Christiansand 
erscheinen  nach  Tb.  Scheerer3)  mitten  im  Gneisse,  Nieren  von 
krystallinisch-grobkörnigem  Kalkstein,  zum  Theil  von  sehr  ansehn- 
lichen Dimensionen,  an  deren  Grenzflächen  gegen  den  Gneiss, 
Granat-  und  Id. -Massen,  als  mehr  weniger  breite  Einfassung  auf- 
treten. Der  marmorartige  Calcit  der  Nieren  ist  fast  durchaus  mit 
zahlreichen  kleinen  Augit-Kr.  erfüllt;  an  einzelnen  Punkten  werden 


i)  Ganz  analog  beobachtete  Kjerulf  neulich  in  der  Umgegend  von  Christiania, 
bräunlichen  Granat  und  grünen  Epidot  in  Krystallen  und  derb,  streifenweise  zwi- 
schen den  Schichten  von  obersilurischem  Kalkstein,  der  in  der  Nähe  der  grossen 
Porphyrgebiete  in  Marmor  verändert  ist.  Die  Silicatstreifen  treten  deutlich  aus  den 
angewitterten  .Marmorschichten  hervor. 

'-)  Am  See  Ekern  wahrscheinlich  der  unteren  silurischen  Abtheilung  angehörig. 
(Kjerulf,  das  Christiania-Silurbecken,  S.  33  u.  47.) 

s)  Nyt  Magazin  för  Naturvidenskaberne,  4.  Bd.  S.  158—  159.  —  Geogn.  mineralog. 
Skizzen,  gesammelt  auf  einer  Reise  an  der  Siidküste  Norwegens.  Leonh.  und 
Dr.  Jahrb.  1843,  S.  664,  Taf.  VII,  Fig.  3. 

8* 


\  \  ß  ZepharoYich. 

dieselben  durch  Kr.  von  Skapolith,  sehr  selten  von  Chondrodit  (?) 
und  Pleonast  verdrängt;  ausserdem  findet  man  noch  im  Calcit  ein 
grünes  feldspathartiges  Mineral,  Magnetit,  Pyrrhotin  und  Molyb- 
dänit.  In  der  Nähe  der  Höfe  Egg  und  Eie  sind  Granat  und  Id. 
in  bedeutenden  Massen  entwickelt,  stellenweise  bis  zur  Verdrän- 
gung des  Calcites.  Nebst  Granat  und  Id.  kommt  an  der  ersteren 
Localität  noch  Skapolith,  Augit  und  Magnetit,  an  der  letzteren  Ska- 
polith und  Sphen  vor. 

Tellef  Da  hl  besuchte  während  der  geologischen  Aufnahme 
Norwegens  im  Jahre  1861  die  Fundstelle  Egg;  nach  seiner  Mit- 
theilung (Manuscript)  ist  das  Vorkommen  daselbst  ein  Analogon 
jener  Ganggesteine  *)  in  der  Gegend  von  Arendal,  welche  beinahe 
ganz  aus  körnigem  Calcit  bestehen.  Beim  Hofe  Egg  erscheinen  in 
den  von  schwebenden  Pegmatit- Gängen  durchzogenen  Gneiss- 
schichten (azoische  Straten),  conform  der  Schichtung  liegend, 
solche  Calcitgänge,  welche  durch  eingestreute  Skapolith-  und  Augit- 
Kr.  eine  Art  Parallelstructur  erhalten  haben.  An  den  Grenzflächen 
von  Calcit  und  Gneiss,  auf  dem  letzteren  aufgewachsen,  lagern 
Granat  und  Id.,  beide  meist  in  inniger  Verwachsung.  Die  derben 
Massen  sind  die  Träger  gleichartiger  grosser  Kr.;  mitunter  erschei- 
nen platte  Stücke  beiderseits  mit  Drusen  besetzt.  Die  Id.  zeigen 
zuweilen  Eindrücke  von  Granaten  ooO  stammend,  Einschlüsse  von 
solchen,  von  späthigem  Calcit  und  von  kleinen  Quarztheilchen;  ferner 
findet  man  Verkittungen  geborstener  Kr.  durch  Quarz-  und  Id.- 
Masse  und  Ausfüllungen  der  Kr. -Zwischenräume  in  den  Drusen 
durch  Quarz. 

Sillem  beschrieb  achtseitige  Id. -Säulen,  welche  ganz  inWer- 
nerit  umgeändert,  aus  mehreren  übereinander  folgenden  Lagen  ge- 
bildet scheinen  und  oberflächlich  mit  einzelnen  deutlichen  Wernerit- 
Kr.  besetzt  waren.  Andere  Kr.  bestehen  aus  einem  Gemenge  von 
Wernerit  und  Granat,  in  welchem  bald  das  eine,  bald  das  andere 
Mineral  vorherrscht  2). 


')  Granat,  \ugil  u,  Caleil  in  sehr  wechselnden  Verhältnissen  gangförmig  (eruptiv)  in 
krystalünischen  Schiefern.  Th.  Kjernlf  u.  Tellef  Dahl:  Über  das  Vorkommen 
der  Eisenerze  bei  Arendnl,  Näs  u.  Kragerö.    Leonh.  u.  Bronn's  Jahrb.  1862,  .'S7.'>. 

;)   Leon  h.  u.  B  r.  Jahrb.  1834,  417. 


Krystallographisehe  Sludien  über  den  Idokras.  117 

III.  Über  das  Vorkommen  des  „Cyprin"  am  Hofe  Kleppan  im 
Kirchspiel  Soul  and,  District  Telemarken,  berichtet  Th.  Sc  hee- 
rer1): Grössere  und  kleinere  Adern  und  Nieren  von  Quarz,  häufig 
in  einem  hornblendereichen  Gneisse,  enthalten  stellenweise  Thulit, 
Cyprin,  gelben  Granat,  violblauen  Fluorit  und  derben  Pistazit.  — 
Vom  Strömsheien  am  Stroms -See  in  Sätersdalen  erhielt  die 
Universitätssammlung  in  Christiania  Exemplare  von  Cyprin  mit 
violetem  Fluorit  und  grauem  Quarz.  Nach  Kjerulf  ist  auch  dort 
Hornblende-Gneiss  die  Gebirgsart  und  stammen  die  Stücke  wahr- 
scheinlich aus  Granitgängen  oder  aus  der  Nähe  derselben. 

Wie  über  das  Vorkommen  enthielten  die  brieflichen  Mitthei- 
lungen Kjerulfs  auch  sehr  werthvolle  Daten  über  krystallogra- 
phiselie Verhältnisse,  welchen  ich  meine  Beobachtungen  an  Exem- 
plaren des  Wiener  mineralogischen  Cabinetes  anschliesse. 

I.  Krystalle  von  Eker.  Kleiner  und  meist  flächenreicher  als 
jene  von  Egg,  unterscheiden  sich  dieselben  von  den  letzteren  auch 
durch  die  minder  hervortretende  schalige  Textur,  sowie  durch  ihre 
grüne  Farbe.  Unterlage  und  Begleiter  sind  oft  an  beiden  Fundorten 
ähnlich.  Die  grössten  Eker  -  Kr.  erreichen  20  Mm.  in  Höhe  und 
Breite;  diese  Dimensionen  sinken  aber  bis  2  Mm.  und  noch  weiter 
herab,  gewöhnlich  sind  sie  breiter  (7  Mm.)  als  hoch  (5  Mm.). 
Farbe:  pistaziengrün,  bis  gras-  und  olivengrün;  oft  erscheint  die 
mittlere  Partie  der  Säulen  von  einem  lichteren,  gelbgrünen  Bande 
durchzogen. 

Beobachtete  Formen: 

((001),  (118),  (113),  (111),  (101),  (132),  (131),  (241),  (131),  (110), 
\    OP        %P        y3P        P         Poo       %PZ      3P3      4P2       5P3        <x>P 

((470),  (120),  (130),  (100). 

\  ooP7/4     coP2      ~P3      coPeo 

Es  lassen  sich  zwei  Krystall-Typen  unterscheiden. 

Hab.  a)  Flächenarme  Krystalle.  Würfelähnliche  oder 
breitsäulige  Formen,  entweder  durch  (001)  allein  oder  durch  (001) 
(111),  (118),  (113)  und  (101)  geschlossen. 


*)   Nyt  Mag-,  f.  Naturv.  4.  Bd.  406. 


118  Z  e  p  h  a  r  o  v  i  c  h. 

In  beiden  Fällen  herrscht  unter  den  Prismen-Flächen  das  ver- 
tical  geriefte  (HO)  vor;  (120)  ist  gewöhnlich  mit  abwechselnd 
breiteren  Flächen  und  das  ungeriefte  (100)  ganz  schmal  ausgebil- 
det. Die  Fig.  63—67  *),  Taf.  XI  geben  ein  Bild  der  Formen  und  der 
Oberfläche  von  (001),  letztere  erinnert  an  die  Kr.  vom  Vesuv. 
(101)  scheint  stets  matt  zu  sein. 

Hab.  b)  Flächen  reiche  Krystalle  mit  den  früher  ge 
nannten  Formen  und  oktogonalen  Pyramiden. 

Fig.  68,  Taf.  XII  ist  nach  einem  Kr.  des  Wiener  Cabinetes 
(Nr.  ~)  entworfen,  dessen  Flächenausbildung  an  dem  oberen  und 
unteren  Pole  die  Fig.  69  und  70  zeigen  2). 

c(001),  3(il3),p(lll),  o(lOl),  tf(24i),  ^(132),  s(131), 
v(151),  w(110),  f>(470),  f(l20),  A(130),  «(100). 

Die  Flächenbeschaffenheit  liess  nur  für  die  Combinations- 
Bestimmung  genügende  Messungen  zu,  insbesondere  war  auf  (001) 
die  Reflexion  undeutlich.  Aus  den  besseren  Daten: 

Gewicht  Gewicht 

p'w!  =  S2°  57'         (2)  p'S'  =  22°  57'     (1) 

p^  =  23      5  %       (1)  nk  =.*6    41       (1) 

i7t8  =  23  .  28  J/3       (3) 

mit  Ausnahme  von_p3,  würde  ein  kleinerer  Werth  als  37°  7'  (Mobs) 
für  pc  folgen. 

Als  neu  wäre  das  Prisma  (470)  =  ooP7/4  zu  bezeichnen,  von 
welchem  eine  dicht  geriefte  Fläche  zwischen  m  und  f  zu  beob- 
achten war.  Ich  fand  annähernd  durch  wiederholte  Messungen: 

Gewicht  Berechnet 

fm'   =  15°  7'  (1)  15°  15'  18" 

ff  =  3  28  (a)  3  10  48 

daraus 

m'f  =   18  50  (1)  18  2G   6 


*)  Fig.  63  u.  64  nacli  Kjerulf's  Handzeichnungen. 

2)  Andere  Zeichnungen  von  Eker-Kr.  gibt  D  ul'reno  y's  Atlas,  1856,  Taf.  1  St,  Fi}»-.  •">.'»: 
ferner  Presl's  Atlas,  Taf.  8,  Fig.  283,  287,  Ü93,  295,  21)7  u.  298.  ( /')  OP,  (i)  '  J\ 
(«)»  .,/'.  (<•)/'.  (p)Foo,  (a)3  .,/';>,,  (,v)  ;;/>;;,  (d)ooP,  f(ooP2,  (A)oo7>3,  (M)coPco. 
Die  Angaben  von  (/)  und  (ii)  dürften  nichl  auf  Messungen  lieruhen. 


Krystallographische  Studien  über  den  [dokras.  119 

ferner  für  die  seltene  Fläche  (130)  =  ooP3,  hier  ebenfalls  einmal 
äusserst  schmal  und  glatt  auftretend: 

Gewicht  Berechuet 

h'f  =     7°  43'  (a)  8°     7'    48" 

h'a  =  18     38%       («)  18     2G       6 

Andere  Flächen  von  f=  (120)  ergaben  ebenfalls  wie  die  oben 
bezeichneten,  grössere  Abweichungen  von  der  normalen  Lage,  so 

/>3  =  17°  49'     (1)  fba3  =  26°  38% '     (3) 

fctn,  =  18     50       (1)  f7f8  =  52    48%       (1) 

Als  Mittel  der  Messungen  mehrerer  Kanten  eines  ähnlichen 
Kr.  wie  der  oben  besprochene,  fanden  Kjerulf  und  Irgens  mit 
einem  gewöhnlichen  Wollaston'schen  Goniometer  bei  Tageslicht: 

n  Grenzwerthe 

pc  =  36°  56'     12  36°  48  —  37°  IS' 

pp  =  74      8       10  73     40  —  74     20 


daraus   pc  =  37    —      22 

ic  =  40     18'       3  sc  =  58     58 1/3       2  (a) 

n 

pS  =  22°  36  V3'    T 

welche  Werthe  (ausgenommen  ic)  ebenfalls  zu  dem  von  mir  oben 
angegebenen  Ergebnisse  führen. 

An  einem  zweiten  Kr.  ergab  sich  aus  sechs  Messungen  pp  == 
74°  8'  (mit  den  Grenzwerthen  74°  0'  —  74°  14')  oder  pc  =  37°  4'. 

Ferner  bestimmte  Kjerulf  durch  Messung  eines  dritten,  5  Mm. 
breiten  und  3  Mm.  hohen  Kryst. 
c(001),  $(m),  p(iii),  (101),  (132),  (131),  m(110),  (100) 


n 

Grenzwerthe 

pc  =  36°  42' 

10 

36°  25'  —37°     5' 

pp  =  73     27 

10 

37     10    —73     35 

daraus     pc  =  36°  42%'  20 

Es  war  mir  sehr  erwünscht,  denselben  Kr.,  der  einen  so  auf- 
fallend geringen  Werth  der  Kante  pc  ergab,  auch  selbst  unter- 
suchen zu  können.  Obgleich  glatt,  Hessen  sich  doch  auf  den  Flächen 
freie,  die  Ebenheit  störende  Bruchlinien  erkennen;  nur  oben  zum 
Theil  vollständig  ausgebildet,  erschienen  durch  seitliche  Verwach- 
sung in  der  Druse  gehindert,  von  den  Prismen  nur  ein  paar  kleine 


120  Zepharovich. 

Flächentheile;  aus  diesen  beiden  Umstanden  konnte  schon  auf  die 
Winkel-Anomalien  geschlossen  werden. 

Die  Ergebnisse  der  Messungen  mit  meinem  vollkommenen  In- 
strumente sind  für  die  drei  vorhandenen  Flächen  von  (111) 

Gewicht  Gewicht 

p'c  =  37°  6'  22"  (1)  p'"c  =   36°  30'  52"  (2) 

p'm'  =   52  43  45  (1)  p'"m'"  =   53  24  45   (1) 

89°  50'  7"  89°  55'  37" 

p"c  =  36  58  37  (2) 

Zwei  (Ill)-Flächen,  und  (001),  letzteres  unsicher,  gaben  das 
Fadenkreuz;  reducirt  man  die  pm  auf  pc,  so  ergibt  sich  aus  den 
vorstehenden  fünf  Messungen   mit  Rücksicht  auf  die  Gewichte,  als 

Mittel 

pc  =  36°  50'    58", 

von  dem  obigen  Werthe  Kjerulfs  um  circa  8  Minuten  abwei- 
chend, welche  Differenz  zum  grossen  Theil  auf  Rechnung  der  ver- 
schiedenen Güte  der  beiden  Instrumente  zu  setzen  ist.  Mittelst  drei 
annähernden  Messungen  fand  ich  ferner 

5c  =  14°  6'. 

Die  Krystalle  der  beiden  Typen,  von  Skapolith  undCalcit  begleitet, 
sind  entweder  auf  verändertem  silurischen  Schiefer  oder  granatartiger 
Masse  aufgewachsen;  kommen  beide,  wie  bereits  erwähnt,  an  einein 
Handstücke  yor,  so  sind  jene  vom  Typus  a  weniger  glänzend  im 
Vergleiche  zu  b. 

Zwei  Bestimmungen  ergaben  das  speci fische  Gewicht 
=  3*451.  Rammeisberg  fand  am  Id.  von  Hongsund  im  Kirch- 
spiele Eker  das  spec.  Gewicht  3-384  l). 


II.  Rrystalle  voii  Egg.  Vor  beiläufig  40  Jahren  brachte  der 
Kopenhagener  Mineralienhändler  Nepperschmidt  die  anfänglich 
für  Epidot  gehaltenen  Kr.  nach  Deutschland,  wo  sie  alsbald  durch 
ihre  ungewöhnliche  Grösse  und  ausgezeichnet  schalige  Textur  die 
Aufmerksamkeit  der  Mineralogen  auf  sich  lenkten. 


i)  Mineralchemie,  lbCl).  734. 


Krystallographische  Studien  über  den  [dokras.  121 

Weiss  •)  gab  1829  eine  genaue  Beschreibung  der  Egg.- Kr., 
welche  durch  die  Bekanntmachung  der  an  denselben  auftretenden, 
damals  neuen  oktogonalen  Pyramiden  (132)  =  3/2PS  ~)  besondere 
Wichtigkeit  erhalt.  Weiss  schliesst  seine  Abhandlung  über  diese 
Kr.,  welche  bezüglich  ihrer  Schalentextur  vollkommene  Seitenslücke 
zu  den  grossen  Epidot-Kr.  von  Arendal  und  den  Wolframiten  von 
Altenberg  liefern,  mit  den  Worten:  „Was  sich  schon  aus  der  dick- 
schaligen Structur  der  Yesuvian-Kr.  vermuthen  lässt,  die  Analogie 
in  der  Lagerstätte  derselben  und  jener  von  Arendal,  wird  sich  ver- 
muthlich  immer  mehr  bestätigen,  und  schon  gehören  die  Skapolithe 
und  die  völlig  kalkspathartigen,  grobkörnigen  Kalksteine  von  Egg, 
zu  den  Belegen  dieser  Analogie".  In  der  That  haben  die  neuesten 
geognostischen  Untersuchungen  Tellef  Dahl's  (s.S.  116)  die  Ähn- 
lichkeit der  beiden  mineralreichen  Lagerstätten  erwiesen.  Aber  der 
in  Egg  so  häufige  Id.  fehlt  nach  den  norwegischen  Berichten  3) 
in  Arendal.  G.  Leonhard4)  sah  Kr.  von  Arendal  in  einer  Ber- 
liner mineralogischen  Sammlung  —  dieselben  stimmen  nach  der 
Beschreibung  vollkommen  mit  jenen  von  Egg  überein  —  und  nennt 
Arendal  als  Fundort  .in  seinem  trefflichen  Handwörterbuche  der 
topographischen  Mineralogie  5).  Wahrscheinlich  beruhen  diese  An- 
gaben auf  einer  Verwechslung  der  Fundorte,  bei  der  Ähnlichkeit 
des  Vorkommens  leicht  möglich. 


*■)  Über  den  Vesuvian  von  Egg'  bei  Christiansand.  Verhandlungen  der  naturforschenden 
Freunde  zu  Berlin  I.  Bd.  4.  Stück,  S.  261.  Vergl.  auch  L  eo  u  ha  rd's  Taschenbuch 
1826.  1.  467. 

3)  Die  neue  Pyramide  (a  :  '/3a  :  «/gc)  mit  den  Polkanten -Winkeln  23°  30'  u.  33°  30', 
und  (a  :  i/3a  :  i/2c)  :  (a '■  a '■  c)  =  16°  45',  beobachtete  Weiss  auch  an  Krystallen 
vom  Vesuv  ;  ferner  sagt  eine  Anmerkung,  dass  ihm  ausserdem  («  :  a  :  3c)  vorge- 
kommen sei.  —  Diese  beiden  Formen  scheinen  aber,  —  falls  sie  Weiss  nicht 
schon  früher  als  a.  a.  0.  mittheilte  (cü.  in  Leo  n  hard's  Taschenbuch)  schon  be- 
kannt gewesen  zu  sein.  Philipps,  Mineralogy.  1.  Aufl.  1823,  enthält  Messungen, 
welche  er  an  (132)  u.  (331)  vorgenommen  hatte  (s.  S.  38). 

3)  Hausmann.  Reise  durch  Scandinavien  in  den  Jahren  1806  u.  1807.  II.  Th.  S.  143 
bis  150. —  Th.  Kj  e  r  u  If  und  Te  lief  Dah  I.  Die  Mineralien  von  Arendal,  Trede- 
strand,  Kragerö  und  Langen"  nach  ihrem  geologischen  Vorkommen  geordnet. 
(Leonh.  u.  Bronn.  Jahrb.  1S62,  580.)  —  Th.  Scheerer.  Reise  au  der  Siidkiiste 
Norwegens.  (Leonh.  u.  B  r.  Jahrb.  1S43,  S.  648— 660.)  —  Weybie.  Beiträge 
zur  topogr.  Mineralogie  des  pistrictes  Arendal.  (Leonh.  u.  Bronn.  Jahrb.  1849. 
S.  559.) 

4)  Leonh.  u.  Br.  Jahrb.   1841,  8.75. 

5)  1843,  S.  292. 


J  *>  2  Z  e  p  h  a  ro  v  i  c  h. 

Nach  Weiss  sollen  die  Kr.  von  Egg  bis  über  einen  halben 
Fuss  Höhe  erreichen  und  sind  dieselben  gewöhnlich  mehrere 
Zolle  hoch  und  breit.  Das  grösste  Exemplar  der  Universität  Chri- 
stiania  misst  9  Cm.  in  der  Höhe  und  7  Cm.  in  der  Breite,  die 
kleinsten  sind  ungefähr  1  Cm.  breit.  Die  meisten  zeigen  die 
bekannte  schalige  Zusammenfügimg  und  zwar  parallel  den  Säulen- 
flächen  und  der  Basis  an  ein-  und  aufgewachsenen  Kr.  des  Wiener 
Cubinetes  folgen  sich  die  einzelnen  Schalen  gleich  den  Gläsern 
eines  Einsatzes,  und  wurde  durch  Ablösung  der  obersten  Lagen 
ein  kleinerer  glattflächiger  Kr.  im  Innern  enthüllt.  An  abgebro- 
chenen Kr.  zeigt  sich  die  schalige  Fügung  besonders  deutlich; 
die  gegenseitige  Verwachsung  der  einzelnen  Schichten  ist  mehr 
weniger  innig.  Zuweilen  zeigen  sich  zwischen  denselben  kurze 
Hohlräume  oder  poröse  Stellen,  die  dann  auch  im  Äussern  auf  der 
Endflache  in  regelmässiger  Anordnung  sichtbar  werden. 

G.  Leonbard  fand  die  Kernform  häufig  von  Schalen  mit 
abgeleiteten  Formen  umgeben,  welche  um  so  glanzloser  und  rauher 
wurden,  je  mehr  sie  sich  der  äusseren  Rinde  näherten.  Nebst  diesen 
Zeichen  chemischer  Einwirkung  tragen  fast  alle  Kr.  in  ihrer  zer- 
borstenen rissigen  Oberfläche  deutliche  Spuren  erlittener  mecha- 
nischer Gewalt.  Manche  wurden  breit  zerklüftet,  und  später  wieder 
durch  Id.-  oder  Quarzmasse  verkittet.  An  den  dunkelgrünlich-  bis 
kolophoniumbraunen  undurchsichtigen  Kr.  zeigen  sich  nicht  selten 
von  den  tieferen  Schichten  oder  Sprüngen  her,  hell  leuchtende, 
rothe,  gelbe  oder  grüne  Reflexe  in  Flecken,  Adern  oder  Pünktchen. 

Eine  grosse  Zahl  von  Flächen  ist  nur  in  der  Prismen-Zone 
entwickelt,  denn  häufig  werden  die  vier-  oder  achtseitigen  Säulen 
durch  Abstumpfung  oder  Zuscbärfung  der  Kanten  unbestimmt  viel- 
seitig; dieselben  gehen  über  in  vollkommen  cylindriscbe  Formen. 
Dagegen  sind  die  Prismen  meist  nur  durch  eine  Fläche,  (011),  ge- 
schlossen; zuweilen  treten  noch  in  sehr  ungleicher  Ausdehnung  die 
Flächen  von  (111)  hinzu;  andere  untergeordnete  Flächen  sind 
seltener. 

Nachgewiesen  wurden: 

c(001),  p(iii),  o(101),  *(132),  m(ilO),  f(t20),  «(100). 

Zu  Messungen  mit  dem  Reflexionsgonioineter  sind  diese  Kr. 
nicht  geeignet. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  12o 

Weiss  hat  an  einer  Combination :  (001),  (111),  (132), 
(101),  (120),  (100),  (a.  a.  Taf.  X)  die  Indices  der  Fläche  (132) 
berechnet  aus  den  Messungen 

ic  =  40°  12'  ip  =  16°  45' 

fä  =  23     30  f^  =  33     30 

Die  Endfläche  ist  meist  glatt  aber  gewöhnlieh  rissig,  verzogen, 
oder  eingeknickt.  Nur  selten  und  spärlich  trägt  sie  quadratische 
oder  rundliche,  lamellar  aufgeschichtete  Blättchen,  oder  ist  parallel 
zur  (HO)-Kante  mit  zarten  Linien  eingefasst.  Die  ebenfalls  rissigen 
Prismen-Flächen  sind  vertical  gerieft,  (110)  weit  dichter  als  (100), 
auf  ersterem  schneiden  die  kantigen  Furchen  oft  tief  ein  (Fig.  71). 
Eine  eigentümliche  Riefnng  auf  (100)  parallel  der  Kante,  mit 
der  einen  anstossenden  Fläche  von  (Hl)  wurde  von  Kjerulf 
beobachtet. 

Nach  Weiss  entsprechen  die  derben  Id. -Varietäten  von  Egg 
auf  das  Vollkommenste  dem  Egeran  von  Haslau  sowohl  in  Farbe  als 
in  der  charakteristischen  geradstengeligen  Textur. 
Spec.  Gewicht  =   3436  i). 


III.  Von  der  ihres  Kupfergehaltes  wegen  Cyprin  genannten 
himmelblauen  bis  spangrünen  Id.  -  Varietät 2)  sind  vollständige  und 
gut  ausgebildete  Kr.  selten  zu  sehen.  Jene  aus  Souland  zeigen 
vertical  geriefte  einfache  Säulen  von  himmelblauer  Farbe:  (001), 
(HO),  (100)  bis  13  Mm.  hoch  und  8  Mm.  breit,  welche  häufig 
mit  einander  gleich  gerichtet,  seitlich  verwachsen  sind  und  dann 
bei  geringer  Breitendiinension  tief  furchige  Bündel -Aggregate 
bilden.  Schalige  Textur  ist  nicht  vorhanden.  Auf  der  feuchtglän- 
zenden (001)  bemerkt  man  die  bekannte  Parkettirung  durch  zahl- 
lose quadratische  Blättchen.  Das  schwachgeriefte,  stark  glasglän- 
zende (110)  ist  nach  Kjerulf  mit  unregelmässigen,  meist  tropfen- 
förmigen Conturen  gezeichnet;  derselbe  beobachtete  auch  an  einem 
circa  9  Millim.  hohen  und  2  Millim.  breiten  Kr.  die  auffallende,  in 
Fig.  72,  Taf.  XII  dargestellte  Riefung,  diagonal  auf  (HO)  und 
horizontal  auf  (100). 


J)  Rammelsii  erg.  Mineralchemie,  1860,  735. 

f-)  Stark  doppelt  strahlenbrechend  nach  Descloizeaux,  Miner.  1862,  I.  283. 


124  Zepharovich. 

Die  Cyprine  kleiden  mit  Thulit,  Granat,  Fluorit  und  Epidot, 
Hohlräume  in  rauchgrauem  körnigen  oder  dichten  Quarze  aus  und 
schliessen  zuweilen  Fluorit-Theilchen  ein. 

In    Strömsheien    kommen    nur    stengelige   Individuen   (bis 
20  Mm.  lang  und   10  Mm.  breit)  von  himmelblauer  bis  spangrüner 
Farbe,  von  violetem  Fluorit  begleitet,  in  grauem  Quarze  vor. 
Spec.  Gewicht  des  Cyprin  =  3-228  *)• 

Schweden. 

Gökum  eine  Meile  südwestlich,  von  den  Üanemora-Gruben  in 
Upland:  die  (21/aprocent.)  magnesiahältige  Varietät  „Loboit"-), 
in  weissgrauem  körnigen  Kalkstein.  Vier-  oder  achtseitige,  meist 
längsgeriefte  und  querrissige  Prismen,  bisweilen  durch  eine  glän- 
zende ebene  Endfläche,  äusserst  selten  durch  Pyramiden  geschlos- 
sen, stets  seitlich  zu  Aggregaten  verwachsen;  dunkel  olivengrün, 
an  den  dünnsten  Kanten  durchscheinend. 

Nach  Blöde  ist  der  Loboit  zum  Egeran  zu  rechnen.  Der 
Kalkstein  enthält  ferner  weissen  feinstrahligen  Wollastonit  und 
Allochroit 3). 

Spec.  Gewicht  =  3-393  (Murray). 

Lindbo  am  Billsjö-See  in  Westmannland  (Vestanfors- 
Kirchspiel):  achtseitige  Id. -Prismen  in  weissgrauem  körnigen  Kalk- 
stein, welcher  ausserdem  Kaneelstein,  hellbraunen,  brandgelben 
und  schwarzen  Granat,  Amphibol,  Skapolith,  Augit,  Glimmer,  Quarz, 
Magnetit  und  Molybdänit  führt 4). 

Fahlun  in  Dalarne.  Kurze  nadelförmige  starkglänzende 
Kryställchen  (HO),  (100),  dunkel  olivengrün,  durchscheinend  mit 
(und  zum  Theil  in)  braunem  Fahlunit  eingewachsen  in  graulich- 
grünem  Talkschiefer  5).  —  Von  Tunaberg  in  Södermanland 
hat  Rammeisberg  einen  grünlich  braunschwarzen  Id.  mit  dem 

spec.  Gewicht  =  3383 
analysirt  6). 


')  Nach  Kichardson  in  Thomson's  Miner.  I.  >  Dufrenoy's  Miner.  1886,111,  |>.  162. 

2)  Von  Berzelius  nach  J.  v.  L  o  h  o,  der  sie  beschrieben,  benannt. 

:;)   W.   II  isi  nger's    miner.    Geogr.    von    Schweden.    1.    Aufl.    v.   K.  A.   Blöde    1819 , 

S.  168  u.  39S;  2.  Aufl.  von  F.  Wöhler,   1826.  S    109. 
*)  II  isi  nger's  miner.  Geographie,  v.  Wöhler,  S.  146;  v.  Blöde,  S.  126,  390,  ,'iU. 

5)  Kenngott,  miner.  Notizen,  Ber.  der  Wr.  Akad.  d.  Wissenseh.  1858,  XV,  234. 

6)  Miner.  Chem.,  1860,  735. 


Krystallograpliische  Studien  über  den  Idokras.  1  Zo 

Russland. 

N.  v.  Kokscharow's  Materialien  zur  Mineralogie  Russlands 
enthalten  im  i.  Bande,  S.  92 — 140,  eine  ausführliche  Monographie 
der  russischen  Idokrase,  auf  welche  werthvolle  krystallograpliische 
Arbeit  schon  wiederholt  hingewiesen  wurde ;  hier  sollen  aus  der- 
selben noch  die  Angaben  folgen,  welche  sich  auf  die  einzelnen 
Localitäten  beziehen.  Solche  sind  bekannt:  I.  in  den  Kirchspielen 
Imbilax,  Mäntzälä,  Kimito  und  Bjerno  in  Finnland; 
II.  im  Slatouster  und  Katharinenburger  Bergrevier  des 
Uralgebirges,  und  III.  am  Wilui- Flusse  in  der  Jakutsker 
Oblast  im  östlichen  Sibirien. 

An  den  Kr.  bestimmte  Kokscharow  die  Formen: 

((001),  (113),  (111),  (221),  (331),  (101),  (201),  (121),  (133),  (AAQ, 
\     0P        i/sP        P         2P         SP        Pco       2Poo       2P2         P3         Pn 

'        P  ich  t  o  u  z  x  h 

(132),  (131),  (hhV),  (HO),  (120),  (100). 
%P3       3P3      mPm      c*P      <x>P2     <x>P<%> 

a  s  (m  >  3 )  d  M 

n.  m.  w.  k. 

I.  Finnland. 

Fast  alle  oben  angegebenen  Kirchspiele  liefern  die  über 
10  Procent  magnesiahältige  Varietät  den  „Frugardit";  in  Mäntzälä 
kommt  aber  auch  noch  der  kali-,  natron-  und  magnesiahältige 
„Jewreinowit"  vor.  Vorzügliche  Frugardit-Kr.  stammen  von 
Frugard  im  Kreise  Nyland  l)  und  aus  dem  Marmorbruche  Ho- 
ponsuo  in  Imbilax:  (110).  (100)  mit  (001). (111)  oder  (001). 
(111:001)  =  37°  15" 

Die  Kanten  wenig  abgerundet;  (HO)  hell  olivengrün,  (001) 
dunkel  bis  schwarzbraun.  Beim  Zerschlagen  grösserer  Stücke  ge- 
wahrt man  krystallinische  Flächen,  selbst  vollkommen  ausgebildete 
Krystalle. 

Spec.  Gewicht  =  3-349. 

Der  Jewreinowit  erscheint  in  kleinen  stengeligen  Par- 
tien mit  zwischengelagerten  Kr.,  hellbraun,  zuweilen  auch  farblos 


!)  Von  hier  bewahrt  das  Wr.  Miner.  ('ab.  feinslengelige ,  dem  „Egeran"  ähnliehe 
Aggregate.  Einen  bräunlich-grünen  undurchsichtigen  grossen  Kr.  OP,  o«P,  ogPI, 
°°i>no  aus  Finnland  mit  Roman/.owit  vorkommend,  hat  Levy  abgebildet,  Atlas 
XXXIII,  Fig.  3,  auch  Dufrenoy,  Atlas,  pl  151,  fy  32. 


"126  Zepharovicli. 

in  grobkörnigem  Marmor.  —  Arppe  analysirte  einen  Jewreinowit 
von  Frugard  von  hellblauer  Farbe  und  spee.  Gewicht  =  3-386. 
Derselbe  fand  auch  braunen  Id.  (sp.  Gew.  =  3-37)  mit  4*32 Magnesia 
(1-06  Zinnoxyd)  mit  Granaten,  krystallinisch  und  in  Kr.-Fragmenten 
bei  Lupikko,  unweit  von  Pitkäranta  bei  Schürfarbeiten,  welche 
ausser  grösserer  Menge  von  Chalkopyrit  und  Blende,  noch  Magnetit, 
Arsenikkies,  Fluorit,  Calcit,  Serpentin.  Pyroxen  und  ein  dem  Metaxit 
sehr  ähnliches  Mineral  „Metaxoit"  lieferten  1)> 

II.  Uralgebirge. 

1.  Grube  Achmatowsk  im  Nasjamsker  Gebirge  (Di- 
strict  Slatoust).  An  den  Berührungsstellen  von  Calcitgängen  und 
Chloritschiefer  erscheinen  schöne  Kr.  im  Calcit  eingewachsen  oder 
Hohlräume  des  Schiefers  auskleidend.  Es  lassen  sich  vier  Kr.- 
Varietäten  unterscheiden : 

A.  Prismatische  Krystalle. 

a)  Licht  pistaziengrün,  zuweilen  oberflächlich  dunkelbräunlich- 
grün,  an  den  Kanten  durchscheinend,  bis  40  Mm.  hoch,  mit  Flächen 
von  (001),  (111),  (331),  (132),  (131),  (110),  (120),  (100). 
Fig.  2,  7,  83);  in  den  Combinationen  vorherrschend  (001)  u.  (HO), 
Fig.  2,  oder  (331)  und  (110),  Fig.  7  und  8;  (HO)  fein  verlical, 
gerieft,  die  übrigen  Flächen  glatt  und  glänzend. 

(111):  (111)  =  50°  39'.  Spec.  Gew.  =  3-354  K. 

b)  Dunkelbraune,  ziemlich  grosse  Kr.  (bis  30  Mm.  und  mehr 
im  Durchmesser)  Fig.  4:  (001)*. (111). (HO)*. (120). (100). 

B.  Pyramidale  Krystalle. 

c)  Dunkel  pistaziengrün  in's  Olivengrüne,  halb  durchsichtig  bis 
durchscheinend;  kleine,  höchstens  10  Mm.  breite  Kr.,  pyramidal 
oder  tafelig,  je  nachdem  (111)  und  (101)  oder  (001)  vorwalten; 
die  Prismen  sind  untergeordnet  oder  fehlen  gänzlich. 

(001). (111)  .  (331). (101).  (201)  .  (132)  .  (131). (1 10). (100). 
Fig.  9,  10,  11,  12 2),  die  Flächen  von  (111)  undeutlich  spiegelnd. 
Spec.  Gewicht  =  3400  K. 


i)  Verhandl.  der  k.  Ges.  f.  Min.  zu  Petersburg,  1862,  S.  144. 

~)   Diese  und  die  folgenden  Fig.  s.  Taf.  X  und  XI  in  Kokscharow's  Atlas. 

*    Vorherrschende  Flüchen. 


Krystallographische  Studien  «i I > t» i-  den  Idokras. 


127 


d)  Dunkel  rothbraune,  ziemlich  grosse  Kr.,  30  Mm.  und  mehr 
im  Durchmesser,  mit  schwach  spiegelnden  Flächen  von 
(001),  (113),  (111),  (221),  (331),  (101),  (133),  (IM)  (/c>  3), 

(HO). 

Träger  der  Combination:  in  Fig.  13:  (001 ). (111).  (110),  in 
Fig.  14:  (001). (111). (331). (101).  Spec.  Gew.  =  3-364  K. 

2.  Im  Kumntschinsker  Gebirge,  beiläufig  %  Meile  von 
der  Grube  Poljakowsk  (Slatoust).  „Heteromerit"  (zum  Theil) 
dicht  körnig  oder  stengelig,  in  Höhlungen  und  Klüften  kleine  aus- 
gezeichnete glattflächige,  halb-  bis  vollkommen  durchsichtige  Kr., 
pistaziengrün  in\s  Spargelgrüne  0. 

Die  säuligen  Combinationen  von  P(001),  c(lll),  (331), 
<12i),  «(132),  «(131).  (IM)  A->3,  (110),  (100),  erlangen 
durch  breit  angelegte  Flachen  von  (131)  einen  eigentümlichen 
Typus,  Fig.  5  und  6. 

Unterhalb  (131)  erscheinen  gewöhnlich  noch  mehrere  äusserst 
nahe  liegende  schmale  glänzende  Flächen  von  (1£1)  &>3.  Die 
Resultate  der  sorgfältigen  Messungen  Kokscharow's  sind: 

u)  an  einem  Krystalle: 


cP  =  (111):  (001)  =  37°  13"  25' 
cc  =  (111):  (111)  =  50     39     30 

b)  an  7  Krystallen: 

«(211):    e(iii)  =  18°  6'  — " 

«(312)  :  a"(3T2)  =  23  37  30 

„     :  «'(132)  =  33  39  — 

„     :    ^(111)  =  16  49  45 

s(311) :    P(0W)  =  59  29  50 

„     :  6"(3T1)  =  31  41       2 

„     :   «'(131)  =  45  16  25 

„     :    c(lil)  =  29  28  42% 

„     :    j(211J  =11  21  — 

„     :    «(212)  =19  10  - 


Anzahl  A.  Messungen 

17 
3 


5 
2 
1 
3 
55 
14 


»eraess.  Kanten 

3 
2 


1 
2 
1 

4 
30 
7 
4 
2 
1 
1 


Sämmtliche  gemessene  Winkel  stimmen  vorzüglich  mit  den 
gerechneten  überein,  nur  die  auf  s(131)  bezüglichen  ergeben  Ab- 
weichungen, welche  aber  höchstens  für  ss'  den  Betrag  von  7  Minuten 


l)  Das  Vorkommen  angeblich  nesterweise   in   Serpentin,    welcher  ein  feldspathartiges 
Gestein  in  Schnüren  durchzieht  (Kokscharow  a.  a.  0.  Anm.  S.  127). 


128  Zepharo  vich. 

erreichen.     Vier   Flächen    (n,  w,  m,  fc)   der  Form  (IM)  &>3 
Hessen  sich  sicher  bestimmen.  Die  Messungen  ergaben: 

P(001)  :  n  =  59°  45'  45 

P(001)  :  w  =  59     51  15 

P(OOi)  :  m  =  59     55  15 

P(OOi)  :  k  =  59     58  45 

und  aus  diesen  folgen  die  Zeichen: 

n  =  (3.03P3.03) 
w  =  (3.04P3.04) 
m  =  (3.05  P3. 05) 
k  =  (3.07  P3. 07)  i) 
Spec.  Gewicht  =  3-397  (2)  2). 

3.  Medwediewa  im  Schischimsker  Gebiete  (Slatoust) 
„Heteromerit"  (zum  Theil  3),  meist  kleinkörnig  bis  dicht  öl-  und 
zeisiggrün  in's  Gelbe;  sehr  kleine,  höchstens  5  Mm.  hohe,  durch- 
sichtige grüne,  ringsum  ausgebildete,  säulige  Kr.  Fig.  1 :  (001). (111)* 
(110)*. (100),  eingewachsen  in  weissem  dichten  Granat  (Gros- 
sular).  —  Ausser  dieser  nicht  mehr  vorkommenden  Varietät  finden  sich 
noch  gegenwärtig,  sehr  selten  im  Mineralbruche  der  Schischimskaja 
Gora  Drusen  erbsengelber  Kr.  auf  dichtem  gelblichen  Granat. 

Spec.  Gewicht  =  3-379  (3). 

4.  In  der  Gegend  der  Kyschtymsker  Hütte  (District 
Kyschtym)  und  der  Mramorsker  Hütte  (District  Katherinen- 
burg)  findet  man  derben  dichten  Idokras  von  apfelgiüner  Farbe; 
am  ersteren  Orte  als  Seltenheit  in  Geschieben  der  Goldseifenwerke 
in  der  Nähe  des  Flüsschens  Barsowka,  begleitet  von  Barsowit, 
Korund,  Spinell  u.  s.  w. 

Spec.  Gewicht  =  3-30-3-37.  Hermann  *). 


1)  Da  der  Unterschied  der  Winkel  nP  und  kP  ein  kleinerer  ist  als  jener  von  sP  und  nP, 
so  lassen  sieli  die  vier  ersteren  Flächen  als  zusammengehörig  betrachten  und  durch 
eine  Fläche  von  mittlerer  Lage  repräsentiren,  um  das  Erscheinen  derselhen  über- 
haupt an  dieser  Stelle  festzuhalten.  Zu  einem  gleichen  Vorgänge  ist  man  genöthigt, 
wenn,  wie  so  hänfig  bei  ähnlichen  Fällen,  wegen  Krümmung  oder  Riefung,  eine 
sichere  Messung  nicht  möglich  wäre.  Das  Mittel  der  obigen  vier  Messungen  59°  UV 
45"  weicht  nur  um  '.10  Secunden  ab  von  dem  gleichen  berechneten  Winkel  für 
05.05  KJ.05)  =  }|  Pf  £ . 

'-')  Mitte]  aus  zwei  Bestimmungen. 

■!)  Kenngott,  Sitzb.  d.  Wr.  Akad.  d.  Wissensch.  VII.  L68.  —  Obers.  1854,  100. 

4)  Kr  dm.  u.  Mar  eh.    .!.   f.   prakt.  Chemie  XLIV.   193.  -    Leonh.    und  Br.    Jahrb. 
1841»,  210. 


Krystallogiaphische  Studien  über  den  Idokras.  129 

Der  Id.  von  der  Mramorsker  Hütte  wurde  früher  für  Pechnit 
gehalten.  • 

III.  Sibirien. 

Die  „Wiluit"  genannten  Id.-Kr.  kommen  mit  Grossular  und 
Achtaragdit  in  einem  tuffartigen  erdigen,  stellenweise  ziemlich  har- 
ten und  halbopal-  ähnlichen  Gesteine  von  grauer  Farbe  am  Achta- 
ragda  (einem  Nebenflusse  desWilui)  reichlich  eingewachsen  vor1). 
Säulen  (HO). (100)  durch  (111). (001)  oder  (001). (111)  ge- 
schlossen. (110)  ist  manchmal  fein  vertical  gerieft,  auch  kurz 
gekerbt,  vorherrschend  parallel  den  Prismen-Kanten,  oder  grosse 
rechtwinkelige  Lamellen  tragend.  Auf  (001)  beobachtete  ich  als 
Seltenheit  rundliche  Blättchen.  Ausnahmsweise  und  mit  schmalen 
Flächen  sind  (331),  (131)  und  (120)  vertreten  (Fig.  1—3).  Ge- 
wöhnlich 20  Mm.  hoch  und  10  Mm.  breit;  zuweilen  bis  SO  Mm. 
hoch  und  40  Mm.  breit.  Schalige  Textur;  aussen  zeigen  die  Kr. 
fast  stets  eine  matte,  sehr  weiche  gelbliche  Lage,  wohl  durch  Ver- 
witterung entstanden;  dann  folgen  abnehmend  dünnere  Schichten, 
welche  einen  glänzend-flächigen  Kern  umhüllen.  Zu  genauen  Mes- 
sungen sind  diese  Kr.  mit  ihren  unebenen,  bis  auffallend  verzogenen 
Flächen  nicht  geeignet.  Kupffer  und  Kokscharow  fanden  p' p 
beiläufig  50  .  Dunkel  braun-grüne,  dünne  ßlättchen  sind  grünlich- 
gelb durchscheinend. 

Spec.  Gewicht  =  3-394  (4). 

Von  manchen  Wiluiten  werden  Grossular -Kr.  (meist  ooO) 
ganz  oder  theilweise  umschlossen. 

Nord-Amerika  2)» 

Canada.  Grenville,  Ost-Canada  (Wollastonit,  Hyazint, 
Granat,  Augit,  Zirkon,  Skapolith,  Calcit).  —  Clarendon,  West- 
Canada,  grosse  bräunlich-gelbe  Kr.  mit  braunem  Turmalin  in  Kalk- 
stein. 


i)  Im  Jahre  1790  von  Lachsmaun  aufgefunden.  Nova  acta  Petropolitana,  XII,  300. 

Pallas,  nord.  Beiträge,  V.  282. 
2)  J.  D.   Oana's  Mineralogy  II,   1855,  S.  199;  Idocrase;    S.  476  ff.  Catalogue  of  ame- 

rican  localities  of  minerals.   —    Wo  nicht  Näheres  über  den  Id.  bemerkt  ist,  sind 

einige  der  an  denselben  Localitäten   noch  vorkommenden    Minerale   in  Klammern 

beigesetzt. 
Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abth.  9 


|30  Zepharovich. 

Maine.  —  In  körnigem  Kalkstein  zu  Phippsburg,  Rum- 
ford und  Parsonsfield,  schöne  Kr.  und  derbe  Massen  mit  gelbem 
Granat,  Augit  u.  s.  w. ;  ebenso  zu  Poland  und  Sandford.  Von 
letzterem  Orte  stammen  ausgezeichnete  egeranartige  *)  und  flächen- 
reiche Kr.  Dana  gab  die  Zeichnung  eines  solchen,  s.  Taf.  XII,  Fig.  73  : 

^(OOl),^111)-  *(331)'  ö(101)«  «(201).  rf(241),  i(132),s(131), 
i»(il0),/'(120)>  Ä(130),  «(100). 

Der   Combinations- Typus   erinnert  an  manche   Mussa  -  Kryst. 
(s.  Fig.  37).  Begleiter  sind  Epidot  und  Molybdänit  (durchWebster 
1848  entdeckt).  Die  Kr.  aus  Maine  besitzen  oft  eine  Schalen-Textur, 
so  dass  sich  glatte  und  glänzendflächige  Kerne  entblössen  lassen3). 
Spec.  Gew.  =  3*434,  eines  grossen,  grünlich-braunen  Kr. 3). 

Nach  Tammau  stehen  die  Kr.  von  Sandford  bezüglich  ihrer 
Form,  Farbe  und  sonstigem  Äusseren  in  der  Mitte  zwischen  jenen 
von  Egg  in  Norwegen  und  Haslau  in  Böhmen.  In  der  derben  Id.- 
Masse  öffnen  sich  zuweilen  grössere  und  kleinere,  mit  Calcit  oder 
Quarz  ausgefüllte  Drusenräume,  in  denen  die  schönsten  Kr.  er- 
scheinen. Er  bildet  ein  mächtiges  Lager  oder  einen  kolossalen  Gang 
von  200'  Breite  zwischen  Granit  und  Trapp  4). 

Das  Wiener  Mineraliencabinet  bewahrt  (H.  S.  I,  3470)  von 
diesem  Fundorte,  Drusen,  grosser,  dunkelgrüner,  geriefter,  4-  oder 
8seitiger  Säulen,  deren  Zwischenräume  mit  grauem  Fettquarze 
erfüllt  sind.  Gegen  einander  verschobene  Theile  einzelner  durch- 
klüfteter  Kr.  wurden  durch  Albit  wieder  verkittet.  Die  Endfläche, 
welche  allein  die  Säulen  abschliesst,  ist  nach  den  vier  Kanten  mit 
(110)  gerieft,  derart,  dass  die  feinen  Linien  in  den  Diagonalen  von 
(001)  zusammentreffen,  oder  es  zeigen  sich  auf  der  glatten  Fläche 
und  zwar  zunächst  der  Trennungslinie  zweier  verwachsener  Indi- 
viduen, einzelne  Systeme  mit  abnehmenden  Dimensionen  über  ein- 
ander gelagerter  vierseitiger  Blättchen.  —  Die  oberste  Schichte  der 
deutlich  schalig  zusammengesetzten  Säulen  ist  zuweilen  in  ein- 
zelne wellig  oder  zahnig  begrenzte  Lappen  aufgelöst;  stellenweise 


*)  Shepard.  Mineralogy,  1832. 

2)  Dana  a.  a.  0.  199  unter  „Altered  forms". 

3)  Rarameisberg.  Min.  Chemie.  S.  736. 

*)  Zeitschr.  d.  deutsch,  geolog.  Gesellsch.  VI.  S.  337.  —  Kenngott,  Übersicht  1836— 
1«K7   s    tat 


1837,  S.  113. 


Krystallographische  Studien   über  den  Idokras.  131 

erscheinen  die  Prismen-Flächen  selbst  wie  mit  einzelnen  Nagelköpfen 
besetzt. 

New-Hampshire.  Am  her  st  (Granat,  Pargasit,  Calcit). 
Massachusetts.    W  Orchester.     Egeran    (001),    (100) 
(110)  !)  mit  Granat  in  Quarz;  gegenwärtig  ausgebeutet. 

New-York.  LongPond,  Essex  Co.  (Granat,  Augit,  Magnetit, 
blauer  Calcit).  —  Antwerp,  Jefferson  Co.  nächst  dem  Vroomans- 
lake  (Augit,  Calcit,  Pyrit,  Chalkopyrit).  —  Eine  halbe  Meile  (engl.) 
südlich  von  Amity,  Orange  Co.  Graulich-  und  gelblich-braune  Kr. 
zuweilen  von  einem  Zolle  im  Durchmesser,  in  körnigem  Kalkstein ; 
nächst  dem  Orte  und  eine  Meile  östlich  davon,  gelbe,  grünlich-gelbe 
und  gelblich-braune  Kr.  Nach  Shepard,  säulige  Combinationen  von 
(001),  (111),  (100),  (110)  i).  -  In  der  Nähe  findet  sich  auch  in 
weissem  Kalkstein  die  von  Thomson  „Xanthit"  genannte  Id. -Va- 
rietät, in  kleinen  gerundeten,  locker  zusammenhängenden  Körnern 
und  in  blätterigen,  leicht  körnig  zerfallenden  Massen;  graulich-gelb, 
durchscheinend.  Härte  und  specifisches  Gewicht  sind  niederer  als 
gewöhnlich,  daher  wahrscheinlich  in  zersetztem  Zustande2).  — 
Gouverneur,  St.  Lawrence  Co.  (Apatit,  Augit,  Skapolith,  Calcit). 
New-Jersey.  Newton,  gelblich -braune  schöne  Kr,  mit 
Korund  und  Spinell  (Amphibol,  Turmalin,  Skapolith,  Calcit). 

Als  Fundorte  werden  noch  angegeben:  a)  Moria h  am  west- 
lichen Ufer  des  Champlain-See's  in  New-York,  Id.  mit  Wolla- 
stonit  (Shepard  und  Hermann,  Sillim.  amer.  J.  XVII,  145; 
bj  Salisbury  in  Conecticut,  röthlich- braun,  körnig;  spec. 
Gewicht  =  3-508  (Thomson,  Ann.  of  New-York,  1828,  IX)  und 
c)  Polk  Co.  in  Tennesee,  lange,  stark  geriefte  Säulen,  begleitet 
von  Pyrit  und  Chalkopyrit;  spec.  Gewicht  =  3-359.  (Mall et, 
Sillim.  amer.  J.  [2]  XX,  85).  s) 


i)  Shepard,  Mineralogy  1852. 

2)  Hausmann.  Mineralogie  II,  1,  S.  579. 

s)  Leonh.  u.  Br.  Jahrb.  (a)   1830,  494;  (b)  1833,  425;  (e)  1859,  819. 


132  Zepharovich. 


Nachtrag. 

Nachdem  die  ersten  Bogen  dieser  Abhandlung  bereits  im  Druck 
vollendet  waren,  gelang  es  mir,  in  der  reichhaltigen  Sammlung  des 
Joanneums  in  Graz  jenes  Exemplar  mit  Somma  Idokras-Krystallen 
aufzufinden,  von  welchem  Haidinger  einen  in  seinem  Handbuche 
der  bestimmenden  Mineralogie  1845,  Fig.  314,  S.  214  abgebildet. 
Es  trägt  die  Bezeichnung  XX.  K.  IV.  Seh.  184.  Ich  kann  nun  das 
Seite  13  und  42  Erwähnte  nach  den  Besultaten  der  Messungen  die- 
ses Kr.  bestätigen.  In  vielflächiger  Combination  treten  in  der  That 
(331)  und  (511)  auf,  nicht  (441)  und  (411). 

Die  Messungen  ergaben  für  diese  beiden  Formen: 

(221):  (331)  =  10°  13*  (311)  :  (511)  =  12°  18' 

(331)  :  (110)  =  23     15  (511)  :  (100)  =  22     54  Va 

Nebst  den  genannten  (221),  (331),  (110),  (311),  (511)  und 
(100)  erscheinen  an  dem  Kr.  noch,  wie  schon  Haidinger  ange- 
geben (001),  (111),  (101),  (312),  (211),  (421),  (210),  (310) 
und  überdies  noch  zwischen  der  breit  angelegten  (Hl)  und  der 
eingetieften  (001),  als  schmale  Leiste,  (113).  Der  innige  Anschluss 
an  die  Nachbar-Individuen  in  einem  Drusenraume  lässt  nur  geringe 
Theile  des  gemessenen  Kr.  frei,  und  daher  auch  den  erhaltenen 
Winkelwerthen  kein  grosses  Gewicht  beilegen,  obgleich  diese  meist 
auf  ebene,  gut  reflectirende  Flächen  sich  beziehen. 


Krystallographische  Studien  über  den  Idokras.  1  OO 

Geognostische  Übersicht  der  Idokras  -Localitäten. 

I.    Im    krystallinischen    Schief ergebirge    und    dem- 
selben untergeordneten  Gesteinen. 

A.  Als  lager-,  kluft-  oder  nesterartige  Ausscheidung  a)  in 
chloritischem  Schiefer  oder  bj  in  Glimmerschiefer: 

a)  Ala,  Cerosole,  Corbassera ,  Gressoney  in  Piemont.  —  Saas, 
Zermatt,  in  der  Schweiz.  —  Pfitsch,  Pregratten,  Zillerthal, 
Tirol. 

b)  Hollersbach-  und  Stubach-Thal,  Salzburg. 

B.  In  Quarz:  Rauris-Thal,  Salzburg.  —  Haslau,  Böhmen.  — 
Göringsreuth,  Hauxdorf,  Wustuben  und  Wunsiedel,  Baiern.  — 
Sätersdalen  und  Souland,  Norwegen.  —  Worchester,  Massachusetts. 

C.  Im  Kalkstein :  Nedwieditz,  Olschy  und  Strzitersch,  Mähren. 

—  Haslau,  Klementinow,  Kunicek,  Böhmen.  —  In  den  Pyrenäen, 
Frankreich,  —  Derryloaghan,  Irland.  —  Glen  Gairn,  Schottland. 

—  Gökum,  Lindbo,  Schweden.  —  Frugard,  Hoponsuo,  Finnland. — 
Amity,  New-York.  —  Sandford,  Parsonsfield,  Phippsburg,  Poland, 
Rumford,  Maine.  —  Clarendon,  Canada. 

D.  Auf  Calcit-  und  Silicat -Gängen  im  Gneiss:  Egg,  Nor- 
wegen. 

E.  Auf  Calcit -Gängen  im  Chloritschiefer:  Achmatowsk,  Ural. 

F.  Auf  Erzlagerstätten  (Grünsteine  und  Kalksteine)  im  Glim- 
merschiefer: Breitenbrunn,  Schwarzenberg,  Sachsen.  —  Rothen- 
zechau  und  Alt-Kemnitz,  Preussisch-Schlesien. 

G.  Im  Erlan :  Grünstädtel,  Sachsen. 
H.  Im  Grünstein:  Auerbach,  Sachsen. 

II.  An  Calcit  gebunden  als  Contactgebilde. 

A.  Zwischen  Granit  und  Gneiss:  Auerbach,  Grossherzogthum 
Hessen. 

B.  Zwischen  Granit  und  silurischen  Schiefern  und  Kalksteinen: 
Eker,  Norwegen. 

C.  Zwischen  jüngeren  Eruptiv-  und  Sediment-Gesteinen  (tra- 
chytischen  oder  syenitischen  Gesteinen  und  Trias-  bis  Kreidekalken): 
Monzoni-Berg,  Predazzo,  Süd-Tirol.  —  Erzlagerstätten  vonCziklova, 
Dognacska,   und  Szäszka   im  Banat  und  von  Rezbänya  in  Ungarn. 


134  Zepharovich.    Krystallographische  Studien  über  den  Idokras. 

Die  Auswürflinge  am  Monte  Somma,  Neapel  und  wahrscheinlich 
auch  jene  von  Pitigliano,   Toscana.  —  Insel  Skye,  Schottland? 

III.    In   einer   tuffartigen  Ablagerung. 
Am  Wilui-Fl.,  Sibirien. 

IV.    In  Geschieben. 
Bei  Pottsdam,  Preussen.  —  Am  Barsowska-Fl.,  Ural. 


ANHANG. 


Schweiz:  Tarasp. 

Siebenbürgen:  Also  Väcza. 

Mähren:  Blauda,  Fröschau,  Lugau,  Popuwek,  Wiesenberg. 

Baiern:  Göpfersgrün,  Gössweinstein,  Höfen,  Pfaffenreutb, 
Pleistein,  Stökarn,  Tirschenreuth,  Wildenau,  Wurlitz. 

Spanien:  San  Lorenzo. 

Irland:   Gweedore,  Kilmacrenan,  Lattermacherward. 

Schweden:  Fahlun. 

Russland:  Lupikko  (Finnland),  Poljakowsk,  Mramorsker 
Hütte,  Medwiedewa  (Ural). 

Vereinigte  Staaten  von  Nordamerika:  Amherst,  Gouverneur, 
Long-Pond,  Moriah,  Newton,  Polk  Co.,  Salisbury. 

Canada:  Grenville. 


Zojiharovicli .    Irfokras 


/>'/'/;.  '!. 


Taf.I. 


Fw.  fi. 


Fy.d 


Vig.6. 


VtSIIV  . 

Sitwm&b  d  k  Akadi¥raath  n.-iltiw.CI  XL1X  DiUAbdi  186* 


Ze|)harovirh    Idokivis 


/'  'if/.  '/. 


Fi?.. 9. 


Tnf.H. 


h'/f.S. 


Fi  ff.  /O. 


Fi////. 


Fig.  /L>. 


%./-//.  Vesuv.       Ify.a.Mmsa   ^,y.:_ 
Sitzung .(LLMaid  d.W  math.natunv.  CI.XIIX    l'xl.l.Ablli  !üfi4 


Zepharovich.  [dofcras. 


Tat  BT. 


/5?.  //. 


/fy  77 


/ty./*. 


Fig.  IC>. 


Jlrixsa    Alpe 
h  ■  : 

Sitzungsb.dMkaiäWmatIi.natiirw  Cl  X I .IX  lid  lAbtli  1864 


.-  I  !  ;  (Imkerei 


Zepharovich.  Idokras 
Fig.  /.0. 


Tat  Ä! 


F,,,?/. 


~Pi*  23. 


/  'ig.  20. 


hol'. 


miissa  ^41  pe. 

■;•.-,■'■ 
Sitzi(n4sb.db\ka(l.ill\Tmatluiatmu'  CI.XIIX    BdLAbtfi  1864 


Zepharovicli.  [dokras 

/'in.  ':■>. 


Taf.V. 


Tig.26. 


Fif,.  28. 


Fig.  30. 


Mmsa  -  Alpt  . 
Sitzimgs6.dtAfcadLd.¥inatti.  naturw  ( I  XLVM  BdlAbl  h  186-3. 


Zc|)li;inn  ich   hlokivi.s. 
/'  'ig.  3t. 


T.-if  VI. 


Fiffjx 


Fig.  35 . 


Fig.36. 


Mwssa  -Alpe  A-js  ' 

.SitzunosT,(lkJUud.flrnK-illi.  natu™  CI.XLVIlllli.lI.AbI  li  1663. 


ZepharoviÖL.  Idofa-as. 


Taf.VII 


~Fio.37. 


Fu/,W. 


TiffJS. 


Fu/  bO. 


V 


p 

«Ar 

s/"  // 

/'■ 

/"^  ' 

Y» 


~FyM 


Füj.  37-  ;t0.  Mussa  Alpe     Fig.  >tl  fö.  ZermaM . 

S[tziiir4sb«l.kAbil(l\rm;1lhlwd,(!w.('[..\IA'lll.l,H(L.\l)lhli50:). 


Zepharovich.  Mokivis 

Fig.  4  3. 


Tat. VI 


Fy.44. 


ihrr 


Fu,  tt 


Fig.tä 


Fig.  ',1 


Fig.  4A'. 


Zermall   . 

Sitzungsb.dkÄfcaid.W  oiatü  natrirw  Ci .XLVM.Iid.Ublh  .1863. 


Zepharovich.    fdokras. 


Taf  IX 


Fig.  M 


i<'i  (/.:><> 


f^-4^\ 


t      m 


\ 


VigJS. 


Fi</..H, 


Ftf.  W.ol,  lermrM   Fig.S2,  Saar-Thal.  FwJ3Sh  Ffitrch. 


Sitzungsb  »I  k  Ak/nl  iltt'innHi  .itaUirw  HXIIX  TxilAlilli  lii(J4. 


Zepharovieli     Idokras. 


TafcX. 


Fig.  SS. 


Fü/..>7. 


Mgjß./  h 


Fig.  SS. 


Fig.  .10. 


Fir/.  60. 


/''/</.. j-L-'i ,  /'/itxc/i.  Fi(j.  58S& \J/or/zonf.  Fi(/.6'(>ßPrtvlax\<). 
'  ■  i-     ■.   i  .         ■  ■ 

Silzuiii-sb  (1  k  Akiiil  d.W  m.illi  ii.ilurw  (LAW  flil  I  Abth  IftM 


'/jcpliMiovirli.     Nokr<iN 


Taf.XI. 


f'ig.62: 


/''///  6.3. 


Fn/Ji'j 


1 

1 

1 

p3 

/ 

- 

• 

r 

rf 

w 

- 

5 


/ 


Fig.  6J. 





Fig.  66  /■'"/  67. 


ü 


Fi//.  61  6'{.  ('\il.loim  .       fi'u/.  /i.'S    ff)   A'/w 


Sil7.iiii»sli.il  k  Akml.il.V .iiiiilli.iiiiliirw.CI  XI, Villi .B  d.i.  AML  186  3. 


Ztfuh&rovich    Idokras 

/  'n/  i;s. 


T.if  .VII 


/'/>//# 


/fy  M 


Fw.70. 


!'',</.  72. 


Füf.  73. 


eh 


Fia.  6S-70.  h'ker.    Mg.  /f.  Kiji/.    Fig.  }t  Soidand/.    Fia  71  Sandford. 
-  ■  ."  " 

SitzungsJ).cl  k,\k,i(ld  IV.math.natiirw  Cl. XL Villi  BdIAbth.1863 


v.  y>i|)li.iiovi('h.     Ldokras 


T.if  XIII 


1  'ii  keiei 


SiUiimisli  il.k.  Ak.nl.il  AV.  niiilli.ii;iliirw  II  XIA'lllllid.UMIi.  llltiü 


v.  Ett  ingshn  use  n.    Beiträge  z.  Kenntniss    d.  Flächenskelete  u.  s.  w.        135 


Beiträge  zur  Kenntniss  der  Flächenskelete  der  Farnkräuter. 
Von  dem  c.  M.  Prof.  Dr.  Const.  Ritter  v.  Ettingshausen. 

(Auszug  aus  einer  für  die  Denkschriften  bestimmten  Abhandlung.) 
II. 

Diese  Abhandlung  schliesst  sich  den  im  XXII.  Bande  der  Denk- 
schriften der  mathem.-naturw.  Classe  veröffentlichten  Beiträgen  zur 
Kenntniss  der  Flächenskelete  der  Farnkräuter  an  und  enthält  die 
Bearbeitung  der  Nervationsverhältnisse  mehrerer  Gattungen  aus 
den  Familien  der  Aspleniaceen,  Aspidiaceen,  Hymenophylleen 
und  Schizaeaceen. 

Über  den  Zweck  dieser  Arbeiten  wurde  bereits  in  der  oben 
citirten  Abhandlung  das  zur  Begründung  Nöthige  auseinanderge- 
setzt und  insbesondere  auf  den  Umstand  hingewiesen ,  dass  die 
Mehrzahl  der  in  den  Schichten  der  Secundärformationen  so  reich- 
lich vorkommenden  fossilen  Farnkräuter  bis  heute  noch  ungenü- 
gend bestimmt  oder  vielmehr  nur  beliebig  benannt  ist. 

Die  für  die  Flora  der  Vorwelt  aufgestellten  Farngattungen 
sind  zumeist  nur  Sammelplätze  für  das  noch  nicht  geordnete  Mate- 
rial. Zur  richtigen  Bestimmung  der  vorweltlichen  Farne  ist  aber  die 
genaue  Kenntniss  der  Flächenskelete  der  jetztweltlichen,  welche 
die  Botanik  in  ihrem  gegenwärtigen  Zustande  noch  keineswegs 
bietet,  unumgänglich  nothwendig.  In  der  vorgelegten  Abhandlung 
bilden  daher  vorzugsweise  solche  Gattungen  und  Arten  Gegenstand 
der  Bearbeitung,  welche  für  die  vergleichende  Untersuchung  der 
vorweltlichen  Farnformen  von  Wichtigkeit  sind.  Die  Flächenskelete 
sollen  durch  den  Naturselbstdruck  zur  Anschauung  gebracht  werden. 


136 


IL  SITZUNG  VOM  14.  JÄNNER  1864. 


Das  w.  M. ,  Herr  Prof.  H.  Hlasiwetz  in  Innsbruck,  übersendet 
die  folgenden  zwei  Abhandlungen  für  die  Sitzungsberichte: 

„Über  das  Berberin",  von  Hlasiwetz  und  H.  v.  Gilm,  und 

„Über  zwei  neue  Zersetzungsproducte  aus  dem  Guajakharz" 
von  Hlasiwetz  und  L.  Barth. 

Herr  Hofrath  Prof.  Jos.  Hyrtl  legt  eine  Abhandlung  vor  „Über 
eine  Eigentümlichkeit  des  Schlundes  von  Catla  Buchanani" ;  ferner 
eine  zweite  „Über  das  Verhalten  der  Leber-Arterie  zur  Pfortader 
bei  Amphibien  und  Fischen". 

Herr  Director  E.  Fenzl  macht  eine  Mittheilung  aus  einem 
Schreiben  des  c.  M.,  Herrn  Dr.  J.  J.  Tschudi,  über  einen  Fisch 
aus  dem  Rio  Itajahy  in  Brasilien. 

Herr  Dr.  F.  Prym  überreicht  eine  Abhandlung:  „Neue  Theorie 
der  ultraelliptischen  Functionen". 

Herr  Dr.  H.  Leitgeb  legt  eine  Abhandlung:  „Zur  Kenntniss 
von  Hartwegia  commosa  Nees"  vor. 

Herr  Dr.  J.  E.  de  Vry,  Inspector  für  chemische  Untersuchungen 
in  Niederländisch -Indien,  der  eben  auf  einer  Urlaubsreise  in  seine 
Heimath  begriffen  ist,  macht  eine  Mittheilung  „über  die  Cultur  des 
Chinabaumes  auf  Java  und  mehrere  andere  dort  vorkommende 
Droguen". 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 

Astronomische  Nachrichten.  Nr.  1456.  Altona,  1864;  4°* 
Cosmos.  XIII"  Annee,  24c  Volume,  2e  Livraison.  Paris,  1864;  So- 
Land-  und  forstwirtschaftliche  Zeitung.  XIV.  Jahrg.  Nr.  2.  Wien, 

1864;  4o- 
Mondes.  2e  Annee.  Tome  III.  lre  Livraison.  Paris,  Tournai,  Leipzig, 

1864;  8o- 
Moniteur  scientifique.    169e  Livraison.   Tome  VI",  Ann£e  1864. 

Paris;  4°- 
Programm  des  k.  k.  Gymnasiums  zu  Feldkirch  für  das  Schuljahr 

186V».  Innsbruck,  1863;  4<>- 


137 

Reichsforstverein,    österreichischer:    Österreichische   Viertel- 
jahresschrift für  Forstwesen.  XIV.  Bd.  Jahrgang  1864.  1.  Heft. 
Wien,  1864;  So- 
So  ciete  Imperiale  desNaturalistes  deMoscou:  Bulletin.  Tome XXXVI. 

Annee  1863,  No.  3.  Moscou,  1863;  So- 
Wiener  medizinische  Wochenschrift.  XIV.    Jahrg.   Nr.   2.  Wien, 

1864;  4o- 
Wochen-Blatt  der  k.  k.  steierm.  Landwirthschafts-Gesellschaft. 
XIII.  Jahrg.  Nr.  5.  Gratz,  1864;  4°- 


1  38  L  e  i  t  g  e  b. 


Zur  Kenntniss  von  Hartwegia  commosa  Nees. 
Von  Dr.  Hubert  Leitgeb. 

(Mit  1  Tafel.) 

Schon  im  Jahre  1828  theilte  Göthe  in  einem  Briefe,  den  er 
an  Nees  v.  Esenbeck  *)  richtete,  diesem  mit,  dass  sich  in 
seinem  Besitze  eine  Pflanze  befinde,  die  ihn  wegen  ihrer  ungemeinen 
Productivität  besonders  interessire,  und  verlangt  von  Nees  nähere 
Angaben  über  diese  Pflanze.  —  Göthe  erzählt,  dass  diese  Pflanze 
„aus  der  Mitte  des  Blätterbüschels,  der  die  Lilienart  kennzeichne, 
einen  fadenartig  herabhängenden  Blüthenstengel  treibe,  an  welchem 
die  sechsblättrigen  Blümchen  erst  seltener,  dann  gedrängter  her- 
vorkommen, bis  sie  sich  endlich  quirlartig  entwickeln  und  ganz 
abschliesslich  einen  Blätterbüschel  treiben.  An  diesem  haben  die 
Blattenden  etwas  fettes,  zwiebelartiges  und,  indessen  die  Blätter 
selbst  wieder  aufwärts  streben,  zeigen  sich  unten  kleine  Wärzchen, 
die  an  Licht  und  Luft  zu  vertrocknen  scheinen,  unter  günstigen 
Umständen,  einer  feuchten  Umgebung,  jedoch  sich  zu  Luftwurzeln 
entwickeln,  in  der  Stärke  eines  schwachen  Federkieles,  über  einen 
Zoll  lang,  worauf  denn  die  schwebende  Pflanze  abermals  einen 
fadenartigen  Stengel  treibt;  und  so  immer  weiter  fort.  Es  kommen 
also  gewissermassen  Luftstolonen  zur  Erscheinung,  deren  verbin- 
dende Fäden  jedoch  blühen,  und  wo  sie  zu  Hause  sind,  gewiss 
Frucht  tragen.  Bringt  man  einen  solchen  Blätterbüschel  mit  seinen 
Luftwurzeln  in  die  Erde ,  so  zeigt  sich  ein  sonderbares  Ereigniss; 
diese  Luftwurzeln  streben  wieder  aus  dem  Boden  nach  Luft  und 
Licht,  schwellen  auch  wohl  stärker  an,  begeben  sich  aber  mit  ihren 
Enden  wieder  in  die  Erde,  verdünnen  sich  und  werden  zu  den  alier- 
feinsten  sich  verzweigenden  Fäden  u.  s.  w.w  So  weit  Göthe. 

Weitere  Kenntniss  über  diese  Pflanze  haben  wir  von  Professor 
Schult  es  3),  der  seine  Angaben  einer  ungedruckten  Abhandlung 


i)  Acta  N.  Cur.  Vol.  XV,  2  (1831),  pag.  363—374. 
2)  Syst.  Veg.  VII,  2  pag.  1693  n.  27  a. 


Zur  Keiintniss  von   Hartwegia  commosa  Nees.  ld'' 

Sternberg's  entlehnte,  und  sie  nur  in  systematischer  Beziehung 
betrachtet  und  unter  dem  Namen  Anthericum  Sternbergianum  aufführt. 
Nees  v.  Esenbeck  fügt  diesen  Angaben  ebenfalls  nur 
systematische  Notizen  bei  und  bildet  aus  mehreren  ihm  genug  wich- 
tig scheinenden  Merkmalen  einen  neuen  Gattungscharakter,  und 
nennt  die  Pflanze  Hartwegia  commosa. 

So  viel  mir  bekannt,  liegen  über  diese  Pflanze  weiters  weder 
morphologische,  noch  anatomische  Untersuchungen  vor,  welche  die 
oben  erwähnten,  unvollkommenen  Beobachtungen  Göthe's  näher 
erläutert  hätten. 

Obwohl  meine  Untersuchungen  hauptsächlich  nur  die  Kenntniss 
des  Baues  und  der  Function  der  Luftwurzeln  zum  Zwecke  hatten, 
war  es  mir  doch  auch  interessant,  die  morphologischen  Verhältnisse 
dieser  Pflanze  etwas  näher  zu  erforschen,  überhaupt  die  ganze 
Lebensgeschichte  derselben  ,  namentlich  aber  die  gegenseitigen 
Beziehungen  der  beiden  von  Göthe  geschilderten  Fortpflanzungs- 
weisen  kennen  zu  lernen. 

Was  erstens  die  systematische  Stellung  dieser  Pflanze  anbe- 
langt, so  wurde  sie  von  Sternberg  und  später  von  Schultes 
der  Gattung  Anthericum  beigezählt.  Übrigens  schliesst  sich  die 
Pflanze,  wie  Nees  v.  Esenbeck  zeigte,  durch  viele  morpholo- 
gische Merkmale,  wie  die  an  dem  Grunde  befestigten  Staubbeutel, 
die  kleine  Narbe  und  die  scharf  dreieckige  Kapsel  mit  hervorsprin- 
genden häutigen  Rändern  der  Kanten  viel  näher  der  Gattung  Chlo 
rophytum  an.  Allerdings  unterscheidet  sich  dieselbe  durch  ein  ande- 
res Merkmal  auch  von  dieser  Gattung,  indem  die  Staubbeutel  nach 
der  Stäubung  sich  nach  rückwärts  einrollen;  und  dies  vorzüglich 
bewog  Nees  v.  Esenbeck,  die  Pflanze  von  Chlorophytum  zu 
trennen  und  unter  dem  Namen  Hartivegia  als  Repräsentanten  einer 
eigenen  Gattung  aufzustellen.  —  Da  sie  aber  in  allen  übrigen  Merk- 
malen mit  Chlorophytum  übereinstimmt,  sich  auch  im  Habitus 
besonders  im  Jugendzustande  von  den  Arten  dieser  Gattung  nicht 
unterscheidet  und  erst  in  späteren  Lebensstadien  durch  die  merk- 
würdige Proliücation  ein  ganz  eigentümliches  Aussehen  erhält, 
dürfte  sich  die  Gattung  Hartwegia  kaum  selbstständig  erhalten  las- 
sen, sondern  viel  passender,  wie  es  auch  Endlicher  *)  gethan, 
in  die  Gattung  Chlorophytum  einbezogen  werden. 

t)  Genera  plautarum. 


140  Leitgeb. 

Eine   mehrere   Jahre   alte   Pflanze    zeigt   folgendes   Aussehen 
(Fig.  1)  : 

Aus  einem  grundständigen  Blätterbüsehel  entspringen  mehrere 
fast   gleich  starke    herabhängende   Stengel,  die  an  ihrem  unteren 
Theile  mit   ziemlich  langen  Deckblättern   besetzt  sind,  und   gegen 
die  Spitze    zu  sich  verzweigen.    Der  Hauptspross  wie  sämmtliche 
Seitenzweige    tragen    an    ihrem  Ende    Blätterbüschel ,    die    auch 
hie  und  da  an  tieferen  Stellen  aus   den  Achseln  der  grossen  lan- 
zettförmigen Deckblätter  entspringen   und    an   ihrem  Grunde   nicht 
selten  von  federkieldicken  Luftwurzeln  durchbrochen  werden,  die, 
falls  die  Pflanze  im  Zimmer  gezogen  wurde,  von  grünem  Aussehen 
sind,  scheinbar  keine  Wurzelhaare  tragen,  und  nie  über  einen  Zoll 
lang  werden;  an  in  Wärmhäusern  gezogenen  Exemplaren  aber  mit 
einem   dicken   aus   Wurzelhaaren   gebildeten  Filzüberzug  bekleidet 
sind,  und  oft  eine  Länge  von  einen  halben  Fuss  und  darüber  errei- 
chen.  —  Ausser  diesen  die  Blätterbüschel  tragenden  Stengeln  ragt 
aus    dem    grundständigen    Blätterbüschel   noch   ein    unverzweigter 
Stengel  hervor ,  der  an   seiner  oberen   Hälfte   Blüthen   trägt ,  die 
anfangs  einzeln  und  entfernt,    gegen  die  Spitze    zu   aber    dichter 
gedrängt   und    büschelförmig    gestellt  erscheinen.  An    der    Spitze 
dieses   Stengels   bemerkt    man   ebenfalls    ein    Blätterbüschel,    das 
jedoch,  so   lange   das   wie  natürlich  an   den  untersten  Stellen  des 
Stengels   beginnende   Aufblühen  noch  nicht  bis  über  die  Mitte  des 
Stengels  vorgeschritten  ist,  sich  noch  sehr  unentwickelt  zeigt,  und 
erst   dann  rascher  ausbildet,  wenn  die  Blüthenperiode  an   diesem 
Spross  beendet  ist.  Hie  und   da  tragen  auch  die  die  Blätterbüschel 
tragenden  Stengel  solche  Blüthen  tragende  Sprossen.  —  So  er- 
scheint uns  eine   ältere  Pflanze,  und  es  fragt  sich  nun,  in  welcher 
Weise  sie  zu  dieser  Ausbildung  gelangt: 

Wenn  man  einen  ziemlich  entwickelten  Blätterbüschel,  an  dem 
sich  ein  oder  mehrere  Ansätze  zu  Luftwurzeln  gebildet  haben,  von 
der  Mutterpflanze  trennt,  und  in  die  Erde  setzt,  so  wächst  meist 
schon  im  ersten  Jahre  aus  dessen  Mitte  ein  fadenartiger  Stengel 
hervor,  der  anfangs  aufrecht  ist,  bei  zunehmender  Länge  aber 
überhängend  wird.  Es  entsteht  dadurch,  dass  der  Vegetationskegel 
des  Blätterbüschels,  der  sich  uns  als  ein  Zweig  mit  unentwickelten 
Internodie'n  ähnlich  den  Blätterbüscheln  der  Lärche  darstellt,  aus 
sich  lauter  entwickelte  Internodien  herausbildet,  und  so  in  eine  Yer- 


Zur  Kenntniss  von  Hartweijiu  commosa  Nees.  1  4- 1 

längerte  Axe  übergeht.  Diese  erreicht,  wie  schon  oben  angegeben 
wurde ,  hie  und  da  eine  Länge  von  3  Fuss  und  schliesst  dann 
wieder  mit  unentwickelten  Internodien  ab,  so  dass  also  an  ihrer 
Spitze  sich  wieder  die  Anlage  zu  einem  Blätterbüschel  bildet. 
(Offene  Knospen.) 

In  den  Achseln  der  an  der  verlängerten  Axe  regelmässig  auf- 
tretenden Deckblätter  bilden  sich  Zweigknospen,  die  in  der  Achsel 
ihres  untersten  Blattes  schon  sehr  früh  ebenfalls  wieder  eine  wei- 
tere Knospenanlage  erkennen  lassen.  Während  nun  die  an  der 
unteren  Hälfte  der  verlängerten  Axe  befindlichen  Zweigknospen 
sammt  ihrer  Axillarknospe  unentwickelt  bleiben,  oder  erst  später  oft 
erst  nach  Jahren  zur  Entwickelung  gelangen  '),  sehen  wir  in  der 
oberen  Hälfte  des  Stengels  ein  sehr  reges  Wachsthum  thätig.  Es 
äussert  sich  in  der  Weise,  dass  die  Zweigknospp  von  ihrer  Axillar- 
knospe in  der  Ausbildung  überholt  wird  ,  welche  letztere  sich  zu 
einer  einzigen  Blüthe,  oder  einem  traubenartigen  Blüthenstande  aus- 
bildet. Während  in  dem  unteren  Theile  des  Stengels  aus  jeder 
Zweigknospe  sich  nur  eine  solche  Axillarknospe  entwickelt,  gelan- 
gen in  den  oberen  Theilen  bis  zu  vier  solcher  axillarer  Blüthen- 
knospen  zur  Entwickelung,  durch  welchen  Umstand,  verbunden  mit 
der  gedrängteren  Stellung  der  Blätter,  die  Blüthen  von  Göthe  als 
quirlartig  gestellt  bezeichnet  wurden. 

Wenn  man  mehrere  Durchschnitte  von  Knospen ,  die  aus  ver- 
schiedenen Theilen  des  Stengels  genommen  sind,  mit  einander  ver- 
gleicht (Fig.  2,  3  und  4),  so  sieht  man,  dass  am  unteren  Ende  des- 
selben die  Zweigknospe  überwiegend  entwickelt  ist,  und  ihre  Axil- 
larknospe ganz  unterdrückt  erscheint ,  in  den  mittleren  Theilen 
desselben,  die  erstere  schon  eine  ziemliche  Ausbildung  erreicht  hat, 
bevor  sie  von  ihrer  Axillarknospe  in  der  Entwickelung  überholt  wird; 
während  der  Spitze  des  Stengels  zu  die  Zweigknospe  schon  in 
ihrem  ersten  Stadium  der  Entwickelung  ganz  zurückgedrängt  er- 
scheint. So  gelangen  denn  die  Blüthen  früher  als  die  sie  tragendet« 
secundären  Axen  von  unten  nach  oben  zur  Entwickelung.  Gegen 
Ende  der  Blüthenperiode  entwickelt  sich  nun  der  terminale  Büschel 
rascher,  während   er  zugleich  der  nach  abwärts  geneigten  Rich- 


i)  Man   bringt  sie  auch  durch  Abschneiden  des  darüber  befindlichen  Stengeltheiles 
leicht  zur  Entwickelung. 


142  Leitgeb. 

tung  der  Axe  entgegen,  durch  eine  am  Grunde  eintretende  Krüm- 
mung nach  aufwärts  strebt.  In  der  zweiten  Vegetationsperiode,  die 
an  in  Wärmhäusern  gezogenen  Exemplaren,  natürlich  von  der  ersten 
durch  keinen  Zwischenraum  getrennt  ist,  beginnt  auch  an  der  gan- 
zen verlängerten  Axe  ein  neues  Leben.  Indem  nämlich  die  Blüthen 
bald  nach  der  Stäubung  der  Antberen  verwelken,  und  meist  sammt 
eines  Theiles  des  Blüthenstieles  an  der  Gliederungsstelle  desselben 
sich  von  seinem  unteren  Theile  trennen  und  abfallen,  gelangen  nun 
auch  die  bisher  unterdrückt  gewesenen  Zweigknospen  zur  freieren 
Entwicklung  und  treten  als  ßlälterbüschel  von  unten  gegen  oben 
fortschreitend  aus  den  Achseln  der  sie  früher  ganz  bedeckt  haben- 
den Deckblätter  hervor.  Immer  bemerkt  man  anfangs  an  ihnen  noch 
die  Reste  der  Blüthenstiele  (oder  vertrockneten  Traubenspindeln), 
die  an  den  übereinanderstehenden  Knospen  abwechselnd  einmal 
rechts,  einmal  links  auftreten. 

Hie  und  da  entwickelt  sich  die  eine  oder  die  andere  Zweig- 
knospe in  der  Weise,  dass  sie  ihre  Internodien  streckt  und  so  zu 
einem  entwickelten  Zweige  wird,  der  sich  dann  selbst  wieder  wie 
die  Hauptaxe  verhält  und  blüthentragend  wird  (Fig.  5).  Wenn 
jedoch  durch  besonders  günstige  Umstände  (ich  beobachtete  es  nur 
ein  paar  Male)  die  Blüthen  nicht  abfallen,  sondern  sich  weiter  zur 
Fruchtkapsel  *)  entwickeln,  so  bleibt  auch  in  diesem  Falle  die 
Zweigknospe  in  ihrer  Entwickelung  so  lange  unterdrückt,  bis  die 
Frucht  sich  von  der  Axe  getrennt  hat.  Eine  Entwickelung  der  Zweig- 
knospe kann  auch  in  dem  Falle  nicht  eintreten,  wenn  ihre  Axillar- 
knospe statt  zur  Blüthenknospe  sich  selbst  zu  einem  Zweige  aus- 
bildet. 

In  der  folgenden  Vegetationsperiode  entwickeln  sich  nun  diese 
Blätterbüschel  in  der  Weise  weiter,  dass  sie  ihre  Blätternnzahl  ver- 
grössern,  während  zu  gleicher  Zeit  an  der  Basis  der  Blätter  zahl- 
reiche Luftwurzeln  hervorbrechen.  —  Nur  in  seltenen  Fällen  ent- 
wickeln sich  aus  dem  Vegetationskegel  dieser  Büschel,  so  lange  sie 
mit  der  Mutterpflanze  in  Verbindung  sind,  wieder  verlängerte  Inter- 
nodien; dies  geschieht,  wie  schon  oben  gezeigt  wurde,  in  der  Regel 
erst  dann,  wenn  der  Büschel  seine  Wurzeln  in  den  Boden  senden 


i)  Leider  gelang  es  mir   nie,  reife  Samen  zu  erhalten,  um  die  Keimung  der  Pflanze 
studiren  zu  können. 


Zur  Kenntniss  von  Hartvoegia  commosa  Nees.  14-ö 

und  so  selbslständig  werden  kann.  —  Die  Zweige  mit  entwickelten 
Internodien  verfolgen  unterdessen  denselben  Lebenscyklus,  wie  er 
für  die  primäre  Axe  angegeben  wurde,  und  kommen  zur  Bildung  von 
Blüthen  und  Blätterbüscheln,  —  das  ursprüngliche  Blätterbüschel 
bildet  aus  seinen  Axillarknospen  entweder  wieder  einen  Stengel 
oder  Blätterbüschel ,  und  so  entsteht  nach  mehreren  Jahren  ein 
Pflanzenstaat,  dessen  Individuen  unter  sich  organisch  verbunden 
bleiben. 

Die  Blüthenstiele. 

Es  ist  schon  oben  erwähnt  worden,  dass  die  Blüthen  nach  der 
Stäubung  der  Antheren  sammt  einem  Theile  des  Blüthenstieles  in 
der  Regel  abfallen.  —  Die  Trennung  erfolgt  an  der  Gliederungs- 
stelle *)  des  Blüthenstieles  (Fig.  8)  und  wird  durch  einen  ganz 
merkwürdigen  Vorgang  bewerkstelligt,  der  dem  Abfallen  der  Blätter, 
wie  es  Mohl  3)  zeigte,  nicht  unähnlich  ist. 

Wenn  man  durch  ganz  junge  Blüthenknospen,  an  denen  die 
Blüthenstiele  noch  kaum  wahrzunehmen  sind,  Längsschnitte  macht, 
so  sehen  wir  noch  keine  Spur  dieser  später  schon  von  aussen  so 
auffallenden  Gliederung.  —  Sowohl  die  Zellen  der  Epidermis  als 
auch  der  unter  derselben  gelegenen  Schichten  sind  ganz  gleich- 
massig  ausgebildet,  und  weder  dem  Inhalte  noch  der  Grösse  nach 
von  einander  unterschieden.  Alle  zeigen  sich  mit  Inhalt  dicht  erfüllt, 
und  in  jeder  derselben  bemerkt  man  einen  deutlichen  Zellkern.  — 
An  etwas  entwickelteren  Knospen  zeigt  sich  schon  ein  anderes  Ver- 
hältniss.  Während  nämlich  die  meisten  Zellen  sich  durch  Streckung 
in  der  Richtung  des  Blüthenstieles  vergrössert  haben,  bleiben  meist 
drei  in  der  unteren  Hälfte  gelegene  Zelllagen  in  ihrer  Entwickelung 
zurück,  und  erscheinen  also  verkürzt,  wodurch  sich  diese  Zellpartie 
scharf  von  den  oben  und  unten  gelegenen  Zelllagen  abhebt  (Fig.  11). 
Dies  geschieht  aber  nicht  etwa  in  Folge  des  Absterbens  dieser 
Zellen,  denn  alle  auch  die  kleingebliebenen  zeigen  sich  noch  mit 
Inhalt  erfüllt,  und  haben  einen  auffallend  grossen  Zellkern.  Dieser 


i)  Es  ist  wohl  keinem  Zweifel  unterworfen,  dass  wir  es  hier  mit  unterdrückten  cymö- 
sen  Blüthenständen  zu  thun  haben,  denn  man  findet  hie  und  da  Blüthenstiele, 
welche  an  der  Gliederungsstelle  ein  zartes  Deckblättchen  tragen,  in  dessen  Achsel 
sich  wieder  eine  Blüthenknospe  befindet. 

2)  Bot.  Zeitg.  1860,  pag.  1,  9,   132. 


144  Leitgeb. 

Unterschied  tritt  zuerst  in  den  unter  der  Rindenschichte  gelegenen 
Zelllagen  auf,  lässt  sich  aber  bald  auch  in  der  Rindenschichte  und 
in  der  Epidermis  wahrnehmen.  In  letzterer  bleiben  nun  ebenfalls 
drei  Zelllagen  in  ihrer  Grössenzunahme  zurück,  während  die  weiter 
oben  und  unten  gelegenen  Zellen  sich  in  radiärer  Richtung  bedeu- 
tend strecken,  was  zur  Folge  hat,  dass  an  dieser  Stelle  eine  Art 
ringförmige  Einschnürung  entsteht  (Fig.  12).  Öfters  geschieht  dies 
jedoch  nicht  im  ganzen  Umkreise  des  Blüthenstieles,  sondern  an  der 
einen  Hälfte  desselben  entwickeln  sich  die  betreffenden  Epidermis- 
zellen  ebenfalls  in  radiärer  Richtung,  während  sie  in  der  anderen 
Hälfte  unentwickelt  bleiben,  wodurch  eine  Krümmung  des  Blüthen- 
stieles erzeugt  wird  (Fig.  13). 

So  zeigen  sich  die  Verhältnisse  vor  der  EntfaltungderBlüthen.  — 
Ist  diese  eingetreten ,  so  beginnt  in  dieser  rundzelligen  Schichte 
eine  rasche  Zellbildung  durch  Entstehen  von  Längsscheidewänden 
(Fig.  11  a),  wodurch  die  Dicke  dieser  Schicht  nicht  vergrössert 
wird ,  das  aber  zur  Folge  hat,  dass  der  Blüthenstiel  an  dieser  Stelle 
wulstig  aufgetrieben  erscheint.  —  Ist  nun  die  Blume  verblüht,  so 
trennen  sich  die  Zellen  dieser  Schicht  ohne  zu  zerreissen  aus  ihrer 
Verbindung,  und  zwar  in  der  Weise,  dass  eine  Zelllage  mit  dem 
an  der  Blüthe  haftenden  Theil  des  Blüthenstieles  in  Verbindung 
bleibt,  während  zwei  Zelllagen  mit  dem  untern  Theile  des  Blüthen- 
stieles verbunden  bleiben.  Diese  Trennung  tritt  zuerst  nur  stellen- 
weise ein,  so  zwar,  dass  sich  zuerst  die  innerhalb  der  Rindenschichte 
gelegenen  Zellen  aus  ihrem  Verbände  lösen,  die  Zellen  der  Rinden- 
schichte hingegen  zuletzt  sich  trennen,  während  die  betreffenden  Zellen 
der  Epidermis,  die ,  wie  wir  oben  sahen,  durch  rascheres  Wachsthum  der 
oben  und  unten  gelegenen  Zellen  eingedrückt  wurden,  schon  früher 
abstarben,  wodurch  natürlich  ihre  Verbindung  aufgehoben  wurde. 
Diese  Trennung  geht  jedoch  nicht  immer  in  einer  vollkommen  ebenen 
Fläche  vor  sich,  sondern  richtet  sich  ganz  nach  der  Lage  der  rund- 
zelligen  Schichte,  die  öfters  denn  auch  in  Folge  des  ungleichen 
Wachsthumsprocesses  in  den  verschiedenen  Schichten  des  Blüthen- 
stieles von  der  Zeit  seiner  Anlage  an,  entweder  schief  gestellt  oder 
gekrümmt  erscheint. 

Wenn  man  unmittelbar  nach  der  Loslösung  des  betreffenden 
Theiles  die  an  der  Trennungsstelle  gelegenen  Zellen  untersucht,  so 
zeigen   diese   nach   aussen  vollkommen  abgerundete  Wände  ,    doch 


Zur  Kcnnlniss  von   Vartweyia  commosa   Nees.  14») 

nicht  dies  allein  zeigt  für  ihre  Lebensfähigkeit,  da  sie  auch  noch 
immer  einen  deutlichen  Zellkern  besitzen  und  mit  Inhalt  gefüllt 
erscheinen.  Es  mag  nicht  unerwähnt  bleiben,  dass  man  noch  vor  der 
Trennung  gerade  in  dieser  rundzelligen  Schichte  eine  bedeutende 
Anhäufung  von  Zellinhalt  bemerkt. 

Wir  haben  in  der  Ablösung  der  Blüthen  also  einen  ganz  merk- 
würdigen Fall  vor  uns,  der  wohl  sehr  an  das  Ablösen  anderer 
Organe,  wie  es  Hugo  v.  Mo  hl  schilderte,  erinnert,  aber  damit  nicht 
zu  verwechseln  ist  (obwohl  auch  Mo  hl  J)  bei  Sedum  maximum 
einen  ähnlichen  Fall  anführt).  Hier  nämlich  ist  die  Schichte,  in  der 
später  die  Trennung  erfolgen  soll,  schon  sehr  früh,  noch  vor  der 
Ausbildung  des  betreffenden  Organes  angelegt  und  entspricht  in 
ihrer  Entvvickelung  ganz  derrundzelligenSchichte,  deren  Entstehung 
Mo  hl3)  ausführlich  beschrieb.  —  Wir  beobachten  hier  keine  Bil- 
dung einer  eigenen  Trennungsschichte  ,  sondern  die  Trennung 
erfolgt  in  dieser  rundzelligen  Schichte  ,  in  der  jedoch  allerdings, 
jedoch  geraume  Zeit  vor  der  Trennung  eine  Veränderung  vor  sich 
geht.  Diese  besteht  darin,  dass  die  Zellen  dieser  aus  drei  Zelllagen 
bestehenden  Schichte  sich  durch  Längsscheidewände  theilen,  wo- 
durch, wie  schon  oben  angedeutet  wurde,  der  Blüthenstie!  von 
aussen  wulstig  aufgetrieben  erscheint. 

Ich  habe  oben  bemerkt,  dass  die  an  der  Trennungsfläche  gele- 
genen Zellen  abgerundet  erscheinen,  ich  habe  hier  noch  zu  erwäh- 
nen, dass  diese  Abrundung  der  Zellen  auch  an  unter  Öl  beobachteten 
Präparaten  wahrzunehmen  ist.  Mohl  undlnmann  erklären  das 
Auseinanderweichen  der  Zellen  als  einen  vitalen  Act,  nicht  etwa  als 
eine  Todtenerscheinung  des  betreffenden  Gewebes,  und  ohne  dass 
ersterer  es  ausspricht,  muss  man  annehmen,  dass  das  Auseinander- 
weichen der  Zellen  durch  das  Aufgelöstwerden  der  Intercellular- 
substanz  und  durch  die  Eigenschwere  des  sich  loslösenden  Pflan- 
zentheiles  bewirkt  werde. 

Oftmalige  Beobachtungen  lassen  mich  keinen  Augenblick 
zweifeln,  dass  bei  dieser  Ablösung  eine  von  der  Zelle  selbst  aus- 
gehende Kraft  thätig  sei.  Wenn  man  zarte  Schnitte  von  noch  nicht 
losgelösten  Pflanzentheilen,    bei   denen  aber  die  Trennung  jedenfalls 


x)  L.  c.  pag\  14. 
3)  L.  c.  |>aff.  11. 
Sit/.!».  .1.  iiiiUliem.-iMtur.v-.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abtli.  10 


146  Leitgeh. 

in  kurzer  Zeit  hätte  eintreten  müssen,  unter  das  Präparirmikroskop 
legt,  so  kann  man  nicht  selten  beobachten,  dass  an  mehreren  Stellen 
in  dem  Momente ,  als  man  mit  der  Präparirnadel  das  Präparat 
erschüttert,  diese  Ablösung  nicht  allmählich  sondern  in  einem  Ruck 
geschieht ,  so  dass  die  betreffenden  Partien  förmlich  auseinander 
geschnellt  werden.  —  Allerdings  mag  hier  die  reichlichere,  durch 
Endosmose  bewirkte  Wasseraufnahme  das  ihrige  dazu  beigetragen 
haben,  aber  soll  denn  dieselbe  Kraft  nicht  auch  in  der  Pflanze  wirk- 
sam sein?  Dass  aber  zur  Zeit  der  Ablösung  die  betreffenden  Zellen 
mit  Saft  gefüllt  erscheinen,  dass  überhaupt  um  diese  Zeit  in  der 
rundzelligen  Schichte  eine  starke  Anhäufung  von  Zellinhalt  wahrzu- 
nehmen ist,  habe  ich  schon  oben  erwähnt. 

Gewiss  muss  früher  die  Intercellularsubstanz  aufgelöst  werden, 
aber  das  Abfallen  der  Blüthen  ist  zu  rasch,  als  dass  man  es  aus  dieser 
einen  Ursache  verbunden  mit  der  Eigenschwere  des  Pflanzentheiles 
erklären  könnte.  Man  müsste  sonst  wenigstens  hie  und  da  halb  los- 
gelöste Blüthen,  an  dem  unteren  Theile  des  Blüthenstieles  herab- 
hängend, beobachten  können,  was  jedoch,  so  weit  meine  Beobach- 
tungen reichen,  nie  der  Fall  ist.  —  Ich  habe  oben  erwähnt,  dass  die 
Lostrennung  zuerst  in  dem  inneren  Theile  stattfindet.  Hier  nun 
drücken  die  mit  Saft  erfüllten  Zellen  der  Trennungsgeschichte ,  da 
sie  sich  abzurunden,  also  auszudehnen  streben,  vermöge  der  Elasti- 
cität  der  Zellmembran  die  betreffenden  Theile  des  Blüthenstieles  von 
einander;  diese  hängen  jedoch  noch  in  der  Rindenschichte  zusam- 
men ,  und  erst  wenn  auch  hier  die  Lostrennung  weiter  vorge- 
schritten ist,  wird  der  betreffende  Pflanzentheil    abgestossen. 

Ich  greife  jedenfalls  meinen  Beobachtungen  vor ,  wenn  ich 
vermuthe,  dass  dies  wohl  auch  bei  den  Blättern  der  Fall  sei  — 
und  in  der  That,  wenn  man  den  Blätterfall  beobachtet,  und  sieht, 
wie  plötzlich  die  Trennung  eintritt,  kann  man  nicht  umhin,  auch 
hier  eine  Art  abstossende  Kraft  zu  vermuthen. 

Die  älteren  Theile  des  Gefässbündels  und  die  Gelasse  nehmen 
an  diesem  ganzen  Processe  keinen  Antheil,  sondern  zerreissen, 
wenn   die  Lostrennung  der  übrigen   vollendet  ist. 

Ist  auf  diese  Weise  die  Trennung  erfolgt,  so  schliesst  sich 
die  Wunde  durch  Vertrocknung  der  Zellen,  welcher  Process  sich 
jedoch  nicht  blos  auf  die  rundzellige  Schichte  erstreckt,  sondern 
eine  oft  auch  mehrere  Lagen  der  langgestreckten  Zellen  mit  ergreift. 


Zur  Keniitiiiss  von  Hartwegia  commosa  Nees.  147 

Die  Luftwurzeln. 

Ich  habe  schon  oben  erwähnt,  dass  an  der  Basis  der  Blätter- 
büschel, bald  nach  ihrer  Entwicklung  Luftwurzeln  hervorbrechen. 
Sie  entstehen  wie  alle  Nebenwurzeln  am  Verdickungsringe  der  ver- 
kürzten Axe  und  treten  in  horizontaler  Bichtung  nach  aussen. 
Durch  den  Druck,  den  sie  in  Folge  ihres  Wachsthumes  auf  die 
Basis  des  Blattes  ausüben,  wird  dieses  an  der  Berührungsstelle  in 
Form  eines  Wärzchens  aufgetrieben  und  an  dieser  Stelle  endlich  der 
Länge  nach  zerrissen.  Dabei  nimmt  hier  die  sich  verlängernde  Wur- 
zel nicht  selten  Stücke  des  Blattes  mit  sich,  die  man  dann  nicht 
allein  an  der  Wurzelhaube,  sondern  auch  noch  tiefer,  dem  Grunde 
der  Wurzel  zu  als  braune  Schuppen  an  der  Epidermis  haften  findet. 

Im  Allgemeinen  weicht  der  Bau  dieser  Luftwurzeln  nicht  von 
dem  anderer  Nebenwurzeln  ab.  Im  Verdickungsringe  unterscheidet 
man  einen  Kreis  von  (8 — 13)  Gefässbündeln,  die  ein  mit  vielen  In- 
tercellulargängen  durchzogenes  Mark  einschliessen.  Der  Bindentheil 
besteht  aus  einem  dünnwandigen  und  sehr  lockeren  Parenchym,  das 
von  vielen  der  Länge  nach  verlaufenden  Intercellulargängen  durch- 
zogen ist,  und  dessen  Zellen  mit  Chlorophyll  erfüllt  sind,  das  meist 
um  den  wandständigen  Zellkern  gelagert  ist.  In  der  Mitte  des  Bin- 
dentheiles  beobachtet  man  am  Querschnitte  einen  Kreis  sich  beson- 
ders durch  ihre  Grösse  auszeichnender  Zellen,  welche  Krystalle 
(Baphiden)  führen,  die  allerdings  auch  in  anderen  Zellen,  wiewohl 
seltener  vorkommen.  Da  sie  zugleich  auch  in  Längsreihen  gelagert 
sind  (Fig.  16),  so  bilden  sie  gewissermassen  eine  Art  Mantel,  durch 
den  die  Binde  in  einen  äusseren  und  inneren  Theil  getrennt  wird. 
Auffallend  gross  und  oft  ganz  mit  Krystalldrusen  erfüllt,  treten  sie 
besonders  an  in  Wasser  gewachsenen  Luftwurzeln  auf. 

Die  Epidermis  besteht  aus  dünnwandigen,  tafelförmigen  Zellen, 
und  ist  je  nach  dem  Medium,  in  welchem  die  Wurzel  sich  entwickelte, 
verschieden  ausgebildet.  So  lange  die  Wurzel  noch  klein  und  nicht 
über  eine  Linie  lang  ist,  sind  die  Epidermiszellen  nur  zu  kleinen 
Papillen  verlängert,  die  sich,  falls  die  Pflanze  in  trockener  Luft  ge- 
halten wird,  auch  nie  zu  wahren  Wurzelhaaren  entwickeln,  wie  in 
solchen  Fällen  auch  die  Luftwurzeln  nie  eine  bedeutende  Länge  (nie 
über  iy8 — 2  Zoll)  erreichen.  In  feuchter  Luft  jedoch,  wo  die  Luft- 
wurzeln oft  bis  8  Zoll  und    darüber  lang  werden,    wachsen    diese 

10* 


148  Leitgeb. 

Papillen  zu  sehr  langen  Wurzelhaaren  aus,  wodurch  dann  die  Wurzeln 
wie  mit  einem  weissen  Filze  überzogen  erscheinen. 

Nicht  selten  beobachtet  man  Luftwurzeln,  die  in  der  Art  aus- 
gebildet erscheinen,  dass  sie  ihrer  Länge  nach  an  gewissen  Stellen 
ringförmig  eingeschnürt  erscheinen.  Bei  näherer  Untersuchung 
findet  man,  dass  an  solchen  Stellen  keine  oder  nur  sehr  kurze  Wur- 
zelhaare sich  entwickelt  haben,  was  darin  seinen  Grund  hat,  dass 
zur  Zeit,  als  sich  diese  Stellen  gebildet  hatten,  die  umgebende  Luft 
trockener  als  gewöhnlich  war. 

Wenn  Wurzeln  in  Wasser  gezogen  werden,  so  bilden  sich  an 
der  Epidermis  weder  Papillen  noch  Wurzelhaare;  die  Epidermis- 
zellen  bleibenauch  kleiner  und  schliessen  enge  an  einander  (Fig.  21). 
Dies  ist  auch  bei  älteren  in  der  Erde  befindlichen  Wurzeln  der  Fall, 
während  hingegen  ihre  ungemein  feinen  Verzweigungen  dicht  mit 
Haaren  bedeckt  sind. 

Einen  ganz  merkwürdigen  Bau  zeigt  die  unmittelbar  unter  der 
Epidermis  gelegene  Zellschichte.  Sie  wird  für  uns  nicht  blos  wegen 
der  eigentümlichen  Ausbildung  der  sie  zusammensetzenden  Zellen 
von  hohem  Interesse,  sondern  erhält  eine  um  so  grössere  Bedeutung, 
je  constanter  wir  sie  an  so  vielen  der  verschiedenartigsten  Pflauzen- 
familien  angehörigen  Pflanzen ,  die  Luftwurzeln  bilden,  auftreten 
sehen. 

Wir  finden  sie  zum  Beispiele  an  den  Luftwurzeln  aller  Orchi- 
deen 9»  a's  die  unter  der  Wurzelhülle  oder  wie  hier  unmittelbar 
unter  der  Epidermis  liegende  Schichte,  wir  beobachten  sie  an  den 
Luftwurzeln  der  meisten  Aroideen  u.  s.  w.  Überall  zeigt  sie  dieselbe 
Ausbildung,  dieselbe  regelmässige  Anordnung  ihrer  Zellen;  und 
eben  diese  Stabilität  ihres  Auftretens  an  fast  allen  solchen  Wurzeln, 
welche  entweder  ganz  oder  wenigstens  theil'weise  zur  Nahrungsauf- 
nahme aus  der  Luft  dienen  und  die  überall  nahezu  gleiche  Ausbil- 
dung ihrer  Zellen,  lässt  ihre  hohe  Wichtigkeit  für  die  Function  der 
Luftwurzel  schon  im  Vorhinein  ahnen. 

Schon  ein  Querschnitt  durch  eine  Luftwurzel,  möge  diese  sich 
nun  in  was  immer  für  einem  Medium  ausgebildet  haben,  zeigt  diese 


i)  Die  allgemeine  Verbreitung  dieser  Zellschichte  bei  Orchideen  zeigte  Oude- 
n  ans  in  seiner  Abhandlung  über  die  Oberhaut  der  Orchideen  (Über  den  Sitz  der 
Oberhaut  bei  den  Luftwurzeln  der  Orchideen.  Abhandl.  d.  mathem.-phys.  Cl.  d. 
königl.  Akad.  d.  Wissensch.  zu  Amsterdam,   18<>l)   und  nannte  sie  Endo  dermis. 


Zur  Kenntniss  von  Hartwegia  comrnosn  Nees.  149 

Schichte  in  ganz  auffallender  Weise,  indem  die  Zellen  nicht  allein 
durch  ihre  grössere  Weite  und  die  äusserst  regelmässigem  Anord- 
nung, die  sich  in  der  vollkommen  radiären  Lage  der  Seitenwände 
kund  gibt ,  von  den  Epidermiszellen,  wie  von  den  darunterliegenden 
Rindenzellen  verschieden  sind,  sondern  sich  zugleich  durch  die  Art 
ihres  Inhaltes  von  beiden  sie  begrenzenden  Zellschichten  wesentlich 
unterscheiden.  Während  nämlich  die  darunter  liegenden  Rinden- 
zellen Stärkemehl  führen,  dessen  Körner  an  in  Wasser  oder  Luft 
gezogenen  Wurzeln  in  den  der  Epidermis  näher  liegenden  Schichten 
mit  Chlorophyll  überzogen  sind,  die  Epidermiszellen  aber  scheinbar 
inhaltslos  erscheinen,  und  an  älteren  Wurzeltheilen  nie  einen  Zell- 
kern wahrnehmen  lassen,  sehen  wir  viele  Zellen  dieser  Schichte  mit 
einem  auffallend  grossen  Zellkern  versehen,  der  nicht  selten  in  einer 
die  Zellen  ganz  ausfüllenden  granulösen  sich  durch  Jod  gelbbraun 
färbenden  Masse  gelegen  ist.  Diese  Zellen,  die  den  granulösen  Inhalt 
führen,  lassen  sich  bei  genauer  Betrachtung  von  den  anderen  Zellen 
dieser  Schichte  auch  dadurch  unterscheiden,  dass  ihre  äusseren 
Wände  dünnwandiger  sind,  convex  aufgetrieben  erscheinen  und  über 
die  umliegenden  Zellen  in  die  Epidermis  hineinragen.  Auch  sind 
diese  Zellen  dadurch  ausgezeichnet,  dass  ihnen  nie  ein  Zellkern  man- 
gelt, der  immer  an  der  äusseren  Wand  der  Zelle  befind- 
lich  ist. 

Die  Verschiedenheit  dieser  Zellen  tritt  aber  viel  auffallender 
an  einem  Längsschnitte  zu  Tage.  Der  Radialschnitt  (Fig.  14)  zeigt 
uns,  dass  diese  Zellschichte  aus  zwei  Arten  von  Zellen  besteht; 
aus  kürzeren  kegelförmigen,  die  sich  am  Querschnitte  schon  durch 
ihre  convexe  äussere  Wandung  und  durch  ihren  granulösen  Inhalt 
ersichtlich  gemacht  haben,  und  aus  lang  gestreckten,  die  nur  sel- 
tener einen  Zellkern  wahrnehmen  lassen,  denen  auch  der  granulöse 
Inhalt  fehlt,  die  aber  dafür  an  ihren  Wänden  eine  ungemein  feine 
und  ziemlich  regelmässige  Streifung  erkennen  lassen.  Diese  Streifen, 
obwohl  sie  nicht  selten  wie  feine  spiralförmige  Verdickungsschichten 
aussehen,  lassen  aber  schon  im  vorhinein  eine  andere  Entstehung 
vermuthen ,  da  sie  meist  nur  in  der  Mitte  der  Zellhaut  auftreten, 
gegen  die  Seiten  hin  aber  allmählich  schwächer  werden,  und  diese 
sehr  selten  erreichen.  Ein  Tangentialschnitt  (Fig.  15)  zeigt  uns  den 
Grund  dieser  Streifungen  in  vollkommen  klarer  Weise.  Er  liegt  in 
einer  äusserst  zarten  Fallung  der  Zellmembran,    wiewohl  man  hie 


150  L  c  i  t  g  e  h. 

und  da  an  einer  solchen  Faltungsstelle  eine  wenn  auch  ganz  schwache 
Verdickung  der  Zellwand  bemerken  kann.  Dieser  Schnitt  zeigt  denn 
auch  die  kleinen  Zellen  besonders  schön,  und  man  erkennt  bei  ver- 
änderter Einstellung  ihre  viel  kleineren  Basisflächen,  wodurch  sie 
sich,  wie  es  auch  schon  der  Längsschnitt  lehrt,  als  kegelförmige 
(eigentlich  kegelstutzförmige)  Zellen  kundgeben. 

Die  Zellen  mit  gefalteter  Zellmembran  lassen  sich  auch  wegen 
ihrer  Grösse  nach  dem  Schulz'schen  Macerationsverfahren  sehr 
leicht  frei  präpariren,  und  dann  sieht  man  sehr  deutlich,  dass  jeder 
Streifen  genau  einer  Faltung  entspricht  (Fig.  17). 

Diese  Zellschichte  mit  der  eigenthümlichen  Ausbildung  ihrer 
Zellen  zeigt  sich  mehr  oder  weniger  deutlich  an  jeder  Luftwurzel, 
besonders  schön  aber  an  solchen,  die  sich  in  Warmhäusern  ent- 
wickelt haben,  deren  Epidermiszellen  also  zu  sehr  langen  Wurzel- 
haaren ausgewachsen  sind. 

Was  die  Entwicklungsgeschichte  dieser  Zellschichte  anbe- 
langt, so  entspringt  sie  wie  die  darüber  liegende  Epidermis  dicht 
im  Vegetationskegel  der  Wurzel  (Fig.  18).  Der  Unterschied  der 
beiden  Zellarten  dieser  Schichte  tritt  jedoch  erst  da  auf,  wo  die 
Epidermis  allmählich  unter  der  Wurzelhaube  hervorzutreten  be- 
ginnt. 

Eine  merkwürdige  Beziehung  zeigen  die  kegelförmigen  Zellen  zur 
beginnenden  Korkbildung,  die  man  an  den  älteren  Luftwurzeln  sehr 
leicht  beobachten  kann.  Wenn  man  nämlich  ältere  Luftwurzeln  von  sehr 
entwickelten  Blätterbüscheln,  seien  diese  nun  mit  der  Mutterpflanze 
in  Verbindung  oder  frei  in  feuchter  Atmosphäre  aufgehangen,  unter- 
sucht, so  kann  man  auf  Quer-  und  Längsschnitten  nicht  selten  die 
ersten  Stadien  der  Korkbildung  beobachten.  Man  sieht  dann,  dass 
die  Korkbildung  immer  unmittelbar  unter  den  kegelförmigen  Zellen 
beginnt,  und  ohne  sich  seitlich  weiter  auszubreiten,  nur  in  den  Baum 
dieser  Zellen  hinein  fortschreitet  (Fig.  19,  20).  Es  zerreisst  näm- 
lich die  Epidermis  immer  zunächst  oberhalb  dieser  kegelförmigen 
Zellen,  deren  obere  Wandung  dadurch  blossgelegt  und  öfters  eben- 
falls zerrissen  wird,  welchen  beiden  Fällen  sogleich  die  Korkbildung 
ihren  Anfang  nimmt.  Sie  beginnt  immer  durch  Bildung  von  Längs- 
scheidewänden (Fig.  20),  und  setzt  sich  in  der  Weise  weiter  fort,  dass 
sich  die  nach  innen  gelegene  Tochterzelle,  und  zwar  wieder  durch 
Längsscheidewände  weiter  theilt,    welcher  Vorgang  sich  unter  die 


Zur  Kenntniss  von  Hartwegia  commosa  Nees.  151 

von  Sanio  J)  als  Korkbildung  mit  centripetaler  Zellfolge  bezeich- 
nete Entwickelungsart  subsumiren  lässt.  An  dieser  localen  Kork- 
bildung  kann  entweder  nur  eine  einzige  Zelle  oder  auch  zwei  oder 
drei  Zellen  tlieilnehmen,  je  nachdem  nämlich  an  die  untere  Wandung 
der  kegelförmigen  Zelle  nur  eine  einzige  oder  zwei  oder  drei  Zellen 
angrenzen  (Fig.  19).  Immer  aber  erfolgt  die  Bildung  der  tangen- 
tialen Scheidewände  von  aussen  nach  innen,  so  zwar,  dass  immer 
die  innere  Zelle  sich  als  Mutterzelle  weiter  theilt,  wie  es  sich  durch 
Vergleichung  vieler  Schnitte  und  durch  Betrachtung  der  gegensei- 
tigen Mächtigkeit  der  Zellwandungen  unter  starken  Vergrößerungen 
ganz  unzweifelhaft  herausstellt. 

Durch  diese  Korkbildung  wird  der  Raum  der  kegelförmigen 
Zelle  wie  mit  einem  Pfropfen  von  innen  aus  verschlossen,  und  so  die 
unmittelbare  Einwirkung  der  Atmosphärilien  auf  die  innen  gele- 
genen Zellschichten  vollkommen  abgehalten. 

Function  der  Luftwurzeln. 

Wenn  man  einen  Blätterbüschel,  an  dem  sich  erst  Ansätze  zu 
Luftwurzeln  entwickelt  haben,  oder  dessen  Luftwurzeln  in  Folge 
der  Trockenheit  der  umgebenden  Luft  nicht,  oder  nur  hie  und  da 
mit  Wurzelhaaren  besetzt  sind,  von  der  Mutterpflanze  trennt,  und 
in  trockener  und  feuchter  Luft  frei  aufhängt,  so  geht  er  sehr  bald 
zu  Grunde,  indem  zuerst  die  Blätter  und  nach  einiger  Zeit  auch 
die  Luftwurzeln  welk  werden  und  nach  Umständen  verdorren  oder 
verfaulen.  Anders  gestaltet  sich  die  Sache,  wenn  sich  an  dem  Blätter- 
büschel mehrere  in  feuchter  Luft  gewachsene  Luftwurzeln  betinden, 
und  dieses  dann  in  feuchter  Luft  aufgehängt  wird.  In  solchen  Fällen 
geht  das  Verwelken  und  schliessliche  Absterben  ungemein  langsam 
vor  sich,  wie  nachstehende  Versuche  beweisen: 

1.  Von  einer  in  einem  Wärmhause  stehenden  Pflanze  wurde 
ein  Blätterbüschel  losgetrennt,  an  dem  sich  zwei  sehr  lange  (2") 
Luftwurzeln  und  zwei  Blätter  befanden.  Letztere  hatten  zusammen 
eine  Oberflache  von  6  Quadratzoll,  welche  Fläche  uns,  wie  wir 
gleich  sehen  werden,  die  Grösse  der  Verdunstungsoberfläche  der 
Versuchspflanze    A    darstellt.    Die    Luftwurzeln    wurden    in    einem 


•)   Bau  und  Eutwickelung  des  Korkes.   Jahrbücher  f.  wiss.  Bot.   II    Bd.  18G0,  pa».  45. 


152 


L  e  i  t  s-  e  b. 


Glascylinder,  in  dem  die  Luft  durch  einen  Schwamm  feucht  erhalten 
wurde,  dermassen  eingeschlossen,  dass  die  äussere  Luft  durch  eine 
kleine  Öffnung  mit  der  im  Cylinder  eingeschlossenen  communi- 
ciren  konnte.  Ebenso  wurde  eine  zweite  Pflanze  B,  deren  Blattober- 
fläche (bei  3  Blätter)  nur  5  Quadratzoll  betrug,  an  der  sich  jedoch 
nur  eine  */a  Zoll  lange  Luftwurzel,  an  der  sich  keine  Wurzelhaare 
zeigten,  entwickelt  hatte,  ganz  unter  dieselben  Verhältnisse. gebracht, 
und  beide  Pflanzen  von  Zeit  zu  Zeit  gewogen.  Es  ergab  sich  folgendes 
Resultat: 


Datum 
des  Versuchs 

Gewicht  d 
in  W. 

er  Pflanze 
Gran 

Anmerkung 

A 

B 

December  20 

4S 

24-5 

27 

42 

19 

30 

41 

17 

Jänner     4 

40 

15-5 

8 

39-5 

13 

11 

38-5 

12 

13 

38 

11-5 

18 
24 
29 

37-5 

36 

38-5 

9 

Die  Blätter  der  Pflanze  B  sind 
fast  ganz  verdorrt ,  die  der 
Pflanze  A  noch  frisch. 

30 

3S 

Die  Pflanze  A  wird  auffallend 
welker  ,  daher  der  Versuch 
unterbrochen. 

Dieser  Versuch,  so  wie  mehrere  andere,  die  nahezu  dasselbe 
Resultat  gaben,  zeigt,  dass  in  beiden  Fällen  die  Pflanzen  lang- 
sam zu  Grunde  gingen ,  dass  jedoch  der  Gewichtsverlust  bei  der 
Pflanze  B  vom  20.  December  bis  18.  Jänner  fast  noch  einmal  so 
gross  war,  als  bei  der  Pflanze  A,  bei  der  die  Luftwurzeln  durch 
ihre  Function  den  durch  die  Verdunstung  erzeugten  Gewichtsverlust 
theilweise  deckten. 

2.  Von  einer  in  einem  Wärmhause  stehenden  Pflanze  wurde  ein 
Blätterbüschel  mit  vier  entwickelten  Blättern  und  drei  Luftwurzeln 
(1,  \x/z,  1 3/*  Zoll  lang),  die  mit  Wurzelbaaren  dicht  besetzt  waren,  am 
24.  Jänner  1862  von  der  Mutterpflanze  getrennt,  und,  nachdem  die 
Trennungsfläche   durch  etwas  Baumwachs  war  verschmiert  worden, 


Zur  Kenntniss  von   Hartwegia  commosa  Necs.  153 

im  Glashause  gewogen  und  dann  wieder  neben  der  Mutterpflanze 
frei  aufgehängt.  Die  Pflanze  zeigte  ein  Gewicht  von  30-3  Gran. 
Durch  zwei  Wochen  war  an  der  Pflanze  keine  Veränderung  zu 
bemerken,  in  der  dritten  Woche  wurden  die  Blätter  jedoch  zusehends 
welker.  Am  20.  Februar,  also  nach  beiläufig  einem  Monate,  wurde 
die  Pflanze  wieder  gewogen,  und  es  ergab  sich  ein  Gewicht  von 
27  Gran.  Sie  hatte  also  während  eines  Monats  nur  3-3  Gran  an 
Gewicht  verloren  ,  war  übrigens  noch  ziemlich  frisch,  während 
andere  Pflanzen,  die  ganz  unter  denselben  Umständen  waren  gehal- 
ten worden,  deren  Wurzeln  aber  klein  blieben  und  keine  Wurzel- 
haare hatten,  in  dieser  Zeit  schon  ganz  zu  Grunde  gegangen  waren. 

3.  Eine  Pflanze  wurde  durch  einen  ganzen  Sommer  (1862) 
im  Glashause,  wo  sie  sich  auch  entwickelt  hatte,  frei  aufgehangen. 
Im  Winter  wurde  die  welk  gewordene  Pflanze  herabgenommen  und 
in  feuchte  Erde  gesetzt.  Obwohl  sich  die  alten  Wurzeln  noch  sehr 
saftreich  zeigten,  gingen  sie  doch  zu  Grunde,  dafür  bildeten  sich 
aber  sehr  bald  neue  Wurzeln  und  Blätter. 

4.  Ein  mit  der  Mutterpflanze  noch  in  Verbindung  stehender 
Blätterbüschel  wurde  am  12.  Juni  1862  in  einen  Cylinder  einge- 
senkt ,  in  dem  die  Atmosphäre  fortwährend  feucht  erhalten  wurde. 
Die  Pflanze  zeigte  mehrere,  kaum  eine  Linie  lange  Luftwurzeln  und 
zwei  kaum  fingerlange  Blätter.  Nach  8  Tagen  hatten  sich  6  Luft- 
wurzeln mit  dichtem  Filzüberzug  gebildet,  von  denen  vier  über  einen 
halben  Zoll  lang  waren.  Ami. August,  also  nach  weiteren  40  Tagen, 
hatte  jede  dieser  Wurzeln  eine  Länge  von  2  Zoll  erreicht  und  war 
über  und  über  mit  Wurzelhaaren  versehen;  die  Blätter  hatten  sich 
wenig  weiter  entwickelt,  nur  war  der  Ansatz  eines  neuen  Blattes 
hinzugekommen.  —  So  wurde  nun  der  Stengel,  an  dem  sich  der  Blät- 
terbüschel entwickelt  hatte,  durchschnitten,  letzterer  aber  ganz  in 
seinen  früheren  Verhältnissen  gelassen.  Am  17.  Jänner  1863,  also 
nach  fast  6Monaten,  war  die  Pflanze  noch  ziemlich  frisch;  die  Wur- 
zeln waren  ganz  gesund  und  saftreich,  die  Blätter  hatten  etwas  an 
ihrem  Turgor  verloren.  Auch  waren  keine  neuen  Blätter  dazu 
gekommen.  Das  Gewicht  hatte  sich  von  64  auf  52  Gran  vermindert. 
Die  dann  untersuchten  Luftwurzeln,  die  sich  während  der  Versuchs- 
dauer ebenfalls  nicht  verlängert  hatten,  zeigten  sich  auch  in  ihrem 
Baue  in  nichts  verändert.  Die  Haare  waren  ungemein  lang  und  zahl- 
reich ;  die  kegelförmigen  Zellen  waren  mit  granulösem  Inhalt  erfüllt. 


154  Leitgeh. 

An  den  langgestreckten  Zellen  dieser  Schichte  zeigte  sich  die  schon 
oben  erwähnte  Streifung;  das  weiter  nach  innen  gelegene  Zellen- 
gewebe enthielt  viele  und  auffallend  grosse  Chlorophyllkörner,  die 
dicht  um  den  Zellenkern  gelagert  waren.  Die  Zellen  der  Kernscheide 
enthielten  je  einen  Öltropfen,  der  gegen  die  Spitze  der  Wurzel  an 
Grösse  zunahm;  ausserdem  zeigten  sich  in  der  Rinde  wie  im  Marke 
auffallend  grosse,  der  Länge  nach  verlaufende  Intercellularräume. 

Diese  Versuche  beweisen  wohl  zur  Genüge,  dass  die  Luftwur- 
zeln jedenfalls  einen  grossen  Antheil  an  der  Ernährung  der  Pflanze 
nehmen.  Wenn  die  Stoffaufnahme  auch  nicht  so  gross  ist,  um  eine 
Neubildung  zu  veranlassen,  so  wird  durch  die  Thätigkeit  der  Wur- 
zeln wenigstens  das  bewirkt,  dass  das  Leben  der  Pflanze  durch  län- 
gere Zeit  in  soweit  erhalten  bleibt,  dass  diese,  wenn  sie  dann  unter 
andere  ihrer  Ernährung  günstigere  Verhältnisse  kommt,  noch  Kraft 
genug  besitzt,  um  sich  weiter  entwickeln  zu  können. 

Ich  will  hier  noch  auf  einen  Umstand  aufmerksam  machen,  den 
ich  in  Folge  mehrjähriger  Beobachtungen  immer  bestätigt  fand.  Es 
ist  nämlich  eine  ausnahmslose  Regel,  dass  Blätterbüschel,  die  noch 
an  der  Mutterpflanze  hängen,  wenn  die  Pflanze  in  trockener  Luft 
gehalten  wird,  alle  durch  den  Stengel  zugeführten  Nahrungsstoffe 
fast  nur  zur  Bildung  von  neuen  Blättern  verwenden,  die  Luftwur- 
zeln aber  fast  gar  nicht  entwickelt  werden;  dass  hingegen  in  feuch- 
ter Luft  nach  der  Entwickelung  der  ersten  Blätter  fast  nur  mehr 
Wrurzeln  gebildet  werden,  die  Blätter  sich  hingegen  nur  sehr  wenig 
weiter  entwickeln.  —  So  kann  man  an  in  einem  Zimmer  gezogeneu 
Exemplare  nicht  selten  Blätterbüschel  beobachten,  an  denen  sich 
bis  zu  12  Blätter,  aber  nur  ein  paar  kleine  Luftwurzeln  entwickelt 
haben,  während  sich  an  in  Warmhäusern  gezogenen  Exemplaren 
meist  nur  2  oder  3  Blätter,  dafür  aber  oft  bis  zu  20  nicht  selten 
fusslange  Wurzeln  vorkommen. 

Wenn  man  einen  Blätterbüschel ,  an  dem  sich  Luftwurzeln 
gebildet  haben,  von  der  Mutterpflanze  trennt,  und  in  die  Erde  setzt, 
so  sehen  wir  an  letzteren  eigenthümliche  Veränderungen  eintreten. 
Während  nämlich  schon  sehr  grosse  und  mit  Wurzelhaaren  ver- 
sehene Wurzeln  meist  ganz  zu  Grunde  gehen,  und  sich  statt  ihrer 
neue  Wurzeln  ausbilden,  sehen  wir,  dass  jüngere  nicht  viel  über 
1  Zoll  lange  Wurzeln  in  der  Weise  weiter  wachsen,  dass  sie  sich 
bedeutend   verdicken,  dann  aber  allmählich  wieder  dünner  werden, 


Zur  Kenntniss  von  Uartwegia  commosa  Nees.  155 

und  sich  schliesslich  in  die  feinsten  Fasern  verzweigen  (Fig.  22). 
Dies  geschieht  auch,  wenn  man  eine  Luftwurzel  eines  noch  mit  der 
Mutterpflanze  in  Verbindung  stehenden  Blätterbüschels  in  Erde  ein- 
setzt. In  dieser  Beziehung  unternahm  ich  folgenden  Versuch: 

An  einer  in  einem  Wärmhause  stehenden  Pflanze  hatten  sich 
mehrere  ßlätterbiischel  und  an  einem  derselben  mehrere  sehr  lange 
Luftwurzeln  entwickelt.  Die  kürzeste  von  diesen  war  21/3  Zoll  lang. 
Diese  wurde  nun,  ohne  ihre  Verbindung  mit  dem  Blätterbüschel  zu 
unterbrechen,  am  27.  October  in  einen  daneben  gestellten  Garten- 
topf gegeben,  und  dieser  dann  mit  Erde  gefüllt.  —  Am  10.  Decem- 
ber  wurde  nun  die  Wurzel  an  ihrer  Verbindungsstelle  mit  dem 
Blätterbüschel  abgeschnitten  und  untersucht.  —  Der  Theil  der 
Wurzel,  der  über  der  Erde  geblieben  war,  hatte  sein  Aussehen  wenig 
geändert,  er  schien  mir  etwas  grüner  geworden  zu  sein,  da  die  Wur- 
zelhaare theilweise  zu  Grunde  gegangen  waren.  Bei  anatomischer 
Untersuchung  zeigten  sich  die  Wurzelhaare  und  auch  die  Epider- 
miszellen  hie  und  da  zerrissen,  und  an  solchen  Stellen  bemerkte  man 
in  der  dritten  Zellschichte  die  schon  oben  erwähnte  Korkbildung. 
Die  Wurzel  war  ferners  um  1  i/a  Zoll  länger  geworden,  hatte  an 
den  neugebildeten  Theilen  eine  glänzend  weisse  Farbe,  und  hatte 
anfangs  nur  allmählich,  später  aber  plötzlich  an  Dicke  zugenommen, 
so  zwar,  dass  sich  am  Ende  der  Wurzel  eine  Art  Knollen  gebildet 
hatte,  an  dessen  Ende  nur  mittelst  einer  Loupe  der  durch  eine  kaum 
merkbare  Wurzelhaube  bedeckte  und  etwas  aus  der  Mitte  hinaus- 
gerückte Vegetationskegel  unterschieden  werden  konnte. 

An  den  zuerst  gebildeten  und  nur  wenig  verdickten  Theilen 
hatten  sich  zolllange  Nebenwurzeln  gebildet,  die  auch  an  mehreren 
Stellen  der  knollenartigen  Verdickung  entweder  schon  die  Epidermis 
durchbrochen  hatten  oder  noch  ganz  in  den  tieferen  Partien  der 
Binde  lagen,  was  bei  der  durchscheinenden  Beschaffenheit  der 
Wurzel  sehr  schön  beobachtet  werden  konnte.  Die  anatomische 
Untersuchung  zeigte,  dass  wie  natürlich  die  Zahl  der  Gefässbündel 
(9)  gleich  geblieben  war.  In  dem  knollenförmigen  Theile  waren  sie 
aber  weiter  auseinandergerückt,  und  durch  Parenchym  von  einander 
geschieden;  aber  auch  die  zwischen  ihnen  liegenden  Cambiumpar- 
tien  waren  sowohl,  was  Zahl  als  Grösse  ihrer  Zellen  betrifft,  viel 
bedeutender  entwickelt.  Der  Holztheil  der  einzelnen  Gefässbündel 
hatte  nur  sehr  wenig  verdickte  Zellen;   so   waren   auch   die   Zellen 


156  Leitg-eb. 

der  an  anderen  Wurzeln  angezeichnet  entwickelten  Kernscheide 
nicht  verdickt,  und  auch  nicht  so  regelmässig  in  einen  Kreis  gestellt. 
—  Sie  sowohl  v\ie  die  innerhalb  gelegenen  Zellen  zeigten  zahl- 
reiche Theilungen.  Der  Markkörper  hatte  ebenfalls  an  Zahl  und 
Weite  der  Zellen  zugenommen ,  zwischen  denen  man  jetzt  sehr 
grosse  lntercellularräume  bemerkte.  Der  hauptsächlichste  Grund  der 
Verdickung  war  aber  in  der  Ausbildung  der  Zellen  des  Rindenkör- 
pers gelegen.  Während  dieser  nämlich  in  den  ober  der  Erde  geblie- 
benen Theilen  der  Wurzel  am  Querschnitte  nur  12  Zellreihen 
zeigte,  war  deren  Zahl  in  den  am  stärksten  verdickten  Theilen  auf 
20  gestiegen,  wie  auch  die  Zellen  bedeutend  an  Weite  zugenommen 
hatten.  In  denselben  gewahrte  man  hie  und  da  einen  Zellkern,  aber 
weiters  keinen  festen  Inhalt.  —  Die  Epidermis  war  vollkommen  ent- 
wickelt, zeigte  aber  keine  Wurzelhaare,  die  zweite  Schichte  in  ihrer 
eigenthümlichen  Ausbildung  (Endodermis  nach  Ou  dem  ans)  war 
wohl  vorhanden,  der  Unterschied  zwischen  den  langgestreckten 
und  kegelförmigen  Zellen  war  aber  nicht  so  auffüllend,  wie  an  an- 
deren Wurzeln;  letztere  hatten  nur  höchst  selten  Zellkerne  und  nie 
den  schon  oben  erwähnten  granulösen  Inhalt,  an  ersteren  war  die 
Streifung,  wiewohl  sehr  undeutlich,  ebenfalls  vorhanden. 

Die  aus  dieser  verdickten  Wurzel  entspringenden  Nebenwur- 
zeln zeigten  die  Ausbildung  der  kegelförmigen  Zellen  schon  inner- 
halb der  Rinde,  noch  viel  ausgeprägter  aber  an  den  aussen  gelege- 
nen Theilen;  und  da  zeigten  sich  die  Epidermiszellen  nicht  selten 
zu  Haaren  ausgezogen,  an  ihrer  inneren,  an  die  Endodermis  anstos- 
senden  Wand  jedoch  mit  Poren  besetzt,  was  besonders  an  jenen 
Zellen  häufig  auftrat  ,  die  über  den  kegelförmigen  Zellen  zu  liegen 
kamen. 

Aus  dem  Umstände  nun,  dass  sich  diese  Wurzeln  durch  län- 
gere Zeit  (natürlich  durch  ihren  Verdickungsring)  verdicken,  und 
dass  sie  auch  in  späteren  Stadien  noch  im  Stande  sind,  aus  den  ver- 
dickten Theilen  Nebenwurzeln  zu  treiben,  sehen  wir,  dass  hier  die 
Thätigkeit  des  Verdickungsringes  durch  längere  Zeit  noch  fort- 
dauert, während  sie  bei  oberirdischen  Wurzeln,  die  sich  allerdings 
auch  hie  und  da  jedoch  nur  in  ihren  jüngsten  Enden  verzweigen, 
durch  Ausbildung  der  Kernscheide  schon  sehr  frühzeitig  erlischt. 

Schliesslich  nur  noch  einige  Worte  über  die  Bedeutung  der  von 
Ou  de  maus  mit  dem  Namen  Endodermis  bezeichneten  Zellschichte: 


Zur  Kenntnis«  von   Hartweyia  commosa  Nees.  lo7 

Ich  habe  schon  oben  erwähnt,  dass  sie  nicht  dieser  Pflanze 
allein  eigentümlich  isf,  sondern  dass  sie  sich  ganz  in  derselben 
Ausbildung  an  den  Luftwurzeln  aller  Orchideen  und  fast  aller  Aroideen 
findet,  ja,  dass  sie  in  ihrem  Auftreten  viel  allgemeiner  ist,  als  die  — 
als  Wurzelhülle  bezeichnete  Umhüllung  der  Luftwurzeln  vieler  Pflan- 
zen. Ich  erwähne  noch,  dass  sie  sich  auch  an  den  Luftwurzeln  solcher 
Pflanzen  findet,  die  keine  Wurzelhülle  besitzen,  wie  zum  Beispiele 
Vanilla planifolia,  Bulbophyllum,  Raphidophora  decursiva  etc.,  wo 
sie  ebenfalls  unmittelbar  unter  der  Epidermis  liegt,  und  wo  sowohl 
die  kegelförmigen  Zellen,  was  Form  und  Inhalt  anbelangt,  als  auch 
die  langgestreckten  ganz  auf  dieselbe  Weise  ausgebildet  vorkommen, 
nur  dass  letzteren  hie  und  da  die  Streifung  abgeht.  Versuche,  welche 
Unger  ')  mit  Spironema  fragrans  anstellte  (einer  Pflanze,  deren 
Luftwurzeln  ebenfalls  keine  Wurzelhülle  besitzen),  beweisen,  dass 
die  Wurzelhülle  durchaus  nicht  nothwendig  ist,  um  eine  Wurzel  zu 
der  ihr  eigentümlichen  Function  der  Pflanze  ausschliesslich  aus 
der  Luft  die  Nahrung  zuzuführen,  tauglich  zu  machen,  indem  sie 
eben  bei  dieser  Pflanze,  die,  wie  die  Versuche  Unger's  zeigen, 
durch  blosse  Luftnahrung  nicht  nur  sich  erhallen,  sondern  auch 
kräftig  weiter  wachsen  kann,  ganz  fehlt,  bei  anderen  wie  bei 
Arachnanthe  moschif'era  aber  nur  auf  zwei  Zellenlagen  beschränkt 
ist.  In  keinem  Falle  fehlt  aber  die  Endodermis,  und  es  ist  wohl 
mehr  als  wahrscheinlich,  dass  hauptsächlich  das  Vorhandensein 
dieser  Schichte  eine  Wurzel  befähigt,  als  eigentliche  Luftwurzel 
zu  fungiren.  Die  Wurzelhülle  dürfte  ganz  auf  dieselbe  Weise  wir- 
ken, wie  die  dichtgestellten  Wurzelhaare  und  wie  ja  schon  Schlei- 
den  andeutete,  zur  Condensation  von  Wasserdunst  beitragen;  das 
Geschäft  jedoch ,  ähnlich  der  Epidermis  an  oberirdischen  Theilen 
die  tiefer  gelegenen  Zellenschichten  vor  Verdunstung  zu  schützen, 
dürfte  aber  hauptsächlich  dieser  Schichte  zukommen.  Wir  finden 
nämlich  bei  fast  allen  Pflanzen  die  längeren  Endodermiszellen  an 
ihren  äusseren  Wänden  mehr  oder  weniger  verdickt ,  zugleich 
aber  bei  solchen  Wurzeln ,  die  keine  Wurzelhülle  besitzen  ,  die 
ihnen  anliegenden  Wände  der  Epidermiszellen  mit  Verdickungsschich- 
ten  besetzt,  wo  aber  eine  Wurzelhülle  vorhanden  ist,  die  Spiral- 


i)  Sit^ungsber.  d.  kais.  Akad.  d.  Wiss.  1854.  Bd.  XII,  pag\  393. 
2)  GrmidzSge  d.  wiss.  Bot.  3.  Aufl.  I.  Bd.   pag.  342. 


1  58  L  e  i  t  g  e  b. 

fasern  an  diesen  Wänden  enge  aneinander  gerückt,  so  zwar,  dass 
fast  kein  freier  Raum  zwischen  ihnen  bleibt.  Die  kegelförmigen 
Zellen  hingegen  bleiben  immer  dünnwandig,  oder  wenigstens  dünn- 
wandiger als  die  langgestreckten  Zellen,  während  zu  gleicher  Zeit, 
in  dem  Falle,  wo  ihnen  die  Epidermis  unmittelbar  anliegt,  die  in- 
neren verdickten  Wandungen  derselben  getüpfelt  erscheinen,  was 
hie  und  da  auch  über  den  langgestreckten  Zellen  der  Fall  ist.  Dort 
aber,  wo  eine  Wurzelhülle  vorhanden  ist,  fehlen  die  Spiralfasern 
über  den  kegelförmigen  Zellen  entweder  fast  ganz,  oder  sind  in 
anderer  Weise  als  über  den  langgestreckten  Zellen  entwickelt. 

Ich  glaube  also  zu  dem  Schlüsse  berechtigt,  dass,  während 
die  langgestreckten  Zellen  hauptsächlich  die  Function  haben  ,  die 
innen  gelegenen  Theile  vor  Verdunstung  zu  schützen,  die  kegel- 
förmigen Zellen  ebenso  die  Wege  zur  Aufnahme  der  durch  die 
Wurzelhülle  oder  Wurzelhaare  condensirten  atmosphärischen  Dünste 
bilden,  wie  etwa  die  Spaltöffnungen  an  den  oberirdischen  Theilen 
die  Zuleitung  luftförmiger  Nahrung  vermitteln;  dass  also  die  Endo- 
dermis  in  ihrer  Function  die  Verdunstung  zu  verlangsamen 
und  doch  Nahrungsaufnahme  zu  ermöglichen,  der  mit  Spalt- 
öffnu  ngen  versehenen  Epidermis  oberirdischer  Pflan- 
zentheile  zu  vergleichen  ist. 

Es  sind  noch  andere  Gründe,  welche  mich  dies  vermuthen 
lassen,  deren  weitere  Ausführung  ich  jedoch  einer  anderen  Abhand- 
lung vorbehalte,  die  die  Luftwurzeln  der  Pflanzen  im  Allgemeinen  be- 
trifft, und  die  ich,  wie  ich  hoffe,  in  Kürze  werde  vollenden  können. 

Hiemit  schliesse  ich  meine  Betrachtungen  über  die  eigenthiim- 
liche  Lebensweise  dieses  sonderbaren  Gewächses.  Ich  halte  diese 
Pflanze  vermöge  ihrer  Productivität,  wie  ihrer  grossen  Lebenszähig- 
keit, wie  wenig  andere  geeignet,  um  an  ihr  Studien  über  die  Func- 
tion der  Wurzeln  im  Allgemeinen  und  besonders  der  Luftwurzeln  zu 
machen.  Mögen  meine  Andeutungen  anderen  Forschern,  die  glückli- 
cher als  ich  über  einen  chemischen  und  physikalischen  Apparat  ver- 
fügen, zur  Anregung  werden,  in  dieser  Beziehung  weiter  die  geheim- 
nissvollen Gesetze  des  Lebens  zu  entschleiern! 


Zur  Keiiiitniss  von  Hartweyia  commosa  iSees.  lOtf 


Erklärung  der  Tafel. 

Fig.  1.  Eine  mehrere  Jahre  alte  Pflanze  von  Hartweyia  commosa.  Aus  dem 
grundständigen  Blatterbüschel  entspringen  zwei  büseheltragende  und 
ein  einjähriger  bliithentragender  Stengel.  —Verkleinert.  (Diese  Zeich- 
nung wie  auch  Fig.  ä  und  22  vordanke  ich  der  Güte  des  Herrn  Gym- 
nasial-Professors  J.  Mik  ) 

„  2.  Durchschnitt  einer  Zweigknospe,  die  sich  an  dem  untersten  Theile  des 
Stengels  entwickelt  hatte,  a  Vegetationskegel  der  Zweigknospe  ; 
b  ihre  Axillarknospe;  c  erstes  Blatt  der  Zweigknospe;  d  Schnittstelle 
des  Deckblattes.  12mal  vergrössert. 

„  3.  Durchschnitt  einer  aus  den  mittleren  Theilen  des  Stengels  genomme- 
nen Zweigknospe,  die  von  ihrer  axillaren  Blüthenknospe  in  der  Aus- 
bildung überholt  wurde.  Die  Bezeichnungen  wie  früher.  16mal  vergr. 

„  4.  Durchschnitt  einer  Zweigknospe,  aus  der  Spitze  des  Stengels.  Sie  ist 
durch  ihre  axillare  Blüthenknospe  in  ihrer  Entwickelung  ganz  zurück- 
gedrängt. 40mal  vergr. 

„  5.  Bliithentragender  Seitenzweig  in  natürlicher  Grösse.  Die  am  unteren 
Theile  stehenden  Blüthen  sind  schon  verblüht,  die  gegen  die  Spitze 
zu  noch  im  Knospenzustande.  An  der  Spitze  beginnt  sich  das  termi- 
nale Blätterbüschel  zu  entwickeln.  Bei  a  eine  Zweigknospe  mit  ent- 
wickelten Internodien. 

„     6.  Knospenlage  des  Perigons. 

„     7.  Diagramm  der  Blüthe. 

„      8.  Insertionsverhältnisse  der  Blüthe. 

„     9.  Querschnitt  durch  das  üvarium.   Vergr. 

„  10.   Staubgefäss  aus  einer  Knospe,  von  der  Innenseite  gesehen. 

„  11.  Radialschnitt  durch  einen  noch  unentwickelten  Blüthenstiel.  Man  be- 
merkt die  drei  verkürzten  Zelllagen  wie  auch  den  Beginn  der  ringför- 
migen Einschnürung.  Zwei  Zellen  sind  in  Längstheilung  begriffen. 
250mal  vergr. 

„  12.  Radialschnitt  durch  einen  vollkommen  entwickelten  Blüthenstiel.  Die 
Einschnürung  ist  weiter  vorgeschritten.  Die  verkürzten  Zellen  haben 
sich  um  eine  Lage  vermehrt.  Die  punktirte  Linie  zeigt  die  künftige 
Theilungsstelle  des  Blüthenstiels.  250mal  vergr. 

„  13.  Badialschnitt  durch  einen  vollkommen  entwickelten  Blüthenstiel.  Die 
Epidermiszellen  dieser  Seite  haben  sich  ebenfalls  in  radialer  Richtung 
verlängert.  Daher  ist  keine  Einschnürung  entstanden.   250mal  vergr. 

„  14.  Radialschnitt  durch  eine  2  Zoll  lange  Luftwurzel.  Die  unter  der  Epi- 
dermis gelegene  Zellschichte  (Endodermis)  zeigt  die  mit  Inhalt  erfüllten 
kegelförmigen  Zellen,  und  in  ihnen  den  Zellkern.  Die  langgestreckten 
Zellen  dieser  Schichte  sieht  man  fein  gestreift.  Die  tiefer  liegenden 
Rindenzellen  sind  chlorophyllhältig,  das  aber  in  der  Zeichnung  nicht 
angedeutet  wurde.   lOOmal  vergr. 


lbO  L  e  i  t  g  e  b.  Zur  Kenntnis«  von  Hartwegia  commosa  Nees. 

Fig.  15.  Tangentialsehnilt  einer  Luftwurzel  auf  die  unter  der  Epidermis  liegende 
Zellsehichte.  Man  sieht  die  beiden  Arten  von  Zellen,  an  den  lang- 
gestreckten die  gefaltefe  Zellenmembran.    100m;]  vergr. 

„  16.  Radialschnitt  durch  eine  Luftwurzel.  Die  Epidermiszellen  sind  zu  Haa- 
ren ausgewachsen.  In  der  Rinde  sieht  man  die  grosszellige  Krystall- 
drusen  führende  Schichte.   Sonst  wie  Fig.  14.    lOOmal  vergr. 

„  17.  Zwei  Zeilen  mit  gefalteter  Zellmembran  ,  durch  chlorsaures  Kali  und 
Salpetersäure  macerirt  und  dann  frei  präparirt.    lOOmal  vergr. 

„  18.  Längsschnitt  durch  eine  Wurzelspifze.  a  Wurzelhaube;  b  Epidermis; 
c  krystallführende  Schichte  (vide  Fig.  Iß).  Die  tieferen  Zellen  der 
Wurzelhaube  wie  die  Wurzelzellen  selbst,  waren  dicht  mit  Inhalt  und 
Zellkernen  erfüllt,  das  aber  der  Deutlichkeit  wegen  nicht  gezeichnet 
wurde.   lOOmal  vergr. 

„  19.  Querschnitt  einer  lange  Zeit  in  trockener  Luft  gewesenen  Luftwurzel. 
Unter  der  kegelförmigen  Zelle  liegen  zwei  Rindenzellen,  in  denen  die 
Korkbildung  begann,  und  durch  Längsscheidewände  sich  nach  aussen 
fortsetzte.  Die  Zelle  rechts  zeigt  3,  die  links  nur  2  Theilungen.  lOOmal 
vergr. 

„  20.  Radialschnitt  durch  dieselbe  Luftwurzel.  Reginnende  Korkbildung 
unter  der  kegelförmigen  Zelle.  Es  zeigt  sich  erst  eine  einmalige  Thei- 
lung    250mal  vergr. 

„  21.  Epidermis  einer  in  Wasser  gewachsenen  Luftwurzel.  lOOmal  vergr. 

„  22.  Ansicht  des  unterirdischen  Wurzelwachsthums  eines  Rlätterbüschels  in 
natürlicher  Grösse. 
Die  anatomischen  Figuren  sind  sämmtlich  mit  dem  SÖininering'schen  Spiegel 
gezeichnet. 


Leitgel).    Zur  Kei f«  viiii  ll.,ii«.Vi,,   ro 


SiiBungsb.a  k  Akacl  i  W.  ni.nli  natur» ■.(,l..\l,Vimilil.l..\liih  lfUi3 


H  y  r  t 1.  Über  eine  Eigenthümlichkeit  des  Schlundes  von  Catla  Buchanani.         I  b  1 


Über  eine  Eigentliiimlichkeit  des  Schlundes  von  Catla 
Buchanani. 

Von  dem  w.  M.  Professor  Hyrtl. 

(Mit  i  Tafel.) 

Catla  Buchanani  Val.  besitzt  eine  ganz  eigentümliche,  bei 
keinem  anderen  Cyprinoid  wiederkehrende  Bildung  des  Schlundes. 

Nach  der  auffallenden  Grösse  des  Kopfes  und  der  damit 
zusammenstimmenden  Länge  der  Kiemenbogen  und  ihrer  Zwischen- 
spalten zu  urtheilen,  sollte  der  Schlund  dieses  Fisches  eine  unge- 
wöhnliche Weite  besitzen.  Ich  war  desshalb  nicht  wenig  überrascht, 
als  ich  bei  der  Bereitung  des  Skeletes  eines  10  Zoll  langen  Exem- 
plares,  die  von  der  Mundhöhle  aus  sichtbare  Öffnung  des  Schlundes 
nur  anderthalb  Linien  weit  traf. 

Es  wird  diese  auffallende  Enge  des  Schlingweges  durch  eine 
abweichende  Conformation  der  unteren  Schlundkiefer  bedungen. 
Diese  sind  nämlich  bei  Catla  im  Verhältniss  zur  Länge  und  Stärke 
der  Kiemenbogen  ungewöhnlich  kurz,  und  tragen  nur  kleine  und 
sehr  niedrige  Zähne  *).  Während  sie  bei  den  echten  Cyprinoiden 
dem  vierten  Kiemenbogen  an  Länge  nur  wenig  nachstehen,  und  ihn 
bei  den  meisten  Gattungen  an  Stärke  selbst  übertreffen,  erscheinen 
sie  bei  Catla  derart  verkürzt,  dass  sie  von  ihrem  Suspensionspunkte 
an  der  Schädelbasis  aus,  sich  nur  ein  wenig  zwischen  die  vierten 
Kiemenbogen  herabsenken,  und  zugleich  mit  ihren  unteren  Enden 
so  rasch  convergiren,  dass  sie  sich  alsbald  treffen,  durch  Band- 
masse verbinden,  und  somit  nur  eine  kleine  Lücke  zwischen  sich 
übrig  lassen ,  durch  welche  die  Mundhöhle  sich  in  den  Rachen 
verlängert. 

Die  Verbindungsstelle  der  unteren  Enden  beider  Schlundkiefer 
stösst  bei  den  übrigen  Cyprinoiden  (und  allen  Fischfamilien  über- 


i)  Cuvier  (Hist.  nat.  des  poissons,  Tome  XVII,  pag-.  410)  bemerkt  von  ihnen:  les 
dents  pharyngiennes  sont  seinblables  ä  celles  des  Choudrostomes,  et  lern-  reunion 
constitue  un  groupe  petit  pour  la  grandeur  du  poisson. 

SiUb.  d.  mathein. -naturw.  Gl.  XLIX.  Hd.  I.  Ablh.  1  1 


162  Hyrtl. 

haupt)  dicht  an  die  untere  Commissur  der  vierten  Kiemenbogen, 
hinter  welcher  sie  unmittelbar  zu  liegen  kommt.  Bei  Catla  dagegen 
steht  diese  Verbindungsstelle  der  beiden  Schlundkiefer  noch  1  Zoll 
über  der  Commissur  der  vierten  Kiemenbogen.  Von  der  Verbin- 
dungsstelle der  unteren  Enden  beider  Schlundkiefer  geht  eine 
fibröse  Leiste  zur  unteren  Commissur  der  vierten  Kiemenbogen 
herab,  welche  Leiste  begreiflicher  Weise  die  Medianlinie  einhält, 
und  den  Raum  zwischen  den  beiden  vierten  Kiemenbogen  in  zwei 
ganz  gleiche  Hälften  theilt.  So  entsteht  denn,  wenn  man  die  Sache 
zum  ersten  Male  sieht,  der  Eindruck,  als  sei  ein  Schlund  von  gewöhn- 
licher Weite  durch  ein  medianes  Septum  in  zwei  Theile  getheilt 
worden. 

Auf  der  der  Mundhöhle  zugekehrten  Kante  dieser  fibrösen 
Leiste  sitzt  eine  doppelte  Reihe  jener  langen  und  feinen  Hornfäden 
auf,  welche  die  bekannten  Rechen  an  dem  concaven  Rande  der 
Kiemenbogen  vieler  Fische  bilden,  bei  Catla  aber  auch  an  der  con- 
caven Seite  der  unteren  Schlundknochen  in  einfacher  Reihe  vor- 
kommen, und,  indem  sich  diese  einfachen  Reihen  von  beiden  Seiten 
her  längs  des  freien  Randes  der  erwähnten  fibrösen  Leiste  bis  zur 
unteren  Commissur  der  vierten  Kiemenbogen  fortsetzen,  auf  dieser 
Leiste  eine  Doppelreihe  bilden  müssen,  wie  sie  sonst  nur  den 
Kiemenbogen  zukommt. 

Diese  fibröse  Leiste  mit  ihrer  doppelten  Kammreihe  hängt  mit 
den  vierten  Kiemenbogen  nicht  durch  verbindende  Schleimhaut 
zusammen,  sondern  bleibt  von  ihnen  durch,  eine  Spalte  getrennt, 
welche  so  lang  ist,  wie  der  vierte  Kiemenbogen  selbst,  und  somit 
eine  fünfte  Kiemenspalte  darstellt,  von  gleicher  Länge  mit  der 
vierten  *)• 

Indem  nun  die  Schleimhaut  in  die  enge  Passage  zwischen  den 
beiden  unteren  Schlundkiefern  trichterförmig  eindringt,  bildet  sie 
zugleich  eine  Halbmondfalte,  welche  den  ohnedies  so  beschränkten 
Raum  noch  mehr,  und  zwar  von  unten  her  verengert. 

Diese  untere  Falte  am  Racheneingang  ist  mit  feinsten,  weichen, 
sehr  zierlichen,  etwas  geschwungenen,  von  beiden  Seiten  gegen 


i)  Cuvier  (üb.  cit.  pag.  413,  414)  kannte  die  unpaare  doppelte  Kammleiste,  schrieb 
sie  alier  höchst  sonderbarer  Weise  dem  Körper  des  Zungenbeines  zu.  Nur  einem 
flüchtigen  Blick  in  den  Rachen  des  Fisches  konnten  sich  die  hier  angeführten  Ver- 

hällnissc  enl/.iehen. 


Über  eine  Eigenthiimlichkeit  des  Schlundes  von  Catla  Buchanani.  iUö 

die  Medianlinie  zu  convergirenden  Leistchen  gezeichnet,  während 
über  ihr  ein  mächtiges,  schwellendes,  weiches  Schleimhaut-Polster, 
als  irritables  Gaumenorgan  sich  seinen  Antheil  an  der  oberen 
Begrenzung  des  Racheneingangs  vindicirt. 

Dicht  hinter  diesem  Anfange  des  Rachens  erweitert  sich  der 
Schlingweg  zu  einer  kleinen  Höhle,  ungefähr  von  der  Grösse  einer 
kleinen  Weinbeere.  In  diese  Höhle  ragen  die  kleinen  Schlundzähne 
hinein ,  deren  jeder  Schlundkiefer  drei  dicht  zusammenstossende 
Reihen  trägt !).  Nur  der  erste  Zahn  der  ersten  Reihe  sitzt  fest,  die 
übrigen  sind  beweglich,  so  dass  sie  sich  mit  der  Nadel  von  einander 
entfernen,  und  hierauf  wieder  zu  einer  wie  carrirt  aussehenden 
Mosaikplatte  zusammengesellen  lassen. 

Der  schiefe  Abschliff  ihrer  Kronen  ist  so  gerichtet,  dass  die 
Zähne  beider  Schlundkiefer  unmöglich  gegeneinander  wirken  können, 
wie  es  bei  den  Arten  von  Catostomus,  Barbus,  Squalius,  Itlus, 
Alburnus,  Leuciscus,  der  Fall  ist,  wo  die  spitzen  und  langen 
Schlundzähne  von  beiden  Seiten  her  ineinander  greifen.  Wohl  aber 
erscheinen  sie  mir  vollkommen  geeignet,  in  ihrer  Gesammtheit  eine 
Reibplatte  abzugeben,  welche  gegen  die  ihr  gegenüber  stehende, 
am  Basilartheile  des  Hinterhauptknochens  angebrachte,  und  mit 
einer  dicken  Hornplatte  überzogene  Knochenscheibe  wirkt2)  und 
mit  dieser  das  Geschäft  des  Wiederkauens  vollzieht. 

Dicht  hinter  den  Schlundkiefern  verengert  sich  der  Rachen 
neuerdings  etwas,  um  einen  Canal  (Oesophagus)  von  der  Stärke 
eines  Schreibfederkiels  zu  bilden,  so  dass  die  kleine,  eben  erwähnte 
ruminatorische  Höhle  einen  besonderen  Abschnitt  des  Verdauungs- 
tractus  darstellt. 

Über  Magen  und  Darmcanal  habe  ich  nur  zu  berichten,  dass 
der  Oesophagus  sich  ohne  scharfe  Grenze  in  den  Magen  fortsetzt, 
dessen  Pars  cardiaca  schlauchförmig  und  geradlinig,  keine  merk- 
liche Erweiterung  bildet,  sich  einfach  in  die  gleichfalls  röhrenför- 
mige Pars  pylorica  umbiegt,  welche  ohne  Dazwischenkunft  einer 
Pylorusklappe,  in  den  Darmcanal  übergeht.  Nur  die  im  Zickzack 


!)  3  Zähne  in  der  ersten  Reihe,  3  in  der  zweiten  und  dritten.  Ich  bemerke,  dass  die 
Zahl  der  Zähne  auf  den  Schlundkiefern  der  Cyprinoiden ,  bei  einer  und  derselben 
Art,  kleinen  Schwankungen  unterliegt,  da  sie  gewechselt  werden,  und  die  reprodu- 
cirten  Zähne  die  verloren  gegangenen  nicht  immer  vollzählig  ersetzen. 

2)   Wie  bei  Cyprinug,  Tinea,  Aulopyge,  Capoeta,  Laben  und  Rohita. 

11* 


164  Hyrtl. 

gestellten  Zottenfalten  des  Darmes  unterscheiden  ihn  von  dem 
gleichfalls  darmähnlichen  Magen. 

Dass  die  Schlundkieferzähne  der  Cyprinoiden  nicht  beim 
eigentlichen  Schlingact,  sondern  erst  bei  der  Rumination  der  auf- 
genommenen Nahrung  in  Verwendung  kommen,  lässt  sich  auf  dem 
Wege  des  Versuches  constatiren. 

Man  bringt  bei  uns  häufig  die  Ellritze  (Phoxlnus  Marsiglü) 
zu  Markte,  wo  sie,  neben  der  echten  Cobitis  barbatula,  als 
„Grundel"  passirt.  Ich  hielt  diese  kleinen  niedlichen  Fische  längere 
Zeit  in  meinem  Aquarium,  und  fütterte  sie  den  Winter  hindurch  mit 
enthülsten  Haferkörnern,  welche  ich  in  heissem  Wasser  etwas 
schwellen  Hess.  Die  Fische  schnappten  diese  Körner,  wenn  sie 
längere  Zeit  kein  Futter  erhielten,  begierig  in  grosser  Menge  auf. 
Wenn  ich  nun  einen  derselben,  allsogleich  nach  beendeter  Fütterung 
opferte,  um  zu  sehen,  in  welchem  Zustande  sich  die  Haferkörner  im 
Magen  befanden ,  traf  ich  sie  sämmtüch  unverändert  daselbst  an, 
während  die  übrigen  Fische  nach  eingenommener  Nahrung  sich 
gewöhnlich  auf  den  Boden  des  Gefässes  begaben,  um  mit  aller 
Gemüthlichkeit  zu  ruminiren.  Und  dass  sie  dieses  thaten,  zeigte 
sich  ganz  deutlich  an  den  Fragmenten  von  halb  zermalmten  Körnern, 
welche  ich  bei  der  Eröffnung  ihres  Rachens  nicht  eben  selten 
zwischen  den  Schlundkiefern  eingekeilt  vorfand. 

Owen  !)  lässt  sich  über  das  Ruminiren  des  Karpfen  folgender- 
massen  vernehmen: 

The  fishes,  whieh  afford  the  best  evidence  of  this  ruminating 
action,  are  the  Cyprinoids  (Carp,  Tench,  Bream),  caught  after 
they  have  fed  voraciously  on  the  ground-bait,  previously  hid  in 
their  feeding  haunts,  to  ensure  the  angler  good  sport.  A  Carp  in 
this  predicament,  laid  open,  shows  well  and  long  the  peristaltic 
movements  of  the  alimentary  canal;  and  the  successive  regurgitations 
of  the  gastric  contents  produce  actions  of  the  pharyngeal  jaws,  as 
the  half-bruised  grains  come  into  contact  with  them,  and  excite  the 
singular  tumefaction  and  subsidence  of  the  irritable  palate,  as 
portions  of  the  regurgitated  food  are  pressed  upon  it. 

Owen  geht  selbst  noch  weiter,  und  schreibt  das  Wiederkäuen 
auch  den  Raubfischen  zu.  Hechte,  welche    kurz  nachdem  sie  ihre 


• )  Leclures  on  llie  Comparative  Anatomy  and  Physiologe  of  Fishes.  Loml.  I84G,  pag.  236. 


Über  eine  Eigentümlichkeit  des  Schlundes  von  Catla  Buchanani.  1  ÖD 

Beute  verschlungen,  gefangen  werden,  zeigen  an  letzterer  nur  einige 
Spuren  der  Wirkung  der  Fangzähne,  aber  keine  Verletzung  durch  die 
oberen  und  unteren  Schlundzähne,  deren  Verwendung  vielmehr  darin 
besteht,  die  in  den  Schlundweg  regurgitirten  Myocommata ,  welche 
nach  Auflösung  der  fibrösen  Intermuscularsepta  durch  die  Wirkung 
des  Magensaftes  lose  werden  und  auseinander  fallen,  zu  zerhecheln 
und  zu  krämpeln,  um  sie  in  einen  breiigen  Zustand  zu  bringen, 
und  sie  dadurch  der  Einwirkung  der  Verdauungssäfte  zugänglicher 
zu  machen.  Wichtig  ist  es  jedenfalls,  um  dem  Gedanken  an  ein 
Wiederkäuen  bei  Fischen  mehr  Eingang  zu  verschaffen  *)>  dass  jene 
Gattungen,  deren  Oesophagus  so  beschaffen  ist,  dass  er  ein  Zurück- 
bringen des  Mageninhaltes  in  den  Schlund  nicht  gestattet  (viele 
Knorpelfische2),  der  Schlundzähne  entbehren. 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Fig.  1.  Vordere    Ansicht  der    Kiemenbögen   und  des  Schlundes    von    Catla 
Buchanani. 
aa  Kiemenbögen. 

b  irritables  Gaumenorgan. 
cc  vorderer,  concaver  Rand  der  unteren  Schlundkiefer,   mit  einer 
einfachen  Reihe  von  nach  aussen  gerichteten  Hornfäden  besetzt. 
d  mediane,  fibröse  Leiste,  an  welcher  die  beiden  einfachen  Faden- 
kämme der  Schlundkiefer   zu   einer  doppelten  Reihe  aggregirt 
sind. 
e  halbmondförmige     Schleimhautfalte     am    Eingange     des     engen 
Schlundes    f.   Die  trichterförmige  Schleimhautpartie  vor  dieser 
Falte,    zwischen   den  beiden  Schlundkiefern,  ist  mit  zierlichen, 
etwas  gesehlängelten  Schleimhautkämmchen  besetzt. 


')  Nur  den    Scarus-Avten  wurde  von  Aristoteles   (lib.   III.   cap.  14)  Rumination  zuge- 
schrieben,    welche  sie  jedoch  nicht  mit  den  Schlundzähnen,   sondern  mit  jenen  der 
Kinnladen  vollziehen  sollen.  Plinius  (lib.  IX.  cap.  17). 
Ebenso  singt  Oppian's  Muse: 

Et  Scarus  solus  pallenles  ruminat  herbas, 
Ac  veluti  pecudes  revocat  sul>  gutture  pastuin. 
[ch  bemerke  hiezu,  das  Scarus  kein  pflanzenfressender  Fisch  ist,  sondern  sich  von 
Corallen  nährt,  welche  ich  in  seinem  Magen  wiederholt  antraf. 
2)  Insbesondere  Scyllivm,  Selache,  Seaphirkynchus ,  Acipenser,  Polyodon,  sietobutis. 


166     Hy  r  1 1.  Über  eine  Eigenlhiimliclikeit  des  Schlundes  von  Cutla  Buckanani. 

Fig.  2.  Hintere  Ansicht  der  Kiemenbogen  und  des  Schlundes  mit  der  Ruminn- 
tionshöhle. 
aa  die   durch    Bänder    an   die   Schädelbasis   angehefteten,    unteren 

Schlundkiefer. 
bb  zahntragender  Theil  derselben. 

cc  unterer,  stumpfer  Fortsatz  derselben  zu  Muskelinsertion. 
d  Eingang  in  die  Ruminationshöhle  von  der  Mundhöhle  her. 
e  Ruminationshöhle   mit    den    in   sie  frei  hineinragenden,    in  drei 

Reihen  gestellten  Kronen  der  Schlundkieferzähne. 
f  der    aus    der    Ruminationshöhle    sich    nach    hinten    fortsetzende 
Oesophagus. 


Br  »vrtl   L'licr  ein»  Kig«.thüiulichkrii  ib-s    Sr.liUiiidesj  von  Catln  ßui'hana 


- 


I 


SiUimgsb. d. k  Akad.d.W'matK.iiaturv.Cl.XLIX.Bd  I    Abtk.l8G4. 


II  v  i- 1  I.   Über  das  Vorhalten  der  Leberarterie  zur  Pfort.ider  etc.  1  0  i 


Über    das    Verhalten    der    Leberarterie    zur    Pfortader    bei 
Amphibien  und  Fischen. 

Von  dem  w.  M.  Professor  Hyrtl. 

(Mit  1   Tafel.) 

Die  isolirte  Injection  der  Blutgefässe  der  Leber  eines  Amphi- 
biums  aus  der  Familie  der  Salamandrinen ,  Derotremen  und 
Phaenerobranchen ,  führt  zur  Erkenntniss  einer  eigentümlichen 
Anordnung  dieser  Gefässe,  welche  bei  keinem  warmblütigen  Wirbel- 
thiere  wiederkehrt.  Die  Gattungen  der  genannten  Familie,  welche 
ich  untersuchte,  und  deren  injicirte  Leberpräparate  ich  aufbewahre, 
sind:  Triton,  Salamandra,  Salamandroidis ,  Menopoma,  Siredon, 
Siren  und  Menobranchus.  Sie  stimmen  in  folgenden  Hauptpunkten 
mit  einander  überein. 

1.  Verhalten  der  Pfortader. 

Die  Pfortader,  welche  vor  ihrem  Herantritt  an  das  untere  Ende 
der  inneren  Leberfläche,  die  von  der  Harnblase  (Allantois) ,  von 
den  Nieren  *)  und  theilweise  vom  dicken  Darm  heraufkommende 
J  a  c  o  b  s  o  n'sche  Bauchvene  (Vena  abdominalis  anterior)  aufnimmt, 
senkt  sich  nicht,  wie  es  sonst  bei  allen  Wirbelthieren  Regel  ist,  in 
die  Lebersubstanz  ein,  sondern  zieht  an  der  inneren  Leberfläche  bis 
zu  deren  vorderem  Ende  hin.  Sie  bleibt  somit  dieser  ganzen  Fläche 
entlang  ein  oberflächliches  Gefäss. 

Während  dieses  Laufes  gibt  sie  Äste  ab  und  nimmt  welche  auf. 
Letztere,  —  drei  an  Zahl  —  sind  Magenvenen,  deren  vorderste  bei- 
läufig im  Mittelpunkte  der  inneren  Leberfläche  an  den  Pfortaderstamm 
gelangt. 

Die  Äste  ersten  Ranges,  welche  die  Pfortader  abgibt,  bleiben, 
so  wie  der  Stamm,  oberflächlich.  Sie  gehen  von  beiden  Seiten 
des  Stammes   aus.   Ihre  Gesammtzahl   beträgt  bei    Triton  6,   bei 


•)  Deren  sogenannte  Pforladerii  sie  sammt  den  Hiiftvenen  aufnimmt. 


1  Oö  Hyrtl.   Über  das  Verhalten  der  Leberarterie 

Salamandra  8,  bei  Menopoma  9,  bei  Siren  11.  Sie  senden,  wenn 
sie  zu  den  längeren  gehören,  nach  einer  Seite  hin  Zweige  aus,  und 
theilen  sich  dann  gabelförmig,  was  die  kürzeren,  ohne  jene  Seiten- 
zweige abzugeben,  bald  nach  ihrer  Entstehung  thiin.  Diese  primären 
Spaltungszweige,  so  wie  deren  fernere  Bifurcation,  liegen  ebenfalls 
superficial.  Weiter  geht  aber  die  Theilung  in  Gabelzweige  nicht, 
denn  schon  nach  den  eben  erwähnten  drei  Theilungen  lösen  sich 
die  Pfortaderäste  in  das  Capillarnetz  der  inneren  Leherfläche  auf. 
Jedem  Aste  und  Zweige  dieser  oberflächlich  lagernden  Pfortader 
gehört  ein  capillarer  Bezirk  an,  und  diese  Bezirke  werden  nicht 
durch  Einschübe  von  Capillarbezirken  der  Vena  hepatica  getrennt 
gehalten,  sondern  fliessen  bei  vollständigen  Injectionen  der  Pfort- 
ader so  mit  einander  zusammen,  dass  für  die  Capillarien  der  Leber- 
vene kein  Platz  zwischen  ihnen  übrig  bleibt.  Man  kann  sich  denken, 
welche  Stärke  diese  Capillargefässe  der  Pfortader  haben  müssen. 
Sie  ist  denn  auch  in  der  That  so  beträchtlich,  dass  man  füglich 
Anstand  nehmen  könnte,  die  betreffenden  Gefässe  capillar  zu  nennen. 
Man  braucht  nicht  einmal  die  Loupe,  um  alle  Attribute  des  Pfortader- 
Capillarnetzes  vollkommen  gut  zu  unterscheiden,  vorausgesetzt  dass 
sie  mit  grellfarbiger  Masse  injicirt  wurden. 

Die  Leber  der  genannten  Familien  ist  flacher  und  platter 
als  jene  der  Saurier,  Chelonier  und  ungeschwänzten  Batrachier, 
und  ihre  dem  Magen  zugekehrte  Fläche  bildet,  wenn  das  Organ 
herausgenommen  und  auf  seine  äussere  Fläche  gelegt  wurde,  ein 
Planum,  an  welchem  man  die  strahlige  Vertheilung  der  oberflächlich 
liegenden  Pfortaderäste  mit  einmal  übersehen  kann. 

"!,  Beschränktheit  des  Rainificatiousbezirkes  der  Pfortader. 

Injicirt  man  die  Pfortader  gegen  die  Leber  zu,  mit  einer  Masse, 
welche  der  ausgezeichneten  Weite  der  Capillargefässe  wegen,  nicht 
zu  den  feinen  zu  gehören  braucht,  so  findet  man,  dass  sich  nur 
die  innere  Fläche  der  Leber  über  und  über  röthet;  — 
die  äussere  aber  zum  grössten  Theil  uninjicirt  bleibt. 
Die  Pfortader  hat  somit  nur  Eine  Leberfläche  zu  ihrem  Ver- 
ästelungsbezirk. Allerdings  tauchen  kurze  Ästchen  der  primären 
und  seeundären  Pfortaderzweige  in  die  Lebermasse  ein,  jedoch  nie 
bis  zur  entgegengesetzten  äusseren  Fläche  der  Leber.  Diese  kurzen 


zur  Pfortader  bei  Amphibien  und  Fischen.  1  C9 

penefrirenden  Ästchen  werden,  so  wie  die  oberflächlichen,  schon 
nach  der  dritten  Theilung  capillar.  Das  ihnen  zugehörige  Capillar- 
gefässsysfem  breitet  sich  nicht  an  der  äusseren  Leberfläche  aus, 
sondern  erreicht  dieselbe  höchstens  nur  in  kleinen,  hie  und  da  zer- 
streuten Inseln. 

Schneidet  man  eine  von  der  Pfortader  aus  mit  miltelfeiner 
Masse  injicirte  Leber  senkrecht  auf  ihre  beiden  Flächen  durch,  so 
lässt  sich  an  der  Schnittebene  die  Tiefe  absehen,  bis  zu  welcher  die 
capillaren  Netze  der  Pfortader  gefüllt  wurden.  Niemals  aber  zeigt 
sich  ein  dickerer,  den  primären,  oberflächlichen  Zweigen  der 
Pfortader  gleich  starker  Ast  an  dieser  Ebene,  und  niemals  sieht  man 
einen  penetrirenden  Pfortaderast  bis  zur  entgegengesetzten  Leber- 
fläche reichen,  wenn  gleich  die  Capillargefässbezirke  einzelner 
solcher  Äste  auf  spärliche  Weise  jene  Fläche  in  kleinen  Gruppen 
erreichen. 

Injicirt  man  mit  feiner  Masse,  so  wird  und  muss  allerdings 
auch  die  äussere  Fläche  der  Leber  sich  röthen,  indem  die  Masse 
aus  den  mächtigen  Pfortadercapillaren  in  die  eben  so  starken,  von 
der  äusseren  Fläche  der  Leber  gegen  die  innere  vordringenden 
Capillaren  der  Lebervenen  übergeht. 

3.  Verhalten  der  Lebervenen. 

So  wie  kein  Pfortaderast  auf  die  äussere  Fläche  der  Leber 
übergreift,  eben  so  wenig  erstreckt  sich  ein  Lebervenenast  auf  die 
innere  Fläche  hinein.  Denn  die  letztere  gehört  vorwaltend  der 
Pfortader-,  die  erster e  der  Lebervene.  Ich  sage  vorwaltend,  da 
der  Capillargefässbezirk  der  Pfortader  an  der  inneren  Leberfläche 
nur  etliche,  kleine,  unregelmässig  begrenzte  Inseln  für  das  Capillar- 
gefässbezirk der  Lebervenen  frei  lässt  und  umgekehrt. 

Die  Füllung  der  Lebervenen  gelingt  eben  so  leicht,  als  jene 
der  Pfortader.  Man  hat  es  nur  mit  dem  mächtigen  Stamme  der 
Cava  inferior  nahe  am  Herz  zu  thun,  um  eine  starke  Injectionsröhre 
in  sie  einzubinden,  und  sämmtliche  Venae  hepaticae  von  der  Hohl- 
ader aus  zu  füllen. 

Hat  man  Pfortader  und  Hohlader  mit  verschieden  gefärbten 
Massen  vollständig  injicirt,  so  zeigen  die  zwei  Leberflächen  über- 
wiegend nur  eine  der  beiden  Farben.  Übung  lehrt  es,  den  richtigen 


1/0  Hyrtl.  Ül>er  das  Verhalten  der  Leberarterie 

Consistenzgrad  der  Masse  zu  treffen.  Ist  die  Masse  zu  fein 
genommen,  so  geht  sie  aus  dem  einen  Venenbezirk  natürlich  auch 
in  den  anderen  über,  und  behindert  dann  dielnjection  des  letzteren. 
Pfort-  und  Hohlader  dürfen  auch  nicht  gleich  nach  einander 
injicirt  werden.  Man  warte  einige  Zeit,  bis  die  Masse  des  erst 
injicirten  Gefässes  durch  Verdunstung  des  Äthers  hart  geworden. 
Dann  erst  werde  die  andere  Vene  injicirt.  Lässt  man  diese  Regel 
ausser  Acht,  und  injicirt  schnell  nach  einander  beide  Venen,  so  wird 
die  Injection  der  zweiten,  die  Masse  in  die  erste  zurücktreiben, 
stellenweise  ihren  Platz  sich  anmassen,  und  die  gegenüber  liegende 
Leberfläche  eben  so  gesprenkelt  erscheinen,  wie  es  bei  warm- 
blütigen Thieren  zu  sehen  ist.  An  den  scharfen  Rändern  der  Leber 
ereignet  es  sich,  dass  bei  Injection  der  Pfortader  sich  auch  an  der 
äusseren  Oberfläche,  dem  Rande  entlang,  kleinste  Gruppen  von 
Capillargefässen  füllen,  und  umgekehrt,  bei  Injection  der  Hohlvene 
(oder  Lebervene)  etwas  Ähnliches  an  der  inneren  Oberfläche  der 
Leber  gesehen  wird.  Da  nämlich  die  Summe  der  Capillargefässe, 
in  welche  sich  ein  letzter  Pfortader-  oder  Lebervenenzweig  auflöst, 
einen  sogenannten  Acinus  bildet,  also  eine  gewisse  Dicke  hat,  so 
wird,  wenn  diese  Dicke  jener  des  Leberrandes  gleicht,  auch  die 
entgegengesetzte  Leberfläche,  an  ihren  scharfen  Rändern  etwas  von 
der  erst  injicirten  Masse  zu  Gesicht  kommen  lassen. 

Bei  den  Schlangen  verlauft  der  ganze  Pfortaderstamm  frei  in 
einer  Furche  der  dem  Magen  zugekehrten  Leberfläche.  Die  Hohl- 
ader durchsetzt  dagegen  das  Leberparenchym  in  seiner  ganzen 
Länge  und  wird  erst  gegen  das  vordere  Ende  der  Leber  zu  ober- 
flächlich. Sie  nimmt  die  besonders  von  der  äusseren  Leberfläche 
herkommenden,  weniger  die  im  Parenchym  eingebetteten  Leber- 
venen auf.  Durch  Injection  der  Pfortader  röthet  sich  desshalb  zuerst 
die  ganze  innere  Fläche  der  Leber,  durch  Injection  der  Cava  die 
äussere.  Die  Leberarterie,  welche  der  Pfortader  folgt,  senkt  sich 
nur  in  die  Capillarnetze  der  ersteren  ein,  wie  es  bei  den  ßatrachinen 
der  Fall  ist. 

4.  Leberarterie. 

Jedem  Pfortaderaste  folgt  eine  Arterie.  Die  grösseren  Äste, 
werden  wohl  auch  von  doppelten  Arterien  begleitet.  So  stark  die 


zur  Pfortader  hei  Amphibien  und  Fischen.  171 

Pfortaderäste  sind,  so  schwach  erscheinen  die  Arterien.  Die  an  den 
oberflächlichen  Zweigen  der  Pfortader  hinziehenden  Arterien  sind 
um  das  5 — lOfache  feiner,  als  diese.  Da  die  Zahl  der  oberflächlichen 
Pfortaderäste,  wie  früher  gesagt,  gering  ist,  werden  auch  nur  spär- 
liche Arterienzweige  vorkommen.  Diese  Arterienzweige  werden  sich 
nicht  oft  zu  theilen  brauchen,  um  wirklich  capillar  zu  werden.  Die 
letzten  Ausläufer  der  Arterien  aber  bilden  keine 
Netze,  sondern  münden  sämmtlich  an  der  inneren 
Leber  fläche  in  die  grobstämmigen  Capillarnetze  der 
Pfor tader  ein.  Man  erstaunt,  wenn  man  an  Lebern,  welche 
durch  die  Venen  und  Arterien  mit  verschieden  gefärbten  Massen 
injicirt  wurden,  zum  ersten  Male  sieht,  wie  die  feinsten  arteriellen 
Gefässe,  ohne  Netze  zu  bilden,  ja  ohne  sich  dazu  nur  im  Geringsten 
anzuschicken,  sich  in  jene  riesigen  venösen  Capillarnetze  einsenken. 

Um  dieses  zu  beobachten,  bedarf  es  gerade  nicht  der  Leber 
eines  Amphibiums  der  genannten  Familien.  Jede  Amphibienleber, 
—  insbesonders  schön  die  Leber  der  Chelonier  —  zeigt  dieses  Ein- 
senken feinster  arterieller  Gefässenden  in  weite  Venennetze  *)• 

Bei  den  Sauriern  und  Ophidiern  fällt  die  Sache  weniger  auf,  da 
die  venösen  Capillargefässnetze  der  Leber  feiner  sind,  als  bei  den 
Chelonier n  und  nackten  Amphibien.  Immer  ist  es  der  der  Pfortader 
angehörige  Bezirk  des  venösen  Capillargefässnetzes,  in  welchem 
die  letzten,  nicht  zu  Netzen  verbundenen  Reiserchen  der  Leber- 
arterie einmünden.  Hat  man  die  Pfortader  irgend  einer  Amphibien- 
leber blau,  und  die  Lebervenen  durch  die  Cava  roth  injicirt,  so 
wird  die  Injection  der  Leberarterie  mit  gelber  Farbe  immer  nur 
den  Pfortaderbezirk  der  Lebercapillaren  grün  färben,  niemals  aber 
den  Lebervenenbezirk  orange.  Eine  arterielle  Injection  der  Leber, 
wie  sie  sich  bei  Säugethieren  und  Vögeln  erhalten  lässt,  wird  bei 
den  Amphibien  zur  anatomischen  Unmöglichkeit.  Man  erhält  durch 
die  arterielle  Injection  immer  nur  Pfortadernetze  gefüllt. 

Wurde  eine  Salamanderleber  blos  durch  Arterien  injicirt,  und 
schneidet  man  sie  in  beliebiger  Richtung  in  parallele  Scheiben ,  so 


*)  Nur  findet  bei  den  Chelonier n  der  Umstand  Statt,  dass  (wie  es  bei  den  ungeschwänzten 
Batrachiern  der  Fall  ist)  die  Pfortader  sieh  nicht  oberflächlich  ramificirt,  sondern 
ihre  Zweige  in  das  massige  Parenchyra  einsenkt,  und  die,  diese  Zweige  begleitenden 
spärlichen  Arterienästchen,  auch  in  der  Tiefe  der  Lebersubstanz  in  ungewöhnlich 
weite  Pfortadernetze  einmünden. 


1  72  Hyrtl.  Über  das  Verhalten  der  Leberarterie 

sieht  man  an  den  Schnittflächen  nur  wenig  Durchschnitte  von 
Arterien.  Alle  ansehnlicheren  Äste  der  Arteria  hepatica  bleiben,  bis 
zu  ihrem  Capillarwerden,  an  jener  Fläche  der  Leber,  an  welcher 
die  Pfortaderzweige  ausstrahlen.  Auch  die  penetrirenden  Zweigchen 
der  Arteria  hepatica  reichen  nie  in  die  äussere  Leberfläche  hinein, 
sondern  entleeren  sich  schon  viel  früher  in  die  Capillaren  der 
Pfortader. 

5.  Gallengefässe. 

Man  ist  durch  die  ausserordentlich  zahlreichen  mikroskopischen 
Untersuchungen  des  Leberparenchyms  dahin  gelangt,  nicht  zu 
wissen,  ob  die  Leberzellen  innerhalb  oder  ausserhalb  der  Gallen- 
gefässramificationen  liegen.  Die  Injection  des  Ductus  choledochus 
der  Amphibien  ist  eine  der  schwierigsten,  die  ich  kenne.  Die  Fein- 
heit dieses  Ganges,  welche  nur  zu  oft  die  feinsten  Injectionsröhrchen 
übertrifft,  sein  Durchtritt  durch  das  Pancreas,  welches  ihn  völlig 
umwächst,  und  sein  Gefülltsein  mit  Galle,  erklären  die  Unsicherheit 
des  Erfolges.  Geduld  und  technische  Gewandtheit  kommen  aber 
auch  mit  diesem  Gange,  dessen  Auffinden  bei  kleinen  Thieren  schon 
ein  anatomisches  Kunststück  genannt  werden  kann,  zum  Ziele;  — 
besonders  dann,  wenn  man,  um  der  in  den  Gallengefässen  enthal- 
tenen Galle  einen  Ausweg  zu  öffnen,  zwei  oder  drei  parallele  und 
höchstens  J/3  Linie  eindringende  Schnitte  über  beide  Leberflächen 
führt.  Diese  Schnitte  öffnen  das  System  der  feinsten  Gallenwege 
in  genügender  Weise,  um,  —  natürlich  nur  partieenweise,  —  die 
Füllung  der  Gallengefässnetze  zu  ermöglichen.  Diese  Netze  sind 
ausserordentlich  feinstämmig.  Der  Durchmesser  der  Gallengefäss- 
capillarien  steht  weit  unter  dem  Durchmesser  der  arteriellen 
Capillargefässe.  Sie  bilden  vollständig  geschlossene  Netze,  welche 
bei  jeder  Durchschnittsrichtung  der  Leber  sich  als  dieselben  weit- 
maschigen Retia  darstellen. 

Da  nun  je  ein  feinstes  Element  dieses  Netzes  in  einer  Masche 
des  venösen  Capillargefässnetzes  enthalten  ist,  diese  Maschen  aber, 
wie  oben  gesagt,  sehr  weit  sind,  so  können  sie  durch  die  feinsten 
Gallengefässe  doch  nicht  vollständig  ausgefüllt  werden.  Der  Raum, 
welcher  zwischen  Gallen-  und  Venencapillarien  übrig  bleiben  muss, 
wird  von  den  Leberzellen  eingenommen.   Diese   liegen   also 


zur  Pt'ortader  bei  Amphibien  und  Fischen.  1  T3 

ausserhalb  der  feinsten  Gallengefasse,  deren  Durchmesser  unter 
jenem  der  Leberzellen  steht,  so  dass  es  eine  physische  Unmöglich- 
keit wird,  sich  die  Leberzellen  im  Innern  der  Gallengefässe,  — 
etwa  als  Enchymzellen  —  postirt  zu  denken. 

Nie  können  terminale  Netze  der  Gallenwege  durch  Injection  so 
überzeugend  dargestellt  werden,  wie  eben  in  der  Batrachier-Leber. 
Von  Übergängen  der  feinsten  Gallengefässe  in  weitere  Säcke, 
welche  die  Leberzellen   enthalten  sollen  *),   ist  nichts   zu   sehen. 

Scharf  präcisirt  und  genau  abgeschlossen ,  erscheint  das 
Gallengefässnetz  durch  das  gesammte  Leberparenchym  als  Ein 
Ganzes,  welches  für  sich  bestehend,  unabhängig  von  den  Blut- 
gefässen so  gut  wie  von  den  Leberzellen,  weder  in  kleinere  Antheile 
zerfällt,  wie  sie  für  jeden  vermeintlichen  Acinus  zugelassen  wurden, 
noch  mit  Hohlräumen  in  Verbindung  steht,  welche,  als  von  der 
Capsula  Glissonü  gebildet,  Complexe  von  Leberzellen  in  sich  ein- 
schliessen  sollen.  Alles  dieses  wurde  statuirt  und  auf  geduldigem 
Papier  abgebildet,  um  über  die  Schwierigkeiten  nicht  mehr  weiter 
nachdenken  zu  dürfen,  welche  die  Postirung  der  Leberzellen  ausser- 
halb der  Gallengefässe  dem  Übertritte  der  Galle  aus  den  Zellen  in 
die  Gallengefässe  bereiten  muss.  Um  einen  Vergleich  zu  machen, 
denke  man  sich  ein  feinstes  Drathgitter  durch  die  Lücken  eines 
Gitters  von  massiven  Eisenstangen  durchgeflochten.  Was  zwischen 
Drath  und  Eisenstäben  offen  bleibt,  denke  man  sich  (wie  bei  Riegel- 
oder Fachwerken  durch  Ziegel)  durch  eine  Zellenmosaik  ausgefüllt, 
und  man  hat  die  rechte  Idee  vom  Verhältniss  der  Gallenwege  zu  den 
Blutwegen  in  der  Amphibienleber.  Und  wer  dann  noch  an  der 
Richtigkeit  der  Sache  zweifelt,  der  betrachte  die  Injectionen  von 
Gallengefässnetzen,  über  welche  ich  zu  seinen  Gunsten  disponiren 
kann,  und  wird  dann  hoffentlich  zu  der  Überzeugung  kommen, 
dass  der  Streit  über  den  Ursprung  der  Gallengefässe  sich  nur 
durch  Injectionsresultate  schlichten  lässt,  und  dass  das  leidige 
Zerzupfen  und  Zerzausen  uninjicirter  Parenchyme  zu  Zerrbildern 
führt,  welche  man  nur  mit  einer  Regung  von  Unglauben  betrachten 
kann. 


i)  The  smallest  branches  of  the  bile-ducts,  are  seen  to  dilate  into  much  wider  tubes,  in 
which  the  liver-cells  lie.  Beale,  on  some  points  in  the  An  atomy  of  the  Liver 
pag.  XIV.  Fig.  27. 


174  Hyrtl.  Über  das  Verhalten  der  Leberarterie 


6.  Lebergefässe  der  Fische. 

Was  die  Fische  betrifft,  so  verhalten  sich  die  Störe  den  nackten 
Amphibien  analog.  Die  Capillarnetze  zwischen  Vena  portm  und 
Vena  hepatica  sind  eben  so  mächtig,  wie  bei  diesen,  und  die  Arteria 
hepatica  mündet  mit  ihren  letzten  Reiserchen  nur  in  den  Pfortader- 
bezirk der  Lebercapillarien  ein.  Durch  isolirte  Injection  der  Arteria 
hepatica  füllten  sich  immer  nur  die  Pfortadeieapillarien,  niemals 
primär  jene  der  Vena  hepatica.  Die  Verzweigungen  der  Leber- 
Arterie  und  jene  der  Pfortader  sind  aber  nicht  blos  auf  die  innere, 
dem  Magen  zugekehrte  Fläche  der  Leber  beschränkt,  sondern 
durchziehen  das  gesammte  Parenchym  der  Leber,  so  dass  die  Über- 
gänge derselben  in  die  Pfortadercapillarien  auch  im  Innern  der 
Leber,  ja  selbst  an  der  äusseren  Oberfläche  derselben  gesehen 
werden.  Bei  den  Knochenfischen  erstrecken  sich  die  Ramificationen 
der  Leberarterie  gleichfalls  bis  an  die  äussere  Oberfläche  des 
Organs;  die  Capillarnetze  zwischen  Pfortader  und  Lebervene  aber 
sind  eben  so  fein,  wie  sie  bei  warmblütigen  Thieren  gefunden 
werden.  Bei  den  letzteren  und  beim  Menschen,  verbinden  sich  zwar 
die  arteriellen  Capillargefässe  mit  jenen  der  Pfortader  und  der 
Lebervene,  mit  ersteren  jedoch  so  überwiegend,  dass  mikroskopische 
Injectionen  der  Pfortader  sehr  gerne  auch  in  die  Leberarterien  über- 
gehen, während  ein  solcher  Übergang  von  der  Lebervene  aus, 
schwieriger  und  nur  in  kleineren  Bezirken  sich  ereignet. 

7.  Autheil  des  arteriellen  Lcberblutes  an  der  fiallenbereitung. 

Die  lange  schon  ventilirte  Frage,  ob  das  Blut  der  Arteria 
hepatica  blos  zur  Ernährung  des  Leberparenchyms,  oder  auch  zur 
Gallenbereitung  verwendet  wird,  findet  in  den  eben  geschilderten 
Verhältnissen  der  Leberarterie  zur  Pfortader  eine  Beantwortung, 
welche  weniger  Misstrauen  erregt,  als  die  Barbarei  resultatloser 
Vivisectionen,  durch  welche  man  die  Betheiligung  des  arteriellen 
Blutes  an  der  Gallensecretion  zweifelhaft  zu  machen  bemüht  war. 

Wenn  die  letzten,  feinsten  Enden  der  Arteria  hepatia  sich 
sammt  und  sonders  in  die  groben  Capillarnetze  der  Pfortader  er- 
giessen,  so  kann  dieses  nur  die  unabweisliche  Folge  haben,  dass  die 
üallenbereitim£  ihr  Materiell    aus   einem  Gemische   von   arteriellem 


(Ivrtl.  Über  das  Verhalten  3er  Leberarterie  axnrPfortalerebc. 


i'uj.  I . 


%  2 


I    ■  ixv 

SitKunPsb.d.k.Akad.d.W.mafli.naUirv.Cl.XLIX.Bi.  LAbtti  .1864. 


zur  Pfortader  bei  Amphibien  und  Fischen.  175 

und  Pfortaderblut  bezieht.  Hätte  das  arterielle  Blut  keinen  Antheil 
an  der  Gallensecretion ,  und  wäre  seine  Verwendung  nur  auf  die 
Ernährung  des  Leberparenchyms  berechnet,  so  müssten  sich  die 
Arterien  im  ganzen  Leberparenchym  gleichförmig  verzweigen,  nicht 
aber  ausschliesslich  an  einer  Fläche  desselben  enden  und  im  Pfort- 
adersystem aufgehen.  Auch  wird  man  zugeben,  dass  die  Leber- 
aiterien,  wenn  ihnen  nur  eine  nutritive  Verwendung  zukäme,  nach 
Erfüllung  derselben  sich  in  die  Anfänge  der  Lebervenen,  nicht  aber 
in  die  Enden  der  Pfortader  entleeren  müssten. 

Wie  will  man  ferner  die  eben  so  alte  als  solide  anatomische 
Beobachtung  deuten,  dass  bei  den  Ophidiern  ohne  Ausnahme  eine 
Summe  von  Lungenvenen1)  ihr  arterielles  Blut  nicht  in  den  Haupt- 
stamm der  Vena  pulmonalis ,  sondern  in  die  Pfortader  ergiesst 3), 
wenn  es  nicht  im  Plane  der  Natur  liegen  würde,  der  Leber  eine 
Mischung  von  arteriellem  und  venösem  Blute  zur  Gallenbereitung  zu 
überliefern. 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Von  den  angefügten  Figuren  stellt  Fig.  1  die  innere  Flache  einer  Trifon- 

eber  zweimal  vergrössert  dar.  Die  oberflächlich  ausstrahlenden  Verzweigungen 

der  blau  injicirten  Pfortader    werden   von  feinsten  Arterienästchen  begleitet, 

welche  direct  und   ohne  Netze  zu   bilden,   in  die  grobstämmigen  Netze  der 

Pfortader  einmünden. 

Fig.  2  gibt  die  Ansicht  der  äusseren  Oberfläche  eines  Stückchens  Schild- 
krötenleber (Cltersits  morginatus) ,  an  welcher  die  feinsten,  stark  gespreizten 
und  spärlichen  Arterienreiser  sich  gleichfalls  in  grobe  Pfortadernetze  einsenken. 


i)  Auf  den  vorderen  Abschnitt  der  Lunge  der  Schlangen,  welcher  durch  die  Arteria  und 
Vena  pulmonalis  mit  dem  Herzen  verkehrt,  folgt  eine  relativ  kurze  Zone,  welche  ihr 
venöses  Blut  aus  einer  Verlängerung  der  Arteria  pulmonalis  erhält,  ihr  arterielles  Blut 
dagegen  der  Pforfader  übermittelt.  Auf  diese  Zone  folgt  der  dritte,  längste  Abschnitt 
der  Lunge,  an  welchem  das  zellige  Ansehen  der  inneren  Oberfläche  sich  gänz- 
lich verliert,  und  welcher,  da  er  von  keinem  Gefässe  aus  injicirbar  ist,  gefässlos 
genannt  werden  muss.  Er  dient  nur  als  Reservoir  für  jene  Luftnienge,  welche  das 
Thier  nie  unterlässt  zu  sich  zu  nehmen,  wenn  es  aufgescheucht  wird.  Das  zischende 
Geräusch,  mit  welchem  diese  Luft  durch  die  engen  Nasenöffnungen  eingezogen 
wird,  ist  somit  mehr  Ausdruck  der  Furcht  als  des  Zornes. 

s)  Sieh  meine  Strena  anatomica,  de  novis  pulmonum  vasis  in  ophidiis  nupeirime  inventis 
Prag»,  is::7. 


176 


III.  SITZUNG  VOM  21.  JANNER   1864. 


Herr  Prof.  Dr.  Fr.  Rochleder  in  Prag  übersendet  eine  Ab- 
handlung: „Über  die  Constitution  organischer  Verbindungen  und 
Entstehung  homologer  Körper". 

Herr  Bergrath  Fr.  Ritter  v.  Hauer  übergibt  im  Namen  des 
Herrn  Hofrathes  W.  Haidinger  eine  Abhandlung,  betitelt:  „Der 
Meteorstein  von  Beauvechin  bei  Tourinnes-la  Grosse  (Tirlemont)  im 
k.  k.  Hof-  Mineralien-Cabinete". 

Herr  Prof.  E.  Brücke  legt  eine  Abhandlung:  „Über  den  Nutz- 
effect  intermittirender  Netzhautreizungen"  vor. 

Herr  Dr.  A.  Boue  liest  eine  Abhandlung:  „Über  den 
albanesischen  Drin  und  die  Geologie  Albaniens,  besonders  seines 
tertiären  Beckens". 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 
Akademie  der  Wissenschaften,  Königl.  Preuss.,  zu  Berlin:  Ab- 
handlungen aus  dem  Jahre  1862.  Berlin,  1863;  4°-  — 
Kirchhoff  A.  ,  Studien  zur  Geschichte  des  griechischen 
Alphabets.  (Aus  den  Abhandlungen  1863);  4°'  —  Preisfrage 
der  physikal.-mathem.  Classe  für  das  Jahr  1866. 

—  der  Wissenschaften,  Königl.  Bayer.,  zu  München:  Sitzungs- 
berichte. 1863.  II.  Heft  1  &  2.  München,  1863;  8»-  — 

—  Königl.  Schwed.,  zu  Stockholm:  Handlingar  Ny  Följd.  IV  Bd., 
1.  Hft.  1861.  4°-  —  Öfversigt.  XIX.  Argangen  1862.  Stock- 
holm, 1863;  8°-  —  Meteorologiska  Jakttagelser  i  Sverige. 
III.  Bd.,  1861.  Stockholm,  1863;  Querquart.  —  Crustacea 
decapoda  podophthalma  marina  Sueciae  etc.  enumerat 
A.  Geös.  (Acad.  Scient.  Suec.  propos.  die  14.  Januarii  1S63.J 
8°*  —  Mitglieder- Verzeichniss. 

American   Journal  of  Science  and   Arts.  Vol.  XXXVI,  No.  107 

&  108.  New  Haven,  1863;  8°- 
Annalen  der  Chemie  und  Pharmacie,  von  Wühler,  Liebig  und 

Kopp.   II.   Supplementband,   3.  Heft.   Mit    1  Tafel.   Leipzig 

und  Heidelberg,  1863;  8°- 


177 

Argelander,  F.  W.  A.,  Atlas  des  nördlichen  gestirnten  Himmels 

für  den  Anfang  des  Jahres  1855.  V.  Lieferung,    enthaltend 

die  Blätter  Nr.  25,  28—31,  34—40.  Bonn,  1859;  Fol. 
Astronomische  Nachrichten.  Nr.  1457—1458.  Altona,  1864;  4»- 
Bibliotheque  Universelle  de  Geneve:  Archives  des  sciences  phy- 

siques  et  naturelles.  N.  P.  Tome  XVIIe,  No.  71 — 72.  Geneve, 

Lausanne,  Neuchatel,  1863;  8°- 
Blanche t,  Rodolphe,  Lettres  adressees  ä  la  Gazette  de  Lausanne 

sur  les  maladies  des  plantes  et  sur  Thygiene  de  l'homme  et 

des  animaux.  Lausanne,  1863;  8°* 
Comptes  rendus   des   seances   de    l'Academie    des  Sciences. 

Tome  LVII,  No.  26.  Paris,  1863;  4<>- 
Gesellschaft,   Naturforschende,   in  Emden:  48.  Jahresbericht, 

1862.  Emden,  1863;  8°- 

—  Deutsche  geologische:  Zeitschrift.  XV.  Bd.,  3.  Heft.  Berlin, 
1863;  8o- 

—  Schweizerische  naturforschende:  Verhandlungen.  1862. 
46.  Versammlung.  Luzern;  8°*  —  Chr.  Christen  er.  DieHiera- 
cien  der  Schweiz.  Mit  2  Tafeln.  (Aus  dem  Programm  der 
Berner  Cantonsschule  für  1863.)  Bern,  1863;  4<>- 

—  physikalisch-medicinische:  Würzburger  naturwissenschaftliche 
Zeitschrift.  IV.  Bd.,  I.  Hft.  Würzburg,  1863;  8»—  Würz- 
burger medicinische  Zeitschrift.  IV.  Bd.,  3.  &  4.  Hft.  Würz- 
burg, 1863;  8o- 

Grunert,    Joh.    Aug.,    Archiv    der    Mathematik    und   Physik. 

XLI.  Theil,  2.  Heft.  Greifswald,  1864;  8<>- 
Jahrbuch,   Neues,   für  Pharmacie  und  verwandte   Fächer,    von 

F.  Vorwerk.  Bd.  XX,  Heft  5  &  6.  Speyer,  1863;  So- 
Land-  und  forstwirtschaftliche  Zeitung.  XIV.  Jahrg.  Nr.  3.  Wien, 

1864;  4<" 
Lotos.  Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.  XIII.  Jahrg.  November 

und  December  1863.  Prag;  So- 
Marey,   E.  J.,  Physiologie   medicale   de   la  circulation  du  sang, 

basee  sur  Tetude  graphique  des  mouvements  du  coeur  et  du 

pouls    arteriel    avec    application    aux  maladies   de  Tappareil 

circulatoire.  Avec  235  figures.  Paris,  1863;  8°- 
Mittheilungen    aus    J.    Perthes'    geographischer  Anstalt. 

Jahrg.  1863.  XII.  Heft.  Gotha;  4°' 

Sitzb.  (1.  inathem.-aaturw.  Cl.  XL1X.  Bd.  I.  Abtli.  12 


178 

Mondes.  IIe  Annee,  Tome  III,  2e  Livraison.  Paris,  Tournai,  Leip- 
zig, 1864;  8°- 

Societas  regia  scientiarum  Upsalensis:  Nova  Acta.  Seriei 
tertiae  Vol.  IV.  Fase.  II.  1863.  Upsaliae;  4°- 

Societe  geologique  de  France:  Bulletin.  Tome  XXe-  Feuilles 
31_48.  Paris,  1862  ä  1863;  8<>- 

Verein  der  Freunde  der  Naturgeschichte  in  Meklenburg:  Archiv. 
17.  Jahrg.  Neubrandenburg,  1863;  8°- 

—  für  vaterländische  Naturkunde  in  Württemberg:  Württem- 
bergische naturwissenschaftliche  Jahreshefte.  XIX.  Jahrgang, 
1.  Hft.  Stuttgart,  1863;  8<>- 

Wiener  medizinische  Wochenschrift.  XIV.  Jahrg.,  Nr.  3.  Wien, 
1864;  4o- 

Zeitschrift  für  Chemie  und  Pharmacie,  von  E.  Erlenmeyer. 
VI.  Jahrgang,  Heft  20.  1863;  VII.  Jahrgang,  Hft.  1  &  2.  Hei- 
delberg, 1864;  8o- 

—  des  österr.  Ingenieur-Vereines.  XV.  Jahrgang,  10.  &  11.  Heft. 
Wien,  1863;  4o- 


B  o  u  e.    Der  albanesische  Drin  und  die  Geologie  Albaniens  etc.  179 


Der  albanesische  Drin  und  die  Geologie  Albaniens,   beson- 
ders   seines    tertiären    Beckens. 

Von  dem  w.  M.  Dr.  A.  B  o  n  e. 

Der  albanesische  Drin  soll  jetzt  Scutari  fast  berühren,  so 
lautet  die  auffallende  Nachricht  des  Herrn  General-Consuls  v.  Hahn, 
welcher  sehr  lakonisch  beifügt:  Seit  vier  Jahren  istderFluss 
mit  zwei  Drittel  Theilen  seiner  Wasser  in  sein  altes 
Bett  in  nordwestlicher  Richtung  zurückgegangen  und 
mündet  nun  auf  diese  Art  theilweise  in  den  Kiri  oder  Drinassi  neben 
der  Stadt. 

Um  die  Wichtigkeit  dieser  hydrographischen  Veränderung 
würdigen  zu  können,  muss  man  wissen,  dass  von  Scutari  nach 
Skela  oder  der  ehemaligen  Überfahrt  des  Drin  bei  seinem  Austritte 
aus  dem  Gebirge  eine  gute  Stunde  Weges  ist,  während  man  von 
derselben  Stadt  bis  zur  zweiten  unteren  Überfahrt  über  den  Drin 
bei  Zadrima  fast  drei  Stunden  zählt.  Diese  rhombische  Strecke 
Landes  zwischen  dem  Drin  und  Kiri  ist  flach,  cultivirt  und  mit 
mehreren  Landhäusern  bedeckt.  Auf  unserm  Wege,  ausser  mög- 
lich bei  Butschera,  bemerkten  wir  in  den  Jahren  1837  und  1838 
keine  Spuren  von  einem  alten  Flussbette. 

Andererseits  kann  ich  versichern,  bei  Skela  kleine  Schiffe 
gesehen  zu  haben,  welche  wenigstens  auf  dem  adriatischen  Meere 
längs  der  Küste  fuhren,  was  jest  wohl  nur  mehr  bei  dem  höchsten 
Wasserstande  der  Fall  sein  kann. 

Interessant  ist  es  zu  erfahren,  dass  diese  Veränderung  erst 
seit  vier  Jahren  stattfand,  und  wirklich  macht  Herr  Hequard  in 
seiner  Beschreibung  Albaniens  im  Jahre  1858  keine  Erwähnung 
davon.  Möglich,  dass  ältere  Autoren  von  jenem  sogenannten  alten 
Bette  etwas  berichten,  besonders  weil  die  Veste  Rosapha  und  selbst 
Scutari  dadurch  vertheidigungsfähiger  wird. 

Vor  dieser  Umgestaltung  bildete  der  in  die  Bojana  mündende 
Kiri  nur  zu  Regenzeiten  einen  breiten  reissenden  Bach,  zu  anderen 
Zeiten  lag  nur  ein  tro;  kenes  Bett  voll  Gerolle  im  Süden  der  Festung, 

12* 


180  B  o  u  e.    Der  albanesische  Drin 

so  wie  am  Fusse  der  westlichen  niedrigen  felsigen  Verlängerung 
jenes  Kalkkegels,  welcher  die  Stadt  von  dem  Kiri  trennt. 

Mündet  aber  der  Drin  in  den  Kiri,  so  ist  da  natürlich  ein  Stadt- 
und  Festungsgraben  geschaffen,  und  da  die  Bojana  westlich  und 
nördlich  den  Fuss  des  Rosaphahügels  bespült,  so  bleibt  nur  seine 
östliche  Seite  als  Aufgang  zu  diesem  steilen,  dreieckigen  Felsen. 

Jedenfalls  erklärt  diese  zeitweilige  Mündung  des  Drin  in  den 
Kiri  seinen  doppelten  Namen  als  Drinassi.  Vielleicht  hat  das  gleich- 
zeitige Aufschwellen  des  Kiri  und  des  Drin  die  Eröffnung  dieses  Ver- 
bindungscanales befördert.  Bei  meiner  dreimaligen  Anwesenheit  am 
Ufer  des  Drin  erhob  sich  dieses  um  10 — 15  Fuss  über  dem  Wasser. 

Es  ist  kein  Zweifel,  dass  in  geologischen  Zeiten  der  Drin  und 
der  Kiri  in  dasselbe  Wasserbecken  mündeten,  welches  nicht  nur 
die  ganze  Vertiefung  des  Scutarisees,  sondern  auch  die  Thäler  der 
Bojana  und  der  Zadrima  begriff.  Aber  als  Inseln  erschienen,  wenig- 
stens in  der  neueren  tertiären  oder  älteren  Alluvialzeit,  über  dem 
Wasser  erstens  ein  grosser  Theil  der  dreieckigen  hügeligen  Land- 
zunge zwischen  den  Bojana-,  Butschera-  und  Zadrimagegenden 
und  zweitens  der  schmale  niedrige  felsige  Kamm,  welcher  von 
Ost  nach  West  laufend,  die  Stadt  Scutari  südlich  theilweise 
begrenzt. 

In  Mittel -Albanien  haben  wir  einen  ziemlich  ähnlichen  Fall 
beim  Scumbi  und  Devol,  welcher  leider  bis  jetzt  von  allen  Geo- 
graphen bis  Kiepert  selbst  nicht  recht  verstanden  und  auf  den 
Karten  schlecht  aufgezeichnet  wurde.  Südlich  von  Elbassan  liegt, 
namentlich  zwischen  beiden  Flüssen,  nur  eine  ungeheure  Ebene 
anstatt  der  Gebirge  der  Geographen,  und  der  schmälste  Theil 
dieser  Wasserscheide,  ungefähr  2'/4  Stunden  breit,  ist  ganz  flach, 
fast  ohne  Bäume  und  Gesträuche,  nur  eine  schöne  grüne  Wiese, 
ausser  im  hohen  Sommer.  Da  aber  das*  Wasserquantum  der  beiden 
Flüsse  besonders  auf  Regen  im  Gebirge  angewiesen  ist,  so  bemerkt 
man  meistenteils  nur  die  zwei  mächtig  breiten,  sehr  wenig  aus- 
gehöhlten und  mit  Gerollen  augefüllten  Bette.  Kommt  eine  Über- 
schwemmung, so  rücken  die  Wasser  viel  näher  an  einander  oder 
es  erfolgt  in  Fällen  grosser  gegenseitiger  Wassermenge  eine  Ver- 
einigung derselben,  wenigstens  in  dem  eben  beschriebenen  engen 
Isthmus.  Endlich  in  einer  gewissen  Entfernung  westlich  nimmt  das  mit 
einigen  niedrigen,    tertiären  und  alluvialen  Hügeln    bedeckte    Land 


und  die  Geologie  Albaniens,  besonders  seines  tertiären  Beckens.  1  o  1 

zwischen  dem  Meere  und  dem  Ausflusse  des  Scumbi  und  Devol  die 
Gestalt  einer  wahren  Insel  an. 

Auf  diese  Weise  würde  die  westliche  Türkei  an  hydrographi- 
schen Seltenheiten  reich  sein,  denn  zu  diesen  zwei  sonderbaren 
Fällen  gesellen  sich  nicht  nur  die  häufigen  Katarotrons  und  unter- 
irdischen Flüsse,  sondern  auch  die  so  seltene,  fast  gleichzeitige 
Ausmündung  dreier  Flüsse,  namentlich  im  südlichen  Bosnien  die  der 
Tara,  Piva  und  Sutschesa,  südwestlich  von  Fotscha.  Letzterer  Fall 
entstand  erstlich  durch  die  Kreuzung  von  zweierlei  Spalten,  die 
eine  von  Nordwest  nach  Südost  und  die  andere  fast  von  Ost  nach 
West,  und  dann  durch  eine  kleine  Nebenspalte  zu  der  ersten. 

Umgeben  war  das  nordalbanesische,  tertiäre  und  alluviale 
Becken  vorzüglich  durch  FIö  tzkal  k-Ketten,  welche  mehr  oder 
weniger  steilere  Wände  rund  um  ihn  herum  bildeten.  Letztere  Kalkfor- 
mationen scheinen  eher  der  unteren  Kreide  und  Neocomien  als  der  der 
älteren  Flötzkalke  anzugehören  und  dieses  ebensowohl  nach  unserer 
flüchtigen  Untersuchung,  als  in  Folge  der  Thatsache,  welche  in 
Montenegro  und  dem  österreichischen  Albanien  erkannt  wurde, 
namentlich  dass  das  Alter  der  Gehirgsformation  vom  Meere  nach  dem 
Innern  von  Trias  an  abnimmt,  indem  ihre  absolute  Höhe  in  dersel- 
ben Richtung  nur  gewinnt.  Die  älteren  Flötzgebilde  würden  kaum 
mehr  südlich  am  östlichen  Ufer  des  adriatischen  Meeres,  vielleicht 
selbst  nicht  in  den  acroceraunischen  Gebirgen,  zu  finden  sein. 

Obgleich  ein  tiefes,  altes  Alluvium,  ohne  erratische  Blöcke,  die 
Oberfläche  dieses  Beckens  bildet,  so  zweifle  ich  kaum,  nach  den 
anstehenden  Gesteinen  in  der  südlichen  Ausdehnung  dieser  grossen 
Bucht  zu  urtheilen,  dass  die  miocene  Bildung  theilweise  noch  jetzt 
unter  den  Alluvionen  durch  Bohrung  zu  treffen  wäre.  Zum  eocenen 
Gebilde  gehören  wahrscheinlich  die  ziemlich  geneigten  Schiefer 
und  Sandsteine,  welche  theilweise  das  hügelige  Land  zwischen  der 
Bojana  und  Zadrima  bilden  und  nur  in  dem  Engpasse  von  Baldrin  vor 
Alessio  oder  Lesch  an  beiden  Ufern  des  Drin  durch  Flötzkalk  ver- 
drängt werden. 

Ob  dieses  nämliche  Gebilde  auch  einen  grossen  Theil  des  Myr- 
ditenlandes  zusammensetzt  oder  ob  letzteres  der  Kreide  angehört, 
müssen  geschickte  Geologen  an  Ort  und  Stelle  entscheiden. 
Schwarze  Diorite,  Euphotide,  reines  Diallagegesteine  und  einige  Ser- 
pentine durchschneiden  es  oft  und  helfen  den  Einwohnern  die  Wege 


182  B  o  u  e.    Der  albanesische  Drin 

noch  unwegsamer  machen ,  damit  ihr  Land  so  unbekannt  als  möglich 
bleibe.  Merkwürdig  ist  die  Bemerkung  des  Herrn  v.  Hahn,  dass 
die  Stellung  der  Schichten  keineswegs  dieselbe  auf  beiden  Ufern 
des  vereinigten  Drin  in  der  Myrdita  sei. 

Nördlich  stehen  die  Flötzkalkschichten  senkrecht  oder  fast  auf 
dem  Kopfe,  während  sie  südlich  viel  weniger  geneigt,  fast  hori- 
zontal erscheinen.  Aus  diesem  letzteren  Umstände  könnte  man 
vielleicht  auf  die  Anwesenheit  der  Sandstein -Eocene  schliessen, 
obgleich  Herr  v.  Hahn  ausdrücklich  meint,  dass  dasselbe  Material 
von  einem  Ufer  zum  andern  übersetzte.  Doch  könnte  diese  Ver- 
schiedenheit der  Neigung  auch  in  Verbindung  mit  der  Spaltcnbildung 
durch  theilweise  Versenkung  oder  Verrückung  seine  Erklärung 
finden.  Ist  aber  v.  Hahn's  mineralogisches  Auge  nicht  betro- 
gen worden,  so  hätten  wir  da  wieder  einen  auffallenden  Beweis 
von  einer  Spaltenbildung  an  der  Grenze  zweier  Formationen  und 
von  dem  Laufe  des  Hauptwassers  einer  Gegend  nicht  auf,  sondern 
neben  derselben,  kurz  ein  Fall,  wie  wir  ihn  an  der  Donau  zwischen 
Passau  und  Linz,  zwischen  Molk  und  Krems,  bei  Pressburg  u.  s.  w. 
wohl  kennen. 

Andererseits  wenn  man  die  Lage  gewisser  Euphotide  und 
Serpentine  in  Italien  berücksichtigt  und  als  Thatsache  annimmt, 
dass  es  in  Siebenbürgen  selbst  eocene  Quarzporphyre  und  gold- 
führende Sandsteine  wie  zu  Vöröspatak  gibt,  so  könnte  man  schon 
eocene  Bildung  in  den  Myrdita-  und  Mailändern  vermuthen. 

Wie  im  gegenüberliegenden  Italien  bildet  südlich  von  der 
Driner  Bucht  bis  nach  Griechenland  das  Tertiäre  einen  breiten  Land- 
strich, welchen  Flötzkalk-Felsen  oder  Kuppen  überall  östlich  über- 
ragen, indem  nur  selten  letztere  Gebilde  noch  als  ehemalige  Inseln 
hie  und  da  aus  dem  Tertiären  ersichtlich  sind.  So  findet  man  von 
Lesch  oder  Alessio  an  fast  bis  zum  Graba-Balkan  grösstenteils  nur 
eine  hohe,  sehr  steile,  weissgraue  Kalkwand  über  800  a-oja. 
bis  1000  Fuss  Höhe  (ungefähr  wie  unsere  Wand  im  j 

südlichen  Wiener  Becken) ,   welche  nur  hie  und  da   X\ 
durch  Spalten  oder  durch  enge  Thäler  der  Mat,  der 
Benda  und  der  oberen  Quellengebiete  des  Ischm  zer- 
rissen wird.  Die  Stadt  Croja  liegt  auf  dieser  Wand,    CS///s<t — 
von  hohen  Kalkbergen  überragt.    Aber   zwischen  den  südöstlichen 
Quellen  des  Scumbi  und  dem  Ergent  steigen  nur  einzelne  Kalkkegel 


und  die  Geologie  Albaniens,  besonders  seines  tertiären  Beckens.  183 

aus  dem  Tertiär  und  Alluvium  empor.  Diese  letztere  plastische 
Configuration  erhält  dann  weiter  ihren  stärksten  Ausdruck  in  der 
Toskana  in  dem  ungeheuren  Kolosse  des  -5000  Fuss  hohen  Tomor 
mit  seiner  westlichen  Wand,  mittelst  welchen  niedrigeren  Ausläu- 
fern die  Flötzkalk-Gebilde  sich  dann  in  den  Höhen  des  Pindus 
verlaufen. 

Südlich  von  dem  Scutarisee  und  der  Bojana  hat  einmal  das 
hohe  montenegrinische  Kalkgebirge  sein  Ende  und  dieses  bis  am 
Meerbusen  von  Atta  und  bis  nach  Morea.  Eine  bedeutende  Landes- 
senkung muss  da  vor  der  tertiären  Zeit  geschehen  sein,  nur  hie 
und  da  blieben  Stücke  der  niedergegangenen  Gebirge  zurück.  So 
z.  B.  herrscht  natürlicher  Weise  westlich  vom  oberen  Theile  des 
Vojutzathales ,  in  Arkananien  und  längs  der  jetzigen  östlich  beste- 
henden Kalkwand  eine  bedeutende  Kluft,  längs  welcher  diese  Abrut- 
schung stattfand.  Im  Hügel  der  Ruine  Stelusia  und  unter  einem 
Kloster  trägt  das  Terrain  längs  der  Croja-Mauer  noch  Spuren  solcher 
dynamischer  Bewegungen. 

Die  Breite  des  auf  diesem  untergegangenen  Continente  durch 
das  Tertiäre  eingenommenen  Raumes,  so  wie  die  relativ  absolute 
Höhe  des  ersteren  nimmt  auffallend  von  Nord  nach  Süd  zu.  So  z.  B. 
beträgt  diese  Breite  nur  ein  paar  Stunden  im  unteren  Ischmthale. 
Zwischen  Croja  und  dem  Meere  ist  die  Breite  schon  über  5  Stunden, 
am  Graba- Balkan  mehr  als  doppelt  so  viel,  während  in  Mittel- 
Albanien  diese  Ausdehnung  von  West  nach  Ost  zu  wenigstens 
20  Stunden  anwächst.  Südlich  von  Ergent  erstreckt  sich  dieses 
Gebilde  noch  weiter,  aber  in  jenem  grossen  eocenen  Nummuliten- 
und  Sandstein-Gebilde  erscheinen  manche  Kreidekuppen  und  selbst 
bedeutende  Gebirgszüge,  welche  ihnen  als  Gerippe  dienen. 

Wenn  man  in  Süd-Albanien  oder  Epirus  die  eocene  Bildung., 
wie  sie  in  Italien  bekannt  ist,  in  noch  grösserem  Massstabe  als  auf 
jener  Halbinsel  studiren  kann,  so  werden  doch  oft  daselbst  wie  in 
Istrien,  wenigstens  die  Thäler  bildenden  Kreide-Sandstein-Schiefer 
durch  horizontal  geschichtete  engere  Kalknagelfluh-  oder  durch 
Süsswasserkalk-Ablagerungen  theilweise  bedeckt. 

Wie  in  Istrien  und  Dalmatien  ist  in  ganz  Albanien  die 
eocene  Bildung  stark  gehoben  und  zerspalten  worden ,  indem 
der  über  sie  gelagerte  Miocen  aus  sehr  wenig  geneigten  Schichten 
besteht. 


lö*t  B  o  u  e.    Der  iilbanesische  Drin 

Wenn  letztere  Formation  im  Epirus  selten  zu  sein  scheint,  so 
ist  dieses  weder  in  Mittel-  noch  in  Nord-Albanien  der  Fall,  wo 
hingegen  das  Eocene  viel  weniger  hervortritt.  Es  bestätigt  sich 
wieder  theilweise,  da  für  das  Tertiäre  die  sonderbare  geographi- 
sche Verbreitung  der  Flützformationen  in  Nord-Albanien,  namentlich 
dass  das  ältere  näher  gegen  Westen  ansteht  als  das  jüngere. 

Eines  der  schönsten  Beispiele  des  Miocen  findet  man  im  Ischm- 
(Hismo-)  Thale,  wo  nördlich  von  Tyrana  die  deutlichsten  Wiener 
Tegel  mit  Melanopsides  Dufourii  und  Congerien  anstehen.  Sie  (6) 
bilden  die  Basis  der  Hügel  nördlich,  südlich  und  westlich,  und  wenn 
man  denG'raba-Balkan  von  Elbassan  nach  Tyrana  besteigt,  so  bemerkt 
man,  dass  sie  abwechselnd  mit  Nummulitenkalk  (7/,)  die  eocene  Bildung 
endlich  gänzlich  bedecken.  Der  Durchschnitt  jener  blauen  Tegel 
und  thonigen Mergelschichten,  eine  sehr  Giaba-Baika,,. 
geneigte  Fläche  von  mehr  als  800  Fuss  -  — 
Höhe,  erinnerte  mich  nicht  nur  an  Wien, 
sondern  auch  an  den  Volterrakegel  in 
Toscana.Wie  in  beiden  Localitätenstösst 
man  dann  unter  den  obersten  sandigen 
Schichten  auf  jenen  um  Wien  wohlbe- 
kannten Horizont  YOüCerithium  pictum, 
mit  Cardium  simidans  und  plicatum,  die  Neritina  Montalamberti 
u.  s.  w.  (siehe  Turquie  d'Europe,  1840,  Bd.  I,  S.  298)  und  höher 
hinauf  liegt  ein  mächtiger  Leithakalk  quarzigen  Conglomerats  (7/), 
welcher  sich  weit  westlich,  nordwestlich  und  nördlich  gegen  die 
Spitzen  der  Berge  erstreckt  und  scheinbar  auch  in  der  kleinen, 
längs  des  adriatiscben  Meeres  laufenden  Kette  von  Petrella  nach  der 
Mündung  des  Ischm  vorhanden  ist. 

Von  diesem  letzteren  Gebirgszuge  stammen  die  durch  die  Gefäl- 
ligkeit des  österr.  General-Consuls  v.  Hahn  zu  Syra  und  desConsuls 
Ballarini  zu  Durazzo  geschickten  Petrefacten,  welche  Herr  Director 
Dr.  Hörn  es,  corresp.  Mitglied  d.k.Akad.  d.W.,  zu  bestimmen  die  Güte 
hatte  und  deren  Liste  am  Schlüsse  folgt.  Herr  Ballarini  liess  auf 
dem  Berge  Gradetz  zwischen  Durazzo  und  Tyrana  sammeln  und  Herr 
v.  Hahn  fand  seine  Petrefacten,  meistens  grosse  Austern  und  Pecten, 
auf  dem  Berge  Sörel  oder  Zurel  zwischen  Tyrana  und  der  Matgegehd. 

Es  läge  im  Interesse  der  Wissenschaft  und  schiene  der  Akademie 
würdig,  dass  sie  den  Wunsch  desHerrn ConsulsBallarini  erfülle  und 


und  die  Geologie  Albaniens,  besonders  seines  tertiären  Beckens.  löö 

einem  Fachmanne  die  Aufnahme  dieses  Terrains,  so  wie  das  gehörige 
Sammeln  seiner  Petrefacten  bald  anvertraue.  Wie  gesagt  kann  man 
erwarten,  daselbst  gegenüber  Croja  vielleicht  ein  zweites  eben  so 
reichhaltiges  Petrefactenlager  als  bei  Sinigaglia  zu  finden. 

Eine  andere  merkwürdige  Zusammenstimmung  mit  Wiener 
tertiären  Zuständen  konnte  ich  bei  den  Quellen  in  jenen  Gebilden 
Nord-Albaniens  bemerken,  namentlich  floss  eine  sehr  reiche  kalte 
Quelle  an  der  Sohle  des  Leitha-Conglomerates  heraus,  welche  höchst 
wahrscheinlich  von  dem  sehr  weit  davon  (1 — 2  Stunden?)  gelege- 
nen Kalkflötz-Gebirge  herstammt.  Die  Wässer  werden  in  einen 
eigenen  Brunnen  künstlich  geleitet  zum  Labsale  der  Reisenden  und 
Thiere,  welche  nur  mit  Mühe,  vorzüglich  von  Süden,  den  steilen  mio- 
cenen  Thonabhang  des  Graba-Balkans  durch  geschlängelte  Wege 
erreichen  können.  Die  Verflächung  des  Conglomerates,  so  wie  des 
miocenenThones  war  entschieden  nördlich, so  dass  natürlicherweise 
das  Heruntergehen  gegen  jene  Seite  nur  allmählig  stattfinden  konnte, 
besonders  da  spätere  Erosionen  daselbst  viel  weniger  als  südlich  den 
Bergkörper  angegriffen  haben.  An  seinem  südlichen  Fusse  aber,  bei 
der  Abwechslung  der  Nummulitenkalke  und  blauen  Mergelthone, 
kommen  noch  ziemlich  gute  Quellen  in  mehr  als  einem  Niveau  zum 
Vorschein.  Auf  diese  Weise  bildet  sich  weiter  unten  etwas  süd- 
westlich das  kleine  Wässerchen  und  Thälcben  Namens  Kutscha,  wo 
griechische  Klostergeistliche  ebensowohl  einen  frischen  Trunk 
Wassers  als  eine  schöne  Natur  und  Einsamkeit  nach  ihrem  Wunsche 
seit  uralten  Zeilen  finden  konnten. 

In  dem  Scutarisee  und  Drinbecken  kommen  auch  in  gewissen 
Localitäten  grosse  Conglomeratmassen  vor,  welche  aber  in  der 
Myrdita  (zwischen  Skela,  Dukinhan  und  Spass  oder  Keuprihan) 
ebenso  wie  Nummulitenkalk  fehlen.  Der  Punkt ,  wo  wir  die 
grössten  Anhäufungen  bemerken,  liegt  südlich  von  Hotti  neben 
jenem  ausgedehnten  morastigen  Theile  des  Landes  (Umsko-blato), 
welcher  das  beste  Zeugniss  für  die  ehemalige  viel  grössere  Ausdeh- 
nung des  Sees  ablegt.  Da  aber  diese  Massen  einen  bedeutenden 
Hügel  krönen  und  ihre  Höhe  über  dem  Thale  einige  hundert 
Fuss  beträgt,  so  glaube  ich,  dass  diese  Conglomerate  zu  jenen 
der  Leithagebilde  gehören  dürften.  Sie  würden  am  Fusse  des 
Gebirges,  am  Ausgange  seiner  Thäler  denselben  localen  Platz  ein- 
nehmen wie  unsere  längs  des  Flötzkalk-Gebirges  am  südwestlichen 


186  B  o  u  e.    Der  albanesische  Drin 

Theile  des  Wiener  tertiären  Beckens.  Jedenfalls  zeigen  sie  durch 
ihre  Höhe  einen  bedeutenden  Unterschied  mit  anderen  Gerollen  und 
Conglomeratanhäufungen,  welche  hie  und  da  die  Sohle  des  Thaies 
bilden.  Als  alte  Moräne  können  sie  nicht  gelten,  da  ihnen  das  wirre 
Durcheinander  der  Gesteine  jener  fehlt  und  auch  keine  erratischen 
Blöcke  zu  sehen  sind. 

Ehe  ich  von  dem  eigentlichen  geognostischen  Theile  ablenke, 
muss  ich  noch  ein  Wort  über  die  schwach  thermalen,  sehr  stark 
mit  Schwefelwasserstoffgas  geschwängerten  Wässer 
sagen,  welche  aus  dem  Fusse  der  erwähnten  grossen  Flötzkalk-Wand 
oder  sogenannten  uralten  Flötzspalte  und  unteren  Croja  von  einer 
Höhle  herausfliessen.  Dieser  Fall  hat  viele  Ähnlichkeit  mit  unseren 
Quellen  von  Mödling,  Baden  und  Vöslau,  so  wie  auch  mit  einigen 
trinkbaren  Quellen  am  südlichsten  Ende  des  Wiener  Beckens. 

Wenn  nach  der  heutigen  Meinung  manches  Theoretikers  die 
Gypslager  bei  Heiligenkreuz  in  Verbindung  wenigstens  mit  den 
Badener  Schwefelquellen  gebracht  werden  wollen,  so  würde  man 
dasselbe  auch  in  Nord-Albanien  thun  können ,  weil  bedeutende  Gyps- 
brüchenlager,  wenigstens  südlich  von  der  Stadt  Dibra,  vorhanden 
sind.  Wir  aber  glauben  diese  Erklärung  nicht  gelten  lassen  zu 
können,  weil  wir  die  Annahme  wahrscheinlicher  finden,  dass  erstens 
der  kalkige  Absatz  in  einem  sehr  alten  Kraterbecken  stattfand,  dann 
dass  schwefelige  Ausdünstung  sich  wieder  darin  Luft  machte  und 
einigen  Kalk  in  Gyps  verwandelte,  indem  später  solche  Schwefel- 
wasserstoffgase nur  die  Mittel  fanden,  einige  unterirdische  Wasser- 
ströme stark  zu  schwängern. 

Wahrscheinlich  möchten  auch  Geographen  meine  jetzige  Mei- 
nung über  das  Alter  jener  Kalkformationen  vernehmen, 
welche  einen  so  grossen  Platz  im  östlichen  Albanien,  westlichen 
Macedonien,  selbst  am  Schar  und  in  Ober-Mösien  einnehmen  und 
vor  24  Jahren  theilweise  in  der  unteren  Kreide  eingeschlossen 
wurden. 

Ein  Theil  dieser  grossen  Kalkablagerung  nimmt  neben  dem 
krystallinischen  Schiefergebirge  einen  dem  Schweizer  Alpen-Kalk 
analogen  Platz  ein.  So  z.  ß.  erinnert  der  nördliche  Abhang  des 
Schar  an  die  ungleichförmige  Lagerung  des  Flötzkalkes  im  Kanton 
Uri  auf  dem  unter  ihm  liegenden  krystallinischen  Schiefer.  Über- 
haupt   führen    sowohl   die    geognostischen   Erscheinungen   als   die 


und  die  Geologie  Albaniens,   besonders  seines  tertiären    fieckens. 


187 


Prisren. 


Kettenbildungen  im  Innern  der  europäischen  Türkei  zu  dem  Schlüsse, 
dass  eine  östliche  Verlängerung  der  Alpen-Centralkette  daselbst  vor 
banden  ist.    Selbe  wäre  schar. 

nur  etwas  mehr  gegen 
Süden  verschoben  und 
oft  überdeckt  worden, 
indem  die  grosse  Lücke 
zwischen  beiden  von 
West  nach  Ost  laufen- 
den Ketten  meistenteils  durch  secundäre  Kalkformationen  und  Ter- 
tiäres auszufüllen  wäre.  Die  ersten  Spuren  dieser  Centralalpen- 
Verlängerung  treten  in  Slavonien  auf,  dann  erkennt  man  solche 
deutlich  an  der  Grenze  Bosniens  und  der  nördlichen  Herzegowina 
in  den  Gebirgen  von  Setz  und  im  Voinitzathale,  so  wie  im  süd- 
lichen Serbien,  von  Uschitze  einerseits  bis  Kragujevatz  und  Jagodin 
und  andererseits  über  Karanovatz  im  Jastrebatzer  Gebirge;  ferner 
in  der  Central-Türkei  von  Schar  und  oberhalb  des  Moravathales  an 
bis  zum  grossen  Balkan;  endlich  in  ganz  Macedonien  vom  Vardar  bis 
nach  Bhodope,  von  wo  dieser  krystallinische  Zug  sich  weit  nach 
Klein-  und  Central-Asien  erstreckt. 

Seitdem  man  dem  Systeme  des  mächtigen  Dachsteinkalkes 
sammt  seinen  Dolomiten  einen  ziemlich  bestimmten  Platz  über  dem 
alpinischen  Keuper  im  Lias  angewiesen  hat,  scheint  es  mir  sehr 
wahrscheinlich,  dass  dieses  System  auch  in  der  westlichen  Türkei, 
aber  immer  neben  krystallinischen  Schiefergebirgen  und  in  einer 
gewissen  Entfernung  vom  adriatischen  Meere,  eine  bedeutende  Bolle 
spielt.  So  z.  B.  möchte  ich  dazu  den  dichten  grauen  Kalk  nebst  dem 
Dolomite  rechnen,  welcher  von  Sua-Bieka  bis  an  den  schwarzen 
Drin  den  nördlichen  Fuss  der  Talk-  und  Chloritschiefer-Kette  sammt 
Protogine  des  hohen  Schar  (Schara  Planina)  bedeckt.  Dieses  Ge- 
bilde stösst  ungleichförmig  gegen  die  ältere  Formation  an  und  bildet 
noch  besonders  einen  grossen  Theil  des  Jalesch  und  den  Schale- 
Schossberg.  Wenn  aber  diese  Bestimmung  die  richtige  wäre,  so 
könnte  man  durch  die  augenscheinliche  Verlängerung  jener  Kalke 
von  Norden  und  Süden  bis  zum  Pindus  und  wenigstens  bis  zu 
Bilischta,  wenn  nicht  bis  zu  Castoria  ein  ähnliches  Dachsteinkalk- 
System  auch  daselbst  annehmen.  —  Wie  weit  sich  dasselbe  im  süd- 
lichen und  nördlichen  Bosnien,  besonders  in  der  westlichen  Region 


188  ßoue.    Der  alhanesische  Drin 

von  Scharon  findet,  bleibt  aber  ein  durch  Geognosten  zu  lösendes 
Problem;  denn  daselbst,  wie  auch  im  Epirus,  im  Pindus  und  Bure- 
nos  gibt  es  entschieden  ältere  Kreide  oder  Hippuritenkalke,  welche 
die  Verhältnisse  sehr  compliciren.  Obwohl  zwischen  Travnik  und 
dem  sogenannten  Skander  Vakup  im  Ugrathale  das  Kössener  System 
vorhanden  wäre?  Vielleicht  könnte  man  es  im  Epirus  im  oberen 
Konitzathale  zwischen  Turanikhan  und  Seran  auch  entdecken,  wo 
so  viele  geneigte  schwarze  Mergel-  und  Kalkschichten  abwechseln. 
Viel  ältere  Formationen  wären  gewiss  im  Voinitzathale,  südöstlich 
von  Travnik,  in  Bosnien  u.  s.  w. 

Die  genaue  geognostische  Aufnahme  des  westlichen  serbischen 
Gebirges,  eine  verhältnissmässig  mit  Arbeiten  im  offenen  Felde  in 
der  Türkei  sehr  leichte  Sache,  würde  die  Kenntniss  der  bosnischen 
Formationen  sehr  befördern.  Darum  wünsche  ich  sehr,  dass  die- 
jenigen jetzt  oder  bald  in  Bosnien  beschäftigten  Österreicher 
meinem  wohlgemeinten  Bathe  folgen  und  mit  Serbien  anfangen, 
damit  sie  das  Schwierigere  in  Bosnien  viel  geschwinder  enträthseln 
können. 

Eine  ganz  andere  Beihe  von  älterem  dichten  Kalk  scheinen  mir 
noch  wie  ehemals  einige  im  südwestlichen  Theile  Ober-Mösiens  zu 
sein,  so  wie  jene  sehr  gestürzten  Kalkstöcke,  welche,  mit  Schiefer- 
thon  abwechselnd,  im  westlichen  Macedonien,  immer  unfern  der 
Glimmerschiefer  und  krystallinischen  Kette,  grosse,  von  Nord  nach 
Süd  streichende  Züge  vom  oberen  Vardar  über  die  Trojakgegend 
nach  der  von  Vodena  und  Moglena  bilden.  Im  Centrum  der  Türkei 
wäre  es  das  nordöstliche  Macedonien,  wo  ich  am  wahrscheinlichsten 
neben  dem  grossen  krystallinischen  Schiefer  des  Bhodopus  mit 
seinen  Graniten,  schwache  Spuren  des  Trias  unter  Dachsteinkalk  an 
der  westlichen  Seite  des  grossen  krystallinischen  Vitosch  vermuthen 
könnte.  Im  Etropol-Balkan  sehe  ich  immer  noch  ältere  Kalk-  und 
Schiefermassen  neben  Talk-  und  Glimmerschiefer. 

Was  die  Entdeckung  des  Herrn  General-Consuls  v.  Hahn  über 
die  Uferbildung  des  Drin  betrifft,  so  bestätigt  sie  nur,  was  ich 
im  Allgemeinen  schon  wusste  und  selbst  sah.  Der  Drin  läuft  mei- 
stens in  einer  förmlichen  grossen,  vorzüglich  von  Ost  nach  West 
laufenden  Gebirgsspalte,  ohne  Wasserfälle  zu  bilden,  aber  mit  vielen 
Felsenverengungen ,  wo  die  Strömung  dann  sehr  stark  ist.  Daruni 
war  ich  mit  Herrn  v.  Habn's  Chaluppefabrt,  vorzüglich  im  Herbste, 


und  die  Geologie  Albaniens,  besonders  seines  tertiären  Beckens.  189 

wo  die  Wasser  niedrig  sind,  nie  einverstanden  und  wies  immer 
auf  kleine,  flach  gebaute  Dampfboote  hin.  Die  grössten  Felsen- 
mauern  sind  natürlicher  Weise  an  solchen  Stellen,  wo  der  innere 
Felsenkörper  der  Gebirge  gespalten  ist,  wie  zwischen  dem  Jalesch 
und  Ibalea  am  schwarzen  Drin,  bei  Komani,  wo  der  vereinigte  Drin 
den  Gebirgsrücken  westlich  vom  Schaliathale  bespült  und  dann 
besonders  bei  der  .Ausmündung  dieses  letzteren  Thaies  u.  s.  w. 
Letzteres  wurde  mir  von  einein  hohen  Punkte  östlich  von  Latin  Hau 
ziemlich  deutlich.  Da  man  aber  den  Ufern  des  Drin  wegen  der  Fel- 
senmauern nicht  folgen  kann,  so  hätte  Herr  General-Consul  v.  Hahn 
von  Scutari  aus  über  Schkrell  und  Boga  das  Schaliathal  erreichen 
können  und  dann  diese  grosse,  tiefe  Spalte  mit  Wänden  von  mehr  als 
1000  Fuss  Höhe  bis  an  den  Drin  heruntergehen  müssen.  Daselbst 
angekommen,  hätte  man  gewiss  eine  Aussicht  auf  eine  bedeutende 
Strecke  dieses  Felsencanales  des  Drin  gewonnen.  Leider  ist  meine 
Hoffnung,  dass  Herr  General-Consul  v.  Hahn  bis  dahin  zu  Schiffe 
kommen  werde,  nicht  in  Erfüllung  gegangen. 

Was  den  schwarzen  Drin  betrifft,  so  möchte  ich  künftige 
Reisende  auf  drei  ganz  kahle  Gebirgsspitzen  aufmerksam  machen, 
welche  alle  drei  zu  besteigen  wären,  da  sie  ein  wahres  Pano- 
rama jener  fast  unbekannten  Gegenden  gewähren  müssten.  Ich 
meine  erstlich  den  Schaller  Schossberg  im  Hassgebiete 
oberhalb  des  Thaies  dieses  Namens,  welches  westlich  von  ihm 
liegt,  indem  an  seinem  südlichen  Fusse  der  weisse  Drin  in 
einem  tiefen  und  engen  Spaltencanal  von  Ost  nach  West  fliesst. 
Von  Prisren  wäre  es  leicht,  diesen  wahrscheinlich  sehr  felsigen, 
kahlen  Kalkberg,  unter  gehörigem  Schutze  der  Obrigkeit,  zu  erstei- 
gen; man  würde  aber  dazu  zwei  Tage  gebrauchen  und  müsste  nahe 
am  südlichen  Fusse  desselben  und  unfern  der  Brücke  über  dem  weis- 
sen Drin  in  einem  Dorfe  übernachten. 

Die  Aussicht  würde  vierfach  sein,  erstens  in  nördlicher  und 
nordwestlicher  Richtung,  obgleich  nicht  ausgedehnt,  so  doch  gross- 
arlig  durch  das  nahe  Bild  des  ganzen,  rauhen,  beschneiten  und 
gefurchten  Rückens  des  Prokletias  und  der  Gebirge  gegen  Gusinie 
und  Ipek;  dann  gegen  Ost  und  Nordost  die  Aussicht  auf  das  ganze 
doppelte  Becken  der  Metoja  und  von  Prisren ;  südwestlich  müsste 
man  in  die  waldigen  Gegenden  des  nordöstlichen  Quellengebietes 
der   Mat   hinübersehen,    während  man  südlich  den  Schar,   so  wie 


190  B  o  u  e.    Der  allianesische  Drin 

Theile  des  schmalen  und  tiefen  waldigen  Thaies  des  schwarzen  Drin 
vor  sich  hätte. 

Letzterer  Theil  der  Aussicht  würde  aber  vollständiger  werden, 
wenn  man  sich  nach  der  westlichen  Spitze  des  Jalesch  begeben 
würde.  Ein  solches  Vorhaben  ist  aber  im  Verhältnisse  mit  der  Bestei- 
gung des  vorhergehenden  Berges  ein  Leichtes.  Man  müsste  am 
nöi  dlichen  Fusse  im  DorfeLum  übernachten  und  von  da  hinaufsteigen, 
oder  da  diese  kahle  Seite  des  Berges  kürzer  und  steiler  als  die  süd- 
liche ist,  von  Prisren  nach  Kalkandel  über  den  Schar  auf  dem 
gewöhnlichen  Postwege  gehen  und  dann  zu  Kostovo,  im  westlichen 
Hintergrunde  von  der  Tettovo-Gau  und  am  südlichen  Fusse  des 
Jalesch  Quartier  nehmen,  wo  man  dann  alle  Hilfsmittel  zu  einer 
solchen  Gebirgsexcursion  finden  würde.  An  jener  Seite  gibt  es 
Waldungen,  aber  der  hohe  lange  Rücken  ist  nur  mit  alpinem  Gras 
bedeckt.  Von  Jalesch  aus  muss  man  den  grössten  Theil  des  schwarzen 
Drinthales  übersehen  und  auch  in  das  katholische  obere  Matiabecken 
etwas  hineinsehen  können. 

Die  dritte  lohnende  Excursion  wäre  die  Besteigung  des  Ibalea, 
welche  grosse,  kahle  Kalkkuppe  aus  der  Mitte  der  tiefen  Eichen- 
waldungen am  westlichen  Ufer  des  schwarzen  Drin  hervorragt. 
Der  spitzige  weisse  Ibalea  ist  gegen  den  östlich  gelegenen  massi- 
ven und  länglich  ausgestreckten  Jalesch  nur  ein  Brocken  Kalkfels- 
gebiet, zwischen  beiden  befindet  sich  die  tiefe  Spalte  des  schwarzen 
Drin,  indem  der  Fluss  selbst  im  Thalwege  noch  in  einem  mauer- 
ähnlichen tiefen  Felsencanale  liegt,  neben  welchem  eine  flache  und 
sehr  schmale  Thalsohle  herrscht.  Von  der  kahlen  Spitze  des  Ibalea 
muss  man  den  grössten  Theil  der  Matia  bis  zum  Crojagebirge  über- 
blicken, so  wie  auch  das  Thal  des  schwarzen  Drin  durchmustern  und 
seine  östlichen  Gebirge  fast  alle  sehen ,  welches  von  Jalesch  aus  nur 
theilweise  der  Fall  sein  kann.  Die  Aussicht  gegen  Norden  auf  Prö- 
kletia  und  seinen  Nebenbuhler  verspricht  auch  Grossartiges. 

Die  Mittel  aber,  den  Ibalea  zu  besuchen,  bin  ich  nicht  in  der 
Lage  anzugeben,  denn  von  Keuprihan  am  vereinigten  Drin  ist  er 
zu  weit  entfernt  und  ich  weiss  nicht,  ob  man  im  Thurme  bei  der 
Scheitanbrücke  am  schwarzen  Drin  übernachten  könnte.  Selbst  von 
da  aus  wäre  diese  Excursion  hinreichend,  um  einen  ganzen  Tag 
auszufüllen.  Hinzufügen  kann  man  noch,  dass  die  locale  Geographie 
noch  viel   zu   gewinnen   hätte,    wenn  Beisende  die  Gebirgskänune 


und  die  Geologie  Albaniens,  besonders  seines  tertiären  Beckens.  lyl 

sowohl  zwischen  den  Quellen  der  Mat  und  dem  schwarzen  Drin,  als 
zwischen  letzterem  und  den  obersten  Quellen  des  Vardar  zu  über- 
schreiten die  Mittel  finden  könnten. 

Aber  die  Einwohner  dieser  Gegend  sind  in  sehr  schlechtem 
Rufe,  ob  ohne  Ursache  und  nur  für  Türken  oder  ob  wirklich  ein  Ge- 
sindel, wird  uns  der  HerrGeneral-Consul  v.  Hahn  jetzt  sagen  können. 

Wegen  solcher  niedrigen  Stufe  der  Civilisation  in  dem  ganzen 
Bereiche  der  Myrdita,  der  Matia  und  des  Thaies  des  schwarzen  Drin 
im  Dibredistricte  werden  leider  gegen  die  Ausbeutung  der  schönen 
Eichen-,  Fichten-  und  Tannenwaldungen  jener  Gegend  ungeheure 
nicht  vorhergesehene  Hindernisse  sich  erheben. 

Herr  General-Consul  v.  Hahn  übersieht  in  seinem  sehr  gut 
berechneten  Plane,  dass  die  Entdeckung  eines  solchen  Holzreichthu- 
mes  nicht  ihm  gehört  und  dasDrinholz  wahrscheinlich  schon  lange  auf 
Recli nung  der  Kaufleute  von  Scutari  oder  ihrer  Correspondenten  im 
Auslände  geflösst  geworden  wäre,  wenn  die  Einwohner,  obgleich  in  der 
grössten  Armuth,  selbst  ohne  Hemd  am  Körper,  nicht  das  Stationiren 
von  Fremden  in  ihrer  Mitte  mit  den  schelsten  Augen  ansehen  wür- 
den. Diese  Gegenden  sind  einmal  der  Pforte  nicht  unterworfen  oder 
tributpflichtig,  oder  wenn  in  einem  Theile  doch  etwas  dergleichen 
besteht,  so  gemessen  sie  ganz  besondere  Immunitäten,  wie  z.  B. 
dass  kein  Türke  bei  ihnen  wohnen  darf  u.  s.  w.  Nur  eine  besser 
erzogene  Geistlichkeit  als  die  dieser  Albanesen  und  eine  kräftige 
und  vernünftige  Regierung  könnten  allein  dieses  Land  aus  seiner 
jetzigen  Barbarei  befreien. 

In  der  Zeit,  als  ich  jene  Gegenden  besuchte  und  mich  wun- 
derte, wie  selbst  eine  so  geringe  Bevölkerung  in  einem  solchen  wil- 
den Lande  ihr  Leben  fristen  könne,  dachte  ich  oft  an  die  Cultur 
der  süssen  Kastanien,  welche  bei  Kloster  Detschani  im  oberen 
weissen  Drinbecken  so  üppig  die  Hügel  bedecken.  Wenn  der  Boden 
jener  wilden  Myrdita  und  Matia  den  Wuchs  dieses  Baumes  erlauben 
würde,  so  möchte  es  eine  grosse  Wohlthat  für  die  Einwohner  der- 
selben sein,  denn  jetzt  sind  sie  fast  einzig  und  allein  auf  Kukurutz 
angewiesen  und  der  grösste  Verdienst  dürfte  wohl  im  Aufsammeln 
der  Knoppern,  wenigen  Brennholzlieferungen,  einigen  Ziegen  und 
Schafen  und  möglicherweise  in  einigen  Bienenkörben  bestehen.  Für 
eine  Holzindustrie  gleich  der  zu  Berchtesgaden  wäre  diese  Gegend 
wie  jfeschaffen. 


19/4  Boue.    Der  albanesische  Drin 


Verzeichnis*  nordalbanesischer  tertiärer  Petrefacten, 

bestimmt  von  Herrn  Direktor  Dr.  Hörnes. 

1.  Turritella  turris  Bast.  Die  Bruchstücke  mit  wohlerhallener  Schale  ent- 
sp rechen  vollkommen  den  im  Wiener  Becken  hei  Gainfahren,  Enzesfeld  u.  s.  w. 
vorkommenden  Exemplaren. 

2.  Teredo  Norvegica  Spengler.  7  Millim.  dicke  Röhren  im  fussgrossen 
Aggregaten.  (Der  in  der  Subapenninen-Formation  vorkommende  und  lebende 
Teredo  navalis  ist  etwas  dünner.) 

3.  Lulraria  oblong a  Ch  emn.  Ein  Steinkern,  dessen  Umrisse  den  im  Wie- 
ner Becken  bei  Gainfahren  vorkommenden  Exemplaren  entspricht. 

4.  Venus  Ditjardiui  Hörn.  Ein  stark  abgerollter  Steinkern,  dessen  äussere 
Form  auf  diese  in  Engelfeld  häufige  Art  hindeutet; 

5.  Venus  Aglaurae  Bro  cchi.  Ein  Steinkern,  welcher  noch  die  für  diese  Art 
bezeichnenden  concentrischen  Streifen  erkennen  lässt.  Weiteres  Vorkommen 
im  Tegel  des  Leithakalkes  hei  Steinahrunn. 

6.  Venus  multilamella  L am.  Zwei  Exemplare  mit  zum  Theile  wohlerhalte- 
ner Schale,  die  einige  Ähnlichkeit  mit  denen  von  (irinzing  zeigen. 

7.  Venus  casina  Linn.  Ein  Steinkern  mit  einem  Theile  der  Schale.  Es  ist 
dies  eine  subapennine  Form,  die  im  Wiener  Becken  nicht  vorkömmt. 

8.  Cythera  erydna  Lam.  Ein  Steinkern,  dessen  Umrisse  und  zum  Theile 
erhaltenen  charakteristischen  concentrischen  Streifen  diese  Art  erkennen 
lassen. 

9.  Cythera  rudis  Poli.  Fünf  Stücke  mit  zum  Theile  erhaltenen,  meist 
abgeriebenen  Schalen,  eine  subapennine  Foi'm ,  die  im  Wiener  Becken  nicht 
vorkömmt. 

10.  Cardium  hians  B  r  o  c  c  h  i.  Drei  Steinkerne,  die  durch  die  entferntstehen- 
den scharfen  Bippen  leicht  kenntlich  sind;  kömmt  sowohl  in  der  Subapenninen- 
Formation  als  in  dem  Sande  von  Enzesfeld  ziemlich  häufig  vor. 

11.  Area  di/uvii  Lam.  Drei  grosse  Steinkerne  mit  Schalenfragmenten 
und  ein  vollkommen  wohlerhaltenes  geschlossenes  Exemplar  von  geringerer 
Grösse  mit  Farbenspuren,  das  mit  denen  hei  Gainfahren  und  Enzesfeld  vorkom- 
menden übereinstimmt. 

12.  Pinna  nobilis  L\r\n.  Ein  Biucnstück  eines  Steinkernes,  den  jedoch  die 
Bestimmung  zulässt. 

13.  Mytilus  Haidingeri  Hörn.  Fünf  Steinkerne  von  verschiedener  Grösse, 
deren  Form  ganz  den  bei  Mayen,  Küsering,  Niederkreuzstätten  u.  s.  w.  vor- 
kommenden Exemplaren  dieser  Art  entspricht.  Es  ist  dies  eine  von  allen  leben- 
den und  subäpenninen  Mytilusarten  ganz  verschiedene  Form. 

14.  Vecten  solarium  Lam.  Eine  grosse  Anzahl  Fragmente  mit  zum  Theile 
erhaltener  Schale. 

13.  Pecten  pusio  Lam.  Ein  Exemplar  mit  erhaltener  Sehale. 
16.  Pecten  seabrellus  Lam.    Ein  Fragment  mit  erhaltener  Schale,  das  mit 
den  Exemplaren  von  Steinahrunn  übereinstimmt. 


iiihI   die   lieolog-ie  Alhnniens.   besonders  seines  tertiären   Beckens.  1  }',> 

17.  Pecten  Burdigalensis  Lam.  Zwei  Exemplare  mit  erhaltener  Schale. 
Eine    im  Decken  von  Bordeaux  ziemlich  häufige  Art. 

i 8.  Pecten  latissimus  B r o e c h i.  Ein  abgerolltes,  aber  deutlich  erkenn- 
bares Exemplar,  mit  jenen  aus  dem  Leithagebirgc  vollkommen  übereinstimmend. 

19.  Östren  angustata  Lam.  Schlossfragmente,  die  denen  von  Kühnring 
u.  s.  w.  entsprechen. 

20.  Östren  lamellosa  ßrocchi.  Ein  ziemlich  erhaltenes  Exemplar. 

2i.  Coiioch/pus  semiglobosus  Lam.  Ein  etwas  beschädigtes  abgerolltes 
Exemplar. 


Aus  diesen  wenigen  Andeutungen  über  die  meist  schlecht 
erhaltenen  Exemplare  lässt  sich  nur  der  Sehluss  ziehen,  dass  die 
fossile  Fauna  der  Umgehung  von  Croja  nicht  der  Suhapenninen- 
Formation,  sondern  der  Leithakalk-Gruppe  angehört. 


Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  CI.XLIX.  Bd.  I.Abth 


13 


SITZUNGSBERICHTE 


DEK 


KAISERLICHEN  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 

MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE  CLASSE. 

XLIX.  BAND. 

ERSTE  ABTHEILÜNG. 

2. 

Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der  Mineralogie,  Botanik, 
Zoologie,  Anatomie,  Geologie  und  Paläontologie. 


14 


195 


IV.  SITZUNG  VOM  4.   FEBRUAR    1864. 


Herr  Dr.  Edm.  R  eitlinger,  Privatdocent  der  Physik  an  der 
Wiener  Universität,  übermittelt  ein  versiegeltes  Schreiben  mit  dem 
Ersuchen  um  dessen  Aufbewahrung  zur  Sicherung  seiner  Priorität. 

Herr  Hofrath  W.  Haidinger  übersendet  eine  Abhandlung: 
„Der  Meteoritenfall  von  Tourinnes-la-Grosse"  Nr.  2. 

Vom  Herrn  K.  Mo  s  harn  m  er,  Lehrer  an  der  Ober-Realschule  zu 
Görz,  ist  eine  Abhandlung  eingelangt,  betitelt:  „Centralprojection 
der  Linien  zweiter  Ordnung". 

Herr  Dr.  A.  Boue  zeigt  eine  von  dem  Afrika-Reisenden, 
Dr.  Barth,  herausgegebene  Carte  routiere  durch  die  ganze  euro- 
päische Türkei,  und  knüpft  daran  einige  Bemerkungen  über  die  von 
Herrn  Major  v.  Sehe  da  herausgegebenen  zwei  Blätter  der  Karte 
Serbiens. 

Herr  Dr.  S.  Subic,  Lehrer  an  der  Communal-Realschule  in 
derRossau,  legt  eine  Abhandlung  „über  die  innere  Arbeit  und  spe- 
eifische  Wärme"  vor. 

Herr  Prof.  Dr.  J.  Seegen  überreicht  eine  Abhandlung,  be- 
titeil: „Physiologisch-chemische  Untersuchungen  über  den  Einfluss 
des  Glaubersalzes  auf  einige  Factoren  des  Stoffwechsels". 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt : 

Academia  Real  das  Sciencias  de  Lisboa:  Classe  de  Sciencias 
moraes,  politicas  e  Bellas-Lettras.  Nova  Serie.  Tomo  III,  Parte 
1.  Lisboa,  1863;  4°- —  Classe  de  Sciencias  mathematicis,  phy- 
sicas  e  naturaes.  N.  S.  Tomo  III,  Parte  1.  Madrid,  1863;  4«- 

Accademia  delle  Scienze  dell'Istituto  di  Bologna:  Memorie. 
Serie  II.  Tomo  II,  Fase.  3  &4;  Tomo  III,  Fase.  1.  Bologna, 
1863;  4°-  —  Rendiconto.  Anno  accademico  1862  —  1863.  Bo- 
logno,  1863;  8<>- 

Annales  des  mines.  VIe  Serie.  Tome  IVe.  5e  Livraison  de  1863. 
Paris,  1863;  8«- 

14" 


196 

Astronomische  Nachrichten.  Nr.  1459—1460.  Altana,  1864;  4«- 

Bauzeitung,  Allgemeine.  XXVIII.  Jahrgang.  XI.  &  XII.  Heft.  Nebst 
Atlas.  Wien,  1863;  4"  &  Folio. 

Olausius,  R.,  Über  einen  Grundsatz  der  mechanischen  Wärme- 
Theorie.  (Vorgetragen  am  15.  August  1863,  in  der  zu  Samadeu 
abgehaltenen  Versammlung  der  schweizerisch,  naturforschenden 
Gesellschaft.)  —  Über  die  Concentration  von  Wärme-  und 
Lichtstrahlen  und  die  Grenzen  ihrer  Wirkung.  (Vorgetragen 
in  der  Züricher  naturf.  Gesellsch.  am  22.  Juni  1863.)  8°- 

Comptes  rendus  des  seances  de  l'Academie  des  Sciences. 
Tome  LVIII,  No.  1.  Paris,  1864;  4'- 

Cosmos.  XIII0  Annee,  24e  Vol.,  4e  — 5"  Livraisons.  Paris,  1864;  8°- 

Encke,  J.  F.,  Berliner  astronomisches  Jahrbuch  für  1866.  Berlin, 
1863;  8"-  —  EphemeTiden  der  seit  1845  entdeckten  Planeten 
für  das  Jahr  1864.  Supplement  zu  dem  Berl.  Jahrb.  für  1866. 
Berlin,  1864;  8«- 

Gewerbe- Verein,  nieder-österr. :  Verhandlungen  und  Mitthei- 
lungen. Jahrg.  1863,  12.  Heft.  Wien,  1864;  8«- 

Istituto,  R. ,  Lumbardo  di  Scienze,  Lettere  ed  Arti:  Atti.  Vol.  III. 
Fase.  XV  -XVIII.  Milano,  1863 ;  4«-—  -Memoria.  Vol.  IX.  (III.  della 
Serie  II.)  Fase.  IV.  Milano,  1863;  4«-  —  Atti  della  distribuzione 
dei  premj  seguita  7.  Agosto  1863.  8°' —  Temi  sni  quali  e  aperto 
concorso. 
—  I.  B.,  Veneto  di  Scienze,  Lettere  ed  Arti:  Atfi.  Tomo  VIII. 
Serie  3a-  Disp.  10a- Venezia,  1862—63;  Tomo  IX.  Serie  3a 
Disp.  lma-  Venezia,  1863—64;  8«-  — Memorie.  Vol.  XI,  Parte  11. 
Venezia,  1863;  4<" 

Land-  und  forstwirthschaftl.  Zeitung.  XIV.  Jahrg.  Nr.  4.  Wien, 
1864;  4o- 

Mondes.  2""' Annee.  Tome  III.  3°  —  4e  Livraisons.  Paris,  Tournai, 
Leipzig,  1864;  8«- 

Moniteur  scientifique.  170»  Livraison.  Tome  Vle,  Annee  1864. 
Paris;  4«- 

Personalstand  des  königl.  böhmischen  Polytechnischen  Landes- 
institutes in  Prag  und  Ordnung  der  Vorlesungen  im  Studienjahre 
1863/64.  Prag,  1863;  4°- 

Reader,  The,  a  Review  of  Literature,  Science  and  Art.  No.  57, 
Vol.  III.  January  30,  1864.  London;  Folio. 


197 

Societe  Imperiale  de  Medecine  de  (Jonstantinople:  Gazette  medicale 
d' Orient.  VIIe  Armee,  No.  9.  Constantinople,  1863;  4°- 

Society,   The  Royal  Astronomical:  Monthly  Notices.  Vol.   XXIV. 
No.  1.  London,  1863;  8»' 
—  the  Royal  Geographica!:  The  Journal.  Vol.  XXXII.  1862.  Lon- 
don; 8°- 

Wiener  medizinische  Wochenschrift.  XIV.  Jahrgang.  Nr.  4 — i>. 
Wien,  1864;  4<> 

Wochen  -Blatt  der  k.  k.  steierm.  Landvvirthschafts-Gesellschaft. 
XIII.  Jahrg.  Nr.  6.  Gratz,  1864;  4°- 

Zantedeschi,  Francesco,  Discussioni  intorno  alla  camera  lucida 
applicata  alla  Fotografia  dei  prototipi  del  mondo  esterno ; 
all'influenza  della  elettricitä  nei  fenomeni  della  rugiada  e  della 
brina  e  ad  un  provvedimento  di  acque  potabili  per  la  cittä 
marittime  e  terre  fluviali.  Padova  e  Venezia,  1863 — 64;  8°- 


198 


V.  SITZUNG  VOM  18.  FEBRUAR  1864. 


Herr  Prof.  H.  Hlasiwetz  zu  Innsbruck  übersendet  eine  von 
ihm  in  Gemeinschaft  mit  Herrn  L.  Barth  verfasste  Abhandlung: 
„Über  einen  neuen,  dem  Orcin  homologen  Körper". 

Herr  Prof.  Aug.  Em.  Reuss  legt  eine  Abhandlung  „über 
fossile  Lepadiden"  vor. 

Herr  Prof.  C.  Ludwig  macht  eine  Mittheilung  „über  den 
Einfluss  des  Halsmarkes  auf  den  Blutstrom".  Die  betreffenden  Unter- 
suchungen wurden  von  ihm  gemeinschaftlich  mit  Herrn  Dr.  L.  Thiry 
ausgeführt. 

Herr  «J.  Popper  bespricht  seine  Untersuchungen  über  die 
„geometrische  Darstellung  der  unendlichen  Operationen". 

Herr  Dr.  Fr.  Stein  da  ebner  übergibt  eine  Abhandlung  unter 
dem  Titel:  „Ichthyologische  Notizen". 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 
Akademie   gemeinnütziger    Wissenschaften,    Königl.,    zu   Erfurt. 

Jahrbücher.  N.  F.  Heft  III.  Erfurt,  1863;  8°-  —  Jenzsch,  Zur 

Theorie  des    Quarzes   mit   besonderer    Berücksichtigung    der 

Circularpolarisation.  Erfurt,  1861;  8<>- 
Anuario   del    Real   Observatorio   de   Madrid.  —    V.    Aiio.    1864. 

Madrid,  1863;  8<" 
Astronomische  Nachrichten.  Nr.  1461— 1462.  Alton»,  1864;  4<>- 
Canestrini,  Giov. ,  Note  ittiologiche.  (Estr.  dall'  Archivio  per  la 

Zoologia.  Vol.  III.  Fase.  I.)  Modena,  1864;  8"- 
Comptes    rendus    des    seances    de    l'Academie    des   Sciences. 

Tome  LVIII.  No.  3  —  4.  Paris,  1864;  4<>- 
Cosmos.   XIIP  Annee,   24c    Volume,    6e  —  V  Livraisons.   Paris, 

1864;  8o- 
Land-   und   forstwirtschaftliche   Zeitung.   XIV.   Jahrgang,  Nr.  5. 

Wien,  1864;  4«- 
Mondes.    2C  Annee,  Tome  III.  5  —  6  Livraisons.  Paris,  Tournai, 

Leipzig,  1864;  So- 
Mo  niteur  scientifique.  171"    Livraison.   Tome  VIe.   Armee   1864. 

Paris;  4°- 


199 

Reader,  The.  No.  59,  Vol.  III.  London,  1864;  Folio. 

Societe    Batave    de    Philosophie    experimentale    de    Rotterdam. 

Programme.  1863;  8°* 
Wien,  Universität:  Übersicht  der  akademischen  Behörden  etc.  für 

das  Studienjahr  1863/64.  Wien,  1863;  4<> 
Wiener  medizinische  Wochenschrift.  XIV.  Jahrgang,  Nr.  6  —  7. 

Wien,  1864;  4«' 
Wochen -Blatt  der  k.  k.  steierm.  Landwirthschafts-Gesellschaft. 
XIII.  Jahrgang,  Nr.  7.  Gratz,  1864;  4<>- 


<£  0  0  S  t  e  i  n  d  h  v  b  ii  e  r. 


Iclithyologische     Notizen. 
Von  Dr.  Franz  Steindachner, 

Assistenten  am  k.  k.  zoologischen  Museum. 
(Mit  2  Tafeln.) 


Centropotnus  affinis  nov.  spec. 

Tat    I,    Kig.  1. 

Spina  analis  secunda  altitudinem  corporis  longitndine  superans 
et  multo  longior  et  f'ortior  quam  Spina  tertia  pinnae 
analis;  squamae  in  linea  laterali  (absque  Ulis  in  pina 
caudali)  che.  47 —  50;  squamae  int  er  lineam  medium 
ventris  et  spinam  primam  pinnae  dorsalis  primae  17 — 18. 

Diese  Art  unterscheidet  sich  von  Centropotnus  undecimalis 
C.  V.  schon  auf  den  ersten  Blick  durch  die  ausserordentliche  Länge 
des  zweiten  Analstachels,  welche  die  Körperhöhe  bedeutend  über 
trifft,  feiner  durch  die  Grösse  und  geringe  Zahl  von  Schuppen 
zwischen  der  Kiemenspalte  und  der  Basis  der  Schwanzflosse.  Ausser- 
dem ist  bei  Centrop.  affinis  die  Afterflosse  der  Schwanzflosse  bedeu- 
tend näher  gerückt  als  bei  C.  undecimalis  C.  V.,  endlich  der  Vor- 
decket,  die  Suprascapula  und  der  untere  Rand  des  grossen  Präor- 
bitalknochens stärker  gezähnt  als  bei  letztere]"  Art. 

Beschreib u  ng. 

Die  Körpergestalt  ist  gestreckt  und  an  den  Seiten  massig  zu- 
sammengedrückt. Die  grösste  Körperhöhe  unterhalb  des  eisten 
Dorsalstachels  verhält  sich  zur  Totallänge  wie  1  :5,  zur  Körper- 
lange  (ohne  Caudale)  wie  1  :  4;  die  geringste  Körperhöhe  am 
Schwanzstiele  ist  21/4mal  in  der  grössten  enthalten. 

Die  Länge  des  Kopfes,  in  den  nachfolgenden  Zeilen  stets  nur 
bis  zur  hinteren  Spitze  des  knöchernen  Theiles  des  Kiemendeckels 
gerechnet,  beträgt   nicht  ganz  '/4  der  Totallänge  des  Fisches;  die 


Iclitliyolugisclie  Notizen.  40  1 

Kopfbreite  ist  2'/3  —  2a/5mäl,  die  Kopfhöhe  circa  l3/4 — 2mal  in  der 
Kopflänge  enthalten.  Die  Schnauze  ist  plattgedrückt  wie  hei  C.  un- 
decimalis, und  heiläufig  l2/3mal  so  lang  als  der  Augendiaineter, 
welcher  4,/4inal  (bei  jüngeren)  —  i>2/5mal  (bei  älteren  Individuen) 
in  der  Kopflänge  enthalten  ist. 

Der  Unterkiefer  überragt  nach  vorne  den  Zwischenkiefer  und 
trägt  wie  dieser  eine  massig  breite  Binde  sehr  feiner  und  kurzer 
Sammtzähne;  die  Zahuhinden  am  Vomer  und  insbesondere  an  den 
Gaumenbeinen  sind  schmäler  als  die  bei  C.  undecimalis  C.  V. 

Der  grosse  Präorbitalknochen  trägt  an  der  hintern  Hälfte 
seines  unteren  Randes  3 — 5  grosse,  nach  hinten  gekrümmte  Zähne. 
Der  Vordeckel,  so  wie  die  Suprascapula  sind  bedeutend  stärker 
gezähnt,  als  bei  C.  undecimalis ;  eine  ganz  besondere  Grösse  errei- 
chen die  Zähne  am  Winkel  des  freien  Vordeckelrandes  und  der 
Parallelleiste  desselben.  Der  breite,  häutige  Anhang  am  hintern 
Rande  des  kleinen,  dreieckigen  Deckels  und  des  Unterdeckels  ist 
nach  hinten  in  eine  lange  Spitze  ausgezogen  und  daselbst  stachel- 
ähnlich ausgezackt. 

Die  erste  Dorsale  enthält  acht  Stacheln;  der  erste  derselben 
ist  sehr  kurz,  kaum  halb  so  lang  als  der  zweite,  dieser  kommt  an 
Höhe  l/3  des  dritten  Stachels  gleich,  der  dritte  und  vierte  Stachel 
sind  sich  zuweilen  an  Länge  ganz  gleich,  nicht  selten  aber  ist  der 
vierte  länger  als  der  dritte  und  stets  circa  l3/4 — l2/5mal  in  der 
grössten  Leibeshöhe  enthalten.  Die  vier  übrigen  Dorsalstacheln 
nehmen  stufenweise  bis  zum  letzten  an  Länge  ab,  der  letzte  Stachel 
der  ersten  Dorsale  ist  2'/2 — 3mal  in  der  Länge  des  vierten  ent- 
halten. 

Der  erste  Stachelstrahl  der  zweiten  Dorsale  ist  2  —  21/4mal  in 
der  Höhe  des  zweiten,  längsten  Gliederstrahles  derselben  Flosse 
enthalten,  welche  letztere  die  erste  Rückenflosse  au  Höhe  über- 
trifft und  am  oberen  Rande  etwas  eingebuchtet  ist. 

DieLänge  der  Brustflosse  erreicht  nicht  ganz  '/5  der  Totallänge; 
die  Ventrale  entspringt  etwas  hinter  der  Brustflosse  und  ist  kürzer 
als  diese. 

Der  zweite  Analstachel  liegt  der  Basis  des  letzten  Stiahles  der 
zweiten  Rückenflosse  gegenüber  und  ist  durch  seine  ausserordent- 
liche Länge  und  Stärke  ausgezeichnet,  zurückgelegt  reicht  er  noch 
über    die    Basis    der   Schwanzflosse   hinaus ;    seine   Länge   gleicht 


202  Steindach  ii  er. 

j/4  —  3/13  der  Totallänge  des  Fisches.  Der  dritte  Analstachel  ist 
bedeutend  kürzer  und  nahezu  viermal  schwächer  als  der  zweite 
Stachel  und  eben  so  hing  oder  eiwas  länger  als  der  erste  Glieder- 
strahl der  Afterflosse. 

Beide  Rückenflossen,  so  wie  die  Anale,  bewegen  sich  frei 
innerhalb  einer  Schuppendecke;  ausserdem  liegen  auf  der  Mem- 
brane sämmtlicher  Flossen,  mit  Ausnahme  der  ersten  Dorsale,  eine 
kürzere  oder  längere  Strecke  hindurch  kleine  Schuppen. 

Die  Schwanzflosse  ist  gabelig  getheilt  und  bezüglich  ihrer 
Länge  43/4mal  in  der  Totallänge  des  Fisches  enthalten. 

Wangen  und  sämmtliche  Deckelstücke,  mit  Ausnahme  des 
Randtheiles  des  Vordeckels  (zwischen  dem  freien  Rande  und  der 
Vordeckelleiste),  so  wie  die  Seitentheile  des  Hinterhauptes  sind  be- 
schuppt; die  Schuppen  an  den  Wangen,  am  Vorderrücken  und  an 
der  Brust  sind  kleiner  als  die  übrigen  Schuppen  des  Körpers.  Der 
hintere  Rand  der  Schuppen  ist  stärker  abgerundet,  als  jeder  der 
übrigen  und  ausnahmslos  deutlich,  aber  fein  bezahnt. 

Die  Seitenlinie  erstreckt  sich  bis  zum  hinteren  Ende  der 
Kaudale  und  läuft  mit  der  Profillinie  des  Rückens  parallel;  sie  durch- 
bohrt zwischen  dem  oberen  Ende  der  Kiemenspalte  und  der  Basis 
der  Kaudale  circa  47 — 50  Schuppen;  auf  der  Schwanzflosse  selbst 
liegen  deren  circa  IS  — 17. 

Zwischen  dem  ersten  Stachel  der  ersten  Rückenflosse  und  der 
Mittellinie  des  Bauches  zähle  ich  18  — 19  Schuppen  in  einer  Vertical- 
reihe;  von  diesen  liegen  6  —  7  über  und  11  unter  der  Schuppen- 
reihe der  Seitenlinie. 

1.  D.  8,  2.  D.  i/10,  P.  •/„-,   V.  t/5,  A.  •/,_,;  C.  JT 

6—7. 

Die  Profillinie  des  Kopfes  fällt  bei  jungen  Individuen  in  gera- 
der Linie  bis  zur  Schnauze  ziemlich  steil  ab,  ist  aber  bei  älteren 
Exemplaren  an  der  Stirne  etwas  eingedrückt.  Die  Profillinie  des 
Rückens  ist  vom  Hinterhauptende  bis  zum  Beginne  der  ersten  Dor- 
sale massig  gebogen,  hierauf  geradlinig,  zwischen  dem  ersten 
Stachel  der  zweiten  Dorsale  und  der  Basis  der  Kaudale  schwach 
concav.  Die  Profillinie  des  Bauches  läuft  in  gerader  Linie  oder 
äusserst  schwacher  Bogenkrümmung  bis  zur  Basis  des  eisten  Anal- 
stachels,  steigt  längs  der  Basis  der   Anale  aufwärts  und  beschreibt 


Ichthyologische  Notizen.  203 

hierauf  bis  zur  Basis  der  Schwanzflosse  einen  massig  gekrümmten 
concaven  Bogen. 

In  der  Körperfärbung  unterscheidet  sich  C.  affinis  nicht  von 
C.  undecimalis,  nur  scheint  der  schmale  dunkle  Streifen  längs  der 
Seitenlinie  in  der  Begel  gänzlich  zu  fehlen.  Die  obere  Körperhälfte 
ist  bräunlich  goldgelb,  die  untere  hellgelb  mit  Silberschimmer.  Die 
Oberseite  des  Kopfes  und  die  ganze  Schnauze  ist  dunkelbraun  fein 
punktirt,  eben  so  die  Flossenhaut  der  beiden  Dorsalen,  so  wie  end- 
lich der  Anale  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Stachelstrahle. 

Johann  Natterer  fand  die  hier  beschriebene  Art  bei  Rio 
Janeiro,  dann  zu  Cajutuba;  erst  kürzlich  erhielt  das  kais.  Museum 
fünf  Exemplare  derselben  Art  von  Demerara  in  Guiana. 

In  Cuv.  und  Val.  Hist.  Nat.  des  Poissons  so  wie  in  Dr.  Gün- 
ther's  Katalog  der  Stachelflosser  des  britischen  Museums  ist  nur 
C.  undecimalis-  angeführt  und  beschrieben,  es  ist  somit  diesen 
Ichthyologen  die  hier  beschriebene  zweite  Centropömus- Art  unbe- 
kannt geblieben;  Theodor  Gi  II  bemerkt  zwar  in  seiner  Synopsis 
of  the  Subfamily  of  Percinae  (Proceed.  of  theAcad.  of  Natur.  Scienc. 
of  Philadelphia,  Februar  1861):  Several  species  are  found  in  the 
Carribbean  Sea,  Gulf  of  Mexico  and  along  the  neighboring  coa^fs, 
doch  kann  ich  nirgends  eine  Beschreibung  oder  Namensanführung 
dieser  Arten  finden. 

Heteroynathodon  Pelersii  nov.  spec. 

Taf.  f,  Fig.  2. 

Longitudo  totalis  ad  illam  capitis  =  4'/3  : 1,  altitudo  corporis 
'/6  c.  longitudinis  totalis,  oculi  diameter  */3  capitis  longi- 
tudinis  partem  adaequans;  lobus  superior  pinnae  caudalis 
profunde  excisae  in  filum  productus;  fascia  fusca  obsoleta 
longitudinalis  inter  oculi  marginem  posteriorem  et  basin 
pinae  caudalis 

Die  Länge  des  Kopfes  ist  4i/3mal  in  der  Totallänge  oder 
3y3mal  in  der  Körperlänge  (ohne  Kaudale)  enthalten.  Die  grösste 
Leibeshöhe  beträgt  kaum  >/6  der  Totallänge  oder  a/9  der  Körper- 
länge, die  geringste  Leibeshöhe  ist  23/5mal  in  der  grössten  enthal- 
ten. Das  grosse,  länglich  runde  Auge  ist  um  etwas  mehr  als  seinen 
grösseren  Längendurchmesser  vom  hinteren  und  um  etwas  weniger 


4, 04  S  t  e  i  ii  d  »  c  li  ii  e  r. 

als  einen  Diameter  voin  vorderen  Kopfende  entfernt.  Die  Entfernung 
der  Augen  von  einander  gleicht  circa  8/s  des  Augendiameters, 
welcher  letztere  selbst  l/3  der  Kopflänge  beträgt. 

Zunächst  dem  vorderen  Ende  des  Zwischenkiefers  stehen 
jederseits  3 — 4  lange  Hundszähne;  die  äussere  kurze  Zahnreihe 
(im  vorderen  Längendrittel)  des  Unterkiefers  enthält  grössere 
Zähne  als  die  unmittelbar  hinter  derselben  stehende  schmale  Zahn- 
hinde,  welche  sich  weiter  nach  hinten  in  eine  einzige  Reihe  etwas 
stärkerer  Zähne  auflöst.  Der  Vordeckel  ist  am  hinteren  Rande 
gleichrnässig  fein  gezähnt,  der  Kiemendeckel  mit  einem  sehr  kurzen 
Stachel  versehen. 

Der  gliederslrahlige  Theil  der  Rückenflosse  übertrifft  den  sta- 
cheligen etwas  au  Höhe. 

Die  zehn  Dorsalstacheln  nehmen  vom  ersten  angefangen  bis 
zum  letzten  fast  gleichrnässig  an  Höhe  zu,  der  letzte  Dorsalstachel 
ist  beiläufig  l4/5mal  so  hoch  als  der  erste,  oder  nahezu  der  halben 
Kopflänge  gleich.  Von  den  neun  Gliederstrahlen  derselben  Flosse 
ist  der  drittletzte  am  höchsten,  die  vorangehenden  nur  unbedeu- 
tend kürzer  als  dieser;  der  letzte  1  '/ainal  in  der  Höhe  des  drittletz- 
ten enthalten.  Die  Rasislänge  der  Anale  beginnt  übrigens  gegen- 
über dem  zweiten  Gliederstrahl  der  Dorsale  und  endet  gegenüber 
der  Basis  des  vorletzten. 

Von  den  drei  Analstacheln  ist  der  zweite  am  stärksten  ,  der 
dritte  am  längsten,  aber  kürzer  als  der  darauffolgende  Gliederstrahl. 

Dorsale  und  Anale  liegen  mit  ihrer  Basis  in  eine  tiefe  Furche 
eingesenkt,  in  welche  sich  die  Flossenstacheln  vollkommen  zurück- 
ziehen können. 

Die  Brustflosse  ist  unbedeutend  länger  als  die  Ventrale  und 
kommt  bezüglich  ihrer  Länge  der  Entfernung  des  vorderen  Kopf- 
endes vom  hinteren  Rande  des  Vordeckels  gleich. 

Die  Kaudale  ist  am  hinteren  Rande  tief  eingeschnitten,  die 
beiden  Loben  zugespitzt,  der  obere  fadenförmig  verlängert. 

Die  Deckelstücke,  mit  Ausnahme  des  Vordeckelrandes,  Hinter- 
haupt und  Wangen  (nicht  aber  die  Suborbitalknochen)  sind  be- 
schuppt. Sämmtliche  Schuppen  sind  am  hintern  Rande  fein  gezähnt. 

Zwischen  der  Kiemenspalte  und  der  Basis  der  zum  grössten 
Theile  überschuppten  Kaudale  durchbohrt  die  Seitenlinie  circa  47, 
auf  der  Kaudale  selbst  4  Schuppen. 


lehthyolo<*isehe  Notizen.  205 

Zwischen  der  Seitenlinie  und  der  Dorsale  liegen  drei,  zwischen 
ersterer  und  der  Mittellinie  des  Bauches  11  Schuppen  in  einer  ver- 
ticalen  Reihe. 

i).  to/9s  a.  Vt.  P-  1(i>  v.  i/B,  c.  Ts; 

9  c. 

Das  Kopfprofil  fällt  vom  Hinterhaupfe  in  einem  schön  ge- 
rundeten Bogen  zur  Schnauzenspitze  ab;  das  Rückenprofil  ist  sehr 
schwach  zngekriimmt,  das  Bauchprofil  bis  zur  Basis  der  Anale 
geradlinig. 

Die  obere  Körperhälfte  ist  blass-violet;  eine  äusserst  schwach 
ausgeprägte  violete  Längsbinde  zieht  sich  in  gerader  Richtung  vom 
hinteren  Augenrande  zur  Schwanzflossenbasis;  unterhalb  dieser 
Binde  ist  die  Färbung  des  Körpers  hellgelb,  zunächst  dem  Bauch- 
rande silberfarben.  Die  Ventrale  ist  an  der  Basis  schwefelgelb,  eine 
äusserst  schmale  Binde  derselben  Farbe  säumt  den  oberen  Rand 
des  stacheligen  Theiles  der  Rückenflosse. 

Fundort:  Zanzebar. 


Vornhin  microps  Steind. 

Taf.  II,   Fig.  I. 

•Syn.   Corvina  stellifera  Giillth.   nee  Bloch. 

Die  von  Dr.  Günther  im  zweiten  Bande  seines  „Catalogue 
of  the  Acanth.  Fish,  in  the  Collect,  of  the  Brit.  Mus."  pag.  299 
als  Corvina  stellifera  beschriebene  Art  ist  nicht  identisch  mit 
Bloch's  Bodianus  stellifer  =  Corvina  trispinosa  Cuv.  Val.,  son- 
dern eine  eigene  Art,  welche  meines  Kracht ens  Cuvier  und 
Valen  ciennes  unbekannt  geblieben  war  und  wegen  der  gerin- 
gen Grösse  der  Augen  den  Namen  Corvina  microps  verdient. 

Das  kais.  Museum  besitzt  zum  Theile  schon  seit  sehr  langer 
Zeit  zahlreiche  Exemplare  dieser  Art  aus  Guiana,  die  ganz  genau 
mit  der  früher  citirten  Gü  nther'schen  Beschreibung  übereinstim- 
men und  von  Heckel  als  Corvina  mirrophthalma  etiquettirt 
wurden. 

Zur  leichteren  Evidenzhaltung  meiner  Ansicht  gebe  ich  eine 
genaue  Abbildung  von  Corvina  microps  mihi  =  Corvina  stellifera 


it  U  b  Steindachner. 

Günther,  nee  Bloch,  nee  Corvina  trisphiosa  C.  V.  (s.  Taf.  II, 
Fig.  1). 

Corvina  microps  m.  unterscheidet  sich  von  Corv.  trisphiosa 
C.  V.  =  Bod.  stellifer  Bl.  in  ganz  auffallender  Weise  durch  die 
bedeutend  geringere  Grösse  der  Augen,  deren  Durchmesser 
ß'/i — 7mal,  bei  Corv.  trisp.  3— 31/omal  in  der  Kopflänge  enthalten 
ist;  die  Kopflänge  seihst  steht  der  grössten  Körporhöhe  nur  wenig 
nach;  ferner  ist  der  Vordecke!  abgerundet,  am  freien  Rande  ge- 
zähnt. Die  Zähne  nehmen  zwar  gegen  den  Vordeckel  etwas  an 
Grösse  zu,  erreichen  aber  nicht  jene  bedeutende  Länge  und  Stärke, 
wie  dieses  bei  Bod.  stellifer  B  I.  der  Fall  ist. 

Die  äussere  Zahnreihe  des  Zwischenkiefers  enthält  übrigens, 
wie  bei  der  Bloch'schen  Art,  etwas  grössere  und  entfernter  yon 
einander  stehende  Zähne,  als  die  inneren.  Die  Breite  der  Stirne 
beträgt  bei  C.  microps  m.  2 — 23/4  (bei  Corv.  stellifera  1  i/5  —  lVs) 
Augendiameter,  der  dritte  längste  Stachel  der  ersten  Dorsale  ist 
6mal  (hei  C.  stellifera  Gth.  nur  5mal  •)  in  der  Körperlänge  ohne 
Kaudale  enthalten,  der  zweite  Analstachel  gleicht  nahezu  der  halben 
Kopflänge. 

Die  Pseudobranchien  fehlen  übrigens  bei  Corv.  microps  m. 
nicht,  sind  aber  nur  sehr  schwach  entwickelt  und  wurden  desshalb 
von  Dr.  Günther  an  den  von  ihm  untersuchten  Exemplaren  höchst 
wahrscheinlich  nur  übersehen.  Die  Formel  für  die  Flossenstrahlen 
und  Schuppen  ist  : 

■,  L.  lat.  46  —  48,  L.  transv.  y,.,. 


D.  10—11 


10-21 


Paehypops  biloba  Steinet. 

Syn.  Corvina  biloba  Cuv.  Val. 

Cuvier  und  Valenciennes  übersahen  die  drei  zarten 
Kinnbarteln  an  dem  von  ihnen  beschriebenen  kleinen  Exemplare 
(s.  C.  V.  Hist.  nat.  des  Poissons,  tom.  V,  pag.  112—113).  Das 
kaiserliche  Museum  zu  Wien  besitzt  zwei  wohleihaltene  Exemplare 
derselben  Art,   von  welchen  das  grössere  6"/4  Zoll  lang  ist. 


*)  Nicht  zweimal,  wie  es  in  meinen  Beiträgen  zur  Kenntniss  der  Sciaenoiden  Brasiliens 
und  «1er  Cyprinodonten  Mejico's  (Sitzungsb.  d,  k.  Akad.  d.  Wissensch.,  Bd.  48) 
irriger  Weise  zu  lesen  ist. 


Ichtliyolog-Jache  Notizen.  '40  i 

Das  Maul  ist  unterständig,  klein  und  schmal,  der  Unterkiefer 
unter  dem  Zwisehenkiefer  ganz  zurückziehbar.  Die  Bezahnung  der 
Kiefer  ist  sehr  schwach;  sämmtliche  Zähne  sind  wie  bei  den  übri- 
gen Pachypops-Arten  äusserst  fein  und  von  ganz  gleicher  Grösse. 
Die  vorspringende  Schnauze  gleicht  dem  Augendiameter  an  Länge 
und  bildet  durch  einen  schwachen  Eindruck  in  der  Mitte  ihres  Vor- 
derarmes zwei  seitliche  Protuberanzen. 

Die  Kopflänge  ist  etwas  mehr  als  4mal  in  der  Totallänge  ent- 
halten und  übertrifft  ein  wenig  die  grösste  Leibeshöhe.  Der  grössere 
Längendurchmesser  des  ovalen  Auges  gleicht  </3  der  Kopflänge, 
die  Breite  der  Stirne  zwischen  den  Augen  nicht  ganz  3/s  der  Augen- 
länge. Die  hinteren  grösseren  Narinen  liegen  unmittelbar  am  Vor- 
denande  der  Augen,  die  vorderen  kleineren  sind  3/5  Augendiameter 
vom  vorderen  Schnauzenrande  entfernt. 

Der  zweite  Analstachel  ist  durch  seine  Stärke,  welche  bei- 
läufig '/5  der  Augenlänge  beträgt,  ausgezeichnet;  seine  Länge  ver- 
hält sich  zu  der  des  Kopfes  wie  2  :  3,  doch  ist  er  etwas  kürzer  als 
der  erste  Gliederstrahl  der  Anale.  Die  Länge  des  dritten  höchsten 
Dorsalstachels  ist  1  '/atrial  in  der  grössten  Leibeshöhe  enthalten,  der 
erste  Dorsalstachel  ist  sehr  kurz  und  scheint  desshalb  von  C.  V  al. 
übersehen  worden  zu  sein. 

Der  erste  Gliederstrahl  der  Ventrale  ist  fadenförmig  verlän- 
gert, seine  Länge  gleicht  »/4,  die  Länge  der  Pectorale  &/9,  die  der 
rhombenförmigen,  stark  zugespitzten  Schwanzflosse  -/7  der  Körper- 
länge ohne  Schwanzflosse.  Der  gliederslrahlige  Theil  der  Dorsale, 
so  wie  die  Kaudale  sind  ganz  mit  Schuppen  bedeckt.  Die  Leibes- 
scbuppen  sind  in  schief  gestellte  Reihen  geordnet  und  nehmen  gegen 
den  Bauchrand  zu  bedeutend  weniger  an  Grösse  ab,  als  gegen  die 
Rückenflosse. 

Die  Seitenlinie  erstreckt  sich  bis  zur  hinteren  Spitze  der 
Kaudale  und  durchbohrt  zwischen  der  Kiemenspalte  und  der 
Sehwanzflossenbasis  circa  50 — 53  Schuppen.  Zwischen  dem  ersten 
Dorsalstachel  und  der  Mittellinie  des  Bauches  liegen  in  der  grössten 
Leibeshöhe  19  —  20  Schuppen  in  einer  Verticalreihe. 

I     i  Hz! 

D'  1  °  j  26=^ »  A"  '/•.  P    17,L.  trans.  J_ 
Fundort:  Surinam. 


/2Ö8  S  t  e  i  n  d  a  r  h  n  e 


Pempheris  Schomburgkii  Müll.  Trosch.,   an  nov.  spec.  ? 

Longitudo  totalis  ad  illam  capites  =  4:1;  altitudo  corporis  ad 
longitudinem  totalem  =  3  : 1 ;  squamae  in  linea  laterali 
absque  Ulis  in  pinna  caudali  c.  57 ,  postice  valde  den  - 
ticulatae. 

Wie  ich  aus  dem  Nachfrage  zum  zweiten  Bande  von  Dr.  Gün- 
thers Catal.  of  the  Acanth.  Fish,  in  fhe  Coli,  ofthe  Brit.  Mus. 
pag.  527  entnehme,  ist  in  Schomhurgk's  History  of  ßarbadoes 
pag.  669  eine  amerikanische  Pempheris-Avt,  Pempheris  Schom- 
bitrgkii J.  Müll.  et.  Trosch.  (vielleicht  nur  dem  Namen  nach?) 
erwähnt,  welche  Dr.  Günther  1.  c.  nur  dem  Namen  nach  anführt 
und  als  eine  fragliche  Art  hinstellt.  Leider  ist  in  keiner  der  zahl- 
reichen Bibliotheken  Wiens  Schomhurgk's  Hist.  of  Barhadoes  zu 
finden  und  ich  kann  daher  nicht  mit  Sicherheit  angeben,  oh  die  im 
kaiserlichen  Museum  befindliehe  Pempheris- Art  aus  Cuba  mit 
P.  Schomburgkii  identisch  sei  oder  nicht;  im  ersteren  Falle  ist 
P.  Schomburgkii  eine  ganz  gute  Art. 

Die  äusseren  Leibessehuppen  sind  bei  sämmtlichen  Pempheris  - 
Arten  sehr  gross,  fallen,  mit  Ausnahme  der  ziemlich  fest  sitzenden 
Schuppen  der  Seitenlinie,  sehr  leicht  ab  und  sind  am  freien  hinteren 
Bande  stets  fein  gezahnt,  doch  gehen  die  Schuppenzähnchen  wegen 
ihrer  Zartheit  sammt  dem  dünnen  Bandstücke  der  Schuppen  selbst 
sehr  leicht  verloren  und  mau  hält  desshalb  die  Pempheris- Arten, 
die  sich  in  der  Begel  im  beschädigten  Zustande  in  den  Museen  vor- 
finden, für  Cycloidschupper.  Zwischen  je  zwei  aufeinander  folgen- 
den Verticalreihen  der  grossen  Schuppen  und  von  diesen  über- 
deckt, liegt  eine  Reihe  viel  kleinerer  ganzrandiger  Schuppen  dicht 
neben  einander,  so  dass  nach  Hinwegnahme  der  leicht  abfallenden 
grossen  (äusseren)  Schuppen  der  Körper  mehr  oder  minder  voll- 
ständig noch  mit  einer  Decke  kleinererCycloidschuppen  versehen  ist. 

Beschreibung. 

Die  grösste  Höhe  des  Körpers  über  d^n  Bauchflossen  ist  etwas 
weniger  als  3mal,  die  Kopflänge  etwas  mehr  als  4mal  in  der  Total- 
länge des  Fisches  enthalten. 


Ichthyologische  Notizen.  209 

Die  Breite  des  Kopfes  zwischen  den  Kiemendeckeln  gleicht  der 
halben  Kopflänge.  Der  Durchmesser  des  kreisrunden  Auges  kommt 
nicht  ganz  3/7  der  Kopflänge  gleich;  die  Breite  der  Stirne  ,  welche 
etwas  eingedrückt  ist,  beträgt  zwischen  der  Mitte  der  oberen 
Augenränder  2/3  des  Augendiameters.  Das  hintere  Ende  des  Ober- 
kiefers reicht  bis  unter  die  Längenmitte  des  unteren  Augenrandes 
zurück,  der  etwas  vorstreckbare  schmale  Zwischenkiefer,  so  wie  der 
flache  Unterkiefer  tragen  zwei  Reihen  kleiner  spitzer,  einwärts 
gekrümmter  Zähnchen.  Vomer  und  Gaumenhein  sind  gleichfalls  mit 
einer  schmalen  Binde  feiner  Hakenzähnchen  besetzt.  Der  hintere 
Operkelrand  ist  halb  bogenförmig  eingebuchtet,  der  obere  feine 
dagegen  convex  und  zahnförmig  ausgezackt. 

Die  zarten  Spitzen  der  Flossenstrahlen  sind  leider  zum  grossen 
Theile  stark  beschädigt,  jedenfalls  aber  übertrifft  die  Höhe  der 
Rückenflosse  die  Länge  der  Basis  (=  i/3  Kopflänge)  mindestens 
um  */3  der  letzteren.  Die  Länge  der  Analflossenbasis  ist  nicht  ganz 
2i/4mal  in  der  Totallänge,  die  Höhe  des  ersten  Gliederstrahles  der 
Anale  3  V^mal  in  der  grössten  Körperhöhe  enthalten. 

Die  beiden  ersten  Analstacheln  sind  sehr  kurz,  der  dritte  fast 
3mal  so  lang  als  der  zweite  und  kaum  halb  so  lang  als  der  erste 
Gliederstrahl  derselben  Flosse. 

Die  Kaudale  ist  am  hinteren  Rande  massig  concav,  der  obere 
Lappen  länger  als  der  untere.  Die  Länge  der  sichelförmigen  Pec- 
torale  kommt  der  Kopflänge  nahezu  gleich.  Der  zarte  Venfral- 
stachel  gleicht  4/5  der  Länge  des  Auges. 

Die  Seitenlinie  steigt  vom  oberen  Ende  der  Kiemenspalte  bis 
unter  die  Mitte  derRückenflossenbasis  an  und  erstreckt  sich  über  70 
deutlich  gezähnte  Schuppen,  von  denen  circa  13  auf  der  Schwanz- 
flosse liegen. 

Die  obere  Hälfte  des  Körpers  ist  violet,  die  untere  goldgelb 
mit  Silberreflex;  die  Schuppenscheide  der  Anale  ist  an  der  Basis 
dunkel  violet  gesäumt. 

7 — 8  indiv. 

D.  Vo,  A.  3/33,  p.  17,  V.  </5,  B.  ITdlT- 

5 — 6  indiv. 

Das  Profil  fällt  vom  Anfange  der  Rückenflosse  in  einem 
schwach  gekrümmten  Bogen  ziemlich  steil  gegen  die  Schnauze  ab, 
ist  über  dem   Auge  etwas  eingedrückt  und  bildet    längs  der  Basis 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  CI.  XLIX.  ßd.  [.  Abth.  IS 


210  Stein  dachner. 

der  Rückenflosse  bis  zu  der  der  Kaudale  eine  gerade,  nur  wenig 
geneigte  Linie.  Das  untere  Profil  des  Körpers  ist  bis  zur  Basis  der 
kurzen  Ventrale  sehr  stark  bogenförmig  gekrü  nmf,  zwischen  der 
Basis  der  Ventrale  und  dem  ersten  Analstachel  geradlinig,  horizon- 
tal; längs  der  Analflossenbasis  erhebt  es  sich  wieder  so,  dass  die 
Basis  des  letzten  Analstrahles  in  gleicher  Höhe  mit  der  Mitte  des 
Auges  zu  liegen  kommt. 

Grösse:    143". 

Fundort:  Cuba.  Im  kaiserlichen  Museum  zu  Wien  durch  Prof. 
Pöppig. 


JPIatf/fßlossua  (Mjeplojiilifi)   tlnbius  n.  sp. 

Taf.  II,   FiV.  2. 

Ich  würde  nicht  den  geringsten  Anstand  nehmen,  den  auf 
Taf.  II,  Fig.  2  abgebildeten  Juliden  aus  Zanzebar  für  identisch  soft 
Platyglossus  (HalichoevesJ  nigrescens  Bleek.  zuhalten,  wären 
nicht  die  Dorsalstach  ein  und  selbst  die  zwei  letzten 
Analstachel  n  mit  ziemlich  langen  Hautfähnchen  ver- 
sehen. In  der  Körperfärbimg,  in  den  Längen  Verhältnissen  der 
einzelnen  Körpertheile,  selbst  in  der  Länge  der  einzelnen  Dorsa!- 
stachelu  stimmt  unser  Exemplar  im  Wesentlichen  mit  der  ausge- 
zeichnet schönen  und  guten  Abbildung  von  Bleeker's  IlaUchoe- 
res  nigrescens  (s.  Atlas  Icbthyologique  des  Indes  Orient,  Neerland. 
Tome  I,  tab.  37,  Fig.  4)  =  Platyglossus  Dussumieri  spec.  C.  V. 
Günther  überein,  nur  ist  das  Auge  etwas  kleiner  (Smal  in  der 
Kopflänge  enthalten),  die  letzte  Schuppe  der  Seitenlinie 
bedeutend  grösser  als  die  vorangehenden  und  die 
äusseren  vorderen  Hundszähne  im  Zwischen-  und  Un- 
terkiefer stark  nach  hinten  gekrümmt,  aber  etwas 
kürzer  und  schwächer,  als  die  beiden  mittleren.  Die  beiden  ersten 
Gliederstiahlen  der  Ventrale  sind  fadenförmig  verlängert;  ihre 
Länge  beträgt  nahezu  '/5  der  Totallänge.  Wangen  und 
Kiemendeckel  sind  schuppenlos,  der  Vordeckel  ungezähnt;  am 
Mundwinkel    steht    ein    nach   vorne   gekehrter    starker  Hundszahn ; 


Ichthyologische  Notizen.  i  1  1 

die  Schuppen   am   Thorax   sind   kleiner   als   an     den   Seiten    des 
Körpers. 

3 

D.  9/18,  A.  3/13,  L.  I.  29,  L.  transv. 

n. 

Länge:   100"'. 
Fundort:  Zanzebar. 

Nfugil  Güntheri  nov.  spec. 

Altitudo  corporis  capitis  longitudinem  adaequans ;  oculi  diameter 
Vi s  capitis  longitudinis,  squamae  in  linea  laterali.  absque 
Ulis  caudalis  basin  teyentibus  46 — 47. 

Die  grösste  Höhe  des  Körpers  gleicht  nahezu  der  Kopflänge 
und  ist  5'/4mal  in  der  Totallänge  des  Fisches  enthalten.  Die  ge- 
ringste Körperhöhe  unmittelbar  vor  der  Sehwanzflosse  gleicht  5/, , 
der  grössten. 

Die  Kopfhöhe  beträgt  etwas  mehr,  die  Kopfbreite  etwas  weni- 
ger als  */3  der  Kopflänge.  Die  Oberseite  des  Kopfes  ist  schwach 
gewölbt ,  der  Kopf  selbst  zugespitzt.  Die  Schnauze  fällt  etwas 
steiler  zum  Mundrande  ab,  als  der  übrige  Theil  des  Kopfes. 

Das   Auge  ist  zum  grössten  Theile  von  einer  dicken  Ketthant 
überzogen,  welche   sich   nach  vorne  über  den  Präorbitalknochen 
zieht.  Der  Augendiameter  beträgt  4/15  der  Kopflänge,  die  Breite  der 
Stirne  zwischen  den  Augen  nicht  ganz  1 1/2  Augendiameter. 

Die  Entfernung  der  Nasenöffnungen  von  einander  ist  2 '/3 mal 
in  der  Länge  des  Auges  enthalten.  Die  hintere  Nasenöffnung  liegt 
in  einer  tiefen  Grube.  Der  Präorbitalknochen  ist  am  ganzen  unteren 
und  hinteren  Rande  gleichmässig  fein  gezähnt  und  reicht  nicht  so 
weit  zurück  als  der  Oberkiefer. 

Ober-  und  Unterlippen  sind  mit  feinen,  haarförmigen,  ge- 
krümmten Zähnchen  besetzt.  Die  Zähne  der  äusserst  dünnen  Un- 
terlippe liegen  fast  horizontal,  mit  Ausnahme  ihrer  aufwärts  ge- 
krümmten Spitze  und  sind  bedeutend  kürzer,  aber  viel  dichter  an 
einander  gereiht  als  die  Zähne  der  massig  verdickten  Oberlippe. 
Die  Mundspalte  ist  von  herzförmiger  Gestalt,  eben  so  breit  als 
lang  und  nur  unbedeutend  kürzer,  als  der  Augendiameter.  Der 
Knoten  an  der  Symphyse  der  Unterkiefer  springt  stark  nach 
oben  vor. 


212  Steindachner. 

Die  erste  Dorsale  ist  etwas  höher  als  die  zweite,  ihre  Höhe 
gleicht  3/5  der  Kopflänge.  Die  zweite  Dorsale  ist  höher  als  lang, 
aber  nicht  so  hoch  als  die  Afterflosse  und  ist  gleich  dieser  so  wie 
der  Unterseite  der  Ventrale  ganz  überschuppt.  Die  Basislänge  der 
Afterflosse  übertrifft  die  der  zweiten  Dorsale,  welche  21/4mal  in 
der  Kopflänge  enthalten  ist,  um  2/3  der  Augen  länge.  Die  Länge  der 
zugespitzten  Brustflosse  steht  der  des  Kopfes  nahezu  um  einen 
Augendiameter  nach.  Die  Länge  der  gabelig  getheilten  Kaudale  ist 
nicht  ganz  5mal,  die  der  Ventrale  73/4mal  in  der  Totalläuge  ent- 
halten. Zwischen  der  Schnauzenspitze  und  dem  ersten  Dorsalstachel 
liegen  circa  26  Schuppen  in  einer  Beihe,  von  denen  die  vier  vor- 
dersten Schnauzenschlippen  sehr  klein  sind;  zwischen  dein  hintern 
Augenrande  und  dem  Vordeckelrande  liegen  3'/a  Schuppen,  zwi- 
schen dem  obern  Ende  der  Kiemenspalte  und  der  Basis  der  Kaudale 
46  —  47,  auf  der  Schwanzflosse  selbst  vier  von  dem  Seitencanale 
durchbohrte  Schuppen.  Eine  sehr  lange,  aber  schmale,  an  der 
Basis  selbst  wieder  mit  kleineren  Schuppen  bedeckte  Schuppe  liegt 
an  der  Basis  der  ersten  Rückenflosse,  eine  etwas  breitere  zwischen 
den  beiden  Ventralen,  eine  kürzere  am  Aussenrande  jeder  Ventrale 
und  am  obern  Ende  der  Brustflossenbasis. 

Mit  Ausnahme  des  Präorbifalknochens  und  der  Lippe  ist  der 
ganze  Kopf  mit  Schuppen  bedeckt.  Die  Kopfcanäle  münden  mit 
ziemlich  zahlreichen  Poren  an  der  Oberseite  des  Kopfes;  am  Vor- 
deckelrande liegen  deren  7. 

Die  Oberseite  des  Kopfes  und  der  Rücken  ist  bräunlich  mit 
stahlblauen  und  stahlgrünen  Reflexen,  der  übrige  Theil  des  Körpers 
silberfarben,  mit  Goldschimmer  überflogen.  Die  Ventrale  und 
Anale  zeigen  eine  blass  orangerothe  Färbung,  eben  so  die  Kaudale, 
nur  sind  die  Ränder  schwärzlichbraun  gesäumt. 

Die  beiden  Dorsalen  sind  schmutzig  gelbbraun,  eben  so  die 
Brustflossen,  an  deren  Basis  ein  schwach  ausgeprägter  schwärz- 
licher Fleck  sitzt.  Die  einzelnen  Schuppen  der  grösseren  oberen 
Körperhälfte  sind,  besonders  an  älteren  Individuen,  zunächst  dem 
hinteren  Rande  dicht  braun  punktirt. 

B.  5,  D.  4  |   i/8,  A.  ■/„  L.  lat.  46—47,  L.  transv.  14'/,. 

Länge  der  zur  Beschreibung  benutzten  Exemplare:  150  bis 
182'". 

Fu  ndort:  Britisch-Guiana. 


Ichthyologische  Notizen.  Z\  o 

Pimelodus  altipinnis  nov.  spec. 

Taf.  II,  Fig.  3  und  4. 

Die  grösste  Leibeshöhe  gleicht  2/z  der  Kopflänge,  die  ge- 
ringste 3/5  der  grössten  Körperhöhe. 

Der  stark  deprimirte  Kopf  ist  S'/oinal  in  der  Kopflänge  ohne 
Kaudale  enthalten,  und  1  ^mal  so  lang  als  breit. 

Das  runde  Auge  berührt  mit  seinem  oberen  Rande  das  Stirn- 
profil und  ist  bezüglich  seiner  Länge  4y5mal  in  der  des  Kopfes 
enthalten.  Die  Entfernung  des  Auges  vom  vorderen  Kopfende  be- 
trägt 2,  vom  hinteren  Kopfende  2*/a  seiner  Durchmesser.  Die  Stirn- 
breite gleicht  zwei  Augendiametern.  Die  vordere  Nasenöffnung  liegt 
nahe  am  Schnauzenrande  am  Ende  einer  langen  Tube,  und  ist  von 
der  hinteren  nahezu  um  einen  Augendurchmesser  entfernt.  Die  Kiefer 
sind  gleich  lang  und  mit  einer  schmalen  Binde  äusserst  feiner  Zähn- 
chen besetzt.  Die  Breite  des  Maules  gleicht  der  halben  Kopflänge. 

Die  Maxillarbartfäden  reichen  bis  zur  Längenmitte  der  Kaudale, 
die  unteren  äusseren  etwas  über  die  Basis  der  Ventrale  hinaus,  die 
unteren  inneren  nahezu  bis  zur  Spitze  der  zurückgelegten  Pectorale. 
Kiemendeckel  und  Schulterknochen  sind  durch  erhabene  Linien 
gestreift.  Die  Oberseite  des  Kopfes  überzieht  eine  äusserst  zarte 
Haut,  welche  sich  hinter  dem  Auge  auf  das  Innigste  mit  der  Ober- 
fläche der  fein  gekörnten  Stirn  und  Scheitelbeine  verbindet,  unter 
welchen  das  Gehirn  durchschimmert.  Der  Hinterbauptfortsatz  ist 
fein  zugespitzt,  mehr  als  zweimal  so  lang  als  an  der  Basis  breit. 
Das  Schild  vor  der  Rückenflosse  ist  von  der  Körperhaut  so  bedeckt, 
dass  es  nicht  von  aussen  sichtbar  ist.  Die  vordere  Fontanelle  be- 
ginnt zwischen  den  hinteren  Narinen  und  reicht  nur  eben  so  weit 
als  das  Auge  zurück;  die  hintere  viel  kleinere  Fontanelle  liegt  vor 
der  Basis  des  Hinterhauptfortsatzes. 

Sämmtliche  Flossen  sind  durch  ihre  bedeutende  Höhe  ausge- 
zeichnet. Die  erste  Dorsale  enthält  einen  zarten  Stachel,  der  sich 
in  einen  gegliederten  Faden  verlängert  und  sechs  Gliederstrahlen, 
von  denen  der  zweite  bis  vierte  sich  nahezu  an  Höhe  gleichen.  Diese 
beträgt  7/6  der  Kopflänge;  der  vorletzte  Gliederstrahl  gleicht  an 
Höhe  dem  Dorsalstachel  sammt  dessen  Anhang  oder  2/3  der  Kopf- 
länge. Die  Fettflosse  beginnt  sogleich  hinter  der  ersten  Rücken- 
flosse und  ei  reicht  zunächst  ihrem  hinteren,  senkrecht  abgestutzten 


214  Steindachner.  Ichtliyologisehe  Notizen. 

Ende  die  grösste  Höhe,  welche  etwas  mehr  als  i/i  der  Kopflänge 
beträgt.  Die  Länge  der  Fettflosse  ist  2  i/4mal  in  der  Körperlänge 
ohne  Kaudale  enthalten. 

Die  Brustflossen  kommen  der  Ventrale  oder  5/7  der  Kopflänge 
gleich;  der  Pectoralstachel  ist  von  massiger  Stärke,  sein  Ende 
weich  verlängert  und  nur  in  der  hinteren  Längenhälfte  seines 
Aussenrandes  gezähnt,  dagegen  ist  der  Innenrand  bis  zur  Basis  hinab 
mit  Zähnen  besetzt.  Ein  Porus  pectoralis  ist  vorhanden. 

Das  hintere  Ende  der  zurückgelegten  Bauch- 
flosse erreicht  die  Basis  der  Anale.  Letztere  ist  höher  als 
lang  und  endet  zurückgelegt  etwas  vor  dem  Ende  der  Fettflosse. 
Die  Kaudale  ist  tief  eingebuchtet,  ihre  Länge  beträgt  nahezu  J/8 
der  Körperlänge  (ohne  Kaudale);  die  beiden  Loben  der  Schwanz- 
flosse sind  fadenförmig  verlängert. 

Die  Oberseite  des  Kopfes  ist  dunkelbraun,  die  Unterseite  des- 
selben gelblich-weiss,  der  übrige  Körper  goldbraun,  Pectorale, 
Ventrale  und  Anale  sind  blassgelb,  Dorsale  und  Kaudale  schmutzig- 
hellbraun. 

B.  7,  D.  '/6,  P.  i/„  A.  12,  V.  6,  C.  20  et  pl.  hiev. 

Das  kaiserliche  Museum  besitzt  von  dieser,  wie  ich  glaube, 
neuen  Art  nur  ein  einziges  auf  Taf.  II  in  natürlicher  Grösse  abge- 
bildetes Exemplar  von  Demerara  in  Guiana. 


Sic iiuliii'luu'r.    [rkllivolosisrkc   Notizen 


Fi9.  /. 


Taf.I. 


Fiy.Z. 


■'■< 


/"     \ 


^ 


. 


m. 


SitBunssk.d.k.Akad.AW.  malk natuw. ClILIXBAlAbtk.  I8li+. 


Sir  in  <hcli  iht.     Iclltlivoloßisrhe   Xnli/.ni 


*8-< 


Fig.  ♦. 


I 
SilauiHisb  d  k ..Akad.d.W.  mnf li.  iinlurw  CLXLlXBdXÄbtk.1864. 


I'.  e  u  s  s.  Über  fossile  Lepadiden.  21!) 


Über     fossile     Lepadiden. 
Von  dem  w.  M.  Prof.  Dr.  A.  Reuss. 

(Mit  3  Tafeln.) 

In  der  trefflichen  Monographie  der  Lepadiden  von  Darwin1) 
werden  die  lebenden  Lepadiden  in  11  Gattungen  vertheilt  (Anatifa 
B  r  u  g.,  Poecilasma  Dar  w .,  Dichelaspis  Dar  w.,  Oxynaspis  Dar  w., 
Conchoderma  0 1  f.,  Alepas  R  a  n  g.,  Anelasma  D  a  r  w.,  Heia  L  e  a  c  h, 
Scalpellum  L  e  a  c  h ,  Pollicipes  L  e  a  c  h  und  Lithotrya  Sow.), 
welche  nicht  sehr  artenreich  sind  und  zusammen  nur  48  mit  Sicher- 
heit bekannte  Species  umfassen.  Nicht  viel  zahlreicher  sind  die 
fossilen  Arten,  deren  man  bisher  etwa  52  kannte.  Mit  Ausnahme 
einer  Art,  welche  eine  bis  jetzt  nicht  lebend  aufgefundene  Gattung 
Loricula  Sow.  repräsentirt,  gehören  sie  sämmtlich  den  Gattungen 
Scalpellum  und  Pollicipes  an,  deren  erste  25,  die  zweite  26  Species 
zählt.  Die  ältesten  2)  reichen  in  die  Juraperiode,  treten  also  in  der 
Entwickelungsreihe  der  organischen  Wesen  früherauf,  alsdieBalani- 
den,  deren  erste  Spuren  (Verruca  und  Chthamalus)  nach  den  Ent- 
deckungen Bosquet's3)  in  den  obersten  Schichten  der  weissen 
Kreide  zum  Vorschein  kommen.  Zum  Höhenpunkt  der  Entwickelung 
gelangen  sie  schon  in  der  Kreideperiode,  welcher  44  von  den  üben 


!)  Ch.  Darwin,  A  munograph  of  the  subclass  Cirripedia.  The  Lepadidae  in  den 
Schriften  der  Ray  Society.    1851. 

ä)  Die  gestielten  Cirripedier  dürften  selbst  noch  in  eine  weit  frühere  Erdperiode 
zurückreichen,  denn  die  bisher  räthselliaftc  Gattung  Plumulites  Barr,  aus  den 
Silurschichten  Böhmens  wird  ohne  Zweifel  denselben  beizuzählen  sein.  Nach 
einem  Exemplare,  das  ich  in  der  trefflichen  Sammlung  Barrande's  sah  und  in 
welchem  die  sonst  immer  isolirt  vorkommenden  Klappen  sich  noch  theilweise  in 
ihrer  ursprünglichen  Verbindung  befinden,  reiht  sich  dieselbe  zunächst  an  die 
ebenfalls  ausgestorbene  Gattung    Loricula  an. 

3)  J.  Bosquet,  Monographie  des  crustaces  fossiles  du  terrain  cretace  du  duche 
de  Limbourg.  llaarlem,  1854  und  Notice  sur  quelques  Cirripedes  recemiuent 
decouverts    dans  le  terrain  cretace  du  duche'  de  Limbourg.  Haarlem,   1857. 


216  Reuss. 

angegebenen  Arten  (also  84-6  Pct.)  angehören.  Nur  drei  Polli- 
cipes-Xrlen  stammen  aus  der  Juraformation  und  Jrei  Arten  von 
Scalpellum  und  zwei  von  Pollicipes  lagern  in  den  verschiedenen 
Etagen  der  Tertiärformation. 

Aber  auch  von  den  beschriebenen  Arten  besitzen  wir  nur 
eine  unvollständige  Kenutniss,  da  dieselbe  sich  beinahe  durch- 
gehends  auf  einzelne  aus  dem  Zusammenhange  gerissene  Klappen 
beschränkt,  so  dass  fast  bei  allen  weder  die  Zahl  der  das  Gerüste 
zusammensetzenden  Schalentheile  angegeben  werden  kann.  Überdies 
treten  die  meisten  Arten  nur  sehr  selten  und  an  vereinzelten  Fund- 
stätten auf.  Nur  wenige  erfreuen  sich  einer  weiteren  Verbieitung  und 
scheinen  nach  Art  mancher  lebenden  Species  an  weit  ausgedehnten 
Küstenstrecken  heimisch  gewesen  zu  sein. 

Bei  den  grossen  Lücken,  an  welchen  unsere  Kenntniss  der 
fossilen  Cirripedier  noch  leidet,  muss  jeder  weitere  Schritt  zur 
Ausfüllung  derselben  erwünscht  sein.  Einen  kleinen  Beitiag  zu 
diesem  Zwecke  sollen  auch  nachstehende  Bemerkungen  liefern. 
Das  Materiale  zu  meinen  Untersuchungen  verdanke  ich  der  Güte 
theils  meines  verehrten  Freundes  Herrn  Directors  Dr.  Hörn  es, 
der  mir  mit  grösster  Liberalität  die  einschlägigen  Fossilreste  des 
k.  k.  Hof-Mineialien-Cabinetes  zur  Disposition  stellte,  theils  des 
Herrn  Kammerrathes  Grotrian  aus  Braunschweig,  welcher  ein 
reiches  Material  aus  den  Oligocänschichten  von  Söllingen  auf  die 
zuvorkommendste  Weise  mir  zur  Untersuchung  mittheilte.  Beiden 
Herren  sei  hiermit  mein  aufrichtigster  Dank  ausgesprochen. 

1.  Lepadidenreste  aus  den  Oligocänschichten  von  Söllingen. 

Schon  seit  längerer  Zeit  haben  die  mitteloligocänen  Tertiär- 
schichten durch  ihren  Beichthum  an  Petrefacten  die  Aufmerksamkeit 
der  Paläontologen  auf  sich  gezogen.  Auch  ich  habe  mich  eingehend 
mit  der  Untersuchung  der  Foramini  feren ,  Anthozoen  und  Bryozoen 
beschäftigt.  Erstere  liefern  wohl  grossentheils  nur  bekannte  Arten, 
und  zwar  solche,  die  sich  in  den  typischen  Septarienthonen  anderer 
Gegenden  wiederfinden ,  und  bestätigen  das  aus  der  genauem 
Prüfung  der  Molluskenreste  sich  ergebende  ßesultat,  dass  das  Söl- 
liuger  Lager  dem  Seplarienthone  beizuzählen  sei,  in  vollem  Masse. 
Die  Anthozoen  und  Bryozoen  aber  erregen  dadurch  ein  besonderes 


Über  fossile  Lepadiden.  21  T 

Interesse,  dass  sie  uns  eine  grossentheils  ganz  neue  Fauna  vorführen, 
indem  sie  in  anderen  bisher  untersuchten  Septarienthonen  ver- 
geblich gesuclit  worden  sind. 

In  dem  Materiale,  das  mir  Herr  Kammerrath  Grotrian  zu 
dem  genannten  Zwecke  mittheilte,  entdeckte  ich  auch  einige  Cirri- 
pedier-Reste,  die  als  bisher  unbekannte  Formen  sogleich  meine  Auf- 
merksamkeit erweckten  und  zur  näheren  Untersuchung  anregten. 
Sie  gehören  drei  verschiedenen  Arten  und  Gattungen  an  und  sollen 
im  Folgenden  beschrieben  werden. 

1.    Scalpelliini    robustum    m.    (T.    I,    F.    1 — 10). 

Schon  vor  nahezu  drei  Jahren  habe  ich  eine  neue  Scalpellum- Ar\, 
Sc.  Ncmckanum,  aus  dem  Septarienthone  von  Crefeld  beschrieben  *). 
Jetzt  benütze  ich  die  Gelegenheit,  eine  zweite,  der  vorgenannten 
verwandte  Species  aus  Schichten,  die  demselben  geologischen 
Niveau  angehören,  bekannt  zu  machen. 

Bisher  sind  25  fossile  Species  von  Scalpellum  beschrieben 
worden,  von  denen  je  eine  pliocän,  oligoeän  und  eocän  ist;  20  Arten 
stammen  aus  der  obern  Kreide,  die  zwei  ältesten  aus  dem  Gault. 
Ältere  Gesteinschichten  haben  bisher  noch  keine  Spur  davon  geliefert. 
Sondert  man  die  Scalpellum- Arten  nach  dem  Baue  ihrer  Carinalklappe, 
so  zerfallen  sie  in  zwei  Abtheilungen,  deren  eiste  die  Arten  mit 
endständigem  Carinalwirbel  umfasst,  während  der  zweiten  jene 
Arten  angehören,  bei  denen  der  Wirbel  der  Carinalklappe  mehr 
weniger  von  dem  obern  Ende  derselben  entfernt  steht.  Die  erste 
ist  bei  weitem  reicher  an  Arten,  besonders  an  fossilen ;  von  den 
lebenden  gehören  ihr  dagegen  nur  ein  Drittheil,  nämlich  zwei  an, 
Die  hieher  zu  zählenden  Arten  sind: 

aj  Lebend. 

1 .  Sc.  rutilum  Dar  w. 

2.  Sc.  villosum  Leach  sp. 
b)  Fossil. 

3.  Sc.  quadratum  Darw.  Eocän. 

4.  Sc.  fbssula  Darw.   Obere  Kreide. 

5.  Sc.  maximum  Sow.  sp.    Obere  Kreide. 

6.  Sc.  lineatum  Darw.    Obere  Kreide. 


i)    Sitzungsberichte  der  kais.  Akademie  d.  Wissenschaften  in   Wien.  Bd.  44,    S.  301  ff. 
Taf.  I,  Fig.   1—3. 


i  1  o  R  e  u  s  s. 

7.  Sc.  hastatum  Darw.    Obere  Kreide. 

8.  Sc.  angustum  Dix.    Obere  Kreide. 

9.  Sc.  trilineatum  Darw.    Obere  Kreide. 

10.  Sc.  solidulum  Steenstr.  sp.  Obere  Kreide. 

11.  Sc.  tubercitlatum  Darw.    Obere  Kreide. 

12.  Sc.  cretae  Darw.    Obere  Kreide. 

13.  Sc.  gracile  Bosq.    Obere  Kreide. 

14.  Sc.  quadricarinatum  Reuss  sp.    Planer. 

15.  Sc.  pygmaeum  Bosq.;  vielleicht  mit  dem  vorgenannten 
identisch!    Obere  Kreide. 

16.  Sc.  elongatum  Bosq.    Obere  Kreide. 

17.  Sc.  pulchellum  Bosq.    Obere  Kreide. 

18.  Sc.  angustatum  Gein.  sp.    Pläner. 

19.  Sc.  simplex  Darw.    Gault. 

20.  Sc.  arcuatum  D  a  r  w .    Gault. 

Die  zweite  Abtheilung  umfasst  dagegen  nur  9  Arten,  un>l  zwar: 

a)  Lebend. 

1.  Sc.  vulgare  Leach. 

2.  Sc.  ornatum Gray. 

3.  Sc.  rostrat  um  Darw. 

4.  Sc.  Peronii  Gray. 

b)  Fossil. 

5.  Sc.  magnum  Wood.    Pliocän. 

6.  Sc.  Nauckanum  Reuss.    Oligocän. 

7.  Sc.  Darwinianum  Bosq.  Obere  Kreide. 

8.  Sc.  Hagenowianum  Bosq.    Obere  Kreide. 

9.  Sc.  Beisseli  Bosq.    Obere  Kreide. 

Von  zwei  fossilen  Arten  aus  der  weissen  Kreide  —  Sc.  semi- 
porcatum  Darw.  und  Sc.  radiatum  Bosq.  ist  die  Carinalklappe 
bisher  nicht  gefunden  worden,  daher  nicht  sicher  gestellt,  welcher 
der  beiden  Gruppen  dieselben  beigezählt  werden  sollen. 

Die  von  mir  nun  zu  beschreibende  Species  gehört  der  zweiten 
Gruppe  an  und  ist  im  Baue  der  Carina  und  des  Senium  dem  ebenfalls 
mitteloligocänen  Scalpellum  Nauckauum  Reuss  am  nächsten  ver- 
wandt. Ich  habe  nur  isolirte Klappen  gefunden;  da  aber  bei  Söllingen 
keine  andere  Sca/pellum-Species  nachgewiesen  werden  kann,  so 
unterliegt  ihre  Zusammengehörigkeit  kaum  einem  Zweifel.  Mir 
liegt  die  Carina,  das  Tergurn,  das  Scutum  und  die  Carinalseiten- 


Über  fossile  Lepadiden.  2  1  9 

klappe  vor;  die  übrigen  Klappen  sind  bisher  leider  noch  nicht  auf- 
gefunden worden. 

Von  der  Kielklappe  (Carina)  habe  ich  sieben  Exe  nplare 
von  ungemein  verschiedener  Grösse  vor  mir  liegen.  Von  diesen 
ist  jedoch  nur  eine  in  ihrer  gesatnmten  Länge  erhalten;  bei  drei 
anderen  fehlt  nur  ein  sehr  kleines  Stück,  das  sich  leicht  ergänzen 
lässt;  die  übrigen  drei  sind  sehr  fragmentär,  nur  im  oberen  Theile 
erhalten.  Die  vier  vollständigeren  Exemplare  zeigen  folgende  Längen- 
masse. 

Das  kleinste  misst  3-75  Par.  Lin. 
„    zweite      „      8-0 
„     dritte        „10-5       „       „ 
„     grösste      „11-0 

In  den  meisten  De!ails  stimmt  die  Carina  mit  jener  von  Scal- 
pellum  Nauckanum  überein.  Auch  hier  setzt  sich  die  im  Ganzen 
schmale,  stark  seitlich  zusammengedrückte  Klappe  oberhalb  des  zuge- 
rundetenWirbels  durch  nach  aufwärts  gerichtetes  Wachstlium  in  einen 
oberen  Lappen  von  bedeutender  Grösse  fort.  Statt  dass  derselbe 
sich  aber  mit  der  Längsaxe  des  Haupttheiles  der  Carina  in  einem 
sehr  stumpfen  Winkel  vereinigt,  wie  es  bei  allen  bisher  bekannten 
Scalpellum-Arten  mit  nicht  terminalem  Wirbel  der  Fall  zu  sein  pfleg i, 
bildet  er  damit  einen  viel  kleineren  Winkel.  Bei  einem  der  vor- 
liegenden Exemplare  von  105  Lin.  Höhe  ist  es  ein  Winkel  von  beiläufig 
80  ,  bei  anderen  von  60  ,  ja  bei  dem  grösslen  von  nur  45°.  Dadurch 
nimmt  der  obere  Theil  der  Kielklappe  eine  höchst  auffallende  kapu- 
zenförmige  Gestalt  an.  Dabei  erreicht  dieser  Lappen  ein  Drittheil, 
ja  selbst  die  Hälfte  der  Länge  des  übrigen  Theiles  der  Carina. 

Ein  anderes  sehr  in  die  Augen  fallendes  Merkmal  ist  die  unge- 
meine Dicke  der  Schale  in  der  Wirbelgegend.  Sie  schwillt  bei  dem 
grössten  Exemplare  zu  3*25- — 3-75  Lin.  an,  so  dass  die  innere  Fläche 
in  Folge  der  Ausfüllung  durch  zahlreiche,  übereinander  gelagerte 
Schalenschichten  nur  eine  seichte  Längsrinne  darbietet. 

In  den  übrigen  Verhältnissen  findet  grosse  Übereinstimmung 
mit  Sc.  Nauckanum  Statt.  Ja  ohne  die  oben  angedeuteten  auffal- 
lenden Abweichungen  und  ohne  die  Differenzen  im  Baue  des  Ter- 
gums  könnte  man  sich  versucht  fühlen,  beide  Species  zu  vereinigen. 
Während  die  Carina  am  Wirbel  so  stark  seitlich  zusammengedrückt 
ist,  dass  sie  eine  winkelige  Rückenkante  bildet,  nimmt  sie  nach  unten 


220  Reu  ss. 

allmählich  an  Breite  zu  und  endet  daselbst  in  einem  ziemlich  breiten 
Bogen.  Das  Tectum  ist  schmal  lanzettlich,  oben  sehr  lang  zuge- 
spitzt, schwach  gewölbt  und  von  den  Parietalgegenden,  mit  denen 
es  in  stumpfem  Winkel  zusammenstösst,  schwach  geschieden,  indem 
die  Trennung  nur  durch  eine  zarte  rippenartige  Kante  angedeutet 
wird.  Über  das  Tectum  verlaufen  überdies  2 — 3  sehr  schwache 
Radialstreifen,  die  aber  an  den  meisten  etwas  abgeriebenen  Exem- 
plaren nicht  sichtbar  sind.  Die  stark  ausgesprochenen  ungleichen 
Wachsthumsstreifen  bilden  einen  dem  untern  Rande  der  Carina 
parallel  laufenden  Bogen. 

Die  Parietalgegenden  stellen  eine  spitz-  und  sehr  schief-drei- 
eckige, fast  ebene  Fläche  dar,  auf  welcher  nebst  den  sehr  schräg 
darüber  hinwegsetzenden  Anwachsstreifen  noch  einige  entfernte  und 
schwache  Radiallinien  sichtbar  sind.  In  Folge  von  Abreibung  ver- 
schwinden diese,  während  die  Anwachsstreifung  stärker  hervortritt. 

Von  den  Parietalgegenden  sind  die  viel  ausgedehnteren  Inter- 
parietalregionen,  welche  die  Seitenflächen  des  oberen  Carinallappens 
darstellen,  durch  eine  Depression  gesondert,  die  an  den  kleineren 
Exemplaren  als  schmälere,  aber  tiefere  Furche,  an  den  grösseren  als 
breiterer  seichterer  Eindruck  erscheint.  Sie  entsteht  dadurch,  dass 
die  an  der  Grenze  der  Parietalregionen  stärker  zusammengedrückte 
Carina  gegen  das  obere  Ende  hin  wieder  etwas  dicker  wird.  Übrigens 
stellen  die  Interparietes  sehr  schiefe  Dreiecke  dar,  deren  lange  untere 
Spitze  bis  beinahe  zur  Hälfte  der  Gesammtlänge  der  Carina  herab- 
reicht. Die  obere,  kürzeste  Seite  des  Trigons  bildet  der  obere 
Rand  der  Carina  selbst.  Der  innere  Rand  stösst  mit  dem  inneren 
Rande  des  Körpers  der  Carina  entweder  in  einem  deutlichen  sehr 
stumpfen  einspringenden  Winkel  zusammen  oder  geht  durch  eine 
sanfte  Einbiegung  in  denselben  allmählich  über.  Die  Anwachs- 
streifen  setzen  über  die  Interparietalflächen  in  schräg  aufsteigender 
Richtung  fort  und  werden  bisweilen  auch  von  einigen  feinen  Radial- 
linien durchkreuzt. 

Die  innere  Fläche  der  Carina  erscheint  als  gebogene  Längs- 
rinne, die  im  untern  Theile  breiter  und  tiefer,  im  obern  in  Folge 
der  Schalenverdickung  weit  seichter  wird. 

Das  Tergum  liegt  in  zwei  rechtsseitigen  Exemplaren  vor, 
deren  eines  eine  Höhe  von  10'",  das  andere  von  nur  6'5"  besitzt. 
Es  zeigt  eine  von  dem  Tergum  der  meisten  übrigen Scalpel/um-Avten 


Über  fossile  Lepadiden.  «41 

abweichende  Gestalt  und  nähert  sich  am  meisten  dem  lebenden 
Sc.  villosum  Leach  sp.  (Darwin,  1.  c.  p.  274,  T.  6,  F.  8),  so  wie 
dem  fossilen  Sc.  Hagenowianum  Bosq.  (Monogr.  des  crust.  foss. 
du  terr.  eret.  du  duche  de  Limbourg,  p.  39,  T.  4,  F.  14)  und  dem 
Sc.  magnum  Wood  (Darwin,  Foss.  Lepad.  p.  18,  T.  1,  F.  1  d). 
So  wie  bei  diesen  Arten,  besitzt  es  einen  schief-dreieckigen  Umriss. 
Es  fehlt  nämlich  der  gewöhnlich  am  Carinalrande  vorspringende 
Winkel;  derselbe  bildet  vielmehr  eine  beinahe  gerade,  nur  im 
obern  Theile  wenig  concave  Linie,  weil  der  zugespitzte  Wirbel 
etwas  gegen  die  Carina  hin  gebogen  ist.  Dadurch  nimmt  auch  der 
Schliessrand  (occludent  margin)  eine  nicht  bedeutende  Biegung  an. 
Seine  Länge  beträgt  nur  zwei  Drittheile  des  Scutalrandes ,  mit  dem 
er  in  stumpfem,  bisweilen  sehr  abgerundetem  Winkel  zusammen- 
stösst  und  der  ebenfalls  eine  schwache  Convexität  zeigt.  An  dem 
grossen  Exemplare  ist  er  beinahe  gerade.  Mit  dem  Carinalrande 
vereinigt  er  sich  in  einem  vorgezogenen,  ziemlich  spitzigen  Winkel. 

Die  Aussenfläche  des  Tergums,  welches  im  oberen  Theile  und 
zunächst  dem  Carinalrande  ziemlich  dick  ist,  nach  unten  und  gegen 
den  Scutalrand  hin  sich  allmählich  verdünnt,  ist  mit  ungleichen, 
etwas  blätterigen  Anwachsstreifen  bedeckt,  die  zuerst  dem  Scutal- 
rande  parallel  laufen,  dann  aber  in  einem  vom  Wirbel  zum  untern 
Winkel  sich  hinabziehenden  stumpfen  Kiele  sich  aufwärts  gegen 
den  Carinalrand  biegen. 

Die  Innenfläche  ist  beinahe  eben,  ohne  alleConcavität  und  dacht 
sich  gegen  das  zugeschärfte  obere  Ende  etwas  ab. 

Vom  Scutum  habe  ich  zwei  Exemplare  vor  mir,  ein  links- 
seitiges, 93'"  hoch  bei  einer  grössten  Breite  von  4'",  und  ein  rechts- 
seitiges, nur  6"'  hoch  und  3-25"'  breit.  Letzteres  ist  zugleich  sehr 
dünnschalig.  Im  Umrisse  kömmt  es  sehr  mit  Sc.  Nauckanum  und 
Sc.  magnum  überein.  Es  ist  trapezoidal,  unten  fast  gerade  abgestutzt, 
oben  schräge  abgeschnitten,  so  dass  es  sich  an  der  von  der  Carina 
abgewendeten  Seite  in  einen  spitzigen  Lappen  verlängert,  der  bei 
dem  grössern  Exemplare  viel  stärker  ausgesprochen  ist.  Es  hat 
dies  offenbar  seinen  Grund  darin,  weil  das  Wachsthum  der  Klappe 
in  der  Jugend  vorwiegend  nach  unten  stattfindet  und  sich  erst  in 
vorgerückterem  Alter  etwas  mehr  nach  oben  richtet. 

Der  Schliessrand,  der  längste  der  vier  Bänder,  ist  beinahe 
gerade,  nur  oben  schwach  gebogen.    Er  stösst  mit  dem  Basalrande 


222  K  e  u  s  s. 

fast  rechtwinkelig  zusammen.  Zunächst  kömmt  in  Betreff  der  Länge 
der  entgegengesetzte  Lateralrand ,  der  nur  im  obern  Theile  etwas 
ausgeschweift  ist  und  mit  dem  kürzern  schrägen  Tergalrande  einen 
sehr  stumpfen  Winkel  bildet.  Von  diesem,  der  ein  in  verschiedenem 
Grade  vorspringendes  Eck  bildet,  läuft  ein  mehr  weniger  hervor- 
tretender schwacher  Kiel  etwas  schräge  vorwärts  gogen  den  Wirbel, 
welcher  am  Schliessrande  am  untern  Ende  des  zweiten  Neuntheiles 
der  Gesammtlänge  liegt.  Es  ergibt  sich  daraus  die  geringe  Grösse 
des  den  Wirbel  überragenden  spitzwinkeligen  Lappens. 

Die  Oberfläche  des  Scutum  ist  wenig  gewölbt  und  zwar  nur 
in  dem  Räume  zwischen  dem  Schliessrande  und  einer  vom  Wirbel 
gegen  den  Lateralwinkel  gezogenen  Linie,  die  im  höhern  Alter  als 
ein  deutlicher,  wenngleich  sehr  schwacher  Kiel  vortritt.  Zwischen 
demselben,  dem  Lateralrande  und  dem  vorerwähnten  stumpfen 
Tergolateral winkel  befindet  sich  eine  seichte  Depression.  Eben  so 
ist  der  obere  Lappen  niedergedrückt.  Die  Anwachsstreifen  laufen 
dem  untern  und  dem  Laleralrande  parallel  und  stossen  in  der  oben 
bezeichneten  schrägen  Kante  fast  rechtwinkelig  zusammen.  Auf  dem 
obern  Lappen  ziehen  sie  in  dem  oberen  Rande  paralleler  Richtung 
zur  Spitze. 

Die  Innenseite  lässt  die  grosse  und  ziemlich  tiefe  Depression 
zur  Anheftung  des  Musculus  adductor  deutlich  erkennen,  so  wie 
eine  am  Schliessrande  vom  Wirbel  herablaufende  und  von  einer 
schmalen  Lippe  überragte  Furche,  wie  sie  an  lebenden  Arten  zum 
Sitze  der  complementären  Männchen  dient. 

Unter  dem  von  mir  untersuchten  Materiale  befanden  sich  end- 
lich noch  zwei  Carinalseitenklappen ,  eine  rechts-  und  eine  links- 
seitige, beide  von  verschiedener  Grösse.  Die  linke  misst  b'''  in 
der  Breite,  2'ä'"  in  der  Höhe,  während  bei  der  rechten  diese 
Dimensionen  3-78  "  und  2'"  betragen.  In  der  Gestalt  kommen  sie 
vollständig  mit  jenen  von  Sc.  magnum  Wood.  (Darwin.  I.  c.  T.  1, 
Fig.  1  / — )i)  überein.  Sie  sind  schmal-dreieckig ,  sichelförmig 
gebogen,  an  dem  frei  vorstehenden  Wirbelende  zugespitzt,  an  dem 
entgegengesetzten  schräg  abgestutzt  und  schwach  gerundet.  Der 
obere  Rand  ist  concav,  der  untere  stärker  convex.  Auf  der  äusseren 
wenig  gewölbten  Fläche  laufen  die  Anwachsstreifen  dem  Basalrande 
parallel,  an  welchem  die  Klappe  zugleich  dünn,  zugeschärft  ist. 
Das   spitzige  Umbonalende  dagegen  ist  sehr  verdickt  und  auf  der 


Über   fossile   F^epadiilen.  i-to 

Innenseite  ebenfalls  mit  queren  Anwachsstreifen  bedeckt.  Seine 
Ränder  sind  fast  senkrecht  abgestutzt  und  der  Länge  nach  furchen- 
artig  ausgehöhlt. 

Die    iibrgen    Klappen    sind    bisher    noch    nicht    aufgefunden 
worden. 

2.  Poecilasma!  dubia  m.  (T.  1,  F.  11 ;  T.  2,  F.  1). 
Unter  den  Klappen  des  eben  beschriebenen  Seal  pel  lum  befand 
sich  auch  eine  einzelne  Klappe,  die  offenbar  ebenfalls  einem  gestielten 
Cirripeden  angehört  und  in  Folge  ihrer  vollkommenen  Symmetrie  eine 
Mittelklappe  (Carina)  sein  muss.  Da  alle  übrigen  Klappen  bisher  fehlen, 
so  ist  eine  nähere  Bestimmung  sehr  schwierig,  ja  mit  Sicherheit  unmög- 
lich. Doch  fehlt  es  nicht  an  Anhaltspunkten,  die  uns  über  die  Verwandt- 
schaft und  zoologische  Stellung  des  Thieres,   von  welchem  der  Fos- 
silrest abstammt,  einigen  Aufschluss  gehen  können.  Eines  der  zuerst 
und  am  leichtesten  in  die  Augen  fallenden  Merkmale  ist  es,  dass  in  der 
ganzen  Ausdehnung  der  Klappe  die  Anwachsstreifung  nach  oben  ge- 
richtet ist,   das  Wach^lbum  also   ausschliesslich  in    dieser  Richtung 
stattgefunden  bat;  mithin  in  einer  Richtung,  die  jenerbeiSea  Ipel  1  um 
und  dem  zunächst  verwandten  Pol  li  cip  es  gerade  entgegengesetzt 
ist.  Diese  beiden  Gattungen  werden  also  bei  der  Bestimmung  unseres 
Fossiles  schon  von  vorne  bereit»  ausgeschlossen.  Zu  Anatifa(LepasJ 
kann   derselbe   aber  auch    nicht  gezählt  werden,   weil  bei  dieser  die 
Carina  stärker  gebogen  und  oben  zugespitzt  isl  in  Folge  des  llinein- 
tretens  zwischen  beide  Tergalklap;ien,  und  weil  sie  nach  unten  in  eine 
Gabel   oder  Scheibe    auswächst,    durch   welche   ihre  festere  Inser- 
tion bewerkstelligt  wird.   Die  fossile  Klappe    ist   dagegen    oben  am 
breitesten    und    wird     dort   gleichsam    von    zwei    kurzen    schrägen 
bogenförmigen   Rändern    begrenzt  ,    die    in    der   Mitte   unter   sehr 
stumpfem  Winkel  zusammenstossen.  Es  deutet  dies  darauf  hin,  dass 
die  Carina  sich  nicht  zwischen   beide  Terga    hineinschiebt,  sondern 
dass  sie  nur  bis  zu  ihrem  Basalwinkel  reicht,  deren  je  einem  einer 
der  vorhin    erwähnten    kurzen    schrägen    Ränder   am    obern    Ende 
entspricht.     Gerade   diesen    Bau    finden    wir   aber    bei    Poecilasma 
Darw.  (I.  c.  p.  99,  T.  2,  F.    1-5),  einer   Gattung,  die  freilich 
bisher  nicht  im  fossilen    Zustande    bekannt  gewesen  ist.  Auch  die 
Beschaffenheit    des  untern   Endes,    das  beinahe  einfach    abgestutzt 
ist,  ohne  Gabel  und   ohne  Scheibe ,  würde  damit  übereinstimmen. 
Dagegen  besitzt  die  Carina  der  lebenden  Poecilasma- Ar I en ,  beson- 


2M 


l>  e  u  s  s. 


ders  im  untern  Theile,  eine  stärkere  Krümmung,  breitet  sich  nach 
oben  nicht  löffeiförmig  aus  und  zeigt  eine  andere  Beschaffenheit 
der  Aussenfläche.  In  wieferne  diese  Abweichungen  nur  eine  speci- 
fische  Differenz  bedingen  oder  selbst  auf  eine  neue  Gattung  hinwei- 
sen, ist  nicht  zu  entscheiden,  bevor  die  Entdeckung  der  noch  feh- 
lenden Klappen  helleres  Licht  über  den  Bau  des  fossilen  Thieres 
verbreitet  haben  wird.  Desshalb  konnte  ich  mich  auch  nicht  ent- 
schliessen,  auf  einen  so  vereinzelten,  wenngleich  interessanten  Fossil- 
rest ein  neues  Genus  zu  gründen,  sondern  habe  es  vorgezogen,  den- 
selben vorläufig  zu  jener  Gattung  zu  stellen,  mit  welcher  er  in  seinen 
Hauptmerkmalen  übereinstimmt. 

Die  vorliegende  Carina  ist  9"'  hoch,  spateiförmig,  am  untern 
Ende  abgestutzt,  am  obern  schwach  zugerundet,  mit  sehr  wenig 
vorstehender  centraler  Spitze,  in  der  sich  die  zwei  Hälften  des  flachen 
Bogens  vereinigen.  Nicht  weit  unter  dem  oberen  Ende  erreicht  die 
Klappe  ihre  grösste  Breite  von  3'"  und  verschmälert  sich  nach  ab- 
wärts sehr  allmählich,  so  dass  sie  etwa  2-5'"  über  dem  untern  Ende 
am  schmälsten  (etwa  V"  breit)  wird.  Von  dort  aus  verbreitert  sie 
sich  wieder  etwas,  indem  sie  sich  jederseits  in  einen  kurzen  drei- 
eckigen Zahn  ausdehnt  und  an  dem  abgestutzten  untern  Ende  wie- 
der die  Breite  von  3'"  annimmt. 

In  den  unteren  zwei  Drittheilen  steigt  sie  beinahe  senkrecht 
empor,  und  erst  in  dem  obern  spateiförmigen  Drittheile  biegt  sie  sich 
schwach  vorwärts.  Dort  ist  sie  auch  am  dünnsten ,  am  Oberrande 
selbst  schneidig;  ihre  grösste,  aber  immer  wenig  bedeutende  Dicke 
besitzt  sie  nicht  weit  über  dem  untern  Ende. 

Die  Aussenfläche  erscheint  nicht  nur  nicht  convex,  sondern 
vielmehr  der  Länge  nach  seicht  rinnenförmig  ausgehöhlt.  In  der  Mit- 
tellinie verläuft  ein  erhabener  Streifen,  im  obern  Theile  sehr  niedrig, 
nach  unten  allmählich  etwas  höher  und  breiter  werdend.  Nach  aussen 
von  demselben  in  der  Nähe  des  Seitenrandes  beobachtet  man  jeder- 
seits noch  eine  sehr  schwache  Längskante.  Über  die  ganze  Aussen- 
fläche verlaufen  endlich,  nach  oben  einen  schwachen  Bogen  bildend, 
feine  quere  Anwachslinien. 

Die  Innenseite  der  Klappe  ist  beinahe  eben;  nur  in  der  Mittel- 
linie des  obern  Theiles  bemerkt  man  eine  schwache  Rinne,  die  jeder- 
seits von  einer  undeutlichen  erhöhten  Linie  eingefasst  wird.  Sie  ist. 
aber  zugleich   schmäler  als   die  Aussenfläche ,   indem   die    inneren 


Über  fossile  Lepadiden.  «40 

Schalen  -schichten  nicht  so  weit  nach  aussen  reichen,  als  die  äusseren, 
und  der  Klappenrand  sich  schräg  von  aussen  nach  innen  abdacht. 
Dadurch  entsteht  eine  ziemlich  scharfe  innere  Randkante,  die  sich 
aber  nach  oben  und  unten  hin  verwischt.  Am  untern  Ende  sind  es 
dagegen  die  inneren  Schalensehichten,  die  sich  beiderseits  in  den 
vorerwähnten  triangulären  Seitenzahn  ausbreiten.  Es  zeigt  über- 
dies nach  innen  einige  kurze  Kanten  und  Längsfurchen,  mittelst 
derer  ohne  Zweifel  die  festere  Verbindung  mit  der  Mantelmembran 
des  Thieres  bewerkstelligt  wurde. 

3.  Pollicipes  interstriatus  in.  (T.  2,  F.  2). 

Es  liegen  nur  zwei  Sputa  vor,  jenen  von  P.  decussatus  und 
undulatus  m.  nahe  verwandt,  aber  doch  davon  verschieden.  Sie  sind 
hoch-  und  schief-dreieckig  mit  vorgezogenem  Rostrobasalwinkel  und 
etwas  auswärts  gebogenem  Scheitel,  so  dass  dieAussentläche  dadurch 
schwach  concav  wird.  Der  Schliessrand  ist  am  längsten  und  gerade 
oder  sehr  wenig  ausgeschweift  und  stösst  mit  dem  flach  bogen- 
förmigen Basalrande  in  einem  Winkel  von  beiläufig  50°  zusammen, 
während  letzter  mit  dem  ebenfalls  geraden  Tergolateralrande  einen 
Winkel  bildet,  der  90°  nur  wenig  übersteigt.  Der  letztgenannte  Rand 
ist  beinahe  in  seiner  ganzen  Ausdehnung  durch  eine  schmale  aber 
tiefe  Längsfurclie  in  zwei  Blätter  getheilt,  deren  inneres  das  äussere 
in  der  obern  Hälfte  etwas  überragt.  Die  Länge  des  Schliessrandes, 
Tergolateralrandes  und  Basalrandes  verhalten  sich  bei  dem  einen 
Exemplare  wie  5"'  :  3-4"  :  3-2'" ,  bei  dem  andern  wie  4-7"',; 
3-5":  315''. 

Die  Aussenfläche  zeigt  keine  Radialkante  ;  das  hintere  Feld, 
das  bei  P.  undulatus  und  decussatus  schon  sehr  schmal  ist,  fehlt  daher 
hier  ganz.  Die  ganze  Oberfläche  bedecken  etwas  ungleiche  starke 
rippenartige  Querstreifen,  deren  bald  breitere,  bald  schmälere  Zwi- 
schenfurchen in  derselben  Richtung  fein  linirt  sind.  Sie  verlaufen 
dem  Basalrande  parallel  und  biegen  sich  erst  hart  vor  dem  Tergo- 
lateralrande schwach  nach  aufwärts  und  setzen  bis  auf  die  Aussen- 
fläche des  innern  Blattes  dieses  Randes  fort,  auf  welcher  sie  gerade 
nach  oben  gerichtet  sind. 

Die  ziemlich  grosse  rundliche  Anheftungsstelle  des  Musculus 
adductor  liegt  heiläufig  in  der  halben  Höhe  der  seicht  concaven  In- 
nenseite der  Klappe.  Der  Schliessrand  ist  nur  sehr  wenig  verdickt. 
An  beiden  Basal  winkeln  sieht  man   innen  eine  schmale  tiefe  Grube. 

Sitzb.  d.  mathein. -naturw.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abth.  16 


226  R  e  u  s  s. 


2.  Über  einige  miocäne  Lepadidenreste . 

2.  Pollicipes  undulatus  m.  (T.  2,  F.  4). 

Im  k.  k.  Hof-Miueralien-Cabinete  befindet  sich  nur  ein  aber  sehr 
wohl  enthaltenes  Scutuin  dieser  Species,  das  die  Gestalt  eines  hohen 
schiefen  Dreieckes  besitzt,  dessen  innerer  Basalwinkel  (Tergolateral- 
winkel)  scliwach  schräge  abgestutzt  ist.  Im  Baue  weicht  es  von  sämmt- 
licheri  beschriebenen  Pollicipes-  und Scalpellum-kvten  wesentlich  ab. 
Vor  Allem  ist  es  nicht,  wie  gewöhnlich,  mit  seinem  wenig  scharfen 
Scheitel  gegen  dasTergum  hin,  sondern  auswärts  gekrümmt.  Dadurch 
wird  seine  Aussenfläche  von  oben  nach  unten  etwas  concav.  Auch  sein 
übrigens  gerader  Schliessrand,  der  längste  seiner  Ränder,  ist  in  Folge 
dessen  nicht  convex  bogenförmig,  sondern  schwach  eingebogen.  Das 
llostraleck  ist  stark  vorgezogen  und  spitzwinklig;  der  kurze  Basalrand 
bildet  einen  flachen  Bogen.  DerTergalrand  wird  durch  die  Abstumpfung 
des  der  Carina  zugewendeten  Basalwinkels  sehr  kurz  und  es  entsteht 
dadurch  ein  vierter  kürzester  Rand  —  der  Lateralrand  — ,  ^\cr  mit 
dem  untern  Rande  in  einem  etwas  gerundeten,  90  nur  wenig  über- 
steigenden Winkel  zusammenslösst.  Mit  dein  Tergalrande  vereinigt 
sich  derselbe  in  keinem  deutlichen  Winkel,  sondern  gebt  in  ununter- 
brochenem Bogen  in  denselben  über.  Der  Schliessrand,  Basalrand 
und  Tergalrand  verhallen  sich  in  der  Länge  wie  3'2"':2,5'":2'".  Der 
letztgenannte  Rand  wird  durch  eine  tiefe  Längsfurche,  die  offenbar 
zar  Aufnahme  des  Scutalrandes  des  Tergums  bestimmt  war,  in 
zwei  Blätter  getbeilt,  ein  äusseres  und  ein  dasselbe  etwas  über- 
ragendes, aber  kürzeres  inneres. 

Die  die  Aussenflächen  bedeckenden  Anwachsstreifen  sind  stark 
hervorragend,  etwas  blättrig  und  wellenförmig  auf-  und  abgebogen, 
wodurch  sie  ein  gekräuseltes  Ansehen  annehmen.  Sie  verlaufen  dem 
Basalrande  parallel  und  biegen  sich,  ihre  Faltung  verlierend,  kurz 
vor  dein  Tergalrande  unter  einem  gerundeten  ,  90  wenig  über- 
steigenden Winkel  nach  oben.  Dadurch  entsteht  eine  sehr  schmale 
abschüssige  Fläche,  die  aber  von  der  Rückenflache  des  Scutums 
durch  keine  deutliche  Kante  gesondert  wird.  Endlich  setzen  die  An- 
wachsstreifen noch  durch  die  erwähnte  Furche  des  Tergalrandes 
bis  auf  die  Aussenseite  seines  innen)  Blattes  fort.  In  allen  diesen 
Details  findet  eine  grosse  Annäherung  an  P.  interstriatus  Statt, 


Über  fossile  Lepadiden.  22  • 

Sehr  eigenthümlich  ist  auch  die  Innenfläche  des  massig  dicken 
Scutums  gebildet.  Die  nicht  sehr  tiefe  Anheftungsstelle  des  Musculus 
adductor,  die  oben  abgestutzt,  unten  gerundet  ist,  liegt  an  der  Grenze 
der  obern  und  untern  Hälfte,  mehr  in  die  erstere  hinaufreichend. 
Oberhalb  derselben  setzt  sich  bis  zum  Scheitel  ein  schwach  vertief- 
tes dreieckiges  Feld  fort,  das  mit  sehr  zarten  länglichen  Körnern 
bedeckt  ist,  wie  es  Bosquet  von  dem  Scutum  seiner  Mitella  Danvi- 
niana  (I.  c.  p.  12,  T.  1,  F.  8  b)  angibt.  Eine  tiefe  längliche 
Grube  ist  am  innern  Basalwinkel  unterhalb  des  innern  Blattes  des 
Tergalrandes  eingesenkt.  Der  Schliessrand  ist  massig  verdickt  und 
bildet  bis  zur  Höhe  des  obern  Randes  des  Muskeleindruckes  eine 
schmale  Wulst. 

Die  beschriebene  Klappe  stammt  aus  den  Miocänschichten  von 
Niederleis  in  Österreich.  Sie  befindet  sich  im  k.  k.  Hof-Mineralien- 
Cabinete. 

2.  Pollicipes  decnssatus  m.  (T.  2,  F.  3). 

In  Gesellschaft  der  vorigen  Speeies  findet  sich  noch  eine  zweite, 
von  der  ebenfalls  nur  ein  vollständiges  Scutum  im  k.  k.Hof-Mineralien- 
Cabinet  befindlich  ist.  Sie  ist  der  vorigen  Speeies  im  Allgemeinen  sehr 
ähnlich,  aber  doch  durch  einzelne  Kennzeichen  hinreichend  davon  ver- 
schieden. Die  Klappe  ist  ebenfalls  schief-  und  hochdreieckig  und  mit 
dem  ziemlich  scharfen  Scheitel  etwas  auswärts  gebogen,  daher  ihre 
Aussenfläche  schwach  coneav.  Dies  wird  übrigens  zum  Theile  auch 
dadurch  hervorgebracht,  dass  die  beiden  Seitenränder  etwas  über  den 
schwach  eingedrückten  Mitteltheil  der  Fläche  erhaben  sind,  wie  wir 
dies  auch  an  dem  überhaupt  ähnlich  gestalteten  Scutum  der  Mitella 
Guascoi  B  o  s  q.  sehen  (Bosquet  notice  sur  quelques  cirripedes  etc. 
p.  11,  T.  1,  F.  8  «).  Das  vordere  Basaleck  ist  vorgezogen  und  der 
wenig  bogenförmige  Basalrand  verbindet  sich  mit  dem  geraden 
Schliessrande  in  einem  Winkel,  der  kleiner  ist  als  90  .  Die  Abstutzung 
des  hintern  Basalwinkels  ist  viel  weniger  deutlich  als  bei  P.  undulatus, 
mehr  abgerundet,  so  dass  der  Basalrand  im  ununterbrochenen  Bogen 
in  den  geraden  Tergalrand  übergeht. 

Vom  Wirbel  läuft  zum  hinlern  Basalwinkel  eine  sehr  stumpfe, 
aber  doch  deutlich  erkennbare  Kante  herab,  die  von  der  Rücken- 
fläche des  Scutum  ein  sehr  schmales,  schwach  nach  hinten  abschüs- 
siges Feld  abtrennt.  Der  Schliess-,  Tergal-  und  Basalrand  ver- 
halten sich  in  ihrer  Länge  wie  3"  :  2-25'"  :  19".  Der  Tergalrand 

\r 


228  Reuss. 

ist  auch  hier  durch  eine  tiefe  Läugsfurche  in  ein  äusseres  und  ein 
kürzeres,   das  erstere  etwas  überragendes  inneres  Blatl  getheilt. 

Die  gedrängten  Anwachsstreifen  ragen  als  fast  senkrecht  abfal- 
lende, am  oberen  Rande  gerundete  Rippchen  hervor,  die  durch 
engere  Zwische.ifurchen  geschieden  und  von  gedrängten  feinen 
vertieften  Längslinien  durchkreuzt  werden.  Diese  verleihen  unserem 
Fossilreste  eine  dem  P.  elegans  Darw.  (I.e.  p.  76,  T.  4)  F.  9) 
ähnliche  Sculptur  und  sind  selbst  an  unserem  oberflächlich  etwas 
abgeriebenen  Exemplare  deutlich  zu  erkennen.  Die  Wachsthums- 
streifen  laufen  erst  dem  Basalrande  parallel ,  biegen  sich  dann 
auf  der  vorerwähnten  Kante  in  einem  flachen  Bogen  etwas  nach 
oben  und  verfolgen  diese  schräge  Richtung  über  das  schmale  Hin- 
terfeld durch  die  Furche  des  Tergalrandes  bis  auf  den  obern  Theil 
des  innern  Blattes  dieses  Randes.  Dasselbe  ragt  auf  der  Innen- 
seite der  Klappe  stark  hervor.  Unterhalb  desselben  vertieft  sich  die 
innere  Fläche  zu  einer  tiefen  spaltförmigen  Grube.  Auch  der  wulst- 
förmig  verdickte  Schliessrand  löst  sich  im  untersten  Theile  von  der 
Innenfläche  los  und  bildet  eine  kurze  Spalte.  Die  Ansatzstelle  des 
musculus  adduetor  wird  durch  eine  ziemlich  hohe  Leiste,  die  sich 
nach  innen  neben  dem  Tergalrande  gegen  den  Scheitel  emporzieht, 
zur  schmalen  aber  tiefen  Grube  eingeengt.  Die  Oberfläche  dieser 
Leiste  ist  wie  die  Innenseite  des  Tergalrandes  mit  sehr  feinen 
körnigen  Rauhigkeiten  bedeckt. 

3.  Scalpellum  magnuni  Wood  (T.  2,  F.  5-12). 

Darwin,  1.  c.  p.  1 8 ,  T.  1 ,  F.  1  —  b,  f  Carina;  c  Scutum; 
d  Tergum;  e  Upper  latus;  h  —  k  rostral  latus;  l  —  n  Carina]  latus. 

Diese  Species  ist  aus  dem  englischen  Coralline  Crag  von  Dar  w  i  n 
ausführlich  beschrieben  und  abgebildet  worden.  Das  k.  k.  Hof- 
Mineralien-Cabinet  bewahrt  zahlreiche  Klappen  aus  den  Miocänschich- 
ten  vonSalles  bei  Bordeaux,  die  mit  den  englischen  vollkommen  über- 
einstimmen. Sie  stammen  von  Individuen  verschiedener  Grösse  ab. 

Von  den  vorhandenen  Cariualklappen  sind  die  meisten  abge- 
rieben und  zerbrochen.  Unter  den  vollständigeren  inisst  die  eine 
6-8'",  die  andere  4-8'"  in  der  Höhe.  Der  Wirbel  liegt  beiläufig  im 
Anfange  des  zweiten  Viertheiles.  Das  obere  Ende  ist  stumpf  zuge- 
spitzt, das  untere  winkelig-bogenförmig  mit  beinahe  rechtwinkeligem, 
mehr  weniger  abgerundetem  Mitteleck.  Der  den  Wirbel  überragende 
Lappen  stösst  mit  dem  Körper  der  Carina  in  sehr  stumpfem  Winkel 


Über  fossile  Lepadiden.  229 

zusammen.  Zwei  feine,  aber  deutliche,  massig  gebogene  Kielleisten, 
die  vom  Scheitel  zu  jedem  Eck  des  Basalrandes  herablaufen,  trennen 
das  besonders  nach  unten  hin  der  Quere  nach  gewölbte  Tectum  von 
den  sehr  schmal  dreieckigen,  oben  lang  zugespitzten  flachen  Parie- 
talgegenden,  die  sich  in  steilem  nur  wenig  stumpfem  Winkel 
anlegen.  Ein  stärker  gebogener  Kiel,  der  si-ch  ebei  falls  vom  Wirbel 
j euerseits  gegen  das  obere  Ende  des  untersten  Viertheiles  desSeiten- 
randes  herabzieht,  bildet  die  Grenze  gegen  die  ebenfalls  nieder- 
gedrückte Interparietalregion,  die  drei  Viertheile  der  Höhe  der 
Carina  einnimmt. 

Die  feinen  ungleichen  Anwachsstreifen  bilden  auf  dem  Tectum 
einen  dem  Basalrande  entsprechenden  Bogen,  biegen  sieh  dann  an 
dem  Parietalkiele  unter  fast  rechtem  Winkel  nach  oben  um  und 
erstrecken  sich  in  dem  Seitenrande  der  Carina  paralleler  Richtung 
bis  zum  oberen  Rande  des  Carinallappens.  Sie  werden  von  einzel- 
nen feinen  Radiallinien  durchsetzt,  die  selbst,  wenngleich  noch 
feiner,  auch  auf  den  Interparietalflächen  sichtbar  sind. 

Auch  »las  Scutum  liegt  in  Mehrzahl  vor,  doch  nur  rechtsseitig 
und  in  der  Höhe  zwischen  3-3'"  und  4'",  in  der  grössten  Breite 
zwischen  1*5"'  und  2"'  schwankend.  Es  stimmt  beinahe  vollkommen 
mit  der  Darwinschen  Abbildung  überein.  Es  ist  von  trapezoi- 
dalem  Umriss,  zweimal  so  hoch  als  breit,  massig  in  die  Quere  ge- 
wölbt, unten  abgestutzt,  oben  zugespitzt.  Der  sehr  wenig  vortre- 
tende Wirbel  liegt  beiläufig  am  untern  Ende  des  obersten  Viertheiles 
der  Höhe.  Der  fast  gerade  Schliessrand  stösst  mit  dem  ebenfalls 
geraden  Basalrand  in  einem  Winkel  von  beinahe  90°  zusammen. 
Vom  Wirbel  zieht  sich  ein  schmaler,  wenig  gebogener  Kiel  quer 
nach  rückwärts  zu  dem  etwas  vorgezogenen  Eck  zwischen  dem 
Tergal-  und  Lateralrand  und  schneidet  einen  niedergedrückten  Lap- 
pen vom  Körper  des  Scutums  ab.  Eben  so  befindet  sich  gleich  unter- 
halb des  Kieles  eine  Depression,  durch  welche  der  obere  Theil  des 
Lateralrandes  etwas  eingebogen  wird.  Der  untere  gerade  Theil  des- 
selben bildet  mit  dem  Basalrande  einen  sehr  wenig  stumpfen  Winkel. 

Vom  Wirbel  erstreckt  sich  feiner  eine  fast  gerade  schwache 
Kante  zum  hinteren  Basalwinkel,  so  wie  eine  andere  schwächere,  bis- 
weilen undeutliche  zum  Tergalrande  am  untern  Ende  der  Einbiegung 
desselben.  Die  schwachen  ungleichen  Anwachslinien  verlaufen  zu- 
erst  dem   Basalrande   parallel,   biegen  sich   dann   unter  stumpfem 


äoO  R  e  u  s  s. 

Winkel  in  eine  dem  Tergalrande  folgende  Richtung  um,  die  sie  auch 
im  ohern  Lappen  beibehalten.  Auf  dem  vordem  Tergalfelde  werden 
sie  von  feinen  Radiallinien  durchkreuzt. 

Von  dem  sehr  dünnen,  flachen,  gebogenen  und  schief  drei- 
eckigen Tergum  liegt  nur  ein  fragmentäres  Exemplar  vor  ,  welchem 
das  obere  Drittheil  fehlt.  Trotzdem  lässt  es  die  völlige  Über- 
einstimmung mit  der  Darwinschen  Abbildung  (I.  c.  T.  1,  F.  1  d) 
erkennen. 

Dagegen  habe  ich  ein  vollständiges  6-5'"  langes  Tergum  aus  den 
Miocänschichteii  von  Turin  vor  mir,  welches  auch  dem  Sc.  magnum 
angehören  dürfte.  Der  etwas  concave  Carinalrand  der  lang-  und 
schief-dreieckigen  Klappe  ist  6i>"'  lang  und  vereinigt  sich  mit  dem  5'" 
langen,  flach  bogenförmigen  Scutalrande  in  dein  spitzigen  vorgezoge- 
nen Rasalwinkel.  Am  kürzesten  —  3'b' "  —  ist  der  gerade  Sehliess- 
rand,  der  mit  dem  Scutalrande  einen  stumpfen  Winkel  bildet.  Vom 
ßasaleck  verläuft  eine  .schmale  Linie  bis  zum  Scheitel,  in  welcher 
sich  die  Anwachsstreifen  spitzwinkelig  gegen  den  Carinalrand  um- 
biegen. Dieselben  treten  als  entfernte  feine  Streifen  hervor,  deren 
flache  Zwischenräume  in  derselben  Richtung  zart  linirt  sind.  Von 
der  vom  vordem  Theile  des  Scutalrandes  gegen  den  Scheitel  auf- 
steigenden flachen  Rinne  ist  kaum  eine  Spur  vorhanden. 

Von  der  oberen  Lateralklappe  (Darwin,  1.  c.  T.  1,  F.  1  e) 
konnte  ich  drei  vollständige  und  ein  sehr  abgeriebenes  Exemplar 
untersuchen,  von  2-8  —  35"  Höhe  und  2 —  2-45'"  ßreite.  Sie 
sind  länglich-fünfseitig,  fl.tch  und  dünn,  mit  fast  centralem  Wirbel, 
von  welchem  zu  den  fünf  stumpfwinkeligen  Ecken  eben  so  viele  Kan- 
ten, von  denen  einzelne  gekielt  sind,  verlaufen.  Die  zwei  aufwärts 
gerichteten  Seitenränder  sind  schwach  convex;  von  den  drei  nach 
abwärts  sehenden  is*  einer  eingebogen.  Den  Rändern  parallel  laufen 
dieAnwachslinien, sie  bilden  daherimmer  kleinere  Pentagone,  je  näher 
sie  dem  Scheitel  liegen.  Sie  weiden  besonders  auf  den  drei  unteren 
Feldern  von  feinen,  vom  Wirbel  ausstrahlenden  Linien  durchsetzt. 
Die  Innenseite  der  Klappen  ist  äusserst  seicht  concav. 

4.!  Poecilasma  miocaenica  m.  (T.  2,  F.  12). 

Wenn  auch  die  bisher  namhaft  gemachten  fossilen  Anatifa- Arten 
mehr  weniger  zweifelhaft  sind  und  wahrscheinlich  sämtlich  anderen 
Gattungen  angehören,  so  kann  ein  solcher  Zweifel  in  ßetretf  der  jetzt 
zu  besprechenden,  leider  vereinzelten  Klappe  (des  Scutums)  aus  dem 


Über  fossile  Lepadiden.  231 

miocäneti  Leitliakalke  von  Podjaikow  in  Galizien  nicht  erhoben  wer- 
den. Sie  gehört  offenbar  der  Gattung  Anatifa  in  weiterem  Sinne 
an,  da  sie  mit  den  entsprechenden  Klappen  lebender  Arten  in 
allen  Kennzeichen  übereinstimmt.  Zu  welcher  der  Gattungen  aber, 
welche  von  Anatifa  abgezweigt  worden  sind  ,  sie  zu  zählen  sei, 
lässt  sich  mit  Bestimmtheit  nicht  entscheiden,  da  weder  die  Zahl 
der  das  Capitulum  bildenden  Klappen  überhaupt,  noch  der  Bau  der 
übrigen  Klappen  ausser  dem  Scutum  bekannt  ist. 

Die  vorliegende  Klappe  misst  vom  Seheitel  bis  zur  obern  Spitze 
34'",  wahrend  die  grösste  Breite  beiläufig  2*5'"  beträgt.  Der  Um- 
riss  ist  dreiseitig,  der  Schliessrand  wenig  gebogen  und  stösst  mit 
dem  Basalrande  in  einem  spitzigen  Winkel  zusammen.  Der  kleine 
Wirbel  ist  etwa;  übergebogen,  der  ßasalrand  sehr  kurz,  nicht  voll- 
kommen gerade  und  geht,  ohne  einen  Winkel  zu  bilden,  bogenförmig 
in  den  untern  Theil  des  Tergo-Carinalrandes  über.  Vom  Wirbel  ver- 
läuft bis  zur  obern  Spitze  eine  deutlich  ausgesprochene  Kante,  wo- 
durch dem  Scbliessrande  zunächst  ein  hier  sehr  schmales,  ziemlich 
stark  abschüssiges  Feld  vom  Bücken  der  Klappe  abgegrenzt  wird. 

Eine  andere  schwache  Andeutung  eines  Kieles  bemerkt  man 
weiter  rückwärts,  ebenfalls  vom  Wirbel  zum  gegenüberstehenden 
Bande  ausstrahlend,  der  dadurch  an  der  Grenze  zwischen  dem 
geraden  Tergaltbeile  und  dem  bogenförmigen  Carinaltheile  etwas 
winkelig  wird. 

Die  gewölbte  Aussenfläche  der  Schale  ist  mit  feinen  unglei- 
chen Anwachslinien  bedeckt,  die  dem  Tergolateralrande  parallel 
verlaufen  und  sich  an  der  erwähnten  Kante  in  stumpfem  Winkel 
gegen  den  Schliessrand  umbiegen.  Sehr  zarte  radiale  Linien 
durchkreuzen  dieselben. 

Die  Innenseite  ist  concav,  der  Wirbel  zahnlos,  der  ßasalrand 
ohne  vorstehende  Kante,  der  Schliessrand  einfach. 

Fasst  man  sämmtliche  beschriebene  Charaktere  zusammen, 
so  gelangt  mau  zu  der  Überzeugung,  dass  die  fossile  Species  sich 
in  mancher  Beziehung  mehr  der  Gattung  Poecilasma  Darw.,  als  der 
Gattung  Anatifa  (Lepas)  in  engerem  Sinne  nähert.  Besonders  mit 
dem  Scutum  der  an  den  Küsten  von  Madeira  lebenden  Poecilasma 
aurantia  Darw.  (I.  c.  p.  105,  T.  2,  F.  2)  findet  eine  sehr  grosse 
Analogie  Statt.  Als  unterscheidendes  Merkmal  von  Anatifa  tritt  be- 
sonders der  sehr  kurze,  nicht  gerade,  in  ununterbrochenem  Bogen 


CöZ  Reuss. 

in  den  Carinalrand  übergehende  Basalrand  hervor.  Auch  lässt  der 
im  Verhältniss  zum  Carinalrand  kürzere  Tergalrand  auf  ein  kleines, 
weniger  entwickeltes  Tergum  schliessen,  wie  es  die  überhaupt  mit 
einem  Tergum  versehenen  Poecilasma-  Arten  besitzen.  Eine  be- 
stimmte Entscheidung  muss  freilich  bis  zur  Entdeckung  zahlreicherer 
Reste,  besonders  der  Carina,  aufgeschoben  werden. 

3.  Die  Lepadiden  der  böhmischen  Kreideformation. 
Unter  den  böhmischen  Kreidegebihlen  sind  es  nur  der  Planer 
und  die  Baculitenthone,  welche  Lepadidenreste  geliefert  haben; 
den  tieferen  cenomanen  Schichten  scheinen  sie  ganz  zu  fehlen. 
Aber  auch  in  den  ersten  sind  sie  sparsam,  immer  nur  auf  vereinzelte 
Klappen  beschränkt.  Ich  habe  zwar  schon  Gelegenheit  gehabt,  die- 
selben früher  zu  besprechen  *)  und  die  Zahl  der  gefundenen  Species 
hat  sich  seither  nicht  vermeint;  aber  zahlreichere,  besser  erhal- 
tene Individuen  haben  theilweise  zu  einer  richtigem  Deutung  geführt. 
Auch  bin  ich  in  den  Stand  gesetzt,  die  früheren,  zum  Theile  unrich- 
tigen Abbildungen  durch  entsprechendere  zu  ersetzen. 

Sämmtliche  mit  einiger  Sicherheit  bestimmbare   Reste  können 
auf  drei  Species  zurückgeführt   werden,   zwei  Pollicipes   und   ein 
Scalpelliim.  Einem  der  ersteren  —  dem  weil  verbreiteten  P.glaber  — 
gehört  die  bei  weitem  vorwiegende  Anzahl  an. 
1.  Pollicipes  glaberRöm.  (T.  3.  F.  7  —  19). 

Römer,  Versteinerungen  des  norddeutschen  Kreidegebirges, 

pag.  104,  T.  16,  F.  11. 
Reuss,  Verstein.  der  böhmischen  Kreideform.  I,  pag.   17, 
T.  5,  F.  45-49;   T.  13,  F.  86  —  91;   II,  pag.  105, 
T.  42,  F.  17. 
Pollicipes  Bronni Reuss,  1.  c.  I,  pag.  16,  T.  5,  F.  40,  41 ; 

T.  12,  F.  4. 
Xiphidium  maxhnum   Dixon,  Geology  and   fossils  of  the 
tert.  and  cret.  form,  of  Sussex.  p.  353,  T.  28,  Fig.  6—8. 
Darwin  a  monograph  of  the  foss.  Lepadidae,  pag.  61,  T.  3, 
F.  10. 


i)  Reuss,  Die  Versteinerungen  der  böhmischen  Kreideformation.  I.  S.  17,  Taf.  ä, 
Fi  g.  40—48;  Taf.  12,  Fig.  4;  Taf.  13,  Fig.  86—91;  II.  S.  105,  Taf.  24,  Fig.  11  ; 
Taf.  42,  Fig.  17,  18. 


Über   fossile  Lepadiden.  -i)>3 

Mitella  glabra  Bosquet,  Monographie  des  crust.  foss. 
du  terr.  cret.  du  duche  de  Limbourg.  pag.  27,  T.  2, 
F.  4  —  12. 

Es  ist  dies  einer  der  am  weitesten  verbreiteten  und  zugleich 
der  häufigste  der  in  der  böhmischen  Kreide  vorkommenden 
Cirripedier.  Aber  auch  er  hat  nur  isolirte  Klappen  geliefert.  Es 
liegen  nur  mehr  weniger  zahlreiche  Exemplare  der  Carina,  des 
Terguni,  Scutum,  Rostrum  und  der  Carinalseitenk läppe  vor. 

Die  Carina  (T.  3,  F.  7)  stimmt  vollkommen  mit  der  von 
Dar win  und  Bosquet  gegebenen  Beschreibung  und  Abbildung 
überein.  Das  grösste  Exemplar  misst  7"  in  der  Hohe  und  an  der 
Basis  2-75"  in  der  grössten  Breite.  Die  Klappe  ist  schmal-  und 
hochdreieckig,  indem  sie  sich  nach  oben  allmählich  zur  Spitze  ver- 
schmälert. Unten  zieht  sie  sich  von  beiden  Seiten  rasch  zur  kurzen 
stumpfen  Spitze  zusammen.  Überdies  ist  sie  nur  sehr  wenig  nach 
vorne  gekrümmt,  bisweilen  beinahe  gerade.  In  der  M  tte  ist  sie  der 
Länge  nach  stumpfwinkelig  gebrochen,  dabei  aber  besonders  in  den 
oberen  zwei  Drittheilen  mit  einem  feinen  Kiel  besetzt,  der  sich  nach 
abwärts  verflächt.  Von  diesem  Mittelkiele  dachen  die  Seitenflächen 
mit  geringer  Wölbung  gegen  die  Seitenränder  ab,  die  etwas  nach 
innen  und  unten  gebogen  sind,  so  dass  die  Seitenwinkel  der  Basis 
leicht  nach  unten  vorragen.  Der  mittlere  stumpfe  Basiswinkel 
springt  in  wechselndem  Grade  vor.  Die  Oberfläche  ist  nur  mit  feinen 
ungleichen  Anwachslinien  bedeckt,  die  dem  Basalrande  parallel  in 
der  mittleren  Kante  unter  stumpfem  Winkel  zusammenstossen,  an 
den  Seitenrändern  sich  aber  im  Bogen  plötzlich  nach  unten  wenden. 
Nur  an  einem  Exemplare,  und  zwar  nur  im  obersten  Drittheile 
beobachtete  ich  die  von  Bosquet  erwähnten  feinen  Längslinien. 
Die  Innenseite  der  Klappe  ist  stark  rinneuarlig  ausgehöhlt.  —  Die 
untersuchten  C*rinalklappen  stammen  aus  dem  Pläner  der  Schillinge 
bei  Bilin,  von  Weisskirchlitz,  Kostenblatt  und  Kosstitz. 

Vom  Scutum  (T.  3,  F.  9)  standen  mir  nur  zwei  Exemplare 
zu  Gebote,  deren  grösseres,  aus  dem  Scaphitenpläner  von  Hundorf, 
4-33'"  hoch  und  an  der  Basis  3'"  breit  ist.  Es  ist  im  Hauptumrisse 
dreiseitig,  oben  schaif  zugespitzt,  an  der  Basis  abgestutzt,  stark  in 
der  Quere  gewölbt,  so  dass  im  obersten  Theile  der  Querschnitt  halb- 
konisch  wird.  Der  nicht  ganz  gerade  Basalrand  bildet  mit  dem  sehr 
schwach  gebogenen  Yentralrande  (occladent  margin}  einen  beinahe 


~»»4  Reust. 

rechten,  mit  dem  uuteru  Theile  des  Tergolateralrandes  einen  nur 
wenig  kleineren  Winkel.  Die  Aussenfläche  der  Klappe  wird  durch 
zwei  sehr  schwache  Läugskiele  in  drei  Felder  getheilt,  die  in  sehr 
stumpfem  Winkel  zusammenstossen.  Ein  Kiel  erstreckt  sich  vom 
wenig  gebogenen  Scheitel  zum  ßasolateralwinkel,  der  zweite  dagegen 
zu  einem  nur  äusserst  wenig  bemerkbaren  Winkel  des  Basalrandes, 
der  dem  Rostralwinkel  näher  liegt  als  dem  Basolateralwinkel.  Der 
erstgenannte,  nicht  vollkommen  gerade  Winkel  gibt  sich  haupt- 
sächlich dadurch  zu  erkennen,  dass  die  feinen  Anwachslinien,  die 
zuerst  dem  Basalrande  parallel  verlaufen,  sich  dort  fast  rechtwinkelig 
gegen  die  obere  Hallte  des  Tergolateralrandes  umbiegen.  Dieser 
wird  beiläufig  in  der  Mitte  durch  ein  sehr  stumpfes  gerundetes  Eck 
in  zwei  wenig  ungleiche  Hälften  getheilt,  deren  unterer  die  umgebo- 
genen Anwachslinien  parallel  in  die  Höhe  laui'eu.  Bei  stärkerer  Ver- 
grösserung  lassen  sich  auch  noch  sehr  feine  Radiallinien  wahrnehmen. 

Das  zweite  Exemplar  des  Scutums  aus  dem  Pläner  der  Schil- 
linge bei  Bilin,  dessen  Spitze  abgebrochen  ist,  misst  ergänzt  4'4'" 
in  der  Höhe  und  beinahe  3'"  in  der  Breite.  Die  Kiele  der  Aussen- 
fläche  sind  sehr  undeutlich. 

Zahlreich,  aber  leider  ineist  zerbrochen,  sind  die  Terga  (T.  3, 
F.  8,  18,  19),  die  ich  einer  nähern  Untersuchung  unterzog.  Sie 
gehören  sehr  verschiedenen  Altersstufen  an  und  wechseln  in  Folge 
dessen  sehr  in  Grösse  und  zum  Theil  auch  in  Gestalt.  Da  ich  aber 
zahlreiche  Mittelglieder  beobachtete,  so  habe  ich  sie  sämmtlich  zu 
P.  glaber  gezogen;  um  so  mehr,  da  sie  von  demselben  Fundorte 
stammen.  Die  grössten  sind  10'  hoch  und  an  der  breitesten  Stelle 
halb  so  breit.  Eine  sehr  dünne,  ollenbar  jugendliche  Klappe  bot 
eine  Höhe  von  nur  4*  75'"  dar  bei  3-7'"  Breite,  woraus  sich  schlies- 
sen  lässt,  dass  mit  dem  Alter  die  Höhe  in  viel  rascherem  Verhält- 
niss  zunimmt,  als  die  Breite. 

Der  Umriss  ist  stets  schiefrhomboidal,  wobei  der  Schliessrand 
und  der  untere  Carinalrand  am  längsten  sind.  Der  Scutalrand 
kömmt  dem  ersteren  an  Länge  beinahe  gleich,  der  obere  Carinal- 
rand ist  immer  der  kürzeste.  Bei  jungen  Klappen  treten  diese 
Längendillerenzen  weniger  scharf  hervor ;  dagegen  pflegen  dieselben 
an  beiden  Enden  schärfer  zugespitzt  zu  sein,  während  an  älteren 
besonders  das  untere  stumpfer  wird.  Der  dem  fast  geraden  Schliess- 
rande  zunächst  liegende  Theil    ist   stärker  gewölbt,  so  dass  dort  in 


Über  fossile  Lepndiden.  2oO 

seiner  ganzen  Länge  ein  erhöhter  Wulst  hervortritt,  der  an  älteren 
Klappen  höher  und  breiter  ist.  Nach  innen  neben  demselben  ist  die 
Schale  zu  einer  ziemlich  liefen  rinnenförmigen  Furche  eingedrückt. 
Ihr  entspricht  im  vorderen  Theile  des  Scutalrandes  eine  seichte  Ein- 
biegung. Etwas  weiter  nach  innen  liegt  an  ausgewachsenen  Klappen 
eine  zweite  viel  seichtere  Furche,  die  in  der  Jugend  ganz  zu  fehlen 
scheint.  Über  den  Rücken  verläuft  vom  Wirbel  zum  Basalwinkel 
in  beinahe  gerader  Richtung  ein  schwacher  Kiel,  von  welchem  die 
Klappe  nach  beiden  Seiten  hin  sich  sanft  abdacht.  Der  stets  stumpfe 
Carinalwinkel  tritt  in  sehr  wechselndem  Grade  hervor,  bei  jüngeren 
Khippen  am  schärfsten  ;  bei  älteren  rundet  er  sich  bisweilen  ganz 
ab.  In  diesem  Falle  ist  auch  gewöhnlich  der  Schliessrand  am  läng- 
sten. Es  findet  hier  dasselbe  Verhältniss  dar,  wie  bei  der  von 
Darwin,    1.  c.   T.  4,  F.  1  d  abgebildeten  Klappe  von  Polt,  unguis. 

Die  äussere  Schalenfläche  ist  mit  feinen  ungleichen  Wachs- 
thumslinien  bedeckt,  die  dem  Tergal-  und  unteren  Carinalrande 
parallel  laufen,  sich  daher  in  dem  Mittelkiele  unter  einem  Winkel 
von  60—  70  umbiegen.  Auf  dem  zwischen  dem  Mittelkiel  und  der 
Rostralseite  gelegenen  Theile  beobachtet  man  bisweilen  einige 
Radiallinien. 

Die  Innenseite  der  Klappe  ist  grbsstentheils  seicht  concav,  nur 
der  oberste  Theil,  besonders  gegen  die  Caiinalseite  hin,  ist  eben 
und  mit  Wachsthumstreifen  bedeckt. 

Die  beschriebenen  Exemplare  stammen  theils  aus  dem  au  Spon- 
gien  reichen  Pläner  der  Schillinge  bei  Bilin,  theils  aus  jenem  von 
Weisskirchlitz  hei  Teplitz.  Zum  Theile  ähneln  sie  ausnehmend 
der  Tergalklappe  von  P.  unguis  Sow.  (Darwin,  1.  c.  p.  64,  T.  4, 
F.  1  b,  c,  d)  aus  dem  englischen  Gault.  Ich  ziehe  sie  aber 
säuimtlich  zu  P.  glaber,  weil  sie  in  Gesellschaft  des  unzweifelhaften 
P.  glaber  in  einem  viel   höheren  geologischen  Niveau  liegen. 

Der  Pläner  von  Weisskirchlitz  hat  mir  auch  zwei  Rostra  (T.  3, 
F.  10)  zur  Untersuchung  geliefert.  Das  eine  nicht  ganz  vollstän- 
dige ist  3*3"'  hoch  bei  2"7ö'"  unterer  Breite,  das  andere  sehr  jugend- 
liche nur  2"  hoch  und  18'"  breit.  Sie  sind  beinahe  trigonal,  unten 
abgestutzt  mit  sehr  schwachem  bogenförmigem  Basalrande.  Über 
die  Mitte  läuft  ein  feiner  Längskiel  herab,  von  dem  die  Schale 
massig  gewölbt  nach  beiden  Seiten  abfällt.  Die  schwachen  Anwachs- 
linien laufen  der  Basis  parallel.    Die  Innenseite  ist  unten  flach,  oben 


236  R  e  u  s  s. 

schwächer  concav  und  dort  zugleich  mit  einem  schwachen  Längs- 
kiel versehen. 

In  grösserer  Anzahl  werden  bei  Weisskirchlitz  kleine  Klappen 
gefunden,  ganz  übereinstimmend  mit  der  von  Darwin,  1.  c.  T.  3, 
F.  10  l  abgebildeten,  welche  derselbe  für  eine  untere  Lateral- 
klappe der  Rostralseite  anspricht  (T.  3,  F.  16,  17).  Auch  sie  sind 
von  sehr  verschiedener  Grösse,  die  grössten  4'"  hoch  und  4#4'" 
breit,  so  wie  3o"  hoch,  4"  breit,  die  kleinste  1-75"  hoch,  2-1'" 
breit.  Sie  sind  wenig  convex  und  haben  eine  schief  trapezoidyle 
Form  odt-r  die  Gestalt  eines  schiefen  queren  Dreieckes,  dessen 
spitzer  Basalwinkel  schräg  abgestutzt  ist.  Dadurch  entsteht  an  der 
Basis  ein  sehr  stumpfes  Eck,  das  beiläufig  am  Anfang  des  zweiten 
Drittheils  derselben  liegt.  Von  den  beiden  anderen  Seiten  ist  eine 
länger,  gerade  oder  schwach  eingebogen,  die  andere  kürzer, 
schwach  convex.  Das  stumpfe  Scheitelende  bildet  einen  Winkel, 
wenig  kleiner  als  90°.  Von  demselben  erstreckt  sich  zum  mittleren 
Basalwinkel  eine  schräge,  bisweilen  selbst  gekielte  Kante,  welche 
die  Aussentläche  der  Klappe  in  zwei  dreieckige  Felder  theilt,  von 
denen  das  schmälere  ein  spitziges  beinahe  gleichschenkeliges 
Dreieck  bildet.  Die  feinen  Anwachslinien  verlaufen  den  beiden 
Basalrändern  parallel  und  werden  an  älteren  Schalen  von,  feinen 
Radiallinien  durchschnitten.  Der  Wirbel  scheint  in  nicht  unbedeu- 
tender Ausdehnung  frei  gewesen  zu  sein,  denn  seine  Innenfläche 
zeigt  an  beiden  Seitenrändern  ein  mit  Anwachsstreifen  versehenes 
Feld,  welche  in  der  Mittellinie  winkelig  zusammenstossen. 

Von  Weisskirchlitz  liegt  noch  eine  dünne  obere  Lateralklappe 
(T.  3,  F.  11)  vor,  die  ein  vollkommen  gleichschenkeliges  Dreieck 
von  2-4"  Höhe  und  %'"  Basalbreite  darstellt.  Die  gleichen  Seiten 
verhalten  sich  zur  Basalkante  wie  2*8  :  2.  Die  ganz  ebene  Aus- 
sentläche ist  der  Basis  parallel  fein  gestreift.  Auf  der  Innenseite 
erscheinen  die  Seitenränder  in  ihrer  ganzen  Länge  meisselartig 
zugeschärft. 

Ob  diese  Klappe  w  irklich  zu  P.  glaber  gehört,  Iässt  sich  nicht 
mit  Sicherheit  behaupten,  da  sie  sich  ganz  vereinzelt  gefunden 
hat,  ihr  etwaiger  Formenwechsel  daher  unbekannt  bleibt.  Von  der 
von  Darwin  (I.  c.  T.  3,  Fig.  10  k)  abgebildeten  Lateralklappe ,  so 
wie  von  der  vonBosquet  (1.  c. T.  2, Fig.  8,  9)  als  von  P. glaber  dar- 
gestellten Klappe  unterscheidet  sie  sich  durch  ihre  Gleichschenkelig- 


Über  fossile  Lepadiden.  £>&  ( 

keit.  In  dieser  Beziehung  nähert  sie  sich  mehr  der  oberen  Lateral- 
klappe von  P.  unguis  Sow.  (Darwin,  1.  e.  T.  4,  F.  1  g).  Dieselbe 
aber  dieser  Species  gerade  zuzuzählen,  gestatten  die  schon  früher 
angeführten  Gründe  nicht.  Überdies  ist  es  sehr  wahrscheinlich, 
dass  auch  die  oberen  Lateralklappen  von  P.  glaber  einer  ähnlichen 
Wandelbarkeit  der  Form  unterworfen  sein  mögen,  gleichwie  die 
Terga  derselben  Species. 

2.   Pollicipes    conicns  Reuss   (T.  2,  F.  13). 

Reu ss,  Verstein.  d.  böhm.  Kreideform.  I.  p.  17,  T.  5,  F.  43. 
icon.  mala. 

Diese  Species  habe  ich  schon  im  Jahre  1845  aufgestellt;  die  bei- 
gegebene Abbildung  war  jedoch  missrathen  und  nicht  erkennbar.  Sie 
gründet  sich  leider  nur  auf  eine  Carina  von  4'2"'  Höhe  und  1-7"' 
grösster  Breite  aus  dem  Pläner  des  Sauerbrunnberges  bei  Bilin  in 
Böhmen.  Da  sie  aber  in  ihrem  Baue  mit  keiner  der  bekannten  Pollici- 
pes-Arten  übereinkömmt ,  so  dürfte  die  Aufstellung  einer  besonde- 
ren Species  gerechtfertigt  erscheinen. 

Die  Klappe  stellt  einen  der  Länge  nach  halbirten  schlanken, 
ziemlich  stark  gekrümmten  Kegel  dar,  der  sich  oben  langsam  zur 
Spitze  auszieht ,  unten  aber  gerade  abgestutzt  ist.  Der  hoch  ge- 
wölbte Hucken  ist  gerundet,  ohne  alle  Spur  von  Kante  oder  Kiel.  Die 
Seiten  fallen  in  ununterbrochenem  Bogen  ab  bis  zu  dem  Rande, 
der  sich  schwach  nach  innen  umbiegt,  ohne  sich  aber  herabzu- 
biegen, wie  bei  P.  glaber.  Der  Basalrand  stellt  daher  auch  einen 
zusammenhängenden  Bogen  dar  ohne  Vorsprung  eines  Medianwin- 
kels und  der  Seitenecken.  Die  Oberfläche  ist  glatt  bis  auf  zarte 
halhiingförmige  Anwachsstreifen,  die  an  nicht  abgeriebenen  Stellen 
als  sehr  feine  erhabene  Linien  hervortreten  und  an  den  Seiten- 
rändern sich  etwas  umbiegen. 

Diese  Merkmale  genügen  vollkommen,  um  unsere  Species  von 
dem  in  mancher  Beziehung  ähnlichen,  aber  stets  mit  einer  gekielten 
Carina  versehenen  P.  glaber  zu  unterscheiden.  In  der  Rundung  des 
Rückens  der  Carina  kömmt  P.  conicus  mit  P.  oolithicus  Buckm.,  P. 
validus  Steenst.  und  anderen  Arten  überein,  weicht  jedoch  in  den 
übrigen  Kennzeichen  wesentlich  davon  ab.  Der  vollkommene  Beweis 
der  Selbstständigkeit  unserer  Species  wird  freilich  erst  in  der  Folge 
durch  die  Entdeckung  der  übrigen  bisher  noch  unbekannten  Klappen 
des  Capitulum  hergestellt  werden. 


238  R  e  ii  s  s. 

3.  Scalpellum  quadricarinatam  Reuss  (T.2,  F.  14). 

Pollicipes  quadricarinatus  Reuss,  die  Verstein.  d.  böhm. 
Kreideform.   II.  p.  105,  T.  42,  F.  18  ie.  mala. 

Scalpellum  quadricarinatum  Darwin,  1.  c.  p.  38.  Note. 

Seit  der  Entdeckung  des  der  Species  zu  Grunde  liegenden 
Fragmentes  hat  sich  leider  keine  weitere  Spur  derselben  gefunden. 
Der  beschriebene  Theil  ist  das  nur  1-65'"  lange  Rruchstück  einer 
sehr  kleinen  und  schmalen  Carina,  welchem  Spitze  und  Basis  fehlen. 
Ihr  Bau  ist  sehr  eigenthümlich.  Sie  ist  oben  zugespitzt,  massig  ge- 
bogen, im  Querschnitt  rechtwinkelig  vierseitig,  ziemlich  dick. 

Die  beinahe  ebene,  nur  gegen  die  Ränder  hin  schwach  depri- 
mirte  Rückenfläche  stösst  mit  den  oben  zugespitzten,  seicht  rinnen- 
förmig  ausgehöhlten  Parietalgegenden  rechtwinkelig  zusammen. 
An  der  Grenze  verläuft  ein  schmaler  Kiel  vom  Scheitel  herab.  Die 
beinahe  ebenen  Interparietalregionen  dagegen,  in  ihrem  oberen 
Theile  ziemlich  breit,  verschmälern  sich  nach  abwärts  und  werden 
von  den  Parietalfliichen  ebenfalls  durch  einen,  aber  noch  schwä- 
chern Kiel  abgegrenzt.  Der  innere  Seitenrand  erscheint  etwas  ver- 
dickt. Die  sehr  zarten  Anwachsstreifeu  sind  auf  den  Seiten  sehr 
schräge  von  hinten  und  oben  nach  vorne  und  unten  gerichtet; 
auf  dem  Tectum  können  sie  nicht  unterschieden  werden.  Die  Innen- 
fläche der  Carina  ist  tief  rinnenförmig. 

Die  beschriebene  Carina  stimmt  in  allen  Kennzeichen  mit  jener 
des  von  Bosquet  (Monogr.  des  crust.  foss.  du  terr.  cret.  du 
duche  de  Limbourg,  p.  39,  T.  3,  F.  10—17)  beschriebenen  Sc. 
pygmaeum  aus  den  MaastrichterSchichten  überein,  und  es  ist  wahr- 
scheinlich, dass  beide  Species  identisch  sind.  Da  aber  an  dem  höh- 
mischen Fossilreste  das  Basalende  nicht  erhalten  ist.  so  liegt  keine 
vollständige  Gewissheit  vor.   — 

Nebst  den  beschriebenen  drei  Arten  liegen  noch  vereinzelte 
Klappen  vor,  die  damit  nicht  vereinigt  werden  können,  deren  nähere 
Bestimmung  aber  unentschieden  bleiben  muss,  weil  die  am  meisten 
charakteristischen  Klappen  (Carina  und  Scutuni)  fehlen.  So  hat 
z.  B.  der  Scaphitenpläner  von  Hundorf  ein  einzelnes  Tergum  ge- 
liefert, dem  zwar  das  Basalende  fehlt,  welches  sich  aber  leicht  er- 
gänzen lässt.  Ich  gebe  davon  T.  2,  F.  16  eine  etwas  vergrösserte 
Abbildung.  Es  ist  vollkommen  gerade,  massig  dick  und  auffallend 
schmal,  denn  bei  7-75'"  Länge  besitzt  es  nur  eine  grösste    Breite 


Über  fossile  Lepadiden.  Co" 

von  3"',  die  ziemlich  weit  über  der  Mitte  liegt.  Das  obere  Ende  und, 
nach  der  Anwaehsstreifung  zu  urtlteilen,  auch  das  untere  sind  scharf 
zugespitzt.  Der  FJmriss  ist  sehmal  rhomboidal  mit  sehr  stumpfen 
abgerundeten  Seitenecken.  Der  gerade  Schliessrand  und  der  etwas 
längere  ,  im  obern  Theile  kaum  merkbar  eingebogene  Scutalrand 
stossen  in  einem  schwach  markirten  sehr  stumpfen  Winkel  zusammen. 
Die  beinahe  gleichlangen  Carinalränder  gehen  sogar  in  einem  un- 
unterbrochenen Boden  in  einander  über.  Auf  der  schwach  gewölbten 
Aussenfläche  läuft  hinter  dem  Schliessrande  eine  sehr  seichte  fur- 
chenartige Depression  zum  oberen  Theile  des  Scutalrandes  herab. 
Über  die  Mitte  dagegen  erstreckt  sich  vom  Scheitel  bis  zur  Basal- 
spitze  statt  der  gewohnten  Kante  eine  lineare  Furche  herab.  Übri- 
gens ist  die  Oberfläche  mit  sehr  ungleichen  vertieften  Anwachslinien 
bedeckt,  die  sich  in  der  erwähnten  Medianfurche  in  sehr  spitzigem 
Winkel  vereinigen.  Fn  grösseren  Abständen  kehrt  eine  tiefere 
Wachsthiimsfurche  wieder,  zwischen  deren  zweien  die  Schale  in 
Gestalt  einer  sehr  Dachen  Wulst  vortritt,  über  welche  noch  eine 
weehselnde  Anzahl  sehr  feiner  Linien  in  gleicher  Richtung  verläuft. 
Das  beschriebene  Tergum  unterscheidet,  sich  von  jenem  aller 
bekannten  Pollicipes- Arten  wesentlich.  Eine  ähnliche  Beschaffenheit 
der  Aussenfläche  beschreibt  Bosquet  an  einem  Tergum,  welches 
er  zu  Scalpellum  gräcile  rechne'  (1.  c.  p.  37,  T.  3,  F.  3),  das  aber 
in  den  übrigen  Verhältnissen  abweicht.  Unsere  Klappe  dürfte  daher 
wohl  einer  neuen  Species  angehören  ,  deren  nähere  Bestimmung 
aber  aufgescbohen  werden  muss. 

4.  Lepadidenreste  aus  der  Mucronatenkreide  von  Nagorzani. 
Dieselben  scheinen  bei  Nagorzani  in  Galizien  häufiger  vorzu- 
kommen, als  in  der  böhmischen  Kreide.  Wenigstens  enthält  eine 
Suite  von  Versteinerungen  von  diesem  Fundorte,  die  das  k.  k.  Hof- 
Mineralien-Cabinet  dem  hochwürdigen  Abte  am  Strahow  in  Prag, 
Freiherrn  v.  Zei  dler  verdankt,  eine  nicht  unbedeutende  Anzahl. 
Bisher  waren  sie  nur  einer  geringen  Aufmerksamkeit  gewürdigt 
worden.  Feh  finde  nur  zweier  solcher  Reste  vorübergehende  Er- 
wähnung gethan.  Im  Jahre  1848  erwähnte  Kner  in  seiner  Abhand- 
lung über  die  Versteinerungen   des  Kreidemergels   von  Lemberg  *) 

*)    H  a  i  d  i  n  g  e  r's  gesammelte  naturwissenschaftliche  Abhandlungen".     III,   'l.    S.  35. 
Taf.   3,   Fig.    12. 


240  Rein  s. 

dreiCirripedenkhppen,  von  denen  er  eine  abbildet  und  vermuthungs- 
weise  dem  Scalpellum  (Pollicipes)  maxhnum  Sow.  zuschreibt. 
Nach  der  Abbildung  des  Fragmentes  zu  urtheilen,  ist  es  ein  Scutum 
von  Pollicipes  fallax  Darw.  Ein  Jahr  später  gab  Dr.  Alth  in  der 
geognostisch  -  paläontologischen  Beschreibung  der  nächsten  Um- 
gebung von  Lemberg1)  die  Schilderung  und  Abbildung  einer  Ter- 
galklappe  aus  dem  Kreidemergel  von  Navaria  bei  Lemberg,  welche 
er  von  P.  glaber  Rom.  ableitet,  die  aber  ohne  Zweifel  ebenfalls  von 
P.  fallax  Darw.  herstammt. 

Die  mir  zur  Untersuchung  vorliegenden  Schalen  gehören  drei 
verschiedenen  Arten  von  Pollicipes  an. 

1.   Pollicipes   fallax    Darwin    (T.   3,  F.  1—6). 

Darwin  a  monograph  of  the  fossil  Lepadidae.  1851.  pag.  15, 
T.   4,  F.   8  a  (Scutum),  b  (Tergum). 

B  o s q u e t  notice  sur  quelqies cirripedes  recemment  decouverts 
dans  le  terr.  cret.  du  duche  de  Limbourg.  1857.  pag.  17,  T.  2, 
F.   i  — 12;  T.  3,  F.  1,  2. 

Diese  Species  scheint  in  den  oberen  Kreidegebilden  weit  ver- 
breitet zu  sein.  Sie  ist  bisher  bekannt  aus  der  weissen  Kreide  von 
Galoppe,  Pesaken  zwischen  Benzenrathof  und  Keverbeghof  und 
von  Stenaken  im  Limburgischen,  von  Ciply  bei  Mons ,  von  Norwich 
in  England,  von  Baisberg  und  Köpinge  in  Schweden,  so  wie  im 
obern  Kreidemergel  von  Gehrden  bei  Hannover.  Bei  Nagorzani 
liegt  sie  ebenfalls  in  der  Mucronatenkreide  und,  nach  dem  mir 
vorliegenden  Materiale  zu  urtheilen,  ist  sie  die  häufigste  der  da- 
selbst vorkommenden  Species.  Ich  lasse  hier  eine  Beschreibung 
der  einzelnen  Klappen  folgen. 

Nebst  mehreren  Bruchstücken  habe  ich  drei  vollständige  Carinal- 
klappen   vor   mir  liegen   (T.  3,  F.  1,2).    Ihre   Dimensionen   sind: 

Nr.  1.  Höhe  7-75'",  grosste  Breite  3-1'" 
*     2.      „     90  „  ,      38 

„     3.      „     9'7  „  ,,      4*0. 

Ihre  Breite  verhält  sich  also  zur  Länge  im  Mittel  wie  1 :  2-431, 

während  die  von   Bosquet  abgebildeten   Exemplare   breiter  und 

bauchiger  sind  (1 :  1-9). 


t)    H  a  i  d  i  n  g  e  r's    gesammelte  naturwissenschaftliche  Abhandlungen.     III,    2.    S.  30, 
Taf.  10,  Fig.  20. 


Über  fossile  Lepadiden,  241 

Sie  sind  beinahe  gerade  oder  nur  sehr  wenig  nach  vorne 
gebogen,  verschmälern  sich  nach  oben  langsam  zur  stumpfen  Spitze 
und  haben  einen  gerundeten  Rücken  ohne  Spur  von  Längskante  oder 
Kiel,  so  dass  sie  halbkegelförmig  erscheinen.  Der  Basalrand  ist  in 
verschiedenem  Grade,  manchmal  nicht  unbedeutend  ausgeschnitten; 
die  Seitenränder  biegen  sich  schwach  nach  einwärts.  Über  die 
Oberfläche  laufen  mehr  weniger  nach  oben  gebogene  sehr  ungleiche 
Anwachsstreifen,  deren  einzelne  in  wechselnden  Abständen  als 
schwachkantige  Ringe  vorragen. 

Zwei  andere  der  vorliegenden  Klappen  (T.  3,  Fig.  3)  stimmen 
mit  der  von  Bosquet  (I.  c.  T.  2,  F.  5)  abgebildeten  und  für  das 
Rostrum  erklärten  Klappe  überein.  Bei  übrigens  vollkommener 
Ähnlichkeit  weichen  sie  in  der  Höhe  von  einander  sehr  ab,  denn  die 
erste  ist  53"  hoch,  d'l'"  breit,  die  zweite  80"   hoch,  36"  breit. 

Gleich  der  Carina  besitzen  sie  die  Gestalt  eines  halben  Kegels, 
krümmen  sich  aber  mit  der  Spitze  stark  rückwärts  und  sind  beson- 
ders im  untern  Theile  in  der  Medianlinie  etwas  winkelig.  Der 
Basalrand  ist  nicht  ausgeschweift;  daher  laufen  die  Wachsthums- 
streifen  gerade  über  den  Rücken  der  Klappe. 

Andere  in  Gesellschaft  der  vorigen  gefundene  Klappen  (T.  3, 
F.  4)  sind  kürzer,  an  der  Basis  breiter  (Höhe:  Breite  =  6*2" : 
3-6")  und  an  der  Spitze  ziemlich  stark  gebogen  oder  beinahe 
gerade  (Höhe:  Breite  =  6"':  4'").  Der  Basalrand  ist  beinahe  gerade 
und  über  die  Anwachsstreifen  von  der  früher  geschilderten  Beschaf- 
fenheit laufen  einzelne  schwache  Radialfurchen.  Sie  kommen  mit 
Ausnahme  der  viel  bedeutenderen  Grösse  mit  den  von  Bosquet 
als  subrostra  (I.  c.  T.  2,  F.  6)  und  subcarinae  (1.  c.  T.  2,  F.  4)  be- 
schriebenen Klappen  überein,  könnten  aber  auch  wohl  Rostralklappen 
sein,  da  Verschiedenheiten  im  Höhen-  und  Breitenverhältnisse  auch 
bei  den  Kielklappen  in  bedeutendem  Grade  sich  geltend  machen. 

Am  zahlreichsten  sind  die  von  mir  untersuchten Scuta  (Darwin, 
I.  c.  F.  8  a.  —  Bosquet,  I.  c.  T.  2,  F.  1  a,  b)  (T.  3,  F.  5,  6). 
Drei  vollständige  Exemplare  zeigen  eine  Höhe  von  6*9" — 7*4'",  an 
der  Basis  aber  ziemlich  übereinstimmend  eine  Breite  von  5'".  Sie 
sind  dreiseitig  mit  etwas  rückwärts  gegen  das  Tergum  gekrümmter 
Spitze.  Der  massig  bogenförmige  Schliessrand  stösst  mit  dem  fast 
geraden,  nur  vorne  etwas  eingebogenen  Basalrande  in  einem  Winkel 
zusammen,  der  wenig  kleiner  ist  als  90  .    Etwas  spitziger  ist  das 

Sitzt»,  d.  mathem.-naturw.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abth.  17 


242  R  e  ii  s  s. 

Eck,  welches  der  im  obern  Theile  eingebogene,  nur  im  untersten 
Drittheile  gerade  Tergolateralrand  mit  dem  Basalrande  bildet.  Von 
dem  nur  wenig  vorgezogenen  Basolateralwinkel  läuft  bis  zum  Scheitel 
ein  starker,  etwas  gebogener  Kiel,  neben  welchem  die  Schale  beider- 
seits eine  schwache  Wehenartige  Depression  zu  zeigen  pfleg».  Durch 
diesen  Kiel  wird  die  Aussenfläche  in  zwei,  unter  wenig  stumpfem 
Winkel  zusammenstossende  Felder  getheilt,  das  breitere  eigentliche 
Rückenfeld  und  das  stets  viel  schmälere,  steil  zum  Tergolateralrande 
abfallende  Seitenfeld,  dessen  Breite  aber  selbst  manchem  Wechsel 
unterworfen  ist.  An  Schalen,  wo  es  sich  breiter  ausdehnt,  zeigt  es 
in  der  Nähe  des  Tergalrandes  eine  deutliche,  vom  Scheitel  aus- 
gehende rinnenartige  Einsenkung. 

Über  die  Oberfläche  des  Scutum  laufen  in  regelmässigen 
Abständen  schmale,  ziemlich  scharfe  Querrippen,  deren  breitere  flache 
Zwischenrinnen  von  zarten,  denselben  parallelen  Linien  bedeckt 
sind.  Nachdem  sie  dem  Schliessrande  zunächst  eine  sehr  schwache 
Biegung  nach  oben  erlitten  haben ,  setzen  sie  ihren  dem  Basalrande 
parallelen  Lauf  quer  bis  zu  dem  Dorsalkiele  fort.  Auf  demselben 
biegen  sie  sich  nun  in  einem  etwas  stumpfen  Winkel  um  und  wenden 
sich,  näher  an  einander  tretend  und  an  Höhe  abnehmend,  schräge 
nach  oben  gegen  den  Tergalrand. 

Unter  den  zahlreichen  Klappen,  deren  Untersuchung  ich  vor- 
nahm, befand  sich  zwar  kein  Tergum;  die  Abbildung  bei  A  Ith  (I.  c. 
T.  10,  F.  20)  beweist  aber,  dass  auch  solche  Klappen  bereits  in  der 
Lemherger  Kreide  aufgefunden  worden  sind. 

Die  von  Bosquet  (I.  c.  T.  2,  F.  7)  dargestellten  oberen 
Lateralklappen  hat  Nagorzani  bisher  noch  nicht  geliefert;  dagegen 
sind  daselbst,  gleichwie  in  den  Maastrichter  Schichten,  zahlreiche 
kleine  Schalen  angetroffen  worden,  die  offenbar  dem  untern  Lateral- 
wirtel  angehören  und  mit  den  von  Bosquet  beschriebenen  Formen 
gut  übereinstimmen  (T.  3,  F.  12).  Sie  stellen  mehrere  differente 
Typen  dar.  Einzelne  (2-1"  hoch  und  an  der  Basis  eben  so  breit) 
kommen  mit  Bosquet's  T.  3,  F.  3  überein,  sind  mehr  weniger 
gerundet,  dreiseitig,  gewölbt,  mit  bogenförmigem  Basalrande,  eben 
solchen  Anwachsstreifen  und  mit  stumpfem,  nach  innen  gebogenem 
Scheitel. 

Aridere  entsprechen  der  Abbildung  Bosquet's,  T.  2,  F.  10 
(T.  3,  F.  13).    Sie  sind  im  Mittel  1-5"'  hoch,  bei  einer  Breite  von 


Über  fossile  Lepadiden.  *i+o 

1-6'",  etwas  schief-triangulär,  gewölbt  oder  selbst  etwas  winkelig, 
mit  bogenförmigem  Unterrande  und  davon  abhängiger  Anwachs- 
streifung  und  mit  stumpfer,  nur  wenig  gebogener  Spitze. 

Noch  andere  (T.  3,  F.  14,  15)  erinnern  an  Bosquet's  T.  2, 
F.  8.  Bei  2-5—3"  Höhe  besitzen  sie  eine  Breite  von  19—  2-0'", 
sind  mehr  weniger  eiförmig  oder  oval-dreiseitig  mit  abgerundeten 
Winkeln  und  sehr  stumpfem  Scheitel  und  nur  wenig  gewölbt..  Der 
untere  Band,  so  wie  die  Anwachsstreifung  bilden  einen  mehr  weniger 
starken,  nach  abwärts  gerichteten  Bogen.  Endlich  bemerkt  man 
noch  einzelne  schmälere  oder  breitere  Furchen,  die  vom  Scheitel 
ausstrahlen  und  Einbiegungen  des  Basalrandes  bewirken. 

2.  Pollicipes  Zeidleri  m.  (T.  2,  F.  15). 

Ich  gründe  diese  Species  auf  ein  vollständig  erhaltenes  Scutnm 
der  linken  Seite,  das  jenem  von  Mitella  Darwiniana  Bosq.  (Monogr. 
des  crust.  foss.  du  terr.  cret.  du  duche  de  Limhourg,  pag.  12, 
T.  1,  F.  8  «,  6)  sehr  ähnlich  ist,  aber  doch  in  mancher  Bezie- 
hung abweicht,  so  dass  ich  mich  nicht  entschliessen  kann,  es  damit 
zu  vereinigen,  um  so  weniger,  als  die  übrigen  Klappen,  welche  eine 
rechtsgiltige  Entscheidung  begründen  könnten,  bisher  fehlen. 

Das  vorliegende  Senium  ist  10'"  hoch  und  an  der  Basis  6-2'" 
breit,  verlängert  schiefdreiseitig ,  an  der  Basis  schief  abgestutzt,  an 
der  Spitze  massig  nach  hinten  gegen  das  Tergum  gebogen.  Der 
Schliessrand  ist  schwach  bogenförmig;  der  viel  kürzere  (nur  65'" 
lange)  Tergolateralrand  im  untern  Theile  fast  gerade,  im  obern 
ziemlich  stark  coneav.  Der  kurze  vordere  Theil  des  Basalrandes 
stösst  in  einem  90  nur  wenig  übersteigenden  Winkel  mit  dem 
Schliessrande  zusammen.  In  geringer  Entfernung  von  demselben 
bildet  er  eine  starke  Einbiegung  nach  oben  und  verläuft  dann  in  fast 
gerader,  nur  gegen  das  Ende  hin  etwas  geschwungener  Linie  nach 
hinten  und  oben ,  um  sich  unter  einem  ebenfalls  wenig  stumpfen 
Winkel  an  den  Tergolateralrand  anzuschliessen. 

Die  Aiissentläche  erhebt  sich  am  Schliessrande  in  eine  diesem 
folgende  ziemlich  breite,  flache,  nach  hinten  abschüssige  Wulst, 
die  durch  eine  vum  Wirbel  in  beinahe  paralleler  Bichtung  herablau- 
fende tiefe  Binne  begrenzt  wird,  aus  welcher  die  Schale  in  schräger 
Bichtung  emporsteigt,  um  beinahe  in  gleichem  Niveau  mit  der  vor- 
erwähnten Wulst  eine  deutliche  Kante  zu  bilden,  von  welcher  die 
Oberfläche  der  Klappe   sich  sodann   in  geringer  Wölbung   bis    zum 

17  9 


244  Reu  ss. 

Tergolateralrande   senkt.    Der  beschriebenen    Rinne   enlspricht  die 
vorerwähnte  starke  Einbiegung  des  ßasalrandes. 

Über  die  Oberfläche  der  Schale  verlaufen,  den  Unebenheiten 
derselben  folgend,  schmale,  aber  scharfe  Querfalten,  deren  viel 
breitere  Zwischenrinnen  in  gleicher  Richtung  fein  linirt  sind.  Beide 
senken  sich  von  dem  Randwulst  zuerst  schräg  hinab  in  die  dahinter 
befindliche  Rinne,  um  auf  der  Hinterwand  derselben  wieder  schräg 
aufzusteigen  und  dann  von  der  Randkante  dem  Basalrande  parallel 
sich  dem  Tergolateralrande  zuzuwenden. 

Die  Beschaffenheit  der  Innenseite  der  Klappe  kann  nicht  ange- 
geben werden,  da  sie  auf  dem  Gesteine  aufliegt  und  ohne  Zerstö- 
rung der  calcinirten  Schale  nicht  losgelöst  werden  kann.  Mau  kann 
jedoch  schon  von  aussen  wahrnehmen,  dass  der  innere  glatte  Theil 
des  Schliessrandes  sich  am  untern  Ende  in  einen  die  äusseren 
Schalenschichten  überragenden  vierseitigen  Zahn  verlängert,  wie 
ihn  Bosqu  et  auch  bei  Mitelia  Darwiniana  beschreibt  und  abbildet. 

Ich  habe  die  in  Rede  stehende  Species  zu  Ehren  des  Herrn 
Abtes  am  Strahow  in  Prag,  Freiherrn  v.  Zeidler,  dem  das 
k.  k.  Hof-Mineralien-Cabinet  die  beschriebenen  Fossilreste  verdankt, 
benannt. 

3.  Pollicipes  glaber  Rom.  Diese  Species,  wohl  die  verbreitetste 
und  häufigste  aller  Pollicipes-Arten,  ist  bisher  schon  aus  der  Senon- 
kreide  des  Herzogthums  Limburg  und  Belgiens,  Englands,  Schwe- 
dens, Westphalens,  Hannovers,  so  wie  aus  dem  Pläner  Böhmens  und 
Sachsens  bekannt.  Sie  findet  sich  auch  in  denMucronatenmergeln  der 
Umgebung  von  Lemberg  in  Galizien  ,  obwohl  sie  dort  seltener  zu 
sein  scheint,  als  P.  fallax  Darw.  Von  Nagorzani  befinden  sich  im 
k.  k.  Hof-Mineralien-Cabinete  mehrere  Scula  und  Terga. 

Ein  Tergum,  das  vollkommen  mit  der  Abbildung  bei  Darwin 
(T.  2,  F.  10  e)  übereinstimmt,  zeichnet  sich  durch  seine  Grösse 
aus,  indem  es  bei  einer  grösslen  Breite  von  9",  die  es  heiläufig  in 
der  Mitte  seiner  Höhe  darbietet,  eine  Höhe  von  12"  erreicht 
(T.  3  ,  F.  19).  Ein  anderes  nicht  ganz  vollständiges  Exemplar 
mag  kaum  8"'  in  der  Höhe  messen.  Auch  ein  Tergum  von  7-2 " 
Höhe  kömmt  in  seinen  Merkmalen  mit  den  englischen  und  böhmi- 
schen Exemplaren  vollkommen  überein.  Eine  andere  fragmentäre 
Schale  dürfte  bedeutend  grösser  gewesen  sein. 


Über  fossile  Lepadiden.  245 

Die  Carina  und  die  übrigen  Klappen  habe  ich  bisher  von  Na- 
gorzani  nicht  zu  sehen  Gelegenheit  gehabt. 


Erklärung  der  Abbildungen. 

Tafel  I. 

Fig.  1.  Sealpellum  robusfum  Rss.  Carinalklappe  aus  dem  Mitteloligocän  von 
Söllingen.  a  seitliche,  b  Rückenansicht,  c  innere  Ansicht;  d  Querschnitt. 
Vergrössert. 

»  2 — 4.  Dasselbe,  ebendaher.  Vergrösserte  Seitenansichten  von  Carinal- 
klappen. 

„  5.  Dasselbe,  ebendaher.  Tergalklappe,  in  natürlicher  Grösse,  a  äussere, 
b  innere  Ansicht. 

„  6.  Dasselbe,  ebendaher.  Äussere  Ansicht  einer  Tergalklappe.  a  in  natür- 
licher Grösse;  b  vergrössert. 

„  7.  Dasselbe,  ebendaher.  Äussere  Ansicht  einer  Scutalklappe,  in  natürlicher 
Grösse. 

„  8.  Dasselbe,  ebendaher.  Scutalklappe.  a  äussere  vergrösserte  Ansicht, 
b  äussere,  c  innere  Ansicht,  in  natürlicher  Grösse. 

„  9.  Carinalseitenklappe  derselben  Species  von  demselben  Fundorte. 
a  äussere  Ansicht,  in  natürlicher  Grösse;  b  vergrössert;  c  innere 
vergrösserte  Ansicht;  d  seitliche  vergrösserte  Ansicht. 

„  10.  Carinalseitenklappe  derselben  Species,  ebendaher,  in  natürlicher 
Grösse,  a  von  aussen,  b  von  innen  gesehen. 

„  it.  Poecilasma?  dubia  Rss.  Carinalklappe  von  Söllingen.  Äussere 
Ansicht,  a  in  natürlicher  Grösse;  b  vergrössert. 

Tafel  II. 

Fig.  1.  Poecilasma?  dubia  Rss.  Carinalklappe  von  Söllingen.  a  vergrösserte 
innere  Ansicht;  b  Seitenansicht,  in  natürlicher  Grösse. 

„  2.  Poliicipes  interstriatus  Rss.  Scutum  von  Söllingen.  a  äussere  Ansicht, 
in  natürlicher  Grösse;  b  dieselbe  vergrössert;  c  innere  vergrösserte 
Ansicht. 

„  3.  Poliicipes  decussatus  Rss.  aus  den  Miocänschichten  von  Niederleis. 
Scutum.  a  äussere  Ansicht,  in  natürlicher  Grösse;  b  dieselbe  vergrös- 
sert; c  innere  vergrösserte  Ansicht. 

„  4.  Poliicipes  undulatus  Rss.  Scutum  von  Niederleis.  a  äussere  Ansicht, 
in  natürlicher  Grösse;  b  dieselbe  vergrössert ;  c  ein  Theil  der  äusseren 
Oberfläche  stärker  vergrössert;  d  vergrösserte  innere  Ansicht. 

„  5.  Sealpellum  magna m  Wood  von  Salles  bei  Bordeaux.  Fragmentäre 
Carina  vergrössert.  a  seitliche,  b  Rückenansicht;  c  ein  Theil  der 
letzteren  stärker  vergrössert;  d  Querschnitt. 


24:6  R  e  u  s  s,   Über  fossile  Lepadiden. 

Fig.  6.    Dasselbe  ,  ebendaher.  Vergrösserte  Seitenansicht  einer  Carinalklappe. 
„     7.    Dasselbe.  Vergrösserte  Ansicht  eines  Scutums.  «von  aussen,  b  von 

innen. 
„     8.    Dasselbe.  Äussere  Ansicht  einer  Tergalklappe,  in  natürlicher  Grösse. 
„     9 — 11.   Obere  Lateralklappen    derselben  Species.    Äussere  vergrösserte 

Ansichten. 
„    12.    Poecilasma?   miocaenica  Rss.   Scutum    von   Podjarkow  in    Galizien. 

Äussere  Ansicht,  a  in  natürlicher  Grösse,  b  vergrössert. 
„  13.    Pollicipes  eonicus  Rss.  aus  dem  böhmischen  Pläner,  Carina.  a  Rücken-, 

b  Seitenansicht;  c  Querschnitt,  sämmtlich  vergrössert. 
„  14.    Scalpellum   quadricarinatum   Rss.  Rruchstück   der  Carina   aus   dem 

Pläner  von  Weisskirchlitz  in  Böhmen.  Vergrösserte  Seitenansicht. 
„  15.    Pollicipes  Zeidlevi  Rss.    Äussere  vergrösserte  Ansicht  eines  Scutum 

von  Nagorzani. 
„   16.    Äussere  vergrösserte  Ansicht  des  Scutum  eines  Pollicipes  (?  Bronni) 

aus  dem  Pläner  von  Hundorf  in  Böhmen. 

Tafel  III. 

Fig.  1.    Pollicipes  fallax  Darw.   Carina  von  Nagorzani,  vergrössert.  «  Rücken-, 

b  Seitenansicht. 
„     2.    Carina   derselben   Species,   ebendaher.«    Rücken-,  b  Seitenansicht, 

beide  in  natürlicher  Grösse;  c  ein  Stück  des  Rückens  vergrössert. 
„     3.    Rostralklappe   derselben  Species ,   ebendaher,  in  natürlicher  Grösse. 

a  Rücken-,  b  Seitenansicht. 
„     4.    Subrostralklappe?  derselben  Species,  ebendaher,  in  natürlicher  Grösse. 

«  Rücken-,  b  Seitenansicht. 
„     5,  6.  Scutalklappen  derselben  Species,  ebendaher,  a  vergrösserte  äussere 

Ansichten;  b  ein  Stück  der  Oberfläche  stärker,  vergrössert. 
„     7.    Pollicipes  glaber  Rom.  Aus  dem  Pläner  von  Bilin.  Vergrösserte  Ansich- 
ten der  Carinalklappe.  «  Rücken-,  b  seitliche  Ansicht. 
„     8.    Tergalklappe  derselben  Species  aus  dem  Pläner  von  Weisskirchlitz. 

Äussere  Ansicht,  in  natürlicher  Grösse. 
„      9.    Scutalklappe  derselben  Species  aus  dem  Pläner  von  Bilin.  Vergrösserte 

äussere  Ansicht. 
„    10.    Rostralklappen  derselben  Species  aus  dem  Pläner  von  Weisskirchlitz. 

Vergrösserte  äussere  Ansicht. 
„   11.    Obere    Lateralklappe    derselben    Species,    ebendaher.     Vergrösserte 

äussere  Ansicht. 
„  12— 15.  Pollicipes  fallax  D  a r  w.   von   Nagorzani.    Untere   Lateralklappen. 

Vergrösserte  äussere  Ansichten. 
„   16,  17.  Pollicipes  glaber  Rom.   aus  dem  Pläner  von  Weisskirchlitz.  Untere 

Rostrolateralklappen.    Vergrösserte  äussere  Ansichten. 
„   18.    Tergum  derselben  Species  aus  dem  Pläner  von  Weisskirchlitz.   Äussere 

Ansicht,  in  natürlicher  Grösse. 
„  19.    Tergum  derselben  Species  aus  den  Mucronatenmergeln  von  Nagorzani. 

Äussere  Ansicht,  in  natürlicher  Grösse. 


Reiil's.   Fossile  Lepadiden. 


Tafl. 


I  mayer  gez,.Ti.litk.al¥at. 


ff 

•     -      .:  -  t,atelri£cferei. 


/_  •♦.  Sh&lpellutn  rof>n.vftini7?/.r.(fhri'ntt).    -j ,  o\   Fdem  (Tergum) 

/,  ^.    If/f///.  (A'r//fr///t  J.     &/    T0.    /r/r///     (Väloa  -  fr/r/r/o  _  /// fr/-/i / /.\) . 
//.  Poecilasrnct   //////i'/i    /' /.'v. 


Sitrangsb.  (I.  k.Akad.d/W.  matli. aatunr.  CL  XLIX.  BcLi:Abth..l86*. 


Ficul'.s'     Fossile  Lepadiden 


TafJH 


.     i  uLHat 


.     i 


/  Poecilasm-a  dubia  /?A:   ?.  Pollicipes  ////iy.i//w//Ai7//i:  . >'.  /'  eleciiwa ///.;■////: 

^.  P  i///r//'//rff/.r  ///■!■.         .y_    //.    ScalpeZlicm      ///*//■////////      Wood. 

72.   Poecilcurma    /  miocaeni&a      ///■):        /■';'.   Pollici&ej:    conicu^  /'/■>: 

/-//.  A'rr/ ///!■/ //////     ////t//-//-ir///-///r///////    /f/,i:      /.}.   Polllct/oe&  ,', r/W/r//'  ///.'f. 

/6'.  Pü///' er/ /<•.!■    i//. 

S'ity.imuvlul  k.Akad  ..l.W.iiii.tli.ii.-itiinv.Cl.  XLIXBd.l.ÄbthA864:. 


Iumi  In     Fossile    Lepadiien 


Taf. 


/    6,  l.'i    />,    l'vllui/tts    lallu.r    Danw 
/    //,  (6    19,     /'     glaber      Hörn   . 

Sil'/,iHi:-sli  ,1  k  Akad  d  W.  malli.  n « :w   CI     XLIX.Bd.J  AMli.  IXIi  i 


247 


VI.   SITZUNG  VOM  25.  FEBRUAR  1804- 


Herr  Prof.  Dr.  A.  v.  Wal  ten  ho fen  in  Innsbruck,  übersendet 
eine  Abhandlung:  „Beobachtungen  über  die  Polarisation  constanter 
Ketten  und  deren  Einfluss  bei  Spannungsbestimmungen  nach  der 
Compensationsmethode". 

Herr  Prof.  Dr.  A.  Weiss  in  Leinberg,  übermittelt  eine  Abhand- 
lung, betitelt:  „Untersuchungen  über  die  Entwicklungsgeschichte 
des  Farbstoffes  in  Pflanzenzellen". 

Herr  Dr.  A.  Boiie  liest:  „über  die  Geogenie  der  Mandel-, 
Blatter-  und  Puddingsteine". 

Herr  Hofiath  Prof.  J.  Hyrtl  legt  eine  Abhandlung  „über 
Wirbelassimilation  bei  Amphibien"  vor. 

Herr  Dr.  L.  Thiry  spricht  „über  eine  neue  Methode,  den 
Dünndarm  zu  isoliren". 

Herr  F.  Unferdinger  überreicht  eine  Abhandlung,  betitelt: 
„Vergleichung  der  Pendellormel  mit  den  Beobachtungen". 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 

Astronomische  Nachrichten.  Nr.  1463  —  1464.  Altona, 
1864;  4o- 

Comptes  rendus  des  seances  de  l'Academie  des  Sciences.  Tome 
LVIII.  No.  5  —  6.  Paris,  1864;  4° 

Cosmos.  XIII9  Annee,  24e  Volume,    8e  Livraison.  Paris,  1864;  8°- 

Dana,  James  D.  1.  The  Classification  of  Animals  on  the  Principle 
of  Cephalization.  2.  On  fossil  Insects  from  the  carboniferous 
Formation  in  Illinois.  (From  the  American  Journal  of  Sc. 
&  Arts.  Vol.  XXXVII.)  8°- 

Gewerbe-Verein,  nieder-österr. :  Verhandlungen  und  Mitthei- 
lungen. Jahrgang  1864,  1.  Heft.  Wien;  8°- 

Land-  und  forstwirtschaftliche  Zeitung.  XIV.  Jahrgang,  Nr.  6. 
Wien,  1864;  4«- 

Mittheilungen  des  k.  k.  Genie-Comite.  Jahrg.  1863.  VIII.  Band, 
4.  Heft;  Jahrg.  1864.  IX.  Bd.  1.  Heft.  Wien,  1863  &  1864;  8«- 


248 

Mondes.  2e  Annee,  Tome  III.,  T  Livraison.  Paris,  Tournai,  Leip- 
zig, 1864;  8o- 

Moniteur   scientifique.    172e   Livraison.    Tome  VI%   Annee  1864. 
Paris;  4<>- 

Reader,  The.  Nr.  60,  Vol.  III.  London,  1864;  Fol. 

Reichsanstalt,    k.  k.    geologische:   Jahrbuch.    1863.    XIII.    Bd. 
Nr.  4.  October,  November,  December.  Wien;  kl.  4°- 

Wiener    medizinische    Wochenschrift.     XIV.     Jahrgang,    Nr.    8. 
Wien,  1864;  4<>- 

Wochen-Blatt  der  k.  k.  steierm.  Landwirthschafts-Gesellschaft'. 
XIII.  Jahrg.  Nr.  8.  Grafz,  1864;  4<>- 

Zeitschrift   für   Chemie   und  Pharmacie   von  E.  Erlenmeyer. 
VII.  Jahrg.  Heft  3.  Heidelberg,  1864;  8°- 
—   des  österr.  Ingenieur-Vereines.    XV.  Jahrg.    12.  Heft,  Wien, 
1863;  4o- 


249 


Über  die  Geogenie  der  Mandel-,  Blatter-  oder  Sehaalsteine,  der 

Variolithen,  der  Serpentine  und  der  kieseligen  Puddingsteine. 

Von  dem  w.  M.  Dr.  A.  Boiie. 

Voriges  Jahr  hat  die  Ciasse  eine  Abhandlung  über  einige  dieser 
Fragen  gedruckt,  in  welcher  ich  leider  Behauptungen  bemerkte, 
welche  mir  nicht  in  der  Natur  gegründet  erscheinen. 

Die  Akademie  überlässt  wohl  den  einzelnen  Gelehrten  die 
Verantwortlichkeit  ihrer  Meinung,  demungeachtet  könnten  gewich- 
tige Fachmänner  sich  wundern,  dass  Niemand  in  Wien  sich  getraut 
hätte,  gegen  solche  aphoristisch  hingeworfene  Meinungen  Ein- 
sprache zu  erheben. 

„Die  Hohlräume  der  alten  Laven  sollen  nur  selten  etwas 
regelmässig  gestaltet  und  selten  besonders  vollständig  rund  sein 
(siehe  Sitzber.  Bd.  17,  S.  104).  Nie  kommen  kugelrunde  Bäume 
neben  solchen  vor,  welche  bei  gleicher  Grösse  nach  verschiedenen 
Richtungen  verästelt  sind.  Zwei  Blasen  eines  porösen  Mandelsteines 
sind  nie  durch  eine  Wand  von  der  Dicke  eines  Menschenhaares 
getrennt  (S.  111),  und  was  noch  wichtiger  dem  Verfasser  scheint, 
nie  kommt  eine  Vereinigung  von  zwei  neben  einander  liegenden 
Blasen  vor  (S.  111).  Möglich,  dass  dieses  der  Fall  in  der  durch 
den  Herrn  Verfasser  fleissig  durchmusterten  schönen  Sammlung 
des  k.  k.  Mineralien-Cabinets  ist,  aber  die  Geologie  und  Geogenie 
lernen  sich  nicht  wie  die  krystallographische  und  chemische  Mine- 
ralogie im  Studirzimmer,  sondern  in  der  freien  Natur  und  da 
würde  man  bald,  denke  ich,  die  zu  straffe  Begrenzung  der  Mög- 
lichkeiten und  Zufälligkeiten  erkennen  müssen.  Wir  brauchen  nur 
auf  den  Vesuv,  die  Auvergne  und  Island  u.  s.  w.  zu  verweisen. 
Die  Form  der  Lavalöcher  hängt  ebensowohl  von  der  Art  der 
Bildung  und  leichten  oder  schweren  Entweichung  der  Gasarten,  als 
von  der  Ablagerungsweise  jener  feurigen  Massen  ab.  Wenn  der 
Druck  gering  und  viel  Gas  vorhanden  war,  so  sind  die  Hohlräume 
grösser  und  von  verschiedenartiger  Structur;  stellen  sich  die 
entgegengesetzten  Umstände  ein,  wie  z.B.  ziemlich  oft  in  Lavagängen, 
so  gibt  es  eher  viele  rundliche  als  eckige  Räume.    Wenn  die  Gase 


250  Rone. 

der  Feuerproducte  nur  dem  Luftdrucke  ausgesetzt  sind,  ihre  Hülle 
feldspathisch  und  letztere  in  der  Luft  sehr  zerstückelt  geschleudert 
werden,  so  entstehen  die  länglichen  Räume  und  das  Faserige  der 
Bimssteine,  aber  Schlacken  schwerer  Gattung  mit  Augit,  Eisen  u.  s.  w. 
zeigen  ebensowohl  runde  als  eckige  Löcher.  Für  die  geringste 
Dicke  der  Wände  der  Lava  mögen  manche  oft  so  leichte,  mit  so 
vielen  kugelrunden  Räumen  versehene  vulcanische  Schlacken  bür- 
gen, welche  mit  Bimssteinen  selbst  von  Island  bis  nach  Schott- 
land über's  Meer  wandern  und  über  die  als  unmöglich  gehal- 
tene Vereinigung  zweier  Lava  oder  Basaltblasem  finden  wir  in 
den  schönen  Basaltdrüsen  des  Riesendammes  Irlands  die  unstreit- 
barsten Widerlegungsbeweise. 

Die  Verwitterung  der  Kiystalle  und  besonders  der  Zwillinge 
oder  des  Zusammengesetzten  aus  der  Reihe  der  Feldspathe,  Augite, 
Hornblende  u.  s.  w.  gibt  unter  gewissen  Umständen  Anlass  zur 
Bildung  von  rundeckigen  und  selbst  ganz  sphäroidischen  Concre- 
tionen,  wie  der  Herr  Verfasser  es  sehr  gut  darstellt  (S.  106)  und 
wie  es  z.  B.  gewisse  Kaolin-,  Steatit-  oder  Speckstein-Concretionen 
im  Thonstein  und  in  Thonerzlagen  darthun.  Aber  diese  Gattung 
Felsarten  galten  nie  als  wahre  Mandelsteine,  sondern  nur  als  Por- 
phyre mit  mandelsteinartigenTh  eilen,  und  darum  glaube 
ich  es  nicht  erlaubt,  wenigstens  diese  Bildungsart  als  charakte- 
ristisch für  die  meisten  dunkelgrauen,  braunröthlichen  oder  rothen 
Mandelsteine  (Toadstone  der  Englander)  anzunehmen.  Nach  den 
Deductionsregeln  ist  es  höchst  wahrscheinlich,  dass  selbst  diese 
mandelsteinartigen  Abteilungen  der  Porphyre  oder  Felsenmassen 
nur  solche  vorstellen,  welche  in  der  ersten  Zeit  ihrer  Bildung  durch 
Gasentwickelungen  etwas  poröser  als  die  übrigen  waren. 

Die  wahrenMandelsteine  sollen  nach  V  olger  (Stud.  z.  Ent- 
wicklungsgesetz der  Mineral.  1854,  S.  533)  und  dem  Herrn  Verfasser 
wahre  umgestaltete  Conglomera te  sein,  wieder  Hereforter  kiese- 
lige Puddingstein  (S.  112),  eine  sonderbare,  aber  gerade  für  unsere 
plutonische  Meinung  ziemlich  wichtige  Annahme. 

Die  Mandelsteine  sind  ja.  nach  dem  Ausspruche  aller  compe- 
tentesten  Männer  in  der  Kenntniss  der  Vulcane  und  der  plutonischen 
Gebiete,  nichts  anderes  als  Schlacken  oder  sehr  poröse  Massen- 
anhäiifungen,  welche  meistens  oben  auf  den  alten  Lavaausbrüchen, 
aber  auch  unter  diesen  zu  liegen  kommen  und  welche  dann  durch 


Über  die  Geogenie  der  Mandel-,  Blatter-  oder  Schaalsteine,  der  Variolithen  etc.     451 

verschiedene   chemische  Verwitterungen    und    später  Ausfüllungen 
in  Mandelsteine  umgewandelt  wurden. 

Die  meisten  Theoretiker  sahen  in  der  Ausfüllung  der  vollen  oder 
nur  theilweise  gefüllten  Mandel  ein  Werk  wässeriger  Infiltrationen, 
mittelst  Thermal- und  Tagewässer  (siehe  Soret  überWasser  in  Basalten 
N.  Bull.  Soc.  philom.  P.  1825,  S.  124),  welche  besonders  Kiesel  und 
noch  andere  chemische  Elemente  mit  sich  führten,  so  wie  aus  den 
verwitterten  Felsen  aufnahmen,  so  dass  ebensowohl  die  verschieden- 
artigsten Agathen  als  Kalkspath  und  Zeolithenbildung  daraus  entstan- 
den. Man  hat  sich  Mühe  gegeben,  die  gewöhnlichste  Folge  der  Bildung 
dieser  sehr  verschiedenartigen  Mineralien  zu  erkennen.  In  den  Drusen 
der  Mandel  zeigen  sie  mehrere  Formen,  welche  an  die  Stalak- 
titen- und  Tropfsteinhildung  überhaupt  erinnern  (siehe  Del  esse, 
Ann.  d.  Miner.  1850,  Bd.  16,  S.  527).  Doch  gibt  es  auch  einige 
Geologen,  wie  Fourne  t,  welche  keineswegs  eine  Infiltration  zugehen 
wollen,  sondern  sich  die  Bildung  der  Mandel  durch  kieselhaltige 
warme  Wasserdämpfe  vorstellen  (Bull.  Soc.  geol.  Fr.  1849,  N.  F. 
Bd.  6,  S.  510—513  und  auch  Coquand,  Mem.  Soc.  geol.  Fr.  1850, 
Bd.  3,  S.  360  —  361).  Wir  möchten  glauben,  dass,  obgleich  die 
erstere  Meinung  die  Bildung  sehr  vieler,  vielleicht  selbst  der 
meisten  Mandel  erklärt,  die  Möglichkeit  der  letzteren  Theorie  nicht 
ganz  ausgeschlossen  bleibt,  was  selbst  für  einzelne  Fälle  die  allein 
richtige  sein  könnte.  Das  seltenere  Vorkommen  von  gediegenem  und 
rothein  Kupfererz  (besonders  am  oberen  See  in  Nordamerika)  und 
von  gediegenem  Blei  zwischen  Wikerode  und  Gross-Almerode  (Moll's 
Jahrb.  d.  Berg-  und  Hültenk.  1801,  Bd.  5,  S.  434)  geben  keinen 
Anhalt  weder  für  die  eine  noch  für  die  andere  Hypothese,  obgleich 
man  die  metallischen  Sublimationen  (Eisenglimmer,  gediegenes  Kupfer 
u.  s.  w.)  in  Laven  in  Erinnerung  bringen  könnte. 

Wenn  andererseits  Fournet's  Theorie  meistentheils  die  rich- 
tige wäre,  so  müsste  man  sich  wundern,  so  selten  Mandelstein- 
und  besonders  Achatenbildung  in  jüngeren  plutonischen  Gebilden 
zu  finden.  So  z.  B.  bemerkt  man  in  der  Auvergne  Mandelsteine 
mit  kohlensauren  Kalk-Infiltrationen  und  Mandel-Ausfüllungen  nur 
in  der  Limagne  oder  in  dem  tiefer  gelegenen  Lande,  welches 
noch  unter  Wasser  stand,  als  jene  Vulcane  in  Thätigkeit  waren. 
Hingegen  in  höher  gelegenen  Gegenden,  wie  z.  B.  zwischen 
Clermont  und   Montdore  und  anderswo,  beobachtete  ich  nur  selten 


252 


B  o  u  e. 


einige  kleine  Ablagerungen  des  kohlensauren  Kalkes  in  den  sehr 
porösen  älteren  Basaltlaven;  in  jüngeren  noch  starr  und  wild,  wie 
aus  dem  Krater  geflossen  (Volvic),  aber  nie  etwas  Ähnliches. 

Dass    man    die   Gänge    der    Infiltration    nie   sieht,    ist 
auch  ein  Irrthum ,  besonders  wenn  man   mit  den  dichten ,  gewöhn- 
lich  ziemlich   zeulitharmen  Mandelsteinen  die   Zeolith- Basalte  des 
irischen    Riesendammes    vermengt   (S.    111).    Für  letztere    kann 
ich    gutstehen,    dass  jeder  Mensch   diesen  Umstand  daselbst  aufs 
Deutlichste  bemerken   kann.    Diese  Zeolithen-Infiltration   erstreckt 
sich  selbst  bis  in  die  Spalten  des   unten    liegenden  Kreidekalkes. 
Für  jede  Mandel  und  selbst  für  jeden  Mandelsteinfels  dielnfiltrations- 
canäle  als  sichtbare  Gegenstände  zu  fordern,  scheint  mir  überflüssig, 
da    es   viele   Nebenumstände   gibt,    welche    die   Zustopfung  jener 
Leitungswege    später    oder    sogleich    bedingen    mussten.     Daher 
stammen  auch  die  mikroskopischen  Structuren  jener  verwitterten  und 
später  bedeutend  modificirten  Gesteine  her,   wie   sie   durch   Herrn 
Zirkel's  Zeichnungen  und  Beschreibungen  uns  vorgeführt  wurden. 
Ich    habe  selbst    Zeolith-    (Stilbit?)   Drusen,   obwohl    selten, 
im    Trachyte    der    Bergspitzen    des    Cautal    gefunden   und   zweifle 
kaum  an  der  grössern  Wahrscheinlichkeit  dieser  winzigen  Mineral- 
bildung durch  die  kohlensäurehaltigen  Tagewässer-  Infiltration  als  an 
ihrem   Erstehen   auf  feurigem   oder   gasartigem    Wege.    Doch   die 
Infiltrationscauäle  blieben  mir  nicht  wahrnehmbar.    Dasselbe  würde 
man  wahrscheinlich  auch   für   den  selten   im   Granite    befindlichen 
Stilbit  (Essai  l'Ecosse,  S.  19)  vermuthen  können. 

Die  sogenannten  grünen,  grauen  und  röthlichen  Wacken 
haben  eigentlich  die  grösste  Ähnlichkeit  mit  der  Grundmasse  der 
Mandelsteine,  namentlich  eine  thonartige  Verwitterung  und  Zer- 
setzung, besonders  des  Feldspaths,  der  Augite  und  manchmal  des  Olivin, 
hie  und  da  mit  einigen  Kalkspath-Trümmern.  Da  aber  die  Mandel 
oder  gefüllten  Räume  fehlen  und  die  Wacken  ebensowohl  in  Gängen 
(Joachimsthal,  Werner  Ciell's  Chem.  Ann.  1789,  S.  134)  als  in 
den  deutlichsten  Lagern  in  älteren  Steinkohlen  —  Sandsteinen  (Calton 
hill,  Edinburgh)  oder  hie  und  da  unter  jüngeren  Basalten  (Schei- 
beuberg  in  Sachsen.  Werner,  Bergmann.  J.  1788,  Bd.  2,  Nr.  9, 
S.  845  —  907,  Puy  Marmant,  Auvergne)  bekannt  sind,  so  würde 
man  in  dem  Lagerartigen  wenigstens  vielleicht  nur  vulcanische 
Aschenausbrüche   oder  selbst  Schlammausbrüche  im  Wasser  sehen 


Ober  die  Geopenie  der  Mandel-, ßlntter-  oder  Sehaalsteine,  der  Variolithen  etc.     £  5  3 

sollen.  Herr  Schafhäutl  hat  uns  eine  neptunische  Wacke  mit 
Quarz,  Turmalin,  Dichroit,  Rothkupfererz  u.  s.  w.  in  den  Berner 
Alpen  beschrieben  (München,  gel.  Anzeige  1849,  Nr.  1822,  S.  417, 
N.  Jahrb.  f.  Miner.  1850,  S.  67),  welche  hierher  nicht  gehören  kann. 

Die  Blatter- oder  Schaalsteine  scheinen  ein  Mittelding 
zwischen  den  Mandelsteinen  und  gewissen,  durch  Metamorphismus 
veränderten  Schiefern  und  Kalkgesteinen  zu  sein.  Unter  letzteren 
erstlich  gesagt,  rechne  ich  die  halb  krystallinischen  dichten  Kalke 
mit  Albit-Krystallen  (Joch  des  Bonhommeberges,  Savoyen);  die 
mit  Serpentin,  Steatit,  Glimmer,  Talk,  Granat,  Idokras,  Augit, 
Tyrit,  Eisenoxydulen,  Kupferkies  u.  s.  w.  geschwängerten  Kalk- 
felsen; dann  die  sogenannten  Fleckenschiefer,  einige  Frucht- 
schiefer; die  Schörl,  Chiastolith,  Dipyr,  Couzeranit  und  seltener 
Diallagon?  (Othre)  führenden  Schiefer;  die  mit  krystallisirlem  FeM- 
spath,  Hornblende  oder  Actinot,  Grenatit ,  Magnet-Eisenstein, 
Eisen-  und  Kupferkies  versehenen  Schiefer  oder  selbst  nur  Sand- 
steine (Taviglianer  Sandsleine);  gewisse  unreine  Glimmerschiefer, 
mit  oder  ohne  Granat  oder  Schörl,  die  Hornfelsarlen  sammt  gewissen 
dichten  feldspathreichen  Gneissen.  Letztere  Gesteine  unterschieden 
sich  ganz  gut  ebensowohl  vom  rothen  als  vom  grauen  Gneiss  (siehe 
Scheerer,  Abh.  in  berg-  und  hüttenmänn.  etc.  1861,  S.  181).  Für 
uns  beruht  noch  immer  dieser  letztere  wichtige  Unterschied  auf  einem 
mehr  oder  minder   fortgeschrittenen    allgemeinen  Metamorphismus. 

Wenn  die  Mandelsteine  ganze  Lager  oder  Stöcke  oder  selbst 
Gänge  und  Theile  von  letzteren  ausmachen,  so  haben  die  Schaal- 
steine keine  so  einfache  Lagerung  und  selbst  keine  so  gleichartige 
Zusammensetzung.  Es  gibt  einige  Schaalsteine,  namentlich  bei  wel- 
chen die  Brecciennatur  die  herrschende  ist  und  die  Gänge  und 
Theile  von  diesen  meistens  bilden.  Andere  sind  nur  die  oberen  oder 
unteren  Theile  von  Trappgängen. 

Wenn  die  Mandelsteine  augitisch  veränderte  schlackenartige 
Massen  im  altern  Paläozoischen,  in  den  älteren  Steinkohlen,  in  dem 
unteren  oder  oberen  Flötzgebiete,  sowie  selbst  im  Tertiären  sind,  so 
scheinen  die  bekanntesten  Schaalsteine  (Harz,  Dillenburg,  Fichtel- 
gebirge) meistens  nur  horublendeführende  metamorphische  Contact- 
bildungen  in  schiefrigen  älteren  Gebilden  zu  sein.  Wegen  diesem 
letzteren  Umstände  haben  die  meisten  eine  blättrige  Slructur, 
gehen    hie    und    da    in    Thonschiefer    oder   gewöhnliche    Schiefer 


254  ßone. 

über  (S.  114)  und  sind  in  innigster  Verbindung  mit  Eisensteinlagern 
und  Nestern.  Unter  dem  Namen  eines  Mandelsteines  hat  uns  Dufrenoy 
in  der  Nachbarschaft  von  Paimpol  in  der  Bretagne  einen  silurischen 
Schiefer  beschrieben,  welcher  nach  ihm  durch  Porphyre  in  jenes 
Gestein  umgewandelt  worden  wäre  (Ann.  des  Mines.  1838,  3.  R., 
Bd.  14,  S.  362—364,  376  u.  392;  Explicat.  de  la  Carte  geol.  de  Fr. 
1841,  Bd.  1,  S.  95).  Wenn  hier  kein  Schaalstein  gemeint  ist,  so 
wäre  es  ein  Beispiel  von  Mandelsteinbildung  durch  Metamorphis- 
mus (siehe  also  Bozet  für  Localitäten  im  Beaugolais  Bull.  Soc. 
geol.  Fr.  1840,  Bd.  12,  S.  154). 

In  den  Schaalsteinen  sind  die  Verwitterung,  die  Infiltration 
und  der  Spielraum  der  chemischen  Affinitäten  wieder  die  Haupt- 
factoren,  welche  das  Gestein  ebensowohl  umwandelten,  als  ihre 
hohlen,  mit  Gas  gefüllten  Bäume  in  Mandeln  verwandelten.  Doch 
sind  letztere  weder  so  zahlreich  und  vorzüglich,  noch  so  rund  wie  die 
der  Mandelsteine,  sondern  sie  sind  länglich,  meistens  sehr  wenig 
bauschig  und  die  Ausfüllungsmaterien  sind  besonders  Kalkspath  und 
ein  grauliches  chloritisches  Mineral  als  Zersetzungsproduct.  Zeolithe, 
Epidote,  selbst  Quarz  scheinen  da  gewöhnlich  nicht  vorhanden  zu  sein. 
Man  sieht  es  dem  Gesteine  an,  dass  den  Gasbildungen  daselbst  der 
Raum  sehr  eng  bemessen  wurde  und  sie  immer  einen  grossen  Druck 
zu  überwältigen  hatten.  Roth-  und  Brauneisensteinnester  sind  bei 
denselben  in  besonderer  Verbindung  mit  grossen  mandelförmigen 
Absonderungen  der  Blattersteine. 

Der  sogenannte  Eisenthon,  Ironclay  der  Engländer,  im 
plutonischen  Gebiete,  ist  nur  ein  sehr  verwitterter,  veränderter, 
sichtlich  sehr  wenig  poröser  Felsit,  welcher  sehr  reich  an  Eisen  ist 
und  auch  manchmal  etwas  Augite  enthalten  kann. 

Wie  der  gefleckte  lichtgraue,  ziemlich  weicher  Honest one 
der  Engländer  in  dem  alten  Steinkohlengebiete  (siehe  Essai  sur 
l'Ecosse,  S.  171)  nur  ein  veränderter,  verwitterter  Phonolith  ist, 
wie  der  Thonstein  und  der  Dolomit  nur  modificirte  Abänderungen  des 
Feisites  für  den  ersteren  und  der  Trachyte  für  den  andern  sind,  so 
steht  es  mit  den  Eisentbongesteinen,  welche  von  dem  Engländer 
manchmal  basaltische  Klingsteine  genannt  wurden.  Die 
festen  Varietäten  bilden  einen  sehr  schweren  und  zähen,  eisen- 
reichen, schwarzgrauen  oder  röthlichen  (Dunbar)  dichten  Felsit, 
indem  die  weicheren  fast  in   eine   immer  röthliche  Bole  übergehen, 


Über  die  Geogenie  der  Mandel-,  Blatter-  oder  Schaalsleine,  der  Variolithen  etc.     /COO 

so  dass  man  selbst  letztere  manchmal  nur  mit  einiger  Mühe  von  den 
eigentlichen  Bolen  unterscheiden  kann. 

Unter  der  plutoni sehen  ßole  sind  namentlich  mehrere 
minder  specksteinartig,  besonders  wenn  sie  meistens  von  feldspathi- 
schen  Aschmausbrüchen  herstammen,  gröbere  Gattungen  sind  melir 
eisenhaltig.  Ihre  Farbe  ist  die  weissliche,  blauliche  und  rothe  und 
hängt  innig  mit  dem  Oxydirungsgrade  ihres  Eisengehaltes  zusammen. 
Wenn  man  sich  mich  einem  Lavaausbruche  eine  Ejection  von  unzähligen 
kleinen  Schlacken  und  Asche  denkt  und  diese  in's  Wasser  fallen,  um 
wieder  von  Laven  bedeckt  zu  werden,  so  müssen  durch  den  Druck,  die 
Verwitterung  und  chemische  allmähliche  Veränderung  ziemlich  ähn- 
liche Gesteinlager  als  jene  feinere  Bolearten  und  Abänderungen  des 
Ironclay  erstehen.  Dieses  scheint  mir  nun  der  Fall  in  Island,  in 
den  Hebriden  und  am  irischen  Riesendamme  der  Fall  gewesen  zu 
sein,  wo  zwischen  ausgedehnten  mächtigen  lagerartigen  Basalt- 
strömen solche  röthliche  Eisenthone  sich  weit  ausbreiten  und  auch 
Spuren  von  Späth-,  Kalk-  und  Zeolith-Infiltration  darbieten.  Ob 
aber  andere  rothe  Bole,  wie  z.  B.  der  unter  dem  Basalt  von  Apchon 
im  Cantal  (siehe  Jour.  de  Geologie  1830,  Bd.  2,  S.  408)  denselben 
Ursprung  haben,  möchte  man  wegen  der  Feinheit  bezweifeln; 
besonders  weil,  wenigstens  in  jenem  centralen  Frankreich,  solche 
Gesteine  aller  Farben  vorkommen  und  der  feldspathische  Charakter 
über  dem  augitischen  daselbst  die  Oberhand  hat. 

Überhaupt  ist  da  noch  ein  weites  Feld  für  die  mikroskopische 
Mineralogie,  welches  auch  gleichzeitig  uns  die  besten  Aufschlüsse 
über  die  ganze  Bimsstein-Reihe-Gebilde  geben  könnte, 
namentlich  vom  gewöhnlichen  fragmentarischen  Auswürfling  bis 
zu  jenem  Bimsstein ,  welcher  durch  bewegte  Wässer  fort- 
geführt und  abgesetzt,  endlich  nur  als  weisslicher  Schlamm,  rein 
oder  mit  anderen  Mineralien  gemischt,  als  abnorme  kreideartige 
Felsart  abgesetzt  wird,  wie  in  Ungarn,  Siebenbürgen,  Klein- 
Asien  u.  s.  w. 

Eine  ganz  andere  Classe  von  plutonischem  Gebilde,  die  der 
Variolithen,  wurde  oft  unlogischmit  den  Mandelsteinen  zusammen- 
geworfen. Ich  meine  darunter  diejenigen  feldspathreichen  dichten 
Gesteine,  worin  Concretionsbildungen  sich  befinden,  denn 
ihr  mandelartiges  Aussehen  ist  nur  eine  falsche  Ähnlichkeit,  da  die 
fremdartigen  Nester   meistens   rund  und  nicht  wie  in  den  Mandel- 


256  ß  o  u  e. 

steinen  besonders  elliptisch  oder  im  regelmässig  sind.  Ausserdem  ist 
die  Bildungsart  d<  utlich  eine  andere,  in  den  Mandelsteinen  wurden 
Räume  später  ausgefüllt,  indem  andererseits  die  Concretionen  uns 
die  Centralpunkte  der  chemischen  Affinitätsthätigkeiten  während 
der  Bildungs-  und  Abkühlungsperioden  jener  Felsarten  andeuten.  In 
dieser  Hinsicht  stehen  die  Variolithen  genetisch  ganz  in  der  Nähe 
der  wohl  bekannten  kugeligen  oder  Orbicularibrmen  der  Perlsteine, 
Pechsteine  (Serope ,  Insel  Ponza),  Diorite  (Domfront,  Orne  und 
Corsica),  der  metallführenden  Hornblende-Porphyre  Ungarns  und 
Macedoniens,  der  Felsit-Porphyre  oder  Pyroineriden  Corsica's, 
der  sogenannten  drüsigen  Hornstein -Porphyre  zu  Planitz  (Cotta's 
Geologie  1840,  S.  282—284)  und  manche  Granite.  Diese  Formen 
scheinen  mit  der  Art  der  Erkältung  und  Erstarrung  der  Felsarten 
im  Zusammenhange  zu  stehen  (siehe  für  den  Pyromerid  Bourjot. 
Bull.  Soc.  geol.  Fr.  1855,  Bd.  12,  S.  369).  Ähnliche  sphäroid.sch 
strahlförmige  Bildungen  wurden  in  folgenden  M-ineralien  beobachtet, 
wie:  Schwerspath,  Kalkspath,  Quarz,  Glimmer,  Actinot,  Lievrit, 
Eisen-  und  Kupferkies  u.  s.  w.  Mit  der  Anwendung  der  Infiltrations- 
Theorie  für  die  Bildung  der  Sphäroidal-Concretionen  der  Variolithen 
können  wir  uns  keineswegs  einverstanden  erklären,  obgleich  Herr 
Delesse  in  solchen  Concretionen  Verwerfungen  und  Sprünge  gesehen 
haben  will  (Ann.  d.  Mines.  1850,  Bd.  16,  S.  125). 

In  den  kugeligen  Concretionen  der  Variolithen  bemerkt  mau  den 
dichten  Feldspat!),  den  Albit,  das  dichte  Diallagon,  einen  grünen 
Talk,  seltener  den  Epidot  u.  s.  w.  Diese  Felsarten  kommen  selten 
einzeln  als  Eruptivstöcke  im  Flötzgebiete,  wie  längs  der  Durance 
im  Dauphine  *),  vor,  meistens  sind  sie  in  Verbindung  mit  mächtigen 
Euphotid-  oder  Gabbro-  und  Serpentin-Gängen  und  Pils-  oder  hut- 
förmigen  Massen  3),  wie  in  Ligurien,  Toscana,  Graubündten  u.  s.  w., 
aber  auch   weniger  charakterisirt  mit  den  jüngeren  Dioriten  oder 

l)  Man  hat  die  Variolithen  jener  Gegend  mit  den  Spiliten  oder  Mandelsteinen  des 
Flusses  Drac  in  derselben  Provinz  oft  unlogisch  zusammengeworfen.  Letztere 
Gesteine  enthalten  Kalkspathmandeln  und  sind  in  der  Mitte  von  theilweise  in  Gyps 
verwandelte  Liaskalke  bei  Vizille  und  Champs,  so  wie  im  Estrellegebirge  (Hier  und 
Coquand,  Bull.  Soc.  ge'ol.  de  Fr.  1840,  Bd.  11,  S.  385  u.  428,  1844,  N.  R.  Bd.  1, 
S.  414 — 417).  Herr  Gras  möchte  in  jenen  Mandelsteinen  nur  metamorphosirte 
Kalke  sehen  (dito  1840,  S.  423 — 429),  eine  Meinung,  der  die  chemischen  Gründe 
fehlen. 

*)  Dieser  Ausdruck  wird  mir  erlaubt  sein,  da  man  von  einem  eisernen  Hut 
der  oberen  Teufen  von  Gängen  schon  lange  spricht. 


Über  die  Geogenie  der  Mandel-,  Blatter- oder  Schaalsteine,  der  Variolithen  etc.     2ö7 

Ophiten,  wie   in    den   Pyrenäen    u.  s.  w.   Herr  Fournet  hat  sich 
bemüht,  die  chemische  separate  Bildung   der  Variolithen   von  der 
der  Serpentine  auf  die  Wirkung  der  Kohlensäure  zurückzuführen 
(Ann.  Sc.  phys.  nat.  Soc.  d'agric.  de  Lyon  1841 ,  Bd.  4,  S.  151), 
indem  G.  Rose  in  der  Bildung  eines  eben  sowohl  in  grünen  Schiefer 
als  in  Serpentin  übergehenden  Gabbro  zu  Zobten  in  Schlesien,  eine 
metamorphische  magnesiareiche  Wirkung  einer  Graniteruption  siehf, 
weil  der  Gabbro  zwischen   Serpentin   und   Granit   eingezwickt  er- 
scheint (Bull  Soc.ge'ol.Fr.  1847,  N.R.  Bd.  4,  S.  1061).  Später  sprach 
sich  derselbe  Gelehrte  noch  deutlicher  in  seiner  Geogenie  des  Ser- 
pentiis  aus  (Poggendoiff's  Ann.  Phys.  1851,  Bd.  2,  S.  525—530). 
Die  geogenetische  Auffassungsart  der  Bildung  der  eben  erwähnten 
verschiedenen   Felsarten,  gegen   welche   ich  meine  Bemerkungen 
machte,  scheint  innigst  verwebt  mit  der  Frage  über  den  Ursprung 
des   Materials  jener  Gesteine.    Denn   in  manchen    möchten 
gewisse  Geologen  nur  feurige  oder  wässerige  Umwandlungen  von 
gesebichteten  Gebirgsarten  sehen  und  ihre  Stütze  suchen  sie  beson- 
ders eben  sowohl  in   chemischen  Zerlegungen  als   in  den  fremden 
Fragmenten  der  sogenannten  plutonischen  Massen.  Auf  diese  Weise 
würden  wir  durch  letztere  fast  gar  nichts  über  die  Natur  der  Erd- 
bestandtheile  unter  der  von  dem  Plutonisten  als  erstarrt  gehaltenen 
Erdrinde  erfahren. 

Da  dieser  Theil  der  Petrologie   und   mineralogischen  Chemie 
nur  im  Beginne  der  Erkenntniss  sich   befindet,  so  hält  es  schwer, 
darüber  Vieles  zu  jagen.  Unstreitig  werden  alle  plutonischen  Eruptiv- 
gesteine Yon  mehr  oder  weniger   fremdartigen  Breccien    begleitet, 
ob  diese  letzteren  neben  den  eigentlichen  feurigen  Felsarten  oder 
einzeln  nicht  unfern  jenen   erscheinen,    ist   hier  ziemlich  gleich- 
giltig.   Andererseits  ist  wohl  zu   bemerken  ,  dass    alle  Geognosten 
diesen   wichtigen  Umstand   nicht   ganz   berücksichtigen  oder  selbst 
manchmal    ganz    übersehen.     Wenn    ich    schon    behauptete,    dass 
tuan    manchmal    Trachytbreccien    mit    dein    Trachytconglomerate 
unwissenschaftlich  zusammenwirft,  so  stellen  sich  ganz  ähnliche  Fälle 
für  Porphyr-  und  Pechsteinbreccien  der  paläozoischen  und  älteren 
Flötzperioden  ein,  wie  z.  B.  in  Norwegen,  in  Glencoe  in  Schottland, 
in  Cumberland,  im  Königreiche  Sachsen  (siehe  Guide  du  Geologue 
Voyageur,  Bd.  1,  S.  435),    in   den  Pentlandbergen  bei  Edinburgh 
u.  s.  w.  Feldspathische   Conglomerate   des  Rothtodtliegen   wurden 

Sitib,  d,  mathem.-naturw.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abth,  18 


258  B  o  u  e. 

besonders  oft  von  Porphyrbreccien  nicht  getrennt.  Aber  selbst  bei  allen 
anderen  plutonischen  und  metamorpbisch-krystallinischen  Gebirgs« 
massen  fehlen  die  Breccien  mehr  oder  weniger  nicht.  Ohne  an  die 
häufigen  Tufas  der  Trappe  und  die  Breccien  der  Augitporphyre  erinnern 
zu  brauchen,  übersah  man  manchmal  und  ich  selbst  einst  die  schönsten 
Breccien  der  Diorite  und  Syenite,  indem  man  die  Fragmente  nicht 
als  Bruchstücke,  sondern  als  chemische  Concretionen  behandelte, 
wie  z.  B.  auf  der  Insel  Arran  an  der  Bucht  von  Brodick  am  Ausgange 
des  Cloythales  (siehe  Essai  sur  TEcosse,  S.  20).  Durchbricht  der 
Syenit,  der  Gabbro,  der  Serpentin,  der  Augitfels  oder  Porphyr 
Kalksteine,  wenn  auch  von  verschiedenem  Alter,  so  bilden  sich 
eigene  Trümmersteine,  wie  man  es  zu  Glentilt  in  Schottland, 
zu  Cravignola  bei  Borghetto  in  Ligurien,  bei  Willendorf  in  Nieder- 
österreich, in  den  Pyrenäen  bei  Lherz,  im  Fassathale  (Kalktiümmer 
in  Augitporphyr  des  Monzoniberges  u.s.  w.);  zuSerravezza(Toscana, 
Kalkfragmente  in  Wackite  Savi  und  Brongniart.  J.  de  Geologie,  1830, 
Bd.  2,  S.  264—265),  und  zu  Vizille  (Dauphine,  Gyps-  und  Man- 
delstein-Breccie)  beobachten  kann.  Die  Granite  mit  Fragmenten  von 
Gneiss  und  Schiefer  sind  in  mehreren  Gebirgsgegenden  eine  wohlbe- 
kannte Thatsache,  weniger  die  wahren  Breccienpartien  der  Gneiss-, 
Glimmer-  (Schwarzwald)  und  Talkschiefer  (Tanneberg,  Agordo). 

Dieser  kurze  Überblick  über  die  plutonischen,  oder  besser 
gesagt  Contact-Breccien  zeigt  aber,  wie  wenig  wir  noch 
berechtigt  sind,  die  Urmaterie  des  Eruptiven  unter  den  Schiefern 
oder  neptunischen  Gebilden  der  Erdoberfläche  zu  suchen.  Denn 
wenn  die  Temperatur  jener  plutonischen  Gesteine  so  gering  war, 
um  wahrscheinlich  unter  einem  gewissen  Druck  eine  solche  Masse 
fremder  Fragmente  so  wenig  verändern  zu  können ,  und  wohl 
gemerkt,  in  den  Trapp-  und  Porphyrbreccien  gibt  es  selbst  noch 
,  unverzehrte  Versteinerungen  i),  so  bleibt  bis  jetzt  die  bestrittene 
Hypothese  nur  eine  noch  nicht  bewiesene  Muthmassung  und  das 
selbst  für  den  besonderen  Fall  des  Trachytes  oder  Dolomites,  der 
einst  in  Frankreich  aus  Granit  erstanden  sein  sollte. 


•)  Von  Althaus,  Helix  hortensis  iu  Phonolithtuö'  zu  Magberg  (Württemberg.  Jahrb. 
f.  Min.  1832,  S.  228)  Leop.  von  Buch,  Basaltgänge  in  Württemberg  mit  petrefacten- 
reichen  Jurakalk-Fragmenten  (Jahrb.  f.  Min.  1832,  S.  224),  Boue',  Breccienartige 
untere  Theile  eines  Mandelstein  mit  Cariophyllien  enthaltenden  Kohlenkalkstiickes 
zu  Berkeley  in  der  Grafschaft  Gloucester  (Essai  sur  l'Ecosse  1820,  S.  366),  Griffith. 


Über  die  Geogenie  der  Mandel-,  Blatter-  oder  Schaalsteiae,  der  Varlolithen  etc,     i59 

Demungeacbtet  muss  man  nicht  vergessen,  wie  viele  sehr 
veränderte  Fragmente  fremder  Gebirgsarten  die  jüngeren 
Laven  enthalten,  sowie  auch  die  seltene  Zusammenschmelzung 
jener  Massen  mit  der  Lava,  wie  es  uns  der  Vesuv  insbesondere  beweist. 
Auch  kommen  mir  wieder  jene  so  zahlreichen  rundlichen  Massen 
von  Olivin  und  Granit  in  den  Basalten  des  Vivarais  (Thäler  der 
oberen  Ardeche  und  des  Fontaulier)  in  den  Sinn,  welche  neben  ein- 
ander sich  so  sonderbar  ausnehmen,  weil  sie  nicht  nur  dieselbe  Form 
haben,  sondern  auch  der  Olivin  unter  den  Bestandtheilen  des  Gra- 
nites wie  vermengt  erschien.  Es  drängt  Einem  unwillkürlich  die  Frage 
auf  über  den  möglichen  Übergang  des  Olivin  in  Granit.  Dr.  Hibbert 
beschrieb  einen  Übergang  des  Basaltes  in  Granit.  (Edinb.  Jof.  Se. 
1824,  Bd.  1,  S.  105.) 

Dass  aber  in  den  bis  jetzt  als  plutonisch  angenommenen 
Felsarten  der  Hitzegrad  ehemals  als  überschätzt  war,  ändert  ganz 
und  gar  nicht  die  Theorie  und  findet  sich  gerade  mehr  in  Ein- 
klang mit  dem  Bekannten  über  die  geringen  Veränderungen  an  den 
Berührungsflächen  vieler  neptunischen  Massen  mit  dem  Eruptiven. 
Im  Gegentheil,  wässerige  chemische  Veränderungen  haben  daselbst 
viel  öfters  stattgefunden,  während  andererseits  die  Erfahrung  hin- 
länglich gezeigt  hat,  was  für  eine  bildende  und  umändernde  Wir- 
kung eine  nur  verhältnissmässig  geringe  Temperatur  haben  kann, 
wenn  sie  lange  fortdauert  und  unter  einem  gewissen  Drucke,  so  wie 
mit  Hilfe  der  Wasserdämpf'e  stattfindet. 

Es  gibt  ein  Gestein,  der  Serpentin,  welcher  der  Umwand- 
lungstheorie sehr  das  Wort  zu  sprechen  scheint,  obgleich  sein6 
Lagerung  nicht  immer  alle  geognostisehen  Kennzeichen  der  eruptiven 
Massen  entbehren.  So  z.  B.  für  jene  ungeheuren  Gänge  oder  Pro- 


Terebrateln  im  Grünstein  des  Kohlenkalkes  Irlands  (Conybeare's  Outlines  of  the 
Geolog,  of  England  1822,  S.  440),  Naumann,  Grünsteintuff  mit  Versteinerungen  bei 
Planzschitz  am  Fusse  des  Kirchberg  (Fichtelgebirge),  zu  Magwitz,  Kosenthai  und 
Plauen  (N.  Jahrb.  f.  Min.  1841,  S.  194),  J.  Phillips'  Muschel  und  Korallen  in  eiuem 
Trappkalk-Aggregat  des  Malvernberges  (Phil.  Mag.  1842,  Bd.  21,  S.  388—293),  Eug. 
Robert,  Melaphyr  mit  petrefactenreichen  paläozoischen  Kalkstein-Fragmenten  zu 
Tyre-Holmen  unfern  Christiania  (Bull.  Soc-  geol.  de  Fr.  1841,  Bd.  13,  S.  23  ad 
notat.),  Dechen,  Porphyr  mit  Trilobiten  in  der  Grauwacke  von  Lenue  (Karsten's 
Archiv  f.  Min.  1845,  Bd.  19,  S.  419— 420,  Berg-  und  Hüttenmann-Zeit.  1860,  S.255), 
Guido  Sandberger,  Schaalstein  mit  Muscheln  im  devonischen  Kalke  «bei  Weilburg 
Nassau  (N.  Jahrb.  f.  Min.  1842,  S.  227).  Alex.  Brougniart,  eine  Spillite  zootlque 
mit  Encriniten  (Dict.  d.  Sc.  nat). 

18* 


260  Boae 

trusionen,  welche  man  im  Monte  Rosa,  so  wie  in  Central-  Graubündten, 
nordwestlich  des  Julier,  so  wie  im  Davos  kennt,  dann  für  jene 
angedeuteten  italienischen  Gängemassen,  welche  in  ihren  obersten 
Theilen  die  Form  eines  Keils  angenommen  und  über  die  neptunischen 
Gebilde  sich  etwas  ausgebreitet  haben.  Wenn  schon  F erb  er  den 
Serpentin  des  Berges  Traverso  inToscana  als  alte  Lava  bezeichnete, 
so  wird  Niemand  es  verargen  können,  wenn  Alex.  Brongniart  und 
ich  die  eruptive  Natur  des  Serpentins  nicht  allein  auf  Borghetto, 
Prato  u.  s.  w.  (siehe  mein  geognost.  Gemälde  Deutschlands  1829, 
S.  272 — 273)  beschränken  wollten.  Möglich,  dass  wir  im  Unrecht 
waren,  die  unterliegenden  rothen  und  gelben  Jaspise  einzig  als 
feurige  Contactwirkung  anzusehen,  indem  zu  dieser  Silicilirung 
wohl  auch  eher  Kiesel-,  Eisen- und  Kohlensäure  enthaltende  Thermal- 
wässer  und  Dämpfe  mitgewirkt  haben  mögen. 

Überhaupt   ist   die    Lagerung   des    Serpentins    in    dem 
charakteristischen  paläozoischen  Schiefer,  so  wie  vorzüglich  in  dem 
mehr   oder   weniger   krystallinischen   Schiefer   und   dem   körnigen 
Kalk  der  Art,  dass  man  ehemals  solche  Gesteine  nur  als   gleich- 
zeitige chemische  Bildungen  betrachtete.  Jetzt  sehen  aber  mehrere 
gewichtige  Geologen  nur  metamorphische  niagnesiareiche  Wirkun- 
gen in  solchen  Lagern  und  Stöcken,  So  z.  ß.  Böbert  für  die  durch 
Veränderung   des   krystallinischen  Schiefers   hervorgebrachte  Ser- 
pentine Norwegens  (Gaea  Nor  wegica  Keilhaus,  1838,  Edinb.  u.  phil.  J. 
1838,  Bd.  24,  S.  206),  Fallou  und  Müller  für  die  durch  chlori- 
tische  Sublimationen  im  sächsischen  Weissstein  gebildeten  Serpen- 
tine bei  Bohringen    unfern   Rosswein  (Mittheil,   aus   d.    Osterland. 
Naturforsch.  Ges.  zu  Altenburg  1842,  Bd.  5,  S.  219),  J.  Fournet 
für  die  Serpentine  als  Metamorphumus  in  gewissen  Kalksteinen  der 
Vogesen  in  der  Nachbarschaft  des  Granites  (Bull.  Soc.  geol.   Fr. 
1846,  N.  B.,  Bd.  4,  S.  231— 232),  Alph.  Favre  für  die  Serpenline 
des  Berges  Iseran  (Bull.  Soc.  gCol.  Fr.  1851,  Bd.  8,  S.  624),  Bernh. 
S  tu  der  für  diejenigen,  welche  mit   körnigem  Kalke  und  Dolomite 
im  Walliser  Lande,  in  Piernont,  bei  Predazzo  in  Tirol  und  in  Glen 
Tilt  in  Schottland  verbunden  sind  (Edinb.  u.  phil.  J.  1849,  Bd.  46, 
S.  168).  In  Graubündten  neben   der  grossen  Serpentinablagerung 
von  der  Ober-Halbsteingau   südlich    von  dem  Albulath.ile   schienen 
mir  auch  rieben  mancher  Felsverkieselung  ähnliche  metamorphische 
Contactbildungen  vorhanden  zu  sein. 


Über  die  Geogenie  der  Mandel-,  Blatter-  oderSchaalsteine,  der Variolithen  etc.     261 

Schon  im  Jahre  1820  sprach  ich  mich  üher  die  theilweise  wahr- 
scheinliche feurige  Bildung  der  Serpentine  aus  (Essai  sur  TEcosse, 
S.  442),  indem  ich  auf  die  so  wichtige  Verbindung  des  Diallagon 
und  Olivin  mit  jenen  Gesteinen  aufmerksam  machte.  Chrysolithe 
will  Fournet  darin  in  den  Vogesen  gesehen  haben  (Bull.  Soc. 
geol.  Fr.  1846,  Bd.  4,  S.  227).  Im  Jahre  1820  und  beson- 
ders später  wurden  die  Übergänge  des  Serpentins  im  Doleriten 
(Insel  Inchcolm  bei  Edinburgh  in  Schottland),  im  augitreichen 
Trapp  oder  Basalt,  im  Euphotid,  Diorit  oder  Ophit  von  mir  aufge- 
zeichnet (siehe  Denkschriften  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  1851,  Bd.  3, 
S.  54).  Im  Jahre  1842  beschrieb  Fallou  neben  dem  Serpentin  des 
Weissstein  eine  Gebirgsart  mit  der  Structur  des  Eclogit  und 
kleinen  Trümmern  von  Chlorit.  In  neuerer  Zeit  erklären  aber  Blum, 
B.  Cotta,  H.  Müller  und  Naumann  den  Serpentin  nur  für  eine 
Pseudomorphose  des  Eclogit,  gewisser  Hornblendefelsarten,  der 
Diorite  und  der  Euphotide.  Th.  Sehe  er  er  brachte  die  Bildung  der 
Serpentine  auch  in  Verbindung  mit  dem  Olivin  (Liebig's  Hand- 
wörterbuch d.  Chemie  1835  u.  N.  Jahrb.  f.  Min.  1854,  S.  451—453) 
und  James  Dana  sieht  auch  im  Serpentin  nur  eine  durch  warme 
Magnesia  enthaltender  Wässer  gänzlich  veränderte  Felsart  (Americ. 
J.  of  Sc.  1843,  Bd.  45,  S.  120).  Th.  Sterry  Hunt  ging  noch  weiter, 
indem  er  dieselbe  Bildungstheorie  nicht  nur  für  Serpentine,  son- 
dern auch  für  Euphotide ,  Talk  und  Hornblendegesteine  Canadas 
vorschlug  (Bull.  Soc.  g6ol.  Fr.  1855,  Bd.  12,  S.  1031,  C.  R.  Ac. 
d.  Sc.  P.  1837,  Bd  44,  S.  996). 

Über  die  Urmaterie  gewisser  Trappgesteine  haben  nur  sehr 
wenige  Geologen  sich  Muthmassungen  erlaubt,  so  z.  B.  Samuel  Solly, 
welcher  in  der  Londoner  geologischen  Gesellschaft  im  Jahre  1816 
den  7.  Juni  und  in  der  Royal  Society  den  6.  März  1828  sie  als 
veränderte  ältere  Steinkohlen-Gesteine  erklärte  (Ann.  of  phil. 
1818,  Bd.  8,  S.  143,  Phil.  Mag.  a.  Ann.  1828,  Bd.  3,  S.  458—460, 
Zeitsch.  f.  Min.  1829,  S.  383—386).  Mögen  auch  die  Trapp-,  sowie 
gewisse  sogenannte  schieferige  ältere  Grünsteine  zum  Metamor- 
phismus gehören,  so  sind  doch  diese  Fragen  bis  jetzt  nicht  gründlich 
genug  erörtert  worden  und  der  Trapp  bleibt  einstweilen  wie  die 
Lava  ein  eigentliches  Product,  dessen  Urmaterie  bis  jetzt  unbekannt 
geblieben  ist.  Die  Zeit  ist  vorüber,  wo  man  es  als  wahrscheinlich 
fand,  dass  Granit  als  theoretisch    angenommenes  unterstes  Gestein. 


262  bou^. 

die  Materie  alles  Vulcanischen  wäre,  denn  die  chemischen  Beweise 
wurden  nie  davon  geliefert  und  sehr  granitähnliche  Gesteine  bilden 
noch  jetzt  jüngere  Laven. 

Was  die  kieseligen  tertiären  Puddingsteine  betrifft, 
welche  in  jener  erwähnten,  der  Akademie  vorgelegten  Abhandlung 
mit  in  dasMandelstein-Tableau  hineingezogen  wurden,  so  glaube  ich 
bei  der  Meinung  der  bisherigen  Mineralogen  und  Geologen  bleiben 
zu  müssen,  namentlich  dass  ebensowohl  in  den  englischen  aus  der 
Grafschaft  Hertford,  als  in  den  französischen  bei  Nemours  die  soge- 
nannten Mandel  nur  grösstentheils  abgerundete  Hornstein-  und  Feuer- 
steinstücke aus  der  Kreide  seien.  Manche  dieser  ovalen  oder  runden 
Fragmente  zeigen  verschiedenartig  gefärbte  concentrische  Zonen 
der  Verwitterung,  so  wie  alle  Kiesel-  und  Kalksteine.  Doch  da  das 
Cement  dieser  Agglomerate  Kiesel  oder  selbst  Achat  ist,  —  wahr- 
scheinlich eine  Thermalwasser-Ablagerung,  —  so  müsste  es  eher 
auffallen  als  erstaunen,  dass  diese  Kieselsolution  keine  Absonderung 
in  einigen  Löchern  veranstaltet  oder  selbst  einige  Kalkgerölle  ver- 
kieselt  oder  gänzlich  ersetzt  hätte.  Einfachere  Drüsenausfüllungen 
können  auch  dadurch  erstanden  sein,  und  ganz  dasselbe  geschah 
m  sogenannten  kieseligen  Pariser  Süsswasserkalk  zu  Champigny. 

Möge  man  auch  überhaupt  ein  so  geschickter  Mineralog  oder 
Chemiker  als  nur  möglich  sein,  jede  geognostische  Erklärung  muss, 
wie  schon  bemerkt,  die  verschiedene  geognostische  Lage  der 
besprochenen  Mineralien  oder  Felsarten  gründlich  berücksichtigen. 
Sonst  bleibt  Alles  nur  einseitig,  wie  es  z.  B.  den  höchst  interessanten 
mineralogischen  (S.  247)  und  chemischen  Erörterungen  (Bischofs 
chemische  Geologie  und  Delesse  Ann.  d.  Mines.  1848,  4.  Ser.,  Bd.  13, 
S.  695— 697,  Bull.  Soc.  geol.  Fr.  1859,  Bd.  16,  S.  419)  zum 
Trotze  noch  jetzt  immer  mit  dem  sogenannten  wässerigen  Nieder- 
schlage aller  Granite  und  Porphyre  steht.  Zu  allen  Zeiten  gab  es  in 
der  theoretischen  Wissenschaft  abnorme  Meinungen,  wie  z.  B.  für 
die  Feuergebilde  ein  Nose,  für  den  Basalt  ein  Schmitz  u.  s.  w., 
welche  die  deutlichsten  Feuerspuren  in  einer  unbekannten  Feuer- 
quelle in  jenen  Gesteinen  suchten;  kein  Wunder,  dass  heutzutage 
der  Ilfelder  Melaphyr  nur  ein  eisenschüssiger  Thon  des  rothen 
Sandsteines  sein  soll  (N.  Jahrb.  f.  Min.  1848,  S.  53),  oder  dass  selbst 
über  die  Steinkohlenbildung  Sonderbares  uns  dargeboten  wurde  (siehe 
Berg- und  Hüttenmann-Zeitung,  1861  u.  1862). 


Ober  die  Geogenie  der  Mandel-,  Blatter-  oder  Schaalsteine,  der  Variolithen  etc.     363 

Wenn  die  Bildung  des  Quarzes  wahrscheinlich  oft  mittelst  warmer 
Wässer  stattfand  und  dieses  sowohl  für  die  tertiären  quarzigen 
Mühlsteine  und  quarzigen  Trachytporphyre,  als  für  die  Feuersteine 
und  Hornsteine  der  Kreide,  des  Flötz  und  paläozoische  Zeit  gewesen 
sein  mag,  so  bemerkt  man,  dass  die  Menge  letzterer,  besonders 
als  knollige  Mineralien  von  der  ältesten  Zeit  bis  zur  neuesten  immer 
zahlreicher  werden,  indem  in  den  allerältesten  Perioden  der  weisse 
Quarz  und  Quarzit  jene  ersetzt  und  nur  selten  in  späteren  Zeiten 
sich  wieder  zeigte,  um  doch  solche  Massen  nie  wieder  zu  bilden. 

Vergleicht  man  beide  Kieselreihen,  so  sieht  man  leicht  ein, 
dass  in  beiden  Zeiträumen  die  Kieselablagerungen  immer  mehr  oder 
weniger  localisirt  waren.  So  z.  B.  mangeln  in  gewissen  Kreide- 
gebilden mancher  Länder  der  Reichthum  der  Feuersteine,  anderswo 
stellen  sich  Hornsteine  oder  andere  kieselige  Ablagerungen  in  anderen 
tertiären  Flötz-  und  paläozoischen  Kalken  ein,  welche  in  gewissen 
Ländern  nicht  wieder  gefunden  werden.  Selbst  in  den  ältesten  Gebilden 
ist  die  Ausbreitung  der  Quarze  nicht  gleichförmig.  Dieser  Umstand 
ist  sehr  erklärbar,  wenn  man  diese  Kieselbildung  mitThermalwasser 
verbindet,  da  Mineralwasser  immer  nur  locale  Erscheinungen  sein 
können.  Die  Frage,  ob  Quarz  ganz  gebildet  und  feuerflüssig  aus 
der  Eide  hat  kommen  können,  möchte  ich  nicht  beantworten,  aber 
ungeachtet  dieser  theoretisch  offen  gelassenen  Frage  können  wir 
wenigstens  schliessen,  dass  die  Ablagerung  der  weissen  Quarzstein- 
gänge und  Lagen  unter  ganz  besonderen  Umständen  erzeugt  wurde. 
Da  aber  die  Wasserbildung  nicht  nur  für  Quarzkrystalle  und  Feuer- 
steine u.  s.  w.,  sondern  selbst  für  Quarzgänge  im  Tertiären  und 
Flötzen  erwiesen  ist,  so  versteht  man  sehr  wohl,  wie  man  diesen 
geogenetischen  Gedanken  verallgemeinern  möchte.  Doch  kann  die 
Natur  zwei  Wege  zur  Erzeugung  desselben  Minerals  gebrauchen  und 
in  Wirklichkeit,  wie  neben  vielen  von  unten  oder  von  der  Seite  ge- 
füllten Basaltgängen  es  einige  gibt,  welche  es  von  oben  wurden,  wie  bei 
Murat  im  Cantal  (siehe  Essai  sur  l'Ecosse,  Fig.  33),  so  haben  wir 
im  Gegentheil  die  Kenntniss  von  einer  Unzahl  von  kleineren  und 
grösseren  Quarzgängen  erlangt,  welche  von  oben  nach  unten  gebildet 
wurden,  indem  andere,  wie  die  zu  Plomhieres,  sowie  gewisse  stra- 
tificirte  Achate-  und  Honisteingänge,  auf  das  Deutlichste  von  unten 
durch  kieselhaltige  Thermalquellen  allmählich  gefüllt  würden  (siehe 
Daubree,  Ann.  d.  Mine..   5.  Ser.,  Bd.  13,  S.  227—256). 


264  Hyrtl. 


Über    Wirbelassimilation  bei  Amphibien. 
Von  dem  w.  M.  Prof.  Jos.  Hyrtl. 

(Mit  1  Tafel.) 

Dass  der  letzte  Lendenwirbel  einseitig,  oder  auf  beiden  Seiten, 
sich  zu  einem  Kreuzwirbel  umgestalte,  wurde  am  Menschenskelete 
weit  öfter  beobachtet,  als  dass  der  erste  Kreuzwkbel,  ganz  oder 
nur  halbseitig,  den  Charakter  eines  Lendenwirbels  annehme.  Schon 
Albin  und  Sandifort  kannten  erstere  Transfiguration,  und  die 
neueste  Zeit,  welche  ähnlichen  Mefamorphosirungen  des  Atlas  und 
des  siebenten  Halswirbels  besondere  Aufmerksamkeit  zuwendete, 
hat  sie  auch  mit  einem  besonderen  Namen,  als  „Assimilation",  be- 
zeichnet. 

Über  das  Vorkommen  dieser  Anomalie  bei  Thieren  war  nichts 
bekannt  *)•  Ich  erwähne  nun  ihrer  hier  bei  den  Reptilien,  wo  ich 
sie,  insbesonders  in  der  Ordnung  der  Saurier,  wiederholt  ange- 
troffen habe.  Sie  betrifft  aber  nicht,  wie  beim  Menschen,  den  Körper 
und  sämmtliche  Fortsätze  des  umgestalteten  Wirbels,  sondern  nur  die 
Querfortsätze,  da  nur  in  der  Form  der  letzteren  der  Unterschied 
zwischen  Lenden-  und  Kreuzwirbeln  liegt,  alle  übrigen  Fortsätze 
dagegen,  so  wie  die  Körper  der  Wirbel  am  Lenden-  und  Becken- 
segment der  Columna  vertebralis,  nur  sehr  wenig  differiren. 

In  meinem  Museum  für  vergleichende  Anatomie  befinden  sich 
unter  71  Saurierskeleten  drei  Fälle  dieser  Art,  und  in  meiner  Privat- 
sammlung von  Skeleten  (welche  meistens  aus  Fischen  besteht,  und 
nur  32  Saurier  zählt)  habe  ich  drei  weitere,  hieher  gehörige 
Specimina  aufgestellt. 

Unter  den  Batrachiern  kenne  ich  die  Assimilation  des  letzten 
Lendenwirbels  mit  den  Kreuzwirbeln  nur  bei Menobranchus  lateralis, 


t)  Dns  erste  Skelet  meiner  osteologischen  Sammlung  —  ein  vollkommen  ausge- 
wachsener Chimpanse  —  ist  mit  rechtseitiger  Assimilation  des  letzten  Lendenwirbels 
an  das  Kreuzbein  behaftet. 


Hl.    Leber   vVirbelassimilation   bei    Ampliibiei 

Fig.  1. 


Mg.2. 


Bg.3 


%•  f 


Sifzunesb.d.Ji  .Hcad.A.W.matli  iw.fmw  ''!  XI.1X.H.!  I..\hih.!M+. 


Über  Wirbelassiinilation  bei  Amphibien.  ^1)5 

(Harl.)  und  in  der  Ordnung  der  Chelonier,  von  welcher  ieh  49  Ske- 
lete  besitze,  sind  die  Arten  Testudo  graeca  (Linn.),  Chersina 
angulata  (Gray)  und  Clemmys  Cumberlandensis  (Ho Ihr.),  gleich- 
falls hieher  zu  beziehen.  Unter  den  Ophidiern  beobachtete  ich  sie 
bisher  nur  bei  Giftschlangen  (Aspis,  Trigonocephalas,  Lachesis 
und  Crotalus),  indem  der  letzte  rippentragende  Wirbel  rechter-  oder 
linkerseits  eine  Gabelrippe  trägt,  welche  das  vordere  Ende  des 
Lymphherzens  aufnimmt. 

1.  Saurier 

Bei  der  Ausarbeitung  des  Skeletes  eines  grossen  Exemplares 
von  Ctenodon  nigropanctatus  Wagl.  fem. ')  beobachtete  ich  die 
Sache  zuerst. 

Das  Thier  besitzt  25  Rumpfwirbel,  65  Schwanzwirbel,  dagegen 
nur  einen  wahren  Kreuzwirbel,  während  allen  Sauriern  zwei  solche 
zukommen. 

Dieser  wahre  Kreuzwirbel,  dessen  mächtige  Querfortsätze  den 
Beckengürtel  tragen,  ist  schief  verzogen,  so  dass  der  rechte  Pro- 
cessus transversus  nicht  unerheblich  nach  hinten  abweicht,  während 
der  linke  etwas  nach  vorne  inclinirt.  Zugleich  ist  der  rechte  Quer- 
fortsatz etwas  kürzer  als  der  linke.  Die  Beckenstellung  wird  da- 
durch eine  schiefe.  Der  Ersatz  für  den  fehlenden  zweiten  wahren 
Kreuzwirbel  wird  nun  durch  den  letzten  Lenden- und  ersten  Schwanz- 
wirbel geliefert.  Der  letzte  Lendenwirbel  zeigt  seinen  rechten 
Querfortsatz,  und  der  erste  Schwanzwirbel  seinen  linken  Querfort- 
satz so  entwickelt,  dass  beide  die  Form  und  Grösse  von  Kreuzwirbel- 
querfortsätzen erhalten.  Der  rechte  (assimilirte)  Querfortsatz  des 
letzten  Lendenwirbels  weicht  so  stark  nach  hinten,  dass  er  den- 
selben Fortsatz  des  wahren  Kreuzwirbels  erreicht,  und  mit  ihm  sich 
an  das  rechte  Os  ilei  begibt,  während  der  linke  (assimilirte)  Quer- 
fortsatz des  ersten  Schwanzwirbels  sich  nach  vorne  neigt2),  um 
denselben  Fortsatz  des  wahren  Kreuzwirbels  zu  erreichen,  und  mit 
ihm  das  linke  Os  ilei  zu  tragen. 


i)  Fig.  3. 

2)  Es  kommt  bei  den  Sauriern  sehr  oft  vor,  dass  auch  bei  normaler  Configuration 
des  Beckens  der  zweite  Kreuzwirbel  seine  massiven  Querfortsätze  in  schiefer 
Richtung  jenen  des  ersten  Kreuzwirbels  (welche  quer  stehen)  entgegen  schickt.  Am 
Ausgesprochensten  zu  sehen  hei  Hypsilophus  tuberculatus  Wagl.  Bei  den  Krokodilen 
stehen  die  Querfortsätze  des  ersten  und  zweiten  Kreuzwirbels  parallel,  bei  CrocodU 
lus  amazonicus  Spix  convergiren  sie  beide  gegen  das  Darmbein  hin. 


2t>6  Hyrtl. 

Der  linke  Processus  transversus  des  letzten  Lendenwirbels  ist 
auf  ein  unbedeutendes  Höckerchen  reducirt,  welches  keine  Rippe 
trägt,  während  der  vorletzte  Lendenwirbel  ein  gut  entwickeltes 
Rippenpaar  zeigt.  Der  rechte  Querfortsatz  des  ersten  Schwanzwirbels 
steht  an  Länge  und  Stärke  demselben  Fortsatze  des  zweiten  Schwanz- 
wirbels auffallend  nach.  Die  schiefe  Stellung  des  wahren  Kreuz- 
wirbels, und  die  Abweichung  der  assimilirten  Querfortsätze  seines 
Vor-  uiid  Hintermannes,  welche  ihm  Succurs  bringen,  ist  so  aus- 
gesprochen, dass  sie  auf  den  ersten  Blick  in  die  Augen  fällt;  die 
Compensation  aber  zugleich  eine  so  ausreichende,  dass  die  Arthro- 
Symphysis  sacro-iliaca  auf  beiden  Seiten  ganz  gleiche  Festigkeit 
besitzt. 

Bei  Opiums  torquatus  Cuv.  kommt  auf  24  Stammwirbel  und 
46  Schwanzwirbel  ebenfalls  nur  ein  wahrer  Kreuzwirbel.  Die  schiefe 
Richtung  seiner  robusten  Querfortsätze  ist  jener  bei  Ctenodon  ent- 
gegengesetzt, d.  h.  der  rechte  weicht  nach  vorn,  der  linke  nach  hinten 
ab,  mit  entsprechender  schiefer  Stellung  des  Beckens.  Darum  leisten 
nur  der  linke  Querfortsatz  des  letzten  Lendenwirbels,  und  der 
rechte  des  ersten  Schwanzwirhels  durch  ihre  Umwandlung  in  mäch- 
tige Kreuzwirbel-Querfortsätze  genügende  Aushilfe,  und  lenken  zu- 
gleich von  der  Querrichtung  dergestalt  ab,  dass  sie  die  Enden  der 
schiefgestellten  Querfortsätze  des  echten  Kveuzwirbels  erreichen, 
und  mit  ihnen  zu  Stützen  des  Beckens  werden. 

Auf  der  rechten  Seite  des  letzten  Lendenwirbels  sitzt  eine  Rippe 
auf,  und  der  rechte  (assimilirte)  Querfortsatz  des  ersten  Schwanz- 
wirbels zeigt  eine  ausgezeichnet  S-förmige  Krümmung  nach  vorn, 
während  der  linke  Querfortsatz  jenem  des  zweiten  Schwanzwirbels 
an  Länge,  Slärke  und  Richtung  vollkommen  gleicht. 

An  einem  riesigen  Exemplar  von  Lophura  amboinensis  Wagl. J) 
sehe  ich  die  schiefe  Stellung  des  Beckens,  und  die  halbseitige  Assi- 
milation des  letzten  Lenden-  und  ersten  Schwanzwirbels,  am  auf- 
fallendsten entwickelt. 

Die  Assimilation  betrifft,  wie  bei  Ophtrus,  den  linken  Querfort- 
satz  des  letzten  Lendenwirbels,  und  den  rechten  des  ersten  Schwanz- 
wirbels. Das  Becken  erscheint  riemgemüss  nach  rechts  und  vorn 
verzogen.  Von  den  beiden  Querfortsätzen  des  ersten  Kreuzwirbels 

1)  Fig.  l. 


Über  Wirbelassimilation  bei  Amphibien.  £Ö  i 

übertrifft  zugleich  der  rechte  den  linken  an  Stärke  und  Länge, 
steht  etwas  höher  als  der  letztere,  und  nimmt  an  seinem  Darm- 
beinende so  an  Breite  zu,  dass  eine  ihn  daselbst  der  Länge  nach 
zeichnende  Furche  eine  Tendenz  zum  Zerfallen  in  zwei  Endhöcker 
andeutet. 

Der  rechte,  nicht  assimilirte  Querfortsatz  des  letzten  Lenden- 
wirbels strebt  zwar  auch  dem  Darmhein  zu,  ist  aber  zu  kurz,  um  es 
zu  erreichen,  und  schwächer  als  der  gleiche  Querfortsatz  des  nächst 
vorhergehenden  Wirbels.  Er  neigt  sich  desshalb  dem  rechten 
massigen  Querfortsatz  des  eigentlichen  Beckenwirbels  so  zu,  dass  er 
nicht  mit  dem  Darmbein,  sondern  mit  dem  genannten  Querfortsatz 
mittelst  einer,  an  dessen  vorderem  Rande  befindlichen  Gelenkfläche, 
articulirt.  Der  linke  Querfortsatz  des  ersten  Schwanzwirbels  zeigt 
eine  fast  hakenförmige  Krümmung  nach  hinten. 

Bei  Grammatophora  barbata  Dum.  Bibr.  J)  betrifft  die  Assi- 
milation dieselben  Fortsätze  wie  bei  Ctenodon,  und  die  dadurch 
bedingte  Schiefheit  des  Beckens  erfolgt  in  der  Richtung  nach  links 
und  vorn.  Bei  diesem  Exemplare  nimmt  auch  noch  der  vorletzte  und 
zweitletzte  Lendenwirbel  an  der  Asymmetrie  Antheil,  indem  ihre 
rechten  Querfortsätze  kürzer  sind  als  die  linken,  und  der  vorletzte 
Lendenwirbel  insbesondere  durch  eine  geringe  Discordanz  der 
rechten  und  linken  Hälfte  seines  Bogens  die  Inegularität  der  Becken- 
bildung auch  auf  die  Lendenwirbelsäule  übertragen  hilft.  Der  rechte, 
nicht  assimilirte  Querfortsatz  des  ersten  Schwanzwirbels  ist  ver- 
kümmert, und  inclinirt  bedeutend  nach  hinten. 

Bei  Chrysolamprus  ocellatus  Fitz,  inseriren  sich  beide  Pro- 
cessus transoersi  des  letzten  Lendenwirbels  an  das  Darmbein,  aber 
der  rechte  ist  durch  seine  Masse,  nicht  durch  seine  Länge,  um  das 
Sechsfache  überlegen.  Der  linke  Querfortsatz  repräsentirt  zugleich 
eine  wahre,  durch  Gelenke  mit  dem  Wirbel  articulirende  Bippe, 
deren  nach  hinten  gerichtete  Bogenkrümmung  sie  eben  das  Darm- 
bein erreichen  macht.  Die  Asymmetrie  des  eigentlichen  Kreuzwir- 
bels fällt  nicht  besonders  auf,  da  seine  beiden  Querfortsätze  an 
Stärke  ziemlich  gleich  sind,  und  nur  der  rechte  ein  klein  wenig 
tiefer  steht  als  der  linke.  Dagegen  erscheint  der  erste  Schwanz- 
wirbel  schief  nach   rechts   und   vorn   verzogen,  indem   sein  linker 

l)  Fig.  2. 


26S  Hyrtl. 

breiter   Querfortsatz   sich   an   das    Darmbein  als  Träger   desselben 
anschliesst;  der  rechte  dagegen  diesem  Knochen  ferne  bleibt. 

Der  letzte  Fall  unter  den  Sauriern  betrifft  Bipes  Pallasii  Opp. 
Das  ßeckenrudiment  wird  nämlich  links  vom  Querfortsatz  des  55. 
Wirbels,  rechts  von  jenem  des  56.  getragen.  Der  linke  Querfort- 
satz des  55.  Wirbels  ist  breiter  und  stärker  als  der  rechte,  und 
lenkt  in  seiner  Richtung  nach  hinten  ab,  während  der  rechte,  dünn 
und  kurz,  der  rechten  Rippe  des  54.  Wirbels  entgegenwächst. 
Sonst  lässt  sich  an  der  Kreuzgegend  der  Wirbelsäule  keine  Asym- 
metrie gewahren.  Die  Form  des  linken  assimilirten  Querfortsatzes 
lässt  zugleich  vermuthen,  dass  auch  er  zur  ßildung  der  Nische  für 
das  linke  Lymphherz  verwendet  wurde. 

Wenn  ich  nun  die  Skelete,  an  welchen  die  Assimilation  der 
Querfortsätze  am  letzten  Lenden-  und  ersten  Schwanzwirbel  beob- 
achtet wurde,  mit  gleichnamigen  Skeleten  ohne  Assimilation  ver- 
gleiche, so  ergibt  sich,  dass  die  Fälle  eigentlich  nicht  als  halbseitige 
Assimilation  des  letzten  Lendenwirbels  mit  dem  Kreuzwirbel,  sondern 
umgekehrt,  als  partielle  Umwandlung  des  ersten  Kreuzwirbels  in 
einen  Lendenwirbel  anzusehen  sind.  Denn  erstens  haben  alle  Sau- 
rier zwei  reguläre  Kreuzwirbel,  während  bei  Vorhandensein  der 
Assimilation  nur  einer  vorkommt.  Zweitens  aber  lehrt  die  Zählung 
der  Wirbel  an  gleichnamigen  Exemplaren  ohne  und  mit  Assimilation, 
dass  bei  Lophura  und  Grammatophora  ohne  Assimilation  24  Rumpf- 
wirbel und  2  Kreuzwirbel  vorkommen,  und  an  den  Skeleten  mit  Assi- 
milation ebenfalls  24  Rumpfwirbel  gezählt  werden,  somit,  was  ich 
der  Deutlichkeit  der  Beschreibung  wegen,  einen  letzten  (assimi- 
lirten) Lendenwirbel  nannte,  eigentlich  ein  Kreuzwirbel  zu  nennen 
gewesen  wäre.  Die  Assimilation  des  ersten  Schwanzwirbels  mit  den 
Kreuzwirbeln  muss  als  solche  verbleiben,  da  die  Skelete  mit  Assimi- 
lirung  einen  Schwanzwirbel  weniger  haben. 

2.  Batrachier. 

Unter  den  geschwän/.ten  Batrachiern  besitze  ich  nur  einen  Fall 
von  exquisiter  Wirbelassimilatiou  bei  Menopoma  alleghaneme 
Harl.  «). 

Der  linke  Querfortsatz  des  20.  Wirbels  trägt  das  linke  Daun- 
bein,   der   rechte  des   21.   Wirbels  das  rechte.    Das  Becken  steht, 

i)  Fig.  4. 


Über  Wii'belassimilation  bei  Amphibien.  209 

wegen  Länge  der  beiden  Wirbel  sehr  auffällig  schief,  die  betreffen- 
den Querfortsätze  aber  zeigen  im  Vergleich  zu  den  gegenständigen 
desselben  Wirbels  keine  Abweichung  an  Stärke,  Länge  oder  Rich- 
tung. Der  rechte  Querfortsatz  des  20.  Wirbels  trägt  ein  Rippenrudi- 
ment, wie  seine  Vormänner,  und  der  linke  Querfortsatz  des  21.  Wir- 
bels merkwürdiger  Weise  ein  gleiches. 

Da  an  einem  zweiten  Exemplare  derselben  Art  der  20.  Wirbel 
es  ist,  welcher  mit  seinen  beiden  Querfortsätzen  das  Becken  trägt, 
so  muss  natürlich  auch  dieser  Fall  nicht  als  einseitige  Metamorphose 
eines  Rumpfwirbels  in  einen  Kreuzwirbel,  sondern  als  Umwandlung 
des  Kreuzwirbels  in  einen  Rumpfwirbel,  und  des  ersten  Schwanz- 
wirbels in  einen  Kreuzwirbel  aufgefasst  werden. 

Dass  das  Becken  bei  einem  geschwänzten  Batrachier  nicht  an 
den  beiderseitigen  rippenähnlichen  Knochen  eines  und  desselben 
Wirbels,  sondern  an  den  einander  entgegengesetzten  Pleurapo- 
physen  zweier  hinter  einander  Hegender  Wirbel  befestiget  sein 
könne,  wurde  bisher  nur  einmal,  von  A.  S.  Schnitze  bei  Triton 
cristatus  beobachtet.  Das  Becken  war  links  am  sechszehnten,  rechts 
am  siebenzehnten  Wirbel  Gxirt  J). 

In  der,  mir  soeben  durch  meinen  Freund  Herrn  Prof.  Suess, 
zugeschickten  Abhandlung  der  Herren  J.  J.  Schmidt,  J.  Goddart 
und  Dr.  J.  van  der  Hoeven  über  den  Japan'schen  Riesensalaman- 
der2) ist  auf  Taf.  I  das  Becken  dieses  Thieres  abgebildet,  dessen 
Darmbeine  gleichfalls  von  den  Pleurapopbysen  zweier ,  hinter  ein- 
ander folgender  Wirbel  getragen  werden.  Der  vordere  derselben 
trägt  das  rechte,  der  hintere,  welcher  vom  Kopfe  an  gezählt,  der 
22.  ist,  das  linke  Darmbein.  So  sagt  die  Erklärung  der  Tafel.  Im 
Texte  dagegen  heisst  es  s),  dass  die  Verbindung  zwischen  Rippen 
und  Beckenknochen  rechts  an  dem  20.,  links  an  dem  21.  Wirbel 
Platz  greift.  An  dem  von  Herrn  Schlegel  in  der  Fauna  Japonica 
abgebildeten  Skelet  von  Cryptobranchus ,  und  an  jenem,  welches 
ich  soeben  ausgearbeitet  habe,  ist  das  Becken  nur  am  22.  Wirbel 
suspendirt.    Wäre   also   die   erste  Zahlung  die  richtige,  so  ist  der 


i)    Meckel's  Archiv  für  Physiologie,  4.  Band,  1818,  pag.  379. 

2)  Aanteekeningen  over  de  anatoraie  van  den  Cryptobranchus  Japonicus ,  in  den 
Natuurkundige  Verhandelingen  van  de  Holl.  Matschappij  der  Wetenschappen 
te  Haarlein.  19.  deel,  eerste  stuck.  Haarlem,  1862. 

3)  Lib.  cit.  pag.  11. 


270  Hyrtl. 

letzte  (21  )  Bumpfwirbel  halbseitig  einem  Beckenwirbel  assimilirt. 
Hätte  aber  die  2.  Zählung  zu  gelten,  welche  ich  für  die  unrichtige 
halte,  so  wäre  der  Fall  gegeben,  dass  zwei  halbseitig  assimilirte 
Rumpfwirbel  für  einen  Beckenwirbel  einstehen  können.  Weder  die 
genannten  Herren,  noch  A.  S.  Schultze  haben  dieses  Vorkommen 
als  Wirbelassimilation  gedeutet 

3.  Chelonier. 

Bei  einem  männlichen  Exemplar  von  Testudo  graeca  Linn. 
erleiden  die  Querfortsätze  der  das  Darmbein  stützenden  Wirbel  in 
sofern  eine  auf  die  Symmetrie  des  Beckens  Einfluss  nehmende  Ver- 
schiebung, als  der  Querfortsatz  des  dritten  Wirbels,  welcher  das 
Os  ilei  erreicht,  so  gestellt  erscheint,  dass  er  nicht  allein  vom 
Körper  des  ihm  zugehörigen  Wirbels,  sondern  zugleich  von  jenem 
des  nächst  folgenden  Wirbels  ausgeht,  worin  Jene,  welche  ihn  lie- 
ber als  Rippenhals  aufzufassen  geneigt  sind,  eine  Stütze  mehr  für 
hre  Ansicht  finden  können.  Dass  eine  Abweichung  von  so  unter- 
geordneter Art  auf  die  Stellung  des  Beckengürtels  keinen  Einfluss 
äussern  kann,  brauche  ich  nicht  erst  zu  sagen. 

Viel  markirter  wird  das  Missverhältniss  der  rechts-  und  links- 
seitigen Querfortsätze  der  Beckenwirbel  bei  einer  männlichen  Cher- 
sina  angulata  Gray.  Vier  Wirbel  gehen  eine  Verbindung  mit  den 
Darmbeinen  ein.  Ihre  Körper  bilden  zusammen  eine  merkliche 
S-förmige  Curvatur.  Die  Querfortsätze  werden  demnach  nach  jener 
Seite,  auf  welcher  die  Convexität  des  S  liegt,  kürzer  als  auf  der 
entgegengesetzten  sein,  und  umgekehrt.  Da  zugleich  das  linke 
Os  ilei  mehr  nach  vorn  gerückt  ist  als  das  rechte,  werden  auch 
die  linken  Processus  transversi  dieselbe  Richtung  zeigen,  während 
die  rechten  in  ihrer  transversalen  Stellung  verharren.  Der  erste 
und  zweite  Schwanzwirbel  tragen  rechterseifs  Querforlsätze,  linker- 
seits nicht. 

Der  Fall  ist  eigentlich  keine  Assimilation,  sondern  Scoliose,  und 
als  solcher  gewiss  nicht  minder  interessant.  Das  betreffende  Prä- 
parat befindet  sich  in  meiner  Privatsammlung.  Im  zootomischen 
Museum  diente  ein  weibliches  junges  Skelet  desselben  Thieres  zum 
Vergleiche.  Es  findet  sich  nun  seltsamer  Weise  an  letzterem  die- 
selbe Seitenverkrümmung    der    Beckenwirbelsäule ,    wenn    auch    in 


Über  Wirbelassimilation  bei  Amphibien.  Ci\ 

minder  erheblichem  Gad'1,  ebenso  die  Asymmetrie  und  der  partielle 
Mangel  der  Querfoi'tsätze. 

Bei  Clemmys  Cumberlandensis  Holbr.  reducirt  sich  die 
Asymmetrie  des  Beckens  blos  auf  Schiefheit  des  zweiten  Becken- 
wirbels, dessen  linker  Querfortsatz  an  der  Fuge  zwischen  den  bei- 
den betreffenden  Wirbelkörpern  aufsitzt,  während  der  rechte  nur 
seinem  zuständigen  Körper  angehört, 

An  einer  weiblichen  Pyxis  arachnoides  Bell,  geht  nur  der 
linke  Processus  trtmsversus  des  ersten  Kreuzwirbels  eine  Verbin- 
dung mit  dem  Os  ilei  ein.  Der  rechte  erscheint  viel  kürzer  und 
dünner,  und  biegt  sich  gegen  denselben  Fortsatz  des  ersten  Kreuz- 
wirbels zurück,  um  sich  mit  diesem  durch  Bandmasse  zu  vereinigen. 
Es  findet  keine  Compensation  von  Seite  des  ersten  Schwanzwirbels 
Statt.  Das  Becken  ist  schief  nach  rechts  verzogen;  das  rechte  Darm- 
bein zugleich  dem  linken  an  Grösse  etwas  überlegen. 

Ophidier.  Bekanntlich  bilden  gegabelte  Rippen  der  letzten 
Rumpfwirbel  und  ebenso  gespaltene  Querfortsätze  der  ersten  Schwanz- 
wirbel bei  den  Schlangen  eine  Nische  zur  Aufnahme  des  Lymph- 
herzens.  Ich  finde  nun  an  vier  *)  Exemplaren  von  Giftschlangen 
(unter  31  Arten),  dass  der  letzte  Rumpfwirbel  auf  der  einen  Seite 
eine  einfache,  und  auf  der  andern  eine  gabelförmig  getheilte  Rippe 
trägt,  während  der  letzte  von  dem  zur  Bildung  der  Lymphherz- 
nische beitragenden  Schwanzwirbel  sich  umgekehrt  wie  der  letzte 
Rumpfwirbel  verhält.  Die  Asymmetrie  kommt  zweimal  rechterseits 
und  zweimal  linkerseits  vor.  Das  eine  Lymphherz  muss  somit  um 
eine  Wirbellänge  weiter  nach  vorne  zu  liegen  kommen.  Sonderbar 
erscheint  es,  obwohl  es  blos  Zufall  sein  kann,  dass  von  74  Arten  harm- 
loser Schlangen,  keine  einzige  mit  asymmetrischer  Assimilation  des 
letzten  Rumpfwirbels  behaftet  ist.  Dagegen  besitzeich  das  Skelet  eines 
Zacholus  austriacus,  an  welchem  zwischen  dem  vorletzten  und 
letzten  Rumpfwirbel  rechterseits  ein  halber  Wirbeikörper  einge- 
schaltet liegt,  und  zwischen  letztem  Rumpf-  und  erstem  Schwanz- 
wirbel linkerseits  eine  zweite,  compensirende  Wirbelhälfte  einge- 
schoben ist.  Keiner  der  beiden  halben  Schaltwirbel  trägt  eine  Rippe. 


*)  Sie  sind:  Luchesis  rhombeata,  Aspis  Haje,  Crntatus  Durissus  und  Trigonocephalus 
Jararacca. 


272  Hyrtl.  Über  Wirbelassimilation  bei  Amphibien. 


Erklärung  der  Abbildungen. 


Fig.  t.  Beckengürtel  von  Lophura  amboinensis.  Der  erste  Beckenwirbel  ist  mit 
seinem  rechten  Querfortsatz  von  der  Bildung  des  Beckenringes  ausge- 
schlossen, wogegen  der  rechte  Querfortsatz  des  ersten  Schwanzwirbels 
zur  Fixirung  des  Darmbeines  dieser  Seite  verwendet  wird.  Auffallende 
Schiefheit  des  Beckens,  indem  das  rechte  Darmhein  weiter  nach  hinten 
gerückt  erscheint,  als  das  linke. 
a,  a  Ossa  pubis, 
b}  b  Oberschenkel, 
c  zweiter  Schwanzwirbel, 
d  letzter  Rumpfwirbel. 

Fig.  2.  Dieselbe  halbseitige  Assimilation  des  ersten  Beckenwirbels  an  die 
Rumpfwirbel,  und  des  ersten  Schwanzwirbels  an  die  Beckenwirbel,  aber 
die  entgegengesetzte  flinke)  Seite  betreffend,  von  Grammatophora 
barbata. 

Fig.  3.  Derselbe  Fall  von  Ctenodon  nigropunctatus. 

Fig.  4.  Beckengürtel  von  Menopoma  alleghanense ,  dessen  rechtes  Darmbein  a 
nicht  von  dem  Querfortsatz  desselben  Wirbels  getragen  wird,  welcher 
das  linke,  b ,  trügt,  sondern  an  den  Querfortsatz  des  nächsten  hinteren 
Wirbels  durch  Bandmasse  adhärirt.  Der  rechte  Querfortsatz  des  ersten 
und  der  linke  des  zweiten  (assimilirten)  Beckenwirbels  tragen  Rippen- 
rudimente, c,  c. 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KAISERLICHEN  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 

MATHEMATISCH  -NATURWISSENSCHAFTLICHE  CLASSE. 

XLIX.  BAND. 

ERSTE  ABTHEILUNG. 

3. 

Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der  Mineralogie,  Botanik, 
Zoologie,  Anatomie,  Geologie  und  Paläontologie. 


19 


273 


VII.  SITZUNG  VOM  10.  MÄRZ  1864. 


Herr  Hofrath  Au  er  Ritter  v.  Welsbach,  Director  der  k.  k. 
Hof-  und  Staatsdruckerei,  übermittelt  eine  Anzahl  gedruckter  Auf- 
sätze über  die  Maisfaser- Production,  und  ladet  zu  der  in  den 
Localitäten  der  k.  k.  Hof-  und  Staatsdruckerei  veranstalteten  Aus- 
stellung der  aus  der  Maispflanze  gewonnenen  Producte  ein. 

Der  Verwaltungsrath  der  „ Dampfschifffahrt  -  Gesellschaft  des 
Österr.  Lloyd"  erklärt  sich  mit  Zuschrift  vom  3.  März  1.  J. ,  in  Folge 
der  Verwendung  der  kais.  Akademie  der  Wissenschaften ,  gerne 
bereit,  Herrn  Prof.  Dr.  Karl  Peters,  in  Berücksichtigung  der  hohen 
Wichtigkeit  seiner  in  der  Türkei  zu  unternehmenden  wissenschaft- 
lichen Reise,  die  freie  Passage  auf  den  Dampfern  der  Gesellschaft 
zu  gewähren. 

Herr  Dr.  J.  Wiesner  dankt  mit  Schreiben  vom  10.  März  für 
die  ihm  zu  seinen  Untersuchungen  über  die  Zerstörung  der  Höher 
an  der  Atmosphäre,  bewilligten  Subvention  von  200  fl.  ö.  W. 

'  Herr  Hofrath  Prof.  J.  HyrtI  übermittelt  eine  für  die  Denk- 
schriften bestimmte  Abhandlung:  „Über  normale  und  abnorme 
Verhältnisse  der  Schlagadern  des  Unterschenkels". 

Ferner  wurden  folgende  Abhandlungen  eingesendet:  „Analyse 
der  Constautins-  und  der  Klausenquelle  zu  Gleichenberg  in  Steier- 
mark", von  dem  w.  M.  Herrn  Prof.  J.  Gottlieb  in  Gratz. 

„Das  Pendel  Abnahmegesetz"  ,  von  dem  Herrn  C.  S  chilbach  , 
Uhrmacher  in  Triest. 

„Über     einige     Zwillinge      des     Kupferkieses",     von      Herrn 
•T.    Gut  zeit  in   Riga. 

Herr  Director  K.  v.  Littrow  übergibt  eine  Abhandlung: 
„Entwicklung  von  Differentialformeln  zur  Verbesserung  einer 
Planeten-  oder  Cometenbahn  nach  geocentrischen  Orten",  von 
Herrn  Th.  Oppolzer. 

Herr  Dr.  H.  Leitgeb  legt  eine  Abhandlung:  „Über  kugel- 
förmige Zellverdickungen  in  der  Wurzelhülle  einiger  Orchideen"  vor. 

19* 


274 

Herr  Dr.  L.  Ditscheiner  überreicht  eine  Notiz:  „Über  die 
Brechungsquotienten  einer  Lösung  von  salpetersaurem  Wismuth- 
oxyd". 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 
Akademie    der    Naturforscher,    kais.     Leopoldino  -  Carolinisch- 
deutsche: Verhandlungen.  XXX.  Band.  Dresden,  1864;  4°- 
Astronomische  Nachrichten.  Nr.  1465.  Altona,  1864;  4°- 
Comptes    rendus    des    seances    de    TAcademie    des    Sciences. 

Tome  L VIII.  No.  7.  Paris,  1864;  4<> 
Cos  mos.   XIIP   Annee,    24e  Volume,  9e  —  10e  Livraisons.  Paris, 

1864;  8o- 
Jena,    Universität:    Akademische    Gelegenheitsschriften   aus   dem 

ersten   Halbjahre    1863/64.   Jena  &  Leipzig,  1863  &  1864; 

8o.  &  4°- 
Land-   und  forstwirtschaftliche  Zeitung.    XIV.  Jahrgang,  Nr.    7. 

Wien,  1864;  4<>- 
Lotos.   Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.  XIV.  Jahrgang.   1864. 

Januar  &  Februar.  Prag;  8°* 
Mittheilungen  aus  J.  Perth  es' geographischer  Anstalt.  Jahrg. 

1864.  I.  Heft.  Gotha;  4<>- 
Mondes.    2"  Annee,  Tome  IV,  8 —  9e  Livraisons.  Paris,  Tournai, 

Leipzig,  1864;  8<>- 
Moniteur  scientifique.   173*  Livraison.   Tome   VI%   Annee    1864. 

Paris;  4°* 
Reader,  The.  No.  61  —  62.  Vol.  III.  London,  1864;  Folio. 
Wiener  medizinische  Wochenschrift.  XIV.   Jahrg.   Nr.  9  —  10. 

Wien,  1864;  4<>- 
Zeitschrift  des  Österreich.  Ingenieur- Vereines.  XVI.  Jahrgang. 

1.  Heft.  Wien,  1864;  4»- 


275 


Über  kugelförmige  Zeilverdickungen  m  der    Wurzelhülle 
einiger  Orchideen. 

Von  Dr.  H.  L  e  i  t  g  e  b. 

(Mit  1   Tafel.) 

Locale  Verdickungen  der  Zellwand  sind  im  Pflanzenreiche  nichts 
seltenes,  und  die  verschiedenartigsten  Formen  derselben  sind  theils 
in  oberflächlich  gelegenen  Geweben  des  Pflanzenkörpers ,  theils  im 
Innern  desselben  schon  gefunden  worden. 

Die  auffallendsten  und  interessantesten  Formen  bilden  bis  jetzt 
unstreitig  die  spiess-  und  traubenförmigen  Körper  in  gewissen  Blatt- 
zellen mehrerer  Acanthaceen  und  Urticeen,  deren  Bau  und  Entwicke- 
lungsgeschichte  von  Schacht  *)  genau  beobachtet  und  beschrieben 
wurde. 

Ahnliche  partielle  Verdickungen  der  Zellwand,  die  sich  aber 
allerdings  in  Bau  und  Entwickelung  von  den  letztgenannten  Bildungen, 
wie  überhaupt  von  allen  wenigstens  mir  bekannt  gewordenen  Ver- 
dickungsweisen  wesentlich  unterscheiden,  beobachtete  ich  in  gewissen 
Zellen  der  Wurzelhülle  mehrerer,  besonders  der  Gattung  Sobralia 
angehöriger  Orchideen. 

Die  an  den  Luftwurzeln  der  Orchideen  befindliche  Wurzelhülle 
besteht,  wie  bekannt,  aus  einem  ganz  eigentümlichen,  aus  einer  oder 
mehreren  Zellschichten  bestehenden  Gewebe,  dessen  Zellen  in  der 
verschiedensten  Weise  verdickt  und  im  Alter  mit  Luft  gefüllt  sind, 
wodurch  viele  Luftwurzeln  ein  silberglänzendes  Aussehen  erhalten. 
Bei  allen  mit  einer  solchen  Wurzelhülle  versehenen  Luftwurzeln 
liegt  unter  derselben  eine  immer  nur  aus  einer  Lage  von  Zellen 
gebildete  Zellschicht,  die  nach  dem  Vorgange  Schieiden 's  von 
fast  allen  Anatomen  als  Epidermis  bezeichnet  wurde,  bis  Schacht 
sie  auf  ihre  wahre  Bedeutung  zurückführte,  indem  er  sie  als  eine 
innerhalb  der  primären  Binde  gelegene  Zellschichte  erkannte;  was 

l)   Über  die  Traubenkörper  etc.    Verhandl.  d.   Senckenbergischen  Gesellschaft  1854 


276  Leitgeb. 

später  von  Oudemans1)  durch  die  Entwickelungsgeschichte  nach- 
gewiesen wurde,  der  sie  auch  zum  Unterschiede  der  als  äusserste 
Schicht  der  Wurzelhülle  auftretenden  Epidermis  als  Endodermes 
bezeichnete,  welche  Benennung  ich  demnach  auch  in  dieser  Abhand- 
lung gebrauchen  will. 

Diese  Endodermis  besteht  wenigstens  bei  allen  mit  einer  Wur- 
zelhülle  versehenen  Luftwurzeln  der  Orchideen  aus  zweierlei  Arten 
von  Zellen,  die  sich  durch  mehrere  Merkmale  von  einander  unter- 
scheiden. Die  Zellen  der  einen  Art  nämlich  sind  langgestreckt, 
wenigstens  an  ihren  äusseren  Wänden  verdickt  und  erscheinen 
schon  kurz  unter  der  Wurzelspitze  ohne  sichtbaren  Inhalt;  die  der 
andern  Art  sind  viel  kürzer  und  zeigen  an  tangentialen  Schnitten 
meist  eine  kreisförmige  oder  in  seltenen  Fällen,  wo  sie  länger  als 
breit  sind,  eine  elliptische  Begrenzung,  sind  dabei  immer  dünn- 
wandig und  besitzen  selbst  an  älteren  Wurzeln  immer  einen  ziemlich 
grossen  Zellkern.  Sie  werden  von  Meyen  als  die  basilären  Theile 
seiner  „Hantdrüsen",  von  Sehleiden  wenigstens  bei  einigen 
Orchideen  (Aerides)  für  Spaltöffnungen  gehalten.  Da  sie  gegen 
die  Peripherie  der  Wurzel  an  Breite  zunehmen,  werde  ich  sie  nach 
dem  Vorgänge  anderer  Forscher  die  „kegelförmigen",  die  ersteren 
aber  die  „langgestreckten"  Zellen  der  Endodermis  nennen. 

Wie  diese  beiden  Arten  von  Zellen  schon  durch  ihre  verschie- 
dene Längenausdehnung  am  Badial-  wie  Tangentialschnitt  auf  den 
ersten  Blick  von  einander  unterschieden  werden  können,  sind  die 
kegelförmigen  Zellen  am  Querschnitte  meistentheils  nur  dann  leicht 
zu  erkennen,  wenn  die  langgestreckten  Zellen  wie  bei  mehreren 
Arten  von  Angraecum ,  Epidendron ,  Brassia  etc.  dickwandig  sind 
und  sich  so  deutlich  von  den  dünnwandigen  kegelförmigen  Zellen 
abheben. 

Die  Verschiedenheit  dieser  beiden  Zellarten,  die  sich,  wie  aus 
Vorhergehendem  erhellt,  in  Form  und  Inhalt  kundgibt,  äussert  sich 
aber  auch  in  Bezug  auf  den  Einfluss,  den  sie  auf  die  Bildung  jener 
Verdickungsschichten  nehmen,  die  an  den  ihnen  anliegenden  Wänden 
der  der  Wurzelhülle  angehörigen  Zellen  auftreten. 

Bei  allen  mit  einer  Wurzelliülle  versehenen  Luftwurzeln,  mag 
diese   nun  aus    spiralig-  oder   netzfaserig  verdickten   oder   einfach 

»)  Über  den  Sitz  der  Oberhaut  bei  den  Luftwurzeln   der  Orchideen.  Aus  den  Abhand- 
lungen der  kön.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Amsterdam   1861. 


Über  kugelförmige  Zellverdickuugen  iu  der  Wurzelhülie  etc.  277 

porösen  Zellen  zusammengesetzt  sein,  sind  die  der  Endodermes  an- 
liegenden Wände  in  anderer  Weise  verdickt  als  die  übrigen  Wände 
dieser  und  der  allenfalls  noch  darüber  liegenden  Zellschichteu.  In 
der  Regel  sind  in  dem  Falle,  als  die  Zellen  der  Wurzelhülle  spiralige 
Verdickungen  zeigen,  die  Verdickungsfasern  an  diesen  Wänden 
viel  enger  an  einander  gerückt,  so  dass  sie  sich  oft  sogar  berühren, 
während  wieder  dort,  wo  die  Zellen  der  Wurzelhülle  einfach  porös 
erscheinen,  die  Verdickungsschichten  an  diesen  Wänden  ununter- 
brochen abgelagert  sind  ,  oder  aber  körnige  Erhabenheiten  wahr- 
nehmen lassen,  wodurch  diese  Wände  dann  von  oben  betrachtet,  ein 
gekörntes  Aussehen  erhalten.  In  vielen  Fällen  beobachtet  man  auch, 
dass  die  Verdickungsschichten  an  diesen  Wänden  ein  ungemein 
enges,  oft  aus  mehreren  über  einander  liegenden  Lagen  bestehendes 
Netzwerk  bilden,  dessen  einzelne  Fasern  erst  nach  Behandlung  mit 
Schwefelsäure  oder  Kali  deutlicher  sichtbar  werden. 

Während  nun  diese  Verdickungsschichten  an  den  über  den 
langgestreckten  Zellen  der  Endodermis  gelegenen  Wandungen 
ganz  gleichmässig  verlaufen,  zeigen  sie  an  den  den  kegelförmigen 
Zellen  anliegenden  Wänden  meist  eine  mehr  oder  weniger  verschie- 
dene Ausbildung,  obwohl  auch  nicht  selten  Fälle  vorkommen,  wo 
ein  solcher  Unterschied  nicht  wahrzunehmen  ist,  wie  man  es  zum 
Beispiele  bei  Zygopetalum  crinitiim,  Oncidium pulvinatum,  Brassia 
verrucosa  etc.  beobachten  kann.  In  allen  auch  den  zuletzt  angeführ- 
ten Fällen  erscheinen  ferner  die  Verdickungsschichten,  die  über 
den  kegelförmigen  Zellen  gelegen  sind,  mehr  oder  weniger  gebräunt, 
so  dass  man  auf  Tangentialschnitten  die  Lage  der  letzteren  auch 
durch  mehrere  Zelllagen  der  Wurzelhülle  hindurch  genau  wahr- 
nehmen kann. 

Bei  Eria  stellata  sind  die  der  Endodermis  anliegenden  Wände 
ganz  gleichmässig  verdickt ,  zeigen  aber  über  den  kegelförmigen 
Zellen  zahlreiche  Poren,  die  aber  an  den  den  langgestreckten  Zellen 
anliegenden  Wänden  nur  äusserst  spärlich  vertheilt  sind. 

Bei  Cattlega  crispa  sehen  wir  die  über  den  langgestreckten 
Zellen  gelegenen  Verdickungsschichten  aus  sehr  eng  an  einander- 
Iiegenden,  meist  schief  über  die  Zellwand  verlaufenden  Fasern 
gebildet,  während  über  den  kegelförmigen  Zellen  nur  sehr  wenige 
vereinzelt  stehende  Fasern,  zwischen  denen  hie  und  da  Poren  auf- 
treten,   beobachtet  werden  können  (Fig.  7). 


278  L  e  i  t  g  e  b. 

Schon  viel  complicirter  erscheint  die  Ausbildung  dieser  Ver- 
dickungsschichten  bei  Camaridium  ochroleucum,  Chysis  bractescens, 
Xylobium  pallidiflorum  etc.  Bei  Camaridium  ochroleucum  zum  Bei- 
spiele laufen  die  Verdickungsschichten  an  den  über  den  langge- 
streckten Zellen  gelegenen  Wänden  ganz  so,  wie  oben  für  Cattlega 
crispa  erwähnt  wurde.  Man  kann  die  Fortsetzung  der  Fasern  aller- 
dings auch  über  die  kegelförmigen  Zellen  verfolgen;  doch  wird  dort 
ihr  Verlauf  ein  ganz  unregelmässiger,  indem  sie  sich  vielfach  ver- 
ästeln und  verschlingen.  Bei  genügender  Vergrösserung  (2S0)  und 
schiefer  Spiegelstellung  erkennt  man  aber  ausserdem  noch  eine 
zweite  ungemein  feine  quer  über  die  früher  erwähnten  Fasern  ver- 
laufende Streifung,  die  man  noch  dadurch  deutlicher  machen  kann, 
dassman  das  Präparat  einige  Zeit  in  etwas  verdünnter  Schwefelsäure 
liegen  lässt,    wodurch  die  Verdickungsfasern  etwas  aufquellen. 

Diese  Beispiele,  denen  ich  noch  mehrere  nicht  minder  interes- 
sante beifügen  könnte,  zeigen  an  sich  schon,  wie  ganz  eigenthümlich 
und  von  den  übrigen  Zellwandverdickungen  abweichend  der  Bau  der 
Verdickungsschichten  an  jenen  Wänden  ist,  die  über  den  kegel- 
förmigen Zellen  gelegen  sind ,  aus  welchem  Umstände  allein  man 
schon  auf  einen  von  den  in  den  benachbarten  Zellen  statthabenden 
verschiedenen  Lebensprocess  der  kegelförmigen  Zellen  zu  schliessen 
berechtigt  wäre. 

Ich  gehe  nun  zur  Besprechung  des  eigentlichen  Gegenstandes 
dieser  Abhandlung  über: 

Wenn  man  durch  die  Luftwurzeln  einer  Sobralia-Art J)  zarte 
Querschnitte  macht ,  und  selbe  bei  genügender  Vergrösserung 
betrachtet,  so  bemerkt  man  in  einigen  Zellen  der  an  die  Endodermis 
anliegenden,  der  Wurzelhülle  angehörigen  Zellschicht  schwarzbraune 
kugelförmige  Massen,  die  mit  einer  etwas  breiteren  Basis  den  Zellen 
der  Endodermis  enge  aufsitzen  (Fig.  1).  Immer  befindet  sich  nur 
eine  einzige  Kugel  in  einer  Zelle  und  man  beobachtet  solche  Zellen 
entweder  ganz  vereinzelt  stehend,  oder  aber  zu  zwei  oder  drei  an 
einander  liegend.  In  einigen  Fällen  bemerkt  man,  dass  die  darunter 
liegenden  Zellen  der  Endodermis  kleiner  und  etwas  tiefer  liegend 
sind ,  als  die  zunächst  gelegenen ,  und  man  kann  sie  in  solchen 
Fällen  schon  für  die  kegelförmigen  Zellen  halten.    Deutlicher  wird 

i)  Ich    untersuchte  Sobralia  decora    und    S.    macrantha.    Oudemans    erwähnt    S. 
Liliaatrum,  sagt  aber,  dass  er  auch  bei  anderen  Arten  Ähnliches  beobachtet  habe- 


Über  kugelförmige  Zellyerdickungen  in   der  Wurzelhülle  etc.  ä79 

die  Ansicht  auf  einen  Radialschnitt  (Fig.  2),  wo  man  die  kugelför- 
migen Körper  immer  nur  über  den  kegelförmigen  Zellen  bemerkt. 
Ein  Tangentialschnitt  zeigt,  dass  die  Anzahl  der  über  einer  kegel- 
förmigen Zelle  gelegenen  Kugeln  von  der  Anzahl  der  Zellen  abhängig 
ist,  die  über  ihr  zusammentreffen.  Man  findet  eine,  zwei,  drei  auch 
vier  solcher  Kugeln  beisammen  liegend,  je  nachdem  eben  nur  eine 
einzige  Zelle  eine  kegelförmige  Zelle  bedeckt,  oder  zwei,  drei  oder 
vier  solcher  „Deckzellen"  vorhanden  sind. 

Ich  finde  dieser  kugelförmigen  Massen  nur  bei  Oudemans1) 
Erwähnung  gethan,  der  sie  auch  abbildet,  aber  nur  erwähnt,  dass 
„bei  mehreren  Sobralia-Arten  die  kürzeren  Zellen  der  Endodermis 
von  zwei  oder  mehreren  fremdartigen  bräunlichen,  mit  einer  körnigen 
Oberfläche  versehenen  Körpern  bedeckt  werden. 

Im  ersten  Augenblicke  ist  man  allerdings  versucht,  diese  Massen 
für  fremdartige  Körper  zuhalten,  etwa  für  Reste  des  Zellinhaltes, 
wie  man  sie  öfters  in  den  Zellen  der  Wurzelhülle  findet,  oder  für  Aus- 
scheidungsproducte  der  kegelförmigen  Zellen.  Aber  schon  die  Con- 
stanz  und  Regelmässigkeit  ihres  Auftretens,  wie  andererseits  die 
bestimmte  Form  und  scharfe  Regrenzung  lassen  vermuthen,  dass 
wir  es  hier  nicht  mit  fremdartigen  Körpern  zu  thun  haben.  Die 
schwarzbraune  Färbung  dieser  Körper  hindert  bei  etwas  dickeren 
Schnitten  allerdings  irgend  eine  Structur  an  ihnen  wahrzunehmen; 
wenn  man  aber  hinreichend  feine  Schnitte  in  was  immer  für  Rich- 
tungen anfertigt,  so  bemerkt  man  eine  deutliche  Schichtenbildung, 
die  gegen  die  Rasis  des  Körpers  oft  ganz  undeutlich,  gegen  den 
Rand  hin  aber  immer  deutlicher  wird  (Fig.  3  und  4).  Dabei  beob- 
achtet man  an  sehr  feinen  Durchschnitten ,  dass  die  Contouren  der 
einzelnen  Schichten  auch  der  äussersten,  welche  besonders  nach 
Kochen  in  Kali  sehr  scharf  begrenzt  hervortreten ,  durchaus  nicht 
als  zusammenhängende  Linien,  sondern  sehr  oft  unterbrochen  er- 
scheinen; welcher  Umstand  verbunden  mit  der  Ansicht  der  Ober- 
fläche uns  lehrt,  dass  die  einzelnen  Schichten,  aus  welchen  diese 
kugelförmigen  Körper  bestehen,  nicht  als  homogene  Flächen,  sondern 
als  ein  von  vielen  sich  verästelnden  und  durchkreuzenden  Fasern 
gebildetes  Netzwerk  zu  betrachten  sind. 


*)  Oudemans,  1.  c.  pag.  31   und  Taf.  II,  Fig.  22  b. 


280  Leitgeb. 

Ein  ganz  älinlich  gebildetes,  aber  meist  nur  aus  einer  Lage  von 
Fasern  bestehendes  Verdickungsnetz  beobachtet  man  auch  an  den 
über  den  langgestreckten  Zellen  der  Endodermis  gelegenen  Wänden 
und  man  sieht,  besonders  an  solchen  Präparaten,  die  durch  schief 
gegen  diese  Wände  geführte  Schnitte  dargestellt  wurden,  wie  die 
an  den  Seitenwandungen  vereinzelt  laufenden  Verdickungsfasern 
sich  allmählich  in  dieses  Netzwerk  auflösen,  im  selben  aber  öfters 
zu  körnigen  Hervorragungen  anschwellen. 

Die  über  den  kegelförmigen  Zellen  der  Endodermis  gelegenen 
Zellen  der  Wurzelhülle  (Deckzellen)  passen  jedoch  nicht  genau  auf 
jene,  sondern  bedecken  meistentheils  auch  die  zunächst  gelegenen 
Partien  der  langgestreckten  Zellen  (Fig.  3) ,  zeigen  jedoch  an 
diesen  Stellen  ein  viel  weniger  entwickeltes,  hie  und  da  ganz  feh- 
lendes Verdickungsnetz ;  wo  dieses  aber  vorhanden  ist,  da  beob- 
achtet man  an  sehr  feinen  Schichten  und  bei  starker  Vergrösserung, 
wie  einzelne  Fasern  an  den  kugelförmigen  Körpern  emporsteigen, 
und  in  diese  einzelnen  Schichten  derselben  allmählich  übergehen, 
wodurch  also  eine  Verbindung  dieser  Körper  mit  den  an  den  anderen 
Wänden  der  Zelle,  wiewohl  sehr  spärlich  verlaufenden  Verdickungs- 
schichten  hergestellt  wird.  Die  innersten  Schichten  liegen  einmal 
an  einer  mittleren  Stelle  der  über  der  kegelförmigen  Zelle  gelegenen 
Wand,  wie  in  Fig.  4  bei  a  ersichtlich  ist,  oder  aber  sie  entsprin- 
gen an  den  Stellen,  wo  die  über  den  kegelförmigen  Zellen  mehr 
oder  weniger  senkrecht  stehenden  Seitenwände  mit  den  unteren 
jenen  anliegenden  Wänden  zusammentreffen.  Die  äussersten  Schich- 
ten endigen  einerseits  über  den  langgestreckten  Zellen,  andererseits 
an  den  Berührungswänden  zweier  solcher  Deckzellen  (wenn  nicht 
blos  eine  einzige  vorhanden  ist)  ,  oder  gehen  allmählich  in  die  im 
Umkreise  der  kugelförmigen  Körper  abgelagerten  Verdickungs- 
schichten  über. 

Da  die  kegelförmigen  Zellen  etwas  tiefer  als  die  langgestreckten, 
in  diese  eingesenkt,  gelegen  sind,  so  werden  auf  diese  Art  in  der 
Endodermis  Grübchen  gebildet,  in  denen  dann  auch  die  kugel- 
förmigen Körper  gelegen  sind,  die  aber  doch  bei  ihrer  immerhin 
ansehnlichen  Grösse  mit  ihren  oberen  Theilen  über  die  Endodermis 
sich  erheben  und  in  die  Wurzelhülle  hineinragen.  Die  letzteren 
Verhältnisse  lassen  sich  besonders  gut  an  einem  etwas  dickereu 
Tangentialsehnitt   schon    unter   dem    Präparirmikroskope    bei    etwa 


Über  kugelförmige  Zellrerdickungen  in  der  Wurzelhülle  etc.  281 

dreissigfaeher  Vergrösserung  wahrnehmen  und  man  kann  dann  mit 
den  Präparirnadeln  diese  Kugeln  mit  der  von  ihnen  bedeckten  Wand 
der  Endodermis  losreissen,  in  welchem  Falle  dann  die  darunter 
liegenden  viel  kleineren  kegelförmigen  Zellen  zum  Vorschein 
kommen. 

Schon  aus  den  oben  angeführten  anatomischen  Untersuchungen 
ist  man  berechtigt,  diese  kugelförmigen  Massen,  als  durch  locale 
Zellverdickung  entstanden,  zu  erklären. 

Aber  nicht  allein  die  anatomische  Untersuchung  belehrt  uns 
über  die  Natur  dieser  Körper,  auch  nach  ihrem  chemischen  Ver- 
hallen erweisen  sie  sich  als  gehäufte  Verdickungsschichten,  indem 
sie  sich  gegen  Reagentien  gerade  so  verhalten,  wie  die  benach- 
barten über  den  langgestreckten  Zellen  gelegenen  und  die  spiral- 
oder  netzfaserig  auftretenden  Verdickungsschichten  der  übrigen 
Zellen  der  Wurzelhülle.  Voreist  sei  erwähnt,  dass  die  braune 
Färbung,  die  diese  Körper  zeigen  und  die  gegen  ihre  Basis  hin 
an  Intensität  zunimmt,  nicht  etwa  durch  andere  zwischen  die  ein- 
zelnen Schichten  abgelagerte  Stoffe  bedingt  ist,  sondern  in  der 
Färbung  der  Schichten  selbst  ihren  Grund  hat,  sich  aber  durch  kein 
mir  bekanntes  Mittel  vollkommen  entfernen  lässt;  nur  durch  die 
Maeeration  mit  chlorsaurem  Kali  und  Salpetersäure  werden  die 
äussersten  Schichten  aber  erst  dann  entfärbt,  wenn  der  Macerations- 
process  schon  so  weit  vorgeschritten  ist,  dass  auch  schon  ein  theil- 
weises  Aufgelöstwerden  dieser  Schichten  eintritt. 

Wenn  man  auf  sehr  feine  Schnitte,  welche  man  sich  sehr  leicht 
verschafft,  wenn  man  das  Wurzelstück  früher  etwas  austrocknen 
lässt,  Jod  und  Schwefelsäure  einwirken  lässt,  so  färben  sich  die 
Verdickungsfasern  der  Zellen  der  Wurzelhülle  wie  auch  die  netz- 
förmigen Verdickungsschichten  über  den  langgestreckten  Zellen  und 
die  diesen  Kugeln  angehörigen  gelbbraun,  letztere  nicht  selten  roth, 
wobei  sich  an  diesen  öfters  ein,  wenn  auch  sehr  schwaches  Aufquellen 
der  äussersten  Schichten  beobachten  lässt.  Alkohol,  Äther,  Kali 
verändern  auch  nach  erfolgtem  Kochen  diese  Körper  nicht,  mit  Aus- 
nahme eines  geringen  Aufquellens  der  äussersten  Schichten.  Auch 
durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  und  Salzsäure  zeigt  sich  kein 
anderer  Einfluss  als  der,  wie  er  sich  auch  auf  andere  Verdickungs- 
schichten kundgibt.  Eine  Kalkablagerung  also,  wie  an  den  Trauben- 
körpern, ist  hier  nicht  vorhanden.    Durch  die  Maeeration  mit  chlor- 


282  Leitgeb. 

saurem  Kali  und  Salpetersäure  werden  die  äussersten  Schichten 
dieser  Körper  eher  angegriffen,  als  die  Verdickungsschichten  anderer 
Zellen  der  Wurzelhülle,  wobei  sie  auch,  wie  schon  oben  erwähnt, 
ihre  braune  Färbung  verlieren.  Behandelt  man  nach  erfolgter  Mace- 
ration  die  Präparate,  aus  denen  man  jetzt  ohne  viele  Mühe  unter 
dem  Präparirmikroskope  die  Kugeln  herauslesen  kann,  mit  Jod  und 
Schwefelsäure,  wobei  man  jedoch  die  Vorsicht  anwenden  muss, 
das  Präparat  nach  Behandlung  mit  Jod  etwas  eintrocknen  zu  lassen 
und  dann  erst  Schwefelsäure  hinzuzufügen,  so  färben  sich  die  ein- 
zelnen Schichten  der  Kugeln  so  wie  die  über  den  langgestreckten  Zellen 
liegenden  netzförmigen  Verdickungen  und  die  Verdickungsfasern 
der  übrigen  Zellen  der  Wurzelhülle  öfters  bläulichgrün ,  was  noch 
ein  theilweises  Vorhandensein  von  Cellulose  voraussetzt,  an  Präpa- 
raten ,  die  aus  der  Luftwurzel  nahe  an  ihrer  Spitze  geschnitten 
wurden,  erhielt  das  Grün  eine  immer  entschiedenere  Beimengung  von 
Blau,  eine  vollkommene  Bläuung  konnte  ich  jedoch  nie  erhalten,  wie 
es  mir  überhaupt  auch  nie  gelang,  das  Innenhäutchen  blau  zu  färben. 
Wenn  man  bei  der  Maceration  nach  dem  Schulz'schen  Ver- 
fahren das  Kochen  durch  einige  Zeit  fortsetzt,  so  dass  schon  ein 
theilweises  Zerfallen  des  Objectes  eintritt  und  solche  Präparate 
nun  unter  dem  Mikroskope  betrachtet,  so  sieht  man,  dass  die  kugel- 
förmigen Körper  wie  auch  die  benachbarten  netzförmigen  Ver- 
dickungsschichten über  den  langgestreckten  Zellen  fast  ganz  ver- 
schwunden sind,  während  jedoch  die  Verdickungsfasern  der  übrigen 
Zellen  der  Wurzelhülle  noch  ziemlich  gut  erhalten  bleiben,  was 
allerdings  auf  eine  wenigstens  theilweise  Verschiedenheit  der  chemi- 
schen Constitution  dieser  beiden  Arten  von  Verdickungen  schliessen 
lässt.  Hat  man  jedoch  das  Kochen  in  einem  Momente  unterbrochen, 
wo  diese  Verdickungsschichten  noch  nicht  angegriffen  wurden,  die 
Maceration  aber  doch  soweit  vorgeschritten  ist,  dass  sich  die  Zellen 
unter  den»  Präparirmikroskope  leicht  isoliren  lassen ,  so  gelingt  es 
sehr  leicht,  die  ganze  Deckzelle  mit  dem  darin  befindlichen  Körper 
frei  zu  präpariren,  und  nun  kann  man  sich  auf  das  Genaueste  über 
den  Verlauf  der  Verdickungsschichien  unterrichten,  die  nun  durch 
den  ganzen  Körper  bis  zu  seiner  Basis  wahrzunehmen  sind.  Auch 
gelingt  es  jetzt,  die  früher  sehr  spröden  und  brüchigen  Körper  zu 
zerfasern  und  so  ihre  Zusammensetzung  aus  einzelnen  Verdickungs- 
fasern auf  das  Schönste  nachzuweisen. 


Über  kugelförmige  Zeilverdickungen  m  der  Wurzelhülle  etc.  COo 

Die  Entwicklungsgeschichte  dieser  eigentümlichen  Zeilver- 
dickungen bietet  weiter  wenig  Bemerkenswerthes  dar:  Die  Endo- 
dermis  erscheint  auf  einem  Längenschnitte  durch  die  Wurzel- 
spitze  schon  vom  Vegetationskegel  aus  als  eine  sowohl  gegen  die 
darüberliegende  Wurzelhülle  als  auch  gegen  das  innerhalb  gelegene 
Rindenparenchym  scharf  begrenzte  Zellreihe,  in  der  auch  sehr  bald  der 
Unterschied  zwischen  beiden  Zellarten  auftritt.  Die  erste  Anlage  der 
über  den  kegelförmigen  Zellen  gelegenen  Verdickungsschichten  fällt 
mit  dem  Auftreten  der  Spiralfasern  in  den  übrigen  Zellen  der  Wurzel- 
hülle zusammen.  Sie  beginnt  an  Theilen,  die  noch  unter  der  Wurzel- 
haube gelegen  sind  und  die  Ablagerung  dieser  Verdickungsschichten 
schreitet  so  rasch  vorwärts,  dass  die  kugelförmigen  Körper  (wie  auch 
die  Spiralfasern  in  den  übrigen  Zellen)  schon  vollkommen  ausgebildet 
sind,  wenn  die  Wurzelhülle  unter  der  Wuizelhaube  hervortritt.  Von 
einer  früheren  Bildung  eines  Stielchens,  wie  Schacht  es  für  die  Ent- 
wickelung  der  Traubenkörper  bei  den  Urticeen  angibt,  konnteich  nichts 
bemerken.  Die  Schichten  legen  sich  unmittelbar  an  die  Wände  der 
Zellen  an  und  erscheinen  auch  sogleich  braun  gefärbt,  wie  es  mir 
auch  nie  gelingen  konnte,  selbe  durch  unmittelbare  Anwendung  von 
Jod  und  Schwefelsäure  blau  zu  färben.  Es  mag  dies  wohl  darin 
seinen  Grund  haben,  dass  in  der  Jahreszeit,  in  welcher  ich  meine 
Untersuchung  anstellte  (Jänner  und  Februar),  das  Wachsthum  der 
Wurzeln,  wenigstens  an  den  mir  zur  Verfügung  stehenden  Exem- 
plaren fast  ganz  stille  stand.  Ich  glaube  auch  nicht,  dass  die  Beob- 
achtung an  jungen  lebhaft  vegetirenden  Wurzeln  in  Bezug  auf  die 
Entwickelungsgeschichte  dieser  Kugelkörper  andereResultate  ergeben 
dürfte,  da  ich  Gelegenheit  hatte,  auch  bei  anderen  Orchideen  ähn- 
liche Bildungen  in  ihren  ersten  Entwickelungsstadien  zu  beobachten 
und  dabei  ganz  gleiche  Resultate  erhielt. 

Ich  habe  nämlich  schon  oben  erwähnt,  dass  bei  einigen  Orchi- 
deen wie  Zygopetalum  crinitum,   Oncidium  pnlvinatum  etc. ,    die 
über    den   kegelförmigen     Zellen    gelegenen   Verdickungsschichten 
öfters  zwei  Lagen  wahrnehmen  lassen,  die  man  aber  erst  bei  wech- 
selnder Spiegelstellung  genau  unterscheiden  kann.    Es  haben  wohl 
schon  diese  Bildungen  wenigstens  ihrer  Entstehung  nach  eine  gewisse 
Ähnlichkeit  mit    den  hier   gedachten    kugelförmigen  Verdickungs- 
körpern,    obwohl  diese  beiden  Schichten  nicht  so  mächtig  werden, 
um  eine  bedeutende  Verdickung  der  Zellwand  hervorzubringen.  Nun 


284  Leitgel.. 

finden  wir  aber  Orchideen,  deren  Luftwurzeln  in  dieser  Beziehung 
gerade  die  Mitte  zwischen  den  beiden  gedachten  Bildungen  halten. 
Wenn  man  nämlich  durch  die  Luftwurzeln  von  Trigonidhim 
Egertonianum  Quer  -  oder  Längenschnitte  macht ,  so  bemerkt 
man,  dass  über  den  kegelförmigen  Zellen  der  Endodermis  ebenfalls 
in  ziemlicher  Mächtigkeit  Verdickungsschichten  abgelagert  sind, 
die  den  Deckzellen  angehören  (Fig.  8  und  9).  Sie  sind  unmittel- 
bar über  den  kegelförmigen  Zellen  am  mächtigsten  und  verlaufen 
dann  allmählich,  indem  sie  in  die  über  den  langgestreckten  Zellen 
gelegenen  Verdickungsfasern  übergehen.  Es  ist  jedoch  diese  Er- 
scheinung nicht  etwa  eine  Täuschung,  veranlasst  durch  die  starke 
Convexität  der  kegelförmigen  Zellen,  der  zufolge  es  in  der  That 
manchmal  nicht  möglich  ist,  so  feine  Schnitte  darzustellen,  um 
nicht  blos  die  Durchschnittslinie,  sondern  auch  einen  Theil  der 
gekrümmten  Fläche  sehen  zu  müssen,  so  dass  man  also  das  über- 
einander zu  sehen  meint,  was  eigentlich  hinter  einander  gelegen 
ist ,  welche  Täuschung  bei  einer  flüchtigen  Betrachtung  bei 
anderen  Orchideen  allerdings  sehr  leicht  eintreten  kann;  dass  es 
in  der  That  gehäufte  Verdickungsschichten  sind ,  beweist  über- 
zeugend Fig.  9,  wo  zwei  Deckzellen  vorhanden  sind,  die  Ver- 
dickungsschichten in  der  einen  aber  stärker  entwickelt  sind  als  in 
der  andern.  Auch  die  Entwickelungsgeschichte  dieser  Verdickungs- 
schichten stimmt  ganz  mit  der  oben  für  die  Kugelkörper  in  Sobralia 
angegebenen  überein;  es  ist  eben  nur  eine  locale  stärkere  Ablage- 
rung von  Verdickungsschichten. 

Bevor  ich  schliesse,  muss  ich  noch  einer  Erscheinung  Erwäh- 
nung thun,  die  an  den  kegelförmigen  Zellen  beobachtet  wird.  An 
jedem  Radialschnitt,  den  man  durch  eine  Luftwurzel  von  Sobralia 
(decora  oder  macrantha)  führt,  beobachtet  man  die  Seitenwand  der 
kegelförmigen  Zellen  mit  einigen  Porencanälen  besetzt  (Fig.  4  b). 
Ein  tangentialer  Schnitt  (Fig.  6)  zeigt  uns,  dass  sie  den  seeundären 
Schichten  der  langgestreckten  und  dickwandigen  Zellen  der  Endo- 
dermis angehören  und  an  den  kleineren  dünnwandigen  Zellen  enden. 
Man  findet  sie  fast  ausschliesslich  an  den  der  Länge  nach  verlaufen- 
den Wandungen  und  immer  nur  an  den  Berührungswänden  der  lang- 
gestreckten und  kegelförmigen  Zellen.  Sie  stehen  wahrscheinlich 
mit  der  Ablagerung  der  kugelförmigen  Verdickungsschichten  in  einer 
gewissen  Beziehung. 


Über  kugelförmige  Zellverdickungen  in  der  Wurzelhülle  etc.  äöO 

Über  die  physiologische  Bedeutung  dieser  Verdickuugsschichten 
wage  ich  vorderhand  noch  keine  bestimmte  Meinung  auszusprechen. 
Sind,  wie  ich  schon  bei  einer  andern  Gelegenheit *)  erwähnt  habe, 
die  immer  dünnwandigen  kegelförmigen  Zellen  die  Wege  zur  Auf- 
nahme der  durch  das  Geflecht  der  Wurzelhaare  oder  die  Wurzel- 
hülle condensirten  Wasserdünste  der  Atmosphäre,  so  lässt  sich 
die  Bedeutung  dieser  Verdickungsschichten,  welche  so  die  Verbin- 
dungswege verlegen,  nicht  recht  einsehen.  Wenn  man  aber  bedenkt, 
dass  diese  kugelförmigen  Körper  keine  homogene  Masse,  sondern  ein 
mehrfach  über  einander  liegendes,  aus  einzelnen  Fasern  gebildetes 
Netz  von  Verdickungsschichten  darstellen,  so  können  sie  als  poröse 
Körper  wohl  ganz  gut  die  Fähigkeit  haben,  sich  des  condensirten 
Wassers  zu  bemächtigen,  selbes  durch  längere  Zeit  festzuhalten  und 
allmählich  an  die  darunter  liegenden  kegelförmigen  und  dünnwandigen 
Zellen  abzugeben,  die  es  dann  sowohl  unmittelbar  nach  innen,  als 
auch  durch  die  oben  erwähnten  Porencanäle  seitlich  zu  leiten  im 
Stande  wären. 

Ich  werde  bei  einer  andern  Gelegenheit  nochmals  auf  diese 
interessanten  Bildungen  zurückkommen. 


Erklärung  der  Tafel. 

Sämmtliche  Figuren    sind  mit   dem    So  mmering'schen    Spiegel    gezeichnet. 
Die  Vergrösserung  ist  als  Bruchzahl  jeder  Figur  beigefügt. 

Fig.  1.  Querschnitt  durch  eine  Luftwurzel  von  Sobralia  decora.  Über  den 
kegelförmigen  Zellen  der  Endodermis  liegen  bei  a  zwei,  bei  b  drei 
kugelförmige  Körper. 

„    2.  Radialschnitt  aus  derselben  Partie  der  Wurzel. 

„  3.  Tangentialschnitt.  Man  sieht  die  die  Endodermis  bedeckenden  Wände 
mit  den  eigenthümlichen  Verdickungsschichten  und  den  durchschnit- 
tenen Spiralfasern  der  Seitenwände.  In  den  Deckzellen  die  beiläufig  in 
der  Mitte  durchschnittenen  Kugelkörper.  Die  von  diesen  freibleibenden 
Wände  der  Deckzellen  liegen,  wie  aus  Fig.  2  und  4  erhellt,  etwas  tiefer, 
sind  auch  fast  gar  nicht  verdickt  und  erscheinen  daher  licht. 

„  4.  Radialschnitt  wie  in  Fig.  2,  aber  stärker  vergrössert.  Man  sieht  die 
aus  Schichten  bestehenden  kugelförmigen  Körper  und  über  den  lang- 


!)  Zur    Kenntniss    von    Hartweyia   comosa.     Jännerheft    der    Sitzungsber.    d.    kais, 
Akad.  d.  Wiss.  1864. 


28b     Leitgeb.  Über  kugelförmige  Zellverdickungen  in  der  Wurzelhülle  etc. 

gestreckten  Zellen  hie  und  da  zackenartige  Hervorragungen  der  netz- 
förmigen Verdickungsschichten.  a  Anfangsstelle  der  Schichtenbildung; 
b  Poren. 
Fig.  5.  Tangentiale  Ansicht  zweier  langgestreckter  Zellen  und  der  die  kegel- 
förmigen Zellen  bedeckenden  Kugelkörper. 

„  6.  Tangentialer  Schnitt,  geführt  durch  die  kugelförmigen  und  die  benach- 
barten langgestreckten  Zellen  der  Endodermis.  a  Porencanäle;  b  Ver- 
dickungsschichten der  langgestreckten  Zellen;  c  Wand  der  kegel- 
förmigen Zelle. 

,,  7.  Tangentialschnitt  durch  eine  Luftwurzel  von  Cattleya  crispa.  Man  sieht 
die  die  Endodermis  bedeckenden,  mit  eng  an  einander  liegenden  Ver- 
dickungsschichten besetzten  Wände  der  darüberliegenden  der  Wurzel- 
hülle angehörigen  Zellschicht:  a  kegelförmige  Zelle.  Die  Wände  der 
darüberliegenden  (3)  Deckzellen  sind  mit  einzelnen  Verdickungsfasern 
und  Poren  besetzt;  b  durchscheinende  Wand  der  tiefer  liegenden  lang- 
gestreckten Zelle  der  Endodermis. 

„  8.  Radialschnitt  durch  eine  Luftwurzel  von  Trigonidium  Egertonianum. 
a  obere  Wand  der  verdickten  langgestreckten  Zellen  der  Endodermis; 
b  die  über  den  kegelförmigen  Zellen  gehäuften  Verdickungsschichten 
der  Deckzellen;  c  durchschnittene  Seitenwände;  d  spaltenförmige  Poren 
der  langgestreckten  Zellen. 

,,  9.  Ansicht  und  Bezeichnung  wie  in  Fig.  8.  Über  der  kegelförmigen  Zelle 
liegen  zwei  Deckzellen. 


Leitgeb    Ober  ktgclformitfe   ZellverdrcWeii   üc 


/■Wy? 


i 


/>-/.;. 


.___  ^ , j,---/'-- --^^-r^ 


Fig.  y 


/& 


^  ■/  |  K.<  <■  )<  < >£    )\  K '  <  x'  xf  >C        r/    £  >C  ><T 


Sitzungsb.  il  k  Ak.nl. ,1  W.maöi.natuw.OJ.XLIIBd..I.Abtk  L864. 


%5 


287 


VIII.  SITZUNG  VOM   17.   MÄRZ    1864. 


Die  Direction  der  „Ersten  k.  k.  priv.  Donau  -Dampfschifffahrt- 
Gesellschaft"  erklärt  sich,  mit  Zuschrift  vom  12.  März,  mit  Ver- 
gnügen bereit,  dem  c.  M.  Herrn  Prof.  Peters,  zu  seiner  wissen- 
schaftlichen Reise  nach  der  europäischen  Türkei  die  freie  Fahrt 
auf  den  Schiffen  der  Gesellschaft  von  Wien  nach  Galaz  und  zurück 
zu  bewilligen. 

Die  „Societe  des  Sciences  Naturelles  du  Grand -Duche  de 
Luxembourg"  dankt,  mit  Schreiben  vom  9.  März,  für  die  Betheilung 
mit  dem  akademischen  „Anzeiger". 

Herr  Director  E.  Fenzl  überreicht  im  Namen  des  Herrn 
Prof.  F.  Unger  eine  Abhandlung:  „Über  einen  in  der  Tertiär- 
Formation  sehr  verbreiteten  Farn". 

Herr  Prof.  Seligmann  macht  eine  Mittheilung  über  einige 
ethnographische  Gegenstände,  welche  neuerlich  vom  Herrn  Dr. 
Ried  aus  Valparaiso  für  die  Novara- Sammlung  eingelangt  sind. 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 

Rizio,  Giovanni,  Sopra  una  concrezione   rinvenuta   negrintestini 

di  un  cavallo.  Analisi  chimica.  (Dagli  Atti  del  Istituto  Veneto 

1863—64.)  Venezia;  8«- 
Comptes    rendus     des    sSances    de    PAcademie    des    Sciences. 

Tome  LVIII.  Nr.  8.  Paris,  1864;  4«- 
Cos  mos.  XIIPAnnee,  24"  Volume,  lle  Livraison.  Paris,  1864;  8«»- 
Hoffmann,  Robert,  Bericht  über  die  Wirksamkeit  der  agricultur- 

chemischen  Untersuchungsstation  der  k.  k.  patriot. -Ökonom. 

Gesellschaft.  Im  Jahre  1862.  Prag;  4°- 
Jahresbericht  der  Lesehalle  der  deutschen  Studenten  in  Prag. 

1.  Juli  1862  —  Ende  December  1863.  Prag,  1864;  8<>- 
Koller,  Marian,  Über  das  Passage -Instrument.  (Separatabdruck 

aus  dem  1.  Jahreshefte  des  naturf.  Vereins  in  Brunn.)  Brunn, 

1863;  8°-  —  Zur  Theorie  des  August'schen  Heliostaten.  (Aus 

dem  II.  Bande  der  Verhandlungen  desselben  Vereins.)  Brunn, 

1864;  8°- 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.Abth.  20 


288 

Land-    und    forstvvirthschaftliche    Zeitung.    XIV.    Jahrg.    Nr.    8. 

Wien,  1864;  4o- 
Mitt Heilungen  aus  J.  Perthes'  geographischer  Anstalt.  Jahrg. 

1864.  II.  Heft.  Nebst  Ergänzungsheft  Nr.  12.  Gotha;  4<" 
Mondes.    2e  Annee,   Tome  IV,    10e  Livraison.    Paris,    Tournai, 

Leipzig,  1864;  8«- 
Reader,  The.  No.  63,  Vol.  III.  London,  1864;  Folio. 
Simpson,  J.  Y. ,  On  the  anatomical  Type  ofstructure  ofthe  human 

umbilical  Cord  and  Placenta.  (From  the  Transactions  of  the 

R.    Society   of  Edinburgh.    Vol.    XXIII.    Part   2.)  Edinburgh, 

1863;  4o- 
Socie*te  Imperiale  de  Medecine  de  Constantinople:  Gazette  medi- 

cale    d'Orient.    VII.    Annee.   Nr.   10  —  11.   Constantinople, 

1864;  4«- 
—  des  Naturalistes   de  Moscou:  Bulletin.   Annee  1863,  Nr.  IVe. 

Moscou,  1863;  8«- 
Solaro,   J.   M.    Sanna,  Nouvelle   theorie  de   la  grele.  (Extr.   de 

TAnnuaire  de  la  Sociele  meteorologique  de  France,  Tome  XI.) 

Versailles,  1863;  8«>- 
Sternwarte,  k.  k.  in  Wien:  Anualen.  III.  Folge.  XII.  Band.  Jahrg. 

1862.    Wien,   1863;  8°-  —  Meteorologische   Beobachtungen 

von  1778  —  1855.  IV.  Band.  1823  —  1838.  Wien,  1863;  8<>- 
Wiener  medizinische  Wochenschrift.  XIV.  Jahrg.  Nr.  11.  Wien, 

1864;  4o- 
Zantedeschi,  Francesco, Intomo  alla  spettrometria  e chimica astro- 

atmosferica;  airOzono  studiato  ne'suoi  rapporti  colla  elettri- 

citä  atmosferica   e  la  fotografia;  e  con  un  Cenno  degli  avan- 

zamenti  della  Meteorologia  in  Italia.  Padova,  1864;  8°- 


289 


Über  einen  in  der  Tertiärformation  sehr   verbreiteten  Farn. 
Von  ilem  w.  M.  Prof.  F.  Unger. 

(Mit  2  Tafeln.) 

Indem  englischeuBiaunkohlrnlager  zu  Bovey  kommt  in  grosser 
Menge  ein  Farnkraut  vor»  welches  obwohl  schon  früher  an  mehreren 
Punkten  in  Deutschland  aufgefunden,  doch  erst  durch  die  Unter- 
suchungen von  Herrn  0.  Heer  (On  the  lignite  formation  of  Bovey 
Tracey,  Devonshire  —  Philos.  transact.  P.  II.  1862,  p.  29)  genauer 
bekanntwurde.  Sowohl  in  der  17.  als  inder26.  Schichte  jenes  Lignit- 
lagers findet  man  sowohl  Stiele  (Stipites)  als  einzelne  Fragmente 
des  einfach  gefiederten  Wedels,  meist  nur  durch  dünne  Thonlagen 
von  einander  getrennt,  in  der  Regel  so  gut  erhalten,  dass  die  Ner- 
vatur daran  völlig  deutlich  erkennbar  ist,  jedoch  immer  ohne  Spuren 
von  Fructification ,  obgleich  sich  der  genannte  in  Untersuchungen 
solcher  Gegenstände  äusserst  versirte  Naturforscher  vielfach  bemühte, 
unter  hunderten  an  Ort  und  Stelle  in  die  Hand  genommenen  Exem- 
plaren auch  nur  einen  einzigen  Fruchtwedel  zu  entdecken.  Eben  so 
gelang  es  nicht  Wedel  zu  finden,  bei  welchen  die  Fieder  noch  an 
der  Rhachis  angeheftet  waren.  In  der  25.  Schichte  zu  Bovey,  seltener 
in  der  17.  Schichte  kamen  überdies  breite  Rhizome  bedeckt  und 
umgeben  von  Wedelstielen  zum  Vorschein ,  die  wohl  ebenfalls  zu 
diesem  Farne  gehören  müssen ,  da  die  Stiele  des  genannten  Farnes 
rücksichtlich  der  Grösse,  der  Form  und  Zeichnung  mit  den  am  Rhizome 
vorhandenen  Stielen  übereinstimmen ,  ausserdem  kamen  aber  auch 
Theile  der  Fieder  desselben  hier  vor,  die,  wenngleich  nicht  in 
unmittelbarer  Verbindung,  doch  sicherlich  nur  von  diesen  getrennt 
sich  hier  vorfinden  können. 

0.  Heer,  der  dieses  Farnkraut,  wie  er  selbst  angibt,  früher 
der  Gattung  Aspidium  unterstellte,  glaubt  jedoch  mit  Berücksichtigung 
der  bisher  allein  bekannten  Nervation  es  nunmehr  besser  zur  Gattung 
Hemitelia  zu  bringen,  indem  namentlich  Hemitelia  Karsteniana 
(cf.  Mettenius  leones  filicum  pl.  29  f.  2)  in  dieser  Beziehung  die 
grössten  Analogien  darbietet,  da  aber  die  Sache  noch  immer 
zweifelhaft  bleibt,  diesem  Farnkraut  \on  Bovey  einstweilen  no^h  den 

20* 


290  ünger. 

ganz  unverfänglichen  Namen  Pecopteris  lignitum  zu  belassen, 
welchen  Giebel  dem  gleichen  Farne  gegeben  (Paläont.  Unter- 
suchungen. Zeitschrift  für  die  gesammten  Naturwissenschaften  1857, 
p.  305,  pl.  2,  F.  2). 

Herr  0.  Heer  setzt  seiner  genauen,  mit  Abbildungen  begleiteten 
Beschreibung  noch  bei,  dass  leider  sowohl  Rhizome  als  Wedelstiele 
dieser  Farnart  von  Bovey  in  Kohle  verwandelt  und  daher  für  eine 
mikroskopische  Untersuchung  nicht  zugänglich  seien. 

Ein  Zufall,  der  mir  eine  grosse  Suite  von  Petrefacten  aus  dem 
bekannten  Braunkohlenlager   von  Salzhausen,  wie  ich  glaube,  ein 
Eigenthum  des  Herrn  Professor  Klip  pst  ein,  schon  vor  Jahren  in 
die  Hände  führte,  und  die  ich  damals  untersuchte,  Hessen  mich  in 
den   zu  jener  Zeit   angefertigten  Zeichnungen   mehrerer  mit   der 
Nummer  319  und  320  bezeichneter  Farnrhizome  nunmehr  auf  den 
ersten  Blick  die  grosse  Übereinstimmung  mit  Fig.  1  auf  Taf.  VII  der 
genannten   Abhandlung  Heer's   erkennen,    und    die    Vermuthung 
liegen,   dass    das  Rhizom   von   Salzhausen  wohl    nichts    anderes 
als   das   Rhizom    von  Pecopteris   lignitum  sei.    Die   Sache  erhielt 
darin  noch  die  Bestätigung,  dass  Herr  Ludwig  in  der  That  ein 
Fiederstück   aus   Münzenberg  in   den  Palaeontographicis    (VIII.    2. 
p.  63,  t.  12,  f.  3)  abbildet,  die  er  zwar  als  Aspidium  Meyeri  Heer 
bezeichnet,  das  aber  nach  der  Angabe  He  er 's  nicht  zu  dieser  Art, 
sondern  zu  eben  jener  Pecopteris  lignitum  gehört,  auch  gibt  schon 
Herr  Ludwig  Kunde,  dass  in  Salzhausen  Rhizome  von  diesem  Farne 
gefunden  werden.  Ein  auf  Taf.  X,  Fig.  3  abgebildetes  Rhizom  war  in 
der    Nähe    mehrerer   Wedelbruchstücke   des   erwähnten   Aspidium 
Meyeri  gefunden  worden  ,  ohne  dass  dieselben  jedoch  auch  hier  in 
unmittelbarer  Verbindung  mit  demselben  gewesen  waren,  was  jedoch 
Herrn  Ludwig  zu  der   allerdings    berechtigten  Vermuthung  ver- 
anlasste, dasselbe  für  das  Rhizom   der  genannten  Farnart  zu  halten. 
Diese  Rhizome  nun   sind  nach  der  Beschreibung  Ludwigs  „gross 
und  stark,  über  1/4  Meter  lang  und  Ins  zu  1  Decimeter  dick,  gerade 
gestreckt,  bestehen  aus  federspuldicken  festen,   holzigen,  um  die 
Axe     spitz    konisch    und   radial    gestellten ,    zopfartig    in     einander 
gefügten,  am  äussersten  Ende  zerfaserten  Wurzeln.    (Irrig  werden 
hier   die    Wedelstiele    mit   Wurzeln    verwechselt.)     Immer    liegen 
mehrere  Rhizome  beisammen  und  treten  deutlich  hervor,  sobald  die 
Kohle  (Lignit)  auszutrocknen  beginnt". 


Über  einen  in  der  Tertiärformation  sehr  verbreiteten  Farn.  ZQ  1 

Die  mir  zugekommenen  Specimina ,  sechs  an  der  Zahl  und  auf 
Taf.  I  und  II  mit  1  —  6  bezeichnet,  sind  im  Ganzen  sowohl  mit  den 
Abbildungen  Ludwig 's  als  mit  jenen  von  0.  Heer  aus  der  eng- 
lischen Braunkohle  übereinstimmend,  mit  der  Beschränkung  etwa, 
dass  bei  Ludwig  die  Blattstiele  ziemlich  unkenntlich  erscheinen, 
während  sie  in  dem  Exemplare  aus  England  etwas  breiter  und  mehr 
gehäuft  dargestellt  sind,  welches  erstere  wohl  einem  grösseren 
Drucke  und  der  dadurch  erfolgten  Quetschung,  letzteres  der  bessern 
Conservirung  beizumessen  ist. 

Die  meisten  Rhizome,  so  wie  die  an  denselben  befestigten 
Wedelstiele  sind  etwas  gekrümmt,  so  wie  man  dergleichen  an 
lebenden  Farnen,  deren  Rhizome  sich  mehr  oder  weniger  horizontal 
in  der  Erde  ausstrecken,  zu  beobachten  im  Stande  ist.  Die  Wedel- 
stiele umgeben  in  dichten  Reiiien  die  Axe,  die  nicht  mehr  als 
7  Millim.  im  Durchmesser  beträgt  (Fig.  7  *).  An  den  Abbildungen 
Fig.  1,  2  und  3  ist  die  Axe,  obgleich  vielfältig  verletzt,  eine  grös- 
sere oder  geringere  Strecke  lang  durch  zufällige  Spaltung  des 
Rhizoms  blossgelegt,  während  sie  in  den  Fig.  4,  £>  und  6  von  allen 
Seiten  mit  meist  kurz  abgebrochenen  Wedelstieleu  bekleidet  erscheint . 

Während  Ludwig  der  Länge  des  Rhizoms  auf  */4  Meter 
angibt,  übersteigt  das  Fig.  4  abgebildete  Stück  dieses  Mass  noch 
(um  U'28  Meter),  und  das  grösste  von  mir  gemessene  betrug  sogar 
0-342  Meter;  allein  0.  Heer  bezeichnet  die  längsten  englischen 
Rhizome  dieses  Farns  mehr  als  noch  einmal  so  lang  (0*75  Meter) 
mit  einer  Breitenausdehnung  der  daran  befestigten  Wedelstiele  von 
0-2  Meter,  was  jedenfalls  auf  einen  ansehnlichen,  wenngleich  nicht 
baumartigen  Farn  schliessen  lässt,  wofür  auch  die  Grösse  und  Aus- 
dehnung der  Wedel  sprechen. 

Schon  0.  Heer  bemerkt,  dass  Wurzeln  an  diesem  Farn  selten 
zu  bemerken  seien,  obgleich  dennoch  hie  und  da  einige  fadenförmige 
Körperchen  vorkommen.  Auch  die  deutschen  Specimina  zeigen 
solche  Wurzelfasern  nicht;  sie  können  also  jedenfalls  nur  sparsam 
und  in  nicht  sehr  ausgezeichneter  Form  an  dem  lebenden  Farne  vor- 
handen gewesen  sein. 

Allein  ein  anderes  Organ  scheint  sowohl  an  der  Bildung  der 
Rhizome  als  der  Basaltheile  der  Wedelstiele  Theil  genommen  zu 
haben,  nämlich  starke,  vielleicht  sogar  ziemlich  verlängerte  Spreu- 
schuppen.   Ganz  besonders  deutlich  ist,  dass  an  der  vorerwähnten 


292  Unger- 

AbbildungLud  wi'gs  (I.e.  Täf.  3,  Fig.  3),  wo  eben  die  für  aufgelöste 
und  zerfaserte  Wurzelenden  angesehenen  Wedelstiele  nichts  anders 
als  Massen  von  Spreuschuppen  sein  können,  womit  das  Rhizom  und 
die  Grundtheile  der  Wedelstiele  dicht  bedeckt  waren. 

Wenngleich,  wie  es  scheint,  das  Rhizom  dieses  Farnes  einfach 
ohne  Verzweigung  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  vorkommt,  so  fand  ich 
doch  auch  ein  verzweigtes  Exemplar  (Fig.  4),  und  es  mögen  solche 
gabelförmige  Spaltungen  der  Hauptaxe  wohl  öfters  statthaben, 
ohne  dass  man  sie  zu  bemerken  im  Stande  war.   — 

Gehen  wir  zur  anatomischen  Untersuchung  der  Axe  über.  An 
der  guten  Erhaltung  derselben,  wie  sie  mir  an  dem  Exemplare  Fig.  2 
vorlag,  lässt  sich  nichts  aussetzen.  Nicht  nur,  dass  die  Elementar- 
theile,  die  einzelnen  Partien  der  Gewebe  scharf  unterschieden  und 
deutlich  erkennbar  sind,  es  ist  auch  der  sonst  selten  bei  Lignit- 
bildungen vorkommende  Fall  vorhanden,  dass  der  Stamm  durchaus 
keine  Quetschung  erfuhr. 

Ein  auf  die  Axe  desselben  senkrecht  geführter  Querschnitt 
in  viermaliger  Vergrösserung  (Fig.  7)  zeigt  sehr  deutlich  sowohl 
den  Gefässkörper  als  das  von  ihm  eingeschlossene  Mark,  so  wie  die 
ihn  umgebende  Rinde  schon  durch  die  Farbe  und  durch  die  Textur 
unterschieden.  Während  letztere  dunkelbraun ,  ja  fast  schwärzlich 
erscheinen,  hat  erstere  eine  hellere,  rostbraune  Farbe  erhalten.  Die 
unregelmässigen  Einkerbungen  des  Randes,  welche  die  Fläche  des 
Durchschnittes  in  sechs  grössere  und  kleinere  Lappen  bis  zu  l/6  der 
Breite  einschneiden ,  entsprechen  den  wahrscheinlich  sehr  gedrängt 
um  die  Axe  stehenden  Wedelstielen.  Ungefähr  vom  ersten  bis  zum 
zweiten  Drittel  des  Stammes  bildet  der  Gefässkörper  einen  beinahe 
vollständig  geschlossenen  Ring,  an  welchem  man  nur  die  ihn  zusam- 
mensetzenden Gelasshündel  durch  ihre  nach  aussen  und  nach  innen 
vorspringenden  Abriindungen  zu  erkennen  vermag,  auch  ist  es  mög- 
lich die  Anzahl  derselben  zu  bestimmen,  die  er  im  gegebenen 
Durchschnitte  in  der  Zahl  von  8  erreicht. 

Die  Mächtigkeit  derselben  wechselt  nicht  sehr,  doch  kann 
man  nicht  undeutlich  entnehmen,  dass  die  kleineren  Bündel  sich  eben 
durch  Abgabe  von  Zweigsträngen  nach  aussen  verschmälerten; 
Stränge,  welche  durch  den  Ritdenkörper  eine  Strecke  verlaufend, 
sicher  die  Bestimmung  haben,  die  Wedel  zu  versorgen.  Im  Ganzen 
erscheinen  auf  dem  dargestellten  Durchschnitte  6  —  7    solcher  aus 


Über  einen  in  der  Tertiärformation  sehr  verbreiteten  Farn.  293 

dem  Gefässcylinder  stammender  kleiner  halbmondförmig  oder  anders 
gestalteter  Zweigbündel. 

Von  Bündeln,  die  zu  den  Wurzeln  treten,  sah  ich  hier  keine 
Spur. 

Was  die  Zusammensetzung  des  Gefässkörpers  anlangt,  so  geben 
Querschnitte  und  Längenschnitte  (Fig.  8  und  9)  hinlängliche  Aus- 
kunft. Man  ersieht  daraus,  dass  derselbe  unvermischt  von  dünn- 
wandigen Prosenchymzellen  nur  aus  Treppengefässen  mit  weiterem 
oder  engerem  Lumen  zusammengesetzt  ist,  auch  zeigen  sich  diesel- 
ben im  Baue  durchaus  nicht  abweichend  von  den  Treppengefässen 
der  lebenden  Farne  überhaupt.  Ob  dieser  Gefässkörper  von  einer 
besondern  Schicht  dünnwandiger  Prosenchymzellen  umgeben  wird, 
oder  ob  wenigstens  die  in  der  Rinde  zerstreuten  Gefässbündel  von 
einer  solchen  Schicht  zarter  Elementartheile  umgeben  ist,  konnte 
nicht  mit  Sicherheit  eruirt  werden,  obgleich  dies  nicht  der  Fall  zu  sein 
schien.  Eben  so  wenig  war  es  möglich,  eine  genaue  Einsicht  in  die 
elementare  Zusammensetzung  des  Markkörpers  sowohl  als  des  Rinden- 
körpers zu  erlangen.  Indess  ist  das  gewonnene  Resultat  der  mikro- 
skopischen Untersuchung  dennoch  hinreichend,  um  die  wesentlich- 
sten Vergleichungspunkte  unter  den  Farn  der  Leben  welt  auszusuchen 
und  zu  constatiren. 

Sehen  wir  uns  demnach  um  Analogien  dieses  fossilen  Farnes  in 
der  Flora  der  Gegenwart  um,  so  hat,  wenn  man  zuerst  auf  die 
Gestalt  des  Wedels  und  auf  die  Nervenvertheilung  Rücksicht  nimmt, 
der  Vergleich  mit  Arten  von  Aspidium,  namentlich  aber  mit  Plena- 
sium  (cf.  C.  Presl,  Tentam.  Pteridographiae  p.  109,  t.  III,  f.  13)  viel 
für  sich. 

0.  Heer  führt,  wie  bereits  angegeben,  an,  dass  Hemitelia 
integrifolia  und  Hemitelia  speciosa,  vor  allen  aber  Hemitelia  Kar- 
steniana  (cf.  Mettenius  Icones  filic.  t.  29,  f.  2)  in  Bezug  auf  Ner- 
vatur mit  dem  in  Rede  stehenden  Fossile  grosse  Übereinstimmung 
zeigt. 

Allein  wenn  wir  tiebst  dem  Wedel  auch  den  Caudex  berück- 
sichtigen ,  so  kann  wohl  weder  von  der  einen ,  noch  von  der  andern 
Gattung  bei  einer  vergleichenden  Zusammenstellung  die  Rede  sein. 
Aspidium  hat  zwar  häufig  ein  kriechendes  Rhizom,  und  dasselbe 
gleicht  unserem  Fossile  zwar  in  vielen  Stücken,  doch  ist  der  ana- 
tomische Bau  desselben  ein  zu  verschiedener,  als  dass  eine  Ver- 


294  Unger. 

gleichung  mit  demselben  gerechtfertiget  werden  könnte.  Noch  ent- 
fernter ist  die  Ähnlichkeit  mit  Hemitelia,  das  meistens  nur  arbores- 
cirende  Formen  hat  mit  dem  Baue  von  Alsophila,  Cyathea  u.  s.  w., 
denen  es  auch  in  Bezug  auf  Fructificationsorgane  am  nächsten  steht. 
Nimmt  man  indess  blos  auf  die  anatomische  Beschaffenheit  des 
Rhizoms  Rücksicht,  so  ist  nicht  zu  übersehen  ,  dass  es  nur  wenige 
Farngattungen  gibt,  bei  welchen  die  Gefässbündel  des  Stammes 
einen  geschlossenen  Kreis,  also  einen  wahren,  vielleicht  nur  durch 
schmale  Spalten  durchbrochenen  Cylinder  bilden. 

Hier  sind  vor  allen  zu  nennen  Diksonia,  Denstaedtia  und  Chry- 
sodium  ')•  Während  aber  die  erstere  Gattung  grösstentheils  nur 
aufrecht  stehende  und  baumartige  Stämme  bildet  und  diese  schon 
darum  unserem  Fossile  ferne  steht,  sind  bei  letzteren  beiden  mark- 
ständige Gefässbündel  von  dem  Gefässcylinder  eingeschlossen 
vorhanden,  die  unserem  fossilen  Rhizoine  durchaus  fehlen. 

Auch  Cheilanthes  hat  zwar  einen  geschlossenen  Gefässkreis, 
aber  ohne  Gefässbündel  im  Rindenkörper,  in  die  sich  theilweise 
der  Gefässcylinder  selbst  auflöset. 

Wir  haben  ausser  diesen  in  Vergleiehung  gezogenen  Farnen  nur 
noch  jene  in  Betrachtung  zu  ziehen,  bei  welchen  der  Gefässcylinder 
aus  Bündeln  besteht,  die  im  Kreise  gestellt  sehr  enge  an  einander 
schliessen  und  ausser  dem  noch  peripherische  kleinere  Gefässstränge 
in  dem  Rindenkörper  enthalten. 

Acrostichurn-Arten  und  insbesouders  Polybotrya  können  uns 
hier  als  Anhaltspunkte  dienen.  Denken  wir  uns.  z.  B.  Polybotrya, 
Meyeriana  Mett.,  von  der  uns  Metten  ius  eine  vollständige  Ana- 
tomie gibt2).  Die  centralen  Gefässbündel,  die  zwar  nahe  aneinander 
gerückt  sind,  aber  doch  immer  noch  ansehnliche  Spalten  ihres  netz- 
förmigen Zusammenhanges  zwischen  sich  lassen,  sind  immer  in 
geringerer  Anzahl  vorhanden  als  die  sehr  zahlreichen  viel  kleineren 
peripherischen  Bündel,  die  stellenweise  sogar  zwei  Schichten  bilden. 
—  Von  Allem  dem  ist  bei  dem  Vergleiche  mit  Fig.  7  keine  Rede, 


*)  Vergl.  hierüber  Ch.  Mettenius:  „Über  den  Bau  von  Anyioptcris".  Abhnndl.  der  k. 
sächs.  Ges.  d.  Wissenschaften.  Bd.  VI,  p.  502,  1863;  und  H.  W.  Reichardt: 
„Über  die  (jefässbündelvertheilung  im  Stamme  und  Khizome  der  Farne".  Denksch. 
d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  Bd.  VI. 

»)  L.  c.  Taf.  VII,  Fig.  2. 


('her  einen  in  der  Tertiärformation  sehr  verbreiteten  Farn.  <c9ö 

wo    die    äusseren    vom    centralen   Gefässcylinder    entspringenden 
Bündel  immer  nur  in  kleinerer  Anzahl  vorhanden  sind. 

Es  ist  somit  eine  Vergleichung  mit  Polybotrya  durchaus  nicht 
stichhaltig,  obgleich  z.  B.  Polybotrya pubensMavt.  (cf.  Martius, 
Icones  selec.  plant,  crypt.  Brass.  F.  XXV,  p.  87)  in  Bezug  auf  Form, 
Grösse  und  Beschaffenheit  des  Rhizoms  grosse  Ähnlichkeit  mit 
unserer  Pecopteris  lignitum  zeigt. 

Ausser  den  genannten  ist  mir  kein  Farnkraut  bekannt,  das  zum 
Vergleiche  hieher  zu  ziehen  wäre,  als  die  Gattung  Osmunda.  Aber 
auch  bei  Osmunda  regalis,  welche  ich  zu  untersuchen  Gelegenheit 
hatte  *),  sind  die  im  Kreise  gestellten  Gefassbündel  nicht  vollkom- 
men zu  einer  Röhre  vereinigt,  sondern  lassen  dort  und  da  kleine 
Zwischenräume  übrig,  dagegen  sind  die  einzelnen  Bündel  so  wie 
bei  Pecopteris  lignitum  rundlich  und  der  Zahl  nach  1 — 8.  Noch 
auffallender  ist  jedoch  die  gleiche  lappige  Form  des  Rindenkörpers 
in  beiden,  welcher  hier  wie  dort  von  zerstreuten,  in  die  Blätter 
abgehenden,  auf  dein  Querschnitte  rundlichen  oder  oblongen  Gefäss- 
bündelu  durchsetzt  wird.  Leider  war  ich  nicht  im  Stande,  in 
denselben  die  nähere  elementare  Zusammensetzung  mehr  zu 
erkennen. 

Was  jedoch  die  Gefassbündel  der  Axe  betrifft,  so  sind  auch 
diese  in  beiden  Fällen  nur  aus  Treppengefässen  ohne  Holz  und  Bast- 
scheide zu  erkennen,  was  natürlich  noch  mehr  als  alles  übrige  ihre 
nahe  Verwandtschaft  erkennen  lässt. 

Berücksichtigt  man  endlich  noch  die  Grössenverhältnisse  beider 
Farnstämme,  so  wie  ihre  Form,  so  stimmen  sie  auch  hierin  vollkom- 
men überein,  so  dass  man  daher  wohl  mit  einigem  Grund  behaupten 
kann,  es  herrsche,  wenn  auch  die  Form  des  Wedels  der  fossilen 
Pflanze  mit  der  Form  des  Wedels  von  Osmunda  nicht  übereinstimmt, 
dennoch  in  Bezug  auf  das  Rhizom  die  meiste  Übereinstimmung  und  es 
könne  daher  die  fossile  Pecopteris  lignitum  unbedingt  eher  mit 
Osmunda  als   mit  Hemitelia  verglichen  werden. 

Ich  muss  es  übrigens  sehr  bedauern,  dass  ich,  während  ich 
dies  schreibe,  nicht  mehr  im  Besitze  der  fossilen  Pflanze  bin  und 
auch  vor  mehreren  Jahren ,  als  ich  jene  oben  angegebenen  anatomi- 


J)  Ein  fossiles  Farnkraut   aus  der  Ordnung-  der  Osmundaceen.  Üenkschr.   d.  k.  Akad. 
d.  Wissenschaften.  Bd.  VI,  1853. 


296  Unger. 

sehen  Untersuchungen  machte,  all'  zu  schonend  mit  dem  kleinen 
Stücke  umgegangen  bin,  bei  dessen  vollkommener  Aufopferung  es 
mir  vielleicht  gelungen  sein  würde,  doch  etwas  Näheres  über  den 
Gefässkörper,  so  wie  über  die  Beschaffenheit  der  Gefässbündel  der 
Stipites  gefunden  zu  haben. 

Schliesslich  mache  ich  darauf  aufmerksam,  dass  bereits  ein 
fossiles  Farnkraut  mit  dem  deutlich  ausgesprochenen  Bau  von 
Osmunda  in  dem  tertiären  Süsswasserquarze  von  Ufa  in  Ungarn, 
das  ich  in  der  oben  citirten  Abhandlung  unter  dem  Namen  Osmun- 
dites  schemnizensis  beschrieb,  vorkommt.  Vergleicht  man  den  vier- 
fach vergrösserten  Querschnitt  des  Bhizoms  unserer  Pecopteris 
Ugnitum  mit  dem  auf  Taf.  1,  Fig.  1  in  doppelter  Vergrößerung 
gegebenen  gleichen  Schnitte  von  Osmundites  schemnizensis,  so 
springt,  sobald  man  beide  Querschnitte  auf  gleiches  Mass  reducirt, 
die  Übereinstimmung  beider,  ich  möchte  sagen,  bis  zur  Evidenz  in 
die  Augen.  Sowohl  die  gleiche  Grösse  des  Bhizoms  als  der  schein- 
bar undurchbrochene  Ring  des  Gefässkorpers  sprechen  dafür.  Wir 
hätten  demnach  in  unserer  Pecopteris  Ugnitum  eine  bereits  bekannte 
fossile  Pflanze,  und  hätten  bei  unseren  Forschungen  hierüber  nur 
so  viel  gewonnen,  dass  wir  nun  wissen,  wie  zugleich  der  Wedel  der- 
selben beschaffen  war,  ohne  jedoch  noch  eine  vollständige  Sicher- 
heit darüber  zu  haben,  ob  diese  Fossilien  der  Gattung  Osmunda  oder 
den  Osmundaceen  überhaupt  oder  einen  andern  jenem  verwandten 
Genus  angehöre. 

Ohne  weiters  wird  es  auch  gelingen,  mit  der  Zeit  fruetificirende 
Wedel  aufzufinden,  welche  den  fraglichen  Gegenstand  dann  zur  end- 
giltigen  Entscheidung  bringen  werden.  Vor  der  Hand  möge  also  die 
alte  Bezeichnung  der  in  Deutschland  und  England  so  verbreiteten 
Pflanze  bleiben,  für  welche  nun  nur  die  Diagnose  verändert  werden 
muss.    Dieselbe  würde  nun  in  folgender  Weise  lauten  müssen: 

Pecopteris  lignitnin  (Gieb.)  Heer. 

P.  Caudice  repente  simplici  mit  ramoso  grosse  paleaceo,  cor- 
ticato,  cylindro  fasciculorum  lignosorum  integro  e  f'ascicuUs  7 — 8 
conflato,  fasciculis  in  medulla  nullis  in  cortice  paucis;  frondibus 
pinnatis  coriaeeis  vernatione  circinatis ,  f'ertilibits  saepissime  con- 
tr actis?  pinnis  linearibus  longis  apice  valde  attenuatis  et  acumi- 


Über  einen  in  der  Tertiärformation  sehr  verbreiteten  Farn.  279 

natis,  basi  plerumqtte  breviter  petiolatis ,  profunde  incisoserratis 
nervis  tertiariis  furcatis  inf'erioribus  valde  curvatis  in  sinnm  laci- 
niarum  eoccurentibus. 

Pecopteris  (Hemitelia)  ignitum  Heer.  On  the  lignite  for- 
mation  of  Bovey  Tracey  (Philos.  Transact.  II.  1862.  Plate  IV, 
f.  4_6;  V.  f.  1—11;  VI,  f.  1—7). 

Pecopteris  lignitum,  P.  crassinervis,  P.  leucopetrae,  P.  angusta 
Giebel,  Paläontolog.  Untersuchungen  (Zeitschrift  für  die  gesammten 
Naturw.  1857,  p.  305,  pl.  2,  f.  2).  Aspidium  lignitum  Heer.  Beiträge 
zur  näheren  Kenntniss  der  sächsisch-thüringischen  Braunkohlen- 
flora p.  424,  pl.  9,  f.  2,  3.  Aspidium  Meyeri  Ludwi  g,  Paläontogr. 
VIII,  p.  63,  pl.  12,  f.  3.  Osmunda  schemnizensis  F.  Unger.  Ein 
fossiles  Farnkraut  etc.    Denksch.  d.  k.  Akad.  d.  Wissensch.  Bd.  VI. 


Erklärung    der    Abbildungen. 

Fig.  i  —  6.  Rliizonie  von  Pecopteris  lignitum  in  natürlicher  Grösse.  Fig.  4  an  der 
Spitze  verzweigt,  die  übrigen  einfach,  alle  an  der  Basis  abgebrochen 
aber  mit  den  noch  anhängenden  Wedelstielen  versehen.  —  Fig.  2  ent- 
hielt am  Grunde   noch  ein  Stück  wohl  erhaltener  Axe  oder  Stamm. 

„  7.  Dieser  Stamm  im  Querdurchschnitte  viermal  im  Durchmesser  vergrössert. 
Man  erkennt  den  lappig  ausgeschweiften,  dunkel  braunschwarzen 
Rindenkörper  und  einen  eben  so  gefärbten  Markkörper,  zwischen 
welchen  die  acht  zu  einem  geschlossenen  Cylinder  zusammengetretenen 
lichten  Gefässbündel  des  Holzkörpers  sich  befinden.  —  Acht  geson- 
derte, bei  weitem  kleinere  Gefässbündel  von  verschiedener  Form 
sind  um  den  Holzkörper  in  verschiedenen  Abständen  gelagert.  — 
7*   Querdurchmesser  des  Stammes. 

„  8.  Ein  Stück  aus  dem  querdurchschnittenen  Holzkörper  in  lOÜmaliger 
Vergrösserung.  Man  erkennt  nur  Treppengefässe,  aus  denen  er 
zusammengesetzt  ist. 

„  9.  Eben  diese  Treppengefässe  auf  dem  Längenschnitt  des  Holzkörpers, 
in  gleicher  Vergrösserung. 

„  10.  Oberer  Theil  eines  restaurirten  Wedels  von  Pecopteris  lignitum,  in 
natürl.  Grösse.  —  Nur  an  einigen  unteren  Fiedertheilen  ist  die  Zeich- 
nung der   Nervatur  ausgeführt. 


298 


IX.  SITZUNG  VOM  31.  MÄRZ  1864. 


Herr  Prof.  H.  Hlasiwetz  übersendet  eine  vorläufige  Notiz 
„über  einige  Harze". 

Herr  Prof.  Dr.  C.  Jelinek,  Director  der  k.  k.  Centralanstalt  für 
Meteorologie  und  Erdmagnetismus,  übermittelt  ein  Schreiben  des 
Reichsrathsabgeordneten  und  Custos  am  krainischeu  Landesmuseum, 
Herrn  Karl  Deschmann  in  Laibacb,  an  die  kais.  Akademie,  über 
einen  im  Reifnizer  Bezirke  und  den  angrenzenden  Gebieten  am 
21.  Februar  I.  J.  stattgehabten  merkwürdigen  Staubfall,  und  über- 
sendet gleichzeitig  Proben  eines  andern,  in  der  Nacht  vom  21.  auf 
den  22.  Jänner  I.  J.  in  Österreichisch-  und  Preussisch-Schlesien 
gefallenen  Meteorstaubes. 

Herr  Dr.  A.  Boue  berichtet  über  die  neuen  Karten  der  zwei 
serbischen  Kreise  Uschitze  und  Knjesevatz,  von  den  Herren  Steph. 
Obradovitsch  und  K.  Kiko. 

Herr  Prof.  R.  Kner  spricht  über  das  Vorkommen  der  sogenann- 
ten Thymusdrüse  bei  Fischen  und  über  die  Schwimmblase  der 
Stachelflosser. 

Herr  Director  K.  v.  Littrow  überreicht  eine  Abhandlung  über 
„Physische  Zusammenkünfte  von  Asteroiden  im  Jahre  1864".  Der- 
selbe übergibt  ferner  die  „Bahnbestimmung  des  Kometen  1863  IL", 
von  Herrn  Dr.  Frischauf,  Assistenten  der  k.  k.  Sternwarte. 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 

Akademie  der  Wissenschaften,  k.  bayer. ,  zu  München:  Sitzungs- 
berichte. 1863.  IL  Heft  3—4.  München,  1863;  8°- 

Annalen    der    Chemie    und    Pharmacie    von     Wöhler,    Liebig 
und    Kopp.  N.  R.  Bd.  LIII.  Heft  i  und  2.    Leipzig  &  Heidel- 
berg,   1864;  8o- 
—   der  königl.  Sternwarte  bei  München.  IV.  Supplementhand.    Mit 
9  lithogr.  Tafeln.  München,  1863;  8«" 


299 

Astronomische  Nachrichten.  Nr.  1446 — 1467.  Altona,  1864;  4°- 
Bibliotheque  Universelle  et  Revue  Suisse:  Archives  des  sciences 

physiques  et  naturelles.   N.  P.  Tome  XIX%  No.  73  —  74.    Ge- 

neve,  Lausanne,  Neuchatel,  1864;  So- 
Bond,  G.   P. ,    On  the  new   form  of  the   achromatic   object-glass 

introduced  by  St  ein  heil.  (From  the  Proceedings  of  the  Amer. 

Acad.  of  A.  &  Sc;   Vol.  VI.)  Cambridge,   1863;  So- 
Bonn,    Universität:    Akademische   Gelegenheitsschrit'ten   aus    dem 

Jahre  1863.  4"  und  8°- 
Comptes  rendus  des  seances  de  TAeademie  des  Sciences.  Tome 

LVIII.  No.  9—11.  Paris,  1864;  4«- 
Cos  mos.   XIII6  Annee,  24e  Volume,  12e — 13e  Livraisons.   Paris, 

1864;  8o- 
Gesellschaft,    physikalische,    zu    Berlin:    Die    Fortschritte    der 

Physik  im  Jahre  1861.  I.  und  II.  Abtheilung.  Berlin,  1863;  8*- 

—  physikalisch-medicinische  zu  Würzburg:    Würzburger   medi- 
cinische  Zeitschrift.  IV.  Bd.,  5.  und  6.  Heft.  Würzburg,  1863  ;  8"- 

—  Senckenbergische,    naturforschende:    Abhandlungen.    V.    Bd., 
1.  Heft.  Frankfurt  a/M.,  1864;  4«- 

—  physikalisch-ökonomische  zu  Königsberg:   Schriften.  IV.  Jahr- 
gang 1863.  I.  Abtheilung.  Königsberg,  1863;  4o- 

Grüne rt,  Joh.  Aug.,  Archiv  der  Mathematik  und  Physik. XLI.  Theil, 

3.  Heft.  Greifswald,  1864;  So- 
ll a  gen,  G.,  Über  die  Wärme  der  Sonnenstrahlen.  (Aus  den  Abhand- 
lungen  der  Königl.   Preuss.  Akademie   der  Wissenschaften   in 

Berlin,  1863.)  Berlin,  1864;  4o- 
Halle,    Universität:    Akademische   Gelegenheitsschriften  aus  dem 

Jahre  1863.  4«  und  8o- 
Institution,  The  Royal,  of  Great  Britain:    Proceedings.  Vol.  IV. 

Parts  1  und  2.  (No.  37  und  38.)  London,  1863;  8o-  —  A  List 

of  the   Members,    Officers,    and   Professors,    1863.    London, 

1863;  8°- 
Jahrbuch,  Neues,    für   Phannacie    und  verwandte   Fächer,    von 

F.  Vorwerk.  Band  XXI.  Heft  1  &  2.  Speyer,  1864;  8o- 
Jahresbericht    über  die  Fortschritte  der  Chemie  etc.,  von  Kopp 

und  Will,  für  1862.  II.  Heft.  Giessen,  1864;  8o- 
Land-   und   forstwirtschaftliche   Zeitung.   XIV.   Jahrgang   Nr.   9. 

Wien,  1864;  4o- 


300 

List  of  new  nebulae  and  star-clusters  seen  at  the  observatory  of 

Harvard  College,  1847 — 1863.   (From  the  Proceedings  of  the 

Amer.  Aead.  of  A.  &  Sc,  Vol.  VI.)  Cambridge,  1863;    8<>- 
Marburg,    Universität:    Akademische   Gelegenheitsschriften   für 

1862/3.  4o-  &  So- 
Mondes^0  Annee,  Tome  IV,  lle  —  12e  Livraisons.  Paris,  Tournai, 

Leipzig,  1864;  8»- 
Moniteur  scientifique.    174e   Livraisun.  Tome  VIe.  Annee  1864. 

Paris;  4°* 
Schlagintweit,    Hermann,  Adolphe  and   Robert  de,  Results   of 

a  scientific  mission  to  India  and  High  Asia.  Vol.  III.   Leipzig 

&  London,  1863;  4<" 
Reader,  The,  No.  64— 65.  Vol.  III.  London,   1864;  Folio, 
Societä  Reale  di  Napoli:  Rendiconto  dell'  Accademia  delle  Scienze 

fisiche  e  matematiche   Annoll.  Fase.  4.  — 10,  Aprile  —  Ottobre 

1863.  Napoli,  1863;  4»- 
Societe    Royal   de   Sciences   de    Liege:  Memoire«.  Tome  XV1IP. 

Liege,  Bruxelles,  Paris,  1863;  So- 
Society,    The   Anthropological  of  London:    The  Anthropological 

Review.    No.    3   &   4.     November    1863   &    February    1864. 

London;  8°- 

—  The   Chemical:  Journal.   Ser.   2.   Vol.  I.  Oct.   —  Dec.   1863. 
(N.  S.  No.  X— XII.)  London,  1863;   8<- 

—  The  Royal   Asiatic,    of  Great  Britain   «Sc  Ireland:    Vol.    XX, 
Parts  3  &4.  London,  1863;  8«- 

—  The  Royal,  of  Edinburgh:  Transactions.   Vol.  XXIII.  Part  2. 
For  the  Session  1862—63.  4»-  -Proceedings.  Vol.  V.  No.  59. 
For  the  Session  1862  —  63;  So- 
Wiener  mediziu.  Wochenschrift.  XIV.  Jahrg.  Nr.  12 — 13.  Wien, 

1864;  4o- 
Wochen-Blatt  der  k.  k.  steierm.  Landwirthschafts-Gesellschaft. 

XIII.  Jahrg.  Nr.  10.  Gratz,  1864;  4o- 
Zeitschrift  für  Chemie   und    Pharmacie  von   E.   Erlenmeyer. 

VI.  Jahrg.  21.  — 24.  Heft;  VII.  Jahrg.  4  &  5.  Heft.  Heidelberg, 

1863  &  1864;  8o- 


301 


Über   die   neuen   Karten    der   zwei   serbischen   Kreise    von 

Uschitze  (Ujitze)  von  Steph.  Obraclovitsch  und  von  Knje- 

sevatz  (ehemals  Gorguschovalz)  von  K.  Kiko. 

Von  dem  w.  M.  Dr.  A.  Boue. 

(Mit  1  Tafel.) 

Da  ich  schon  über  die  vorhandenen  serbischen  kartographi- 
schen Arbeiten  berichtete,  so  erlaube  ich  mir,  der  Ciasse  Einiges 
über  diese  neuen  Karten  mitzutheilen,  weil  sie  in  Europa  sehr  wenig 
bekannt  sind,  die  erstere  wenigstens  in  dem  wenig  gelesenen  Glas- 
nik  der  literarischen  Belgrader  Gesellschaft  (1860)  sich  befindet. 
Ausserdem  geben  sie  uns  von  höchst  interessanten  Gegenden  Ser- 
biens ein  treueres  Bild  als  die  bisherigen  Karten. 

Der  Uschitzer  Kreis  begreift  einen  Theil  des  gebirgigen, 
ganz  südwestlichen  Theiles  Serbiens,  welcher  gegen  Westen  durch 
die  bosnische  Drina,  gegen  Südwest  durch  den  unteren  Lauf  des 
in  Serbien  entspringenden  Tzrni-Rzav,  gegen  Süden  durch  die  Ivatz 
und  TisoYitza,  Zuflüsse  des  Lim,  und  gegen  Osten  durch  die  ser- 
bische Morava  und  das  Gebirge  seiner  Quellen  ziemlich  gut  be- 
grenzt wird,  indem  gegen  Norden  die  zwei  Kreise  von  Podrinsko 
und  Valievo  liegen. 

Der  Uschitzer  Kreis  umfasst  eigentlich  den  Becken  von  vier 
Flüssen,  namentlich  die  serbische  Morava,  den  Rzav,  die  Dietinia 
und  den  Skrapege,  dessen  Vereinigung  östlich  in  ungefähr  mittlerem 
Theile  dieses  Troges  liegt.  Östlich  stösst  der  Kreis  an  den  serbi- 
schen Rudniker,  besonders  nördlich  der  Morava,  indem  südlich  der 
Tschatschaker  liegt. 

Südwestlich  wird  der  untere  Lauf  des  Tzrni-Rzav  an  der  ser- 
bischen Grenze  durch  die  bosnische  Gegend  von  Zemlitze  undVele- 
tovo  getrennt,  südlich  von  Ivatz  zwischen  letzterer  und  dem  Lim 
befinden  sich  diejenigen  fremden  Gegenden  von  Schtrbtzi,  Bania- 
Brezovatschka   und  nördlich  von  Tisovitia  diejenigen  von  Tisovitza 


30<£  Boue.    Über  die  neuen  Karlen  der  zwei  serbischen 

und  Bukovik.  Weiter  südöstlich  kommen  am  Ursprung  der  Tisovitza 
Kladnitza,  weiter  jenseits  des  Gebir^skammes  an  den  oberen  Quellen 
der  serbischen  Morava  die  bosnischen  Gegenden  von  Livüa  Rieka, 
Vrnitza,  Muoyo  und  endlich  Radovitza. 

Der  Uschitzer  Kreis  ist  in  fünf  Districte  getheilt,  namentlich 
nördlich  der  von  Trznagora,  in  der  Mitte  der  von  Zlatibor,  westlich 
der  von  Ratschan  und  dann  östlich  der  von  Arilie  und  der  Morava. 

Der  Zlati borer  District  liegt  schon  über  die  bedeutenden, 
grösstenteils  Kalkrücken  von  Jelova-Gora,  Ponikve  und  Tschargan, 
welche  der  Drina  besonders  ihre  Wässer  mittelst  vier  grossen  und 
zwei  kleinen  Bachen  zuführen. 

Von  dem  am  nördlichsten  liegenden  Jelova-Gora  fliessen  erst- 
lich in  südwestlicher  Richtung  der  Treschnievitza  und  in  west- 
licher der  Zaglavatsc hka  herunter,  zwischen  beiden  erhebt  sich 
das  kleine  Mittelgebirge  von  Svoidrug.  Der  erste  Bach  mündet 
oberhalb  Vatschevtzi  und  auf  ihm  liegt  Oklstatz,  an  seinen  Quellen 
ist  der  durch  Grenzgefechte  wohl  bekannte  hohe  Ort  Gvozdatz. 

Östlich  von  dem  Hügel  Svoidrug  ist  Ovtschina  mit  der  Zaroge- 
Gebirgsgegend    nördlich   und   die   von   .lakal    und  Jelovik   südlich. 

Der  Zaglavatsc  hka  hat  zwei  Quellen,  eine  von  NO.  ober- 
halb Tzer  und  südlich  von  Jelovik,  und  die  Hauptquelle  kommt  von 
den  Gebirgsweiden  Zlodoi,  welche  auch  wie  diejenigen  von  Zagla- 
vak  nördlich  von  jenem  Bache  als  Eingang  zum  Morava-Becken  der 
Schauplatz  von  Gefechten  war. 

Der  nächste  Znfluss  der  Drina  ist  der  Bach  Pilitza.  Er 
kommt  in  westlicher  Bichtung  von  den  vor  dem  Ponikve  liegenden 
hohen  Gebirgsgegenden ,  welche  die  Namen  von  Pilitza,  Pepel,  und 
Obaigore  tragen.  Zwischen  dem  Pilitza  und  der  Zaglavatschka  lie- 
gen vorzüglich  zwei  kleine  Bergrücken,  nördlich  der  Kostojevitch 
mit  dem  Dorfe  Pogatschitza  an  seinem  westlichen  Ende  und  südlich 
der  von  der  Tzrvitza  und  Sieratscher  Gegend  mit  dem  Dorfe  Gub. 
Am  Pilitza  am  Ort  Vischesava  wurde  einst  gefochten. 

Südlich  von  Pilitza  begegnet  man  in  einer  geringen  Entfernung 
den  Batscha  als  ein  Vierte r-Zufluss  der  Drina,  welcher  aber  von 
Süd  nach  Nord  und  nur  später  von  dem  Dorfe  Ratscha  an  gegen 
Westen  Hiesst,  weil  vor  dem  Ponikve  der  parallel  laufende  Rücken 
der  Ivitza  steht  und  zwischen  dem  obersten  Theil  der  Ratscha  und 
der  Drina  der  Berg  Jervescha  sich  befindet. 


Kreise  von  Usehitze  und  von  Knjesevatz.  «{03 

An  der  unteren  Ratscha  ist  die  Gegend  Besarovina  und  höher 
die  von  Perutchan.  Zwischen  der  Ratscha  und  der  Pilitza  liegt 
das  Dorf  Baniabaschta  auf  dem   Wege  von  Uschitze  nach  Bosnien. 

Südlich  von  dem  Berge  Jervenscha  fliesst  uu»  einem  kleinen 
See  ein  kurzer  Bach  westlich  Paslischte  vorüber  in  die  Drina  und 
westlich  befindet  sich  ein  noch  kürzerer. 

Der  übrige  südlichste  Theil  des  Districtes  Zlalibor  wird  durch 
fünf  Kalkkämme  ohne  bewohnte  Ortschaften,  ausser  südlich  Zuovina, 
eingenommen,  die  drei  östlichen  und  grössten  streichen  von  NW. 
nach  SO.  und  heissen  Planina  Milaschevitz,  Zborischte  und  Tara. 
Westlich  von  letzterem  liegt  südlich  von  Rastischte  die  niedrigere 
Gebirgsgegend  Jagoschtifza  und  weiter  gegen  der  Drina  die  fünfte 
Erhöhung. 

Der  District  von  Tzernagora  umfasst  das  Gebiet  des 
Skrapege  und  des  Kamenitza.  Letzterer,  ein  kleiner  Bach, 
kommt  nordwestlich  vom  Maliengebirge  des  Valievoer  Kreises  und 
erreicht  dieMorava  nur  ausserhalb  dem  Uschitzer  Kreise.  Auf  seinem 
unteren  Laufe  liegen  die  drei  Dörfer  von  Unter-,  Mittel-  und  Ober- 
Dobrinia  und  von  Goina-Gora,  so  wie  die  Gegenden  von  Mrschel, 
Maovi.  Tometinopol  und  etwas  östlich  diejenige  von  Bogdanitza  und 
das  Dorf  Drujetitch.  wo  Töpferthon  angegeben  steht. 

Der  Skrapege  hat  zwei  Hauptzuflüsse,  namentlich  in  seinem 
Mittellauf  der  Lujnitza  und  Tschestobroditza  und  in  seinem 
obersten  Theil  die  drei  Quellen  des  Klodoruba  vom  N.,  der 
Godlievska  von  NW.  und  der  Sietscha  Rieka  von  SW.  Letz- 
tere drei  durchfurchten  die  Abhänge  eines  Gebirgsvierecks,  wel- 
ches auf  seiner  Nordseite  durch  die  Planina-Bukovi,  gegen  Westen 
durch  den  Povlen,  gegen  SW.  durch  das  nordwestliche  Ende  des 
Jelova-Gora  und  gegen  Süd  durch  die  Planina-Tzrnokosa  begrenzt 
wird. 

In  dem  Dreieck  zwischen  der  Sietscha  Rieka  und  Goslievska 
Rieka  liegen  die  Dörfer  Makovischte,  Gogetschevo  und  Sietschareka 
am  Zusammenflüsse  der  beiden  Wässer,  dann  die  Gebirgsgegenden 
Ruda-Bukva  am  oberen  Sietscha  Taor  gegen  Westen  und  Krusch- 
tschitza  gegen  der  Quelle  der  Godlievska  Rieka.  —  Zwischen  den 
letzteren  Bächen  und  der  Kladoruba  sind  vor  der  Bukovi-Planin^  die 
Gegenden  von  Drenovtzi,  Paramun,  Mrtschitch ,  Dubnilza,  Rada- 
novtzi,  Schevrlioge.   Zwischen  dem  Kladoruba  und  Tschestobroditza 

Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Cl.  XLIX.  Bd.  1.  Abth.  2t 


304  Boue.    Über  die  neuen  Karten  der  zwei  serbischen 

liegen  fünf  Bergrücken,  namentlich  gegen  Norden  der  Tschistschi- 
vare  und  Mafien,  in  der  Mitte  der  Tzrni  Vr  mit  der  Ortschaft  Subiel 
und  endlich  der  Kozomor.  Bei  Subiel  soll  ein  wahrscheinlich  ter- 
tiäres Steinkohlenlager  und  östlich  des  Tzrni-Yar  ein  salinisches 
Mineralwasser  vorhanden  sein. 

Zwischen  dem  von  NO.  nach  SW.  laufenden  Tschestobroditza 
und  dem  NS.  laufenden  Kamenitza  liegt  besonders  der  Berg  Smischal 
mit  den  Ortschaften  Tschestobroditza  und  Jejevitza  westlich  und 
südlich  der  Marktflecken  Poschega. 

Endlich  der  südliche  Theil  des  Tzrnagora-Districtes  ist  von 
W.  nach  0.  durch  den  Lujnitza  durchflössen,  indem  nördlich  zwi- 
schen diesem  Bache  und  dem  Skrapege  der  lange  Bergrücken  von 
Trznokosa  liegt  und  südlich  die  Gebirgsgegenden  von  Gostinitza 
und  Duboko.  In  dem  engen  dreieckigen  Winkel  zwischen  dem 
Skrapege  und  der  Üietinia  kommen  bei  Gorobilie  salzige  Mineral- 
wässer vor. 

Der  Mitteidist  riet  von  Zlatibor  wird  durch  die  Dietinia 
bewässert,  liegt  zwischen  dem  Bzav  und  dem  Gebirge  Ponikve  und 
erstreckt  südlich  über  den  Zlatibor  bis  zum  Ivatz.  Der  von  S.  nach 
N.  laufende  Fluss  Dietinia,  an  welchem  die  Kreishauptstadt  Uschitze 
liegt,  hat  drei  Hauptquellen  und  drei  Zuflüsse.  Einer  der  letzteren 
auf  der  linken  Seite  ist  ein  kleiner  Bach,  welcher,  von  W.  nach  0. 
fliessend,  von  Stapari  kommt,  wo  Marmorfelsen  sind  und  der  etwas 
oberhalb  dem  Schlossfelsen  von  Uschitze  mündet. 

Der  andere  Zufluss  ist  dieKonska,  welche  fast  parallel  mit  der 
Dietinia  läuft  und  mit  seinen  Quellen  am  Kreide  ähnlichen  Kalk  ent- 
haltenden Vs-PIanina  liegt,  auf  der  westlichen  Seite  bis  zu  Kremna 
und  östlich  fast  bis  Semegnievo  sich  heraufzieht.  Die  Mündung  im 
Dietinia  ist  bei  Tripkova.  Am  östlichen  Ufer  ist  ein  kleiner  Bach 
bei  Priianovitchi. 

Die  Quellen  der  Dietinia  bilden  am  Zlatibor  zwei  Bäche  bei 
Vranejtzi  und  der  grössere  Bach  Grabovitza,  welcher  von  SO. 
nach  NW.  fliesst  und  gegenüber  von  Schlirovitza  endigt. 

In  dem  Vierecke  zwischen  letzterem  Bache,  dem  Bzav  und  der 
Dietinia  herrscht  eine  gebirgige  Gegend  mit  dem  Berge  Koschuscha. 
zwischen  Kriva-Rieka  und  Böge  und  nördlicher  der  Berg  Blagaia  mit 
einem  altem  Schloss  zwischen  Rzav  und  Dietinia.  Das  ist  die  Gegend 


Kreise  von  Uschitze  und  von  Knjesevatz.  «3  05 

von  Nikoievitchi ,  wo  Silber,   wahrscheinlich   silberhaltige  Bleierze 
und  Steinkohlen  vorkommen. 

Der  südlichste  Theil  des  Districtes  Uschitze  liegt  jenseits  dem 
NW.  nach  SO.  streichenden  Zlatibor  und  Tschigota.  Um  jenen 
Bergrücken  entspringt  der  Trzni  -  Rzav,  welcher  Nord -Süd 
fliesst,  ehe  er  in  ostwestlicher  Richtung  in  die  Drina  eilt.  Bei  seiner 
Richtungsveränderung  unterhalb  Mokra-Gora  empfängt  er  von  NO. 
den  Bach  Jablanitza  und  von  NW.  die  später  vereinigten  von 
Kamischnitza  und  Beli-Rzav.  Der  Trzni-Rzav  durchschnei- 
det das  Gebirge,  namentlich  westlich  die  Rücken  derVs  und  den  Aus- 
läufer des  Tschargan  und  östlich  den  mit  dem  Zlatibor  parallel 
streichenden  Tornik.  Zwischen  beiden  letzten  Gebirgen  kommt  Eisen 
und  Blei  vor  und  im  Süden  von  Tschargan  ein  zweites  Eisenlager. 

Wenn  die  Hauptverkehrs-Strasse  von  Valievo  nach  Uschitze 
den  Tzernogora-District  durchschneidet  und  die  Strasse  von  Tschat- 
schak  nach  Uschitze  über  Poschega  mit  zweimaligem  Wasserüber- 
gang der  Morava  bei  Prianovitschi  und  des  Skrapege  ohne  Brücke 
östlich  von  Poschega  sich  befindet;  so  ist  der  Zlatibor-District 
wichtig,  weil  durch  ihn  der  Hauptweg  von  Uschitze  !nach  der  bos- 
nischen Stadt  und  Veste  Vischegrad  auf  der  westlichen  Seite  der 
Dietinia  über  dem  Vs- Gebirge  und  längs  der  Trzni-RzaY  sich  zieht 
An  der  Drina  ist  eine  Brücke. 

Der  wegen  seinen  Gebirgen  wenig  bevölkerte  D  ist  riet  von 
Arilje  ist  zwischen  dem  geschlängelten  SN.-Lauf  des  Rzay  und  dem 
Grabovitza,  ein  Zufluss  der  Morava,  sowie  zwischen  Gebirgsge- 
genden eingezwängt.  Seinen  Namen  erhielt  er  vom  alten  Kloster 
Arilje  beim  Dorfe  gleichen  Namens,  das  an  der  Ausmündung  des 
Rzav  in  der  Morava  liegt. 

Die  zwei  Hauptquellen  des  Rzav  entspringen  in  südöstlicher 
Richtung  bei  Motschiotzi  auf  den  Gebirgen  Tschemernitza,  Kukut- 
nitza  und  Okruglitza,  welche  alle  drei  ostwestlich  aufgezeichnet 
sind.  Unterhalb  der  Gegend  Jasenovo  empfängt  er  auf  seiner  linken 
Seite  von  Süden  die  Bela-Rieka,  ungefähr  bei  dem  Dorfe  des- 
selben Namens;  oberhalb  tliesst  wieder  mit  demselben  Ufer  fast 
parallel  die  L  io  bis  ch  nitza  vonLiobischl  und  dernTschigota-Berg 
herunter;  endlich  unterhalb  Sirogoine  kommt  noch  dazu  der 
Prischtevitza  vom  selben  letzteren  Gebirgsrücken.  Zu  Liobischt 
ist  eine  Thermalquelle. 

21* 


*>()b  Boue.    Über  die  neuen  Karten  der  zwei  serbischen 

Auf  dem  rechten  oder  östlichen  Ufer  ist  der  einzige  bedeutende 
Bach  der  Rzav-Malii,  welcher  von  SO.  nach  NW.  kommend  von 
einem  Ausläufer  des  Okruglitza-Berges  bis  nach  Padobudje  in  Rsav 
fliesst  und  durch  den  SO.  nach  NW.  streichenden  langen  Malitseh 
von  dem  Ponitza.  einem  Zuflüsse  der  Morava,  getrennt  ist. 

DerM  or  ava-District  nimmt  den  ganzen  übrigen  dreieckigen 
östlichen  Theil  des  Kreises  ein,  ist  auch  sehr  gebirgig  und  wohnungs- 
arm.  Die  Quellen  der  Morava  liegen  südöstlich  am  Fusse  der  Gebirge 
Goliiaund  Preko-Brdo.  Zwischen  beiden  Quellen  befindet  sich  in  dieser 
hohen  Gegend  ein  kleiner  See,  der  sogenannte  Jezeio.  Die  mehr  öst- 
lich liegende  Quelle  reicht  durch  ihren  ganz  östlichen  Lauf  bis  zum 
Odvratehenitza,  dessen  westliche  Seite  noch  durch  den  Kopf  des 
St  udenitza- Baches  bewässert  wird.  Westlich  von  diesen  Quellen 
kommt  der  mehr  S.  nach  N.  laufende  grosse  Zufluss  des  Medgu- 
retscha.  dessen  Quelle  bei  Ertscheg  ist  und  zwischen  dem  Berg- 
rücken Trzvena-Gora  links  und  der  Gebirgsgegend  Rovine-Medovine 
rechts  fliesst. 

Der  weitere  Lauf  der  Morava  findet  zwischen  der  grossen 
Planina-Brezova  westlich  und  der  von  Velike-Livade  östlich  Statt, 
doch  bleibt  im  Thale  Platz  genug  für  die  Dörfer  Opalienik,  Roktzi 
und  Viedina-Varosch,  so  wie  für  den  Marktflecken  Ivanitza.  Unter- 
halb letzterem  empfängt  die  Morava  von  Süden  oder  Schume  den 
Bukovitza  und  etwas  weiter  unten  den  Grabovitza,  auf  wel- 
chem westlichen  Ufer  bei  Prilike  Säuerlinge  sich  befinden. 

Die  Karte  des  Knjesevatzer,  ehemals  Gorguscho- 
vatzer  Kreises,  bietet  nur  das  Bild  eines  sehr  wichtigen  Theiles 
der  Türkei,  namentlich  das  obere  Becken  des  Timok.  Diese  be- 
deutende tertiäre  Furche  ist  eigentlich  der  Verbindungsweg  zwischen 
den  zwei  türkischen  Vesten  Widdin  und  Nisch,  welche  als  wahre 
Wächter  an  diesem  Theile  der  serbischen  Grenze  stehen.  Nur  nach 
schweren  Kämpfen  und  durch  die  Terrainzufälligkeit,  namentlich 
die  Engpässe  von  Grumada  und  besonders  von  Vratarnitza,  so  wie 
durch  einen  kleinen  Theil  eines  bewaldeten  südlichen  Grenzgebirges 
ist  es  den  Serben  gelungen,  dieses  Stück  Land  zu  behalten.  Jetzt 
geht  der  Militärweg  von  Widdin  nach  Nisch  über  Belgradschik,  Isnebol 
und  Mustapha-Pascha-Palanka  oder  bequemer  über  Arzer-Palanka, 
Tschiprovatz  und  Pirot.  Die  Timoker  Gegend  war  aber  entvölkert 
und    wurde    ganz    besonders    durch     bulgarische    Einwanderungen 


Kreise  von  üschitze  und  von  Knjesevatz.  307 

colonisirt,  zu  welchem  Zwecke  sie  sehr  gut  gelegen  ist,  da  ihre 
südlichen,  in  Gebirgsschluchten  reichen  Theile  den  armen  gedrückten 
Christen  der  Türkei  den  Grenzübergang  erleichterte.  Auf  der  ande- 
ren Seite  verbindet  das  Timok-Thal  das  linke  ganz  serbische  Ufer- 
gebiet mit  dem  Innern  Serbiens,  indem  der  Weg  von  Negotin  nach 
Pojarevatz  besonders  durch  den  Übergang  von  zwei  ziemlich  hohen 
Gebirgskämmen,  namentlich  die  des  Poretzka  Rieka  und  des  Maidan- 
Peker  Berges  sehr  erschwert  wird.  Darum  bekommt  das  Innere 
Serbiens  sein  walachisches  Steinsalz  theilweise  auf  diesem  Wege, 
und  nur  das  übrige  geht  auf  der  Donau  nach  Belgrad. 

Das  Timoker  Thal  hat  fast  nur  Wälder  in  seinem  östlichen 
Theile  und  selbst  seine  Berge  nordwestlich  sind  meistens  ganz  kahl, 
was  wohl  grösstenteils  daher  stammt,  dass  diese  Furche  von  den 
Römern  schon  als  Militärstrasse  benutzt  wurde.  Darum  findet  man 
auch  noch  ihr  befestigtes  Lager,  die  Ruine  Gamsigrad  nördlich  von 
Zaitschar,  welches  die  wahre  Wache  der  trojanischen  Brücke  bei 
Kladova  war. 

Seit  der  Menadovitschen  Karte  sind  einige  wenige  Verände- 
rungen in  dem  Grenz-Karaul  oder  Wachposten  eingetreten;  die 
Grenzfigur  gab  Herr  Kiko  wenigstens  wieder  gut  an. 

Der  Fluss  Timok  entspringt  nach  unserem  europäischen  geo- 
graphischen Begriffe  in  Bulgarien  noch  oberhalb  des  serbischen 
Karaul  Pandiralo.  Diesen  Theil  des  Flusses  heissen  die  Serben 
Svrlitschkii  -  Timok  oder  Timok  von  Svrlik,  weil  eine  alte 
Schlossruine  dieses  Namens  unfern  dieses  Wassers  unter  der  Mün- 
dung des  kleinen  Baches  von  Prekonoga  und  nördlich  des  Hau  auf 
der  Strasse  von  Grumada  nach  Knjesevatz  steht. 

Südlich  empfängt  der  Timok  von  Westen  bis  dahin  noch  drei 
andere  Bäche  bei  Tuliane,  Zrnolevitza  und  den»  Mineralwasser-Bad 
Belvinie.  Östlich  fällt  in  ihn  nur  ein  grosser  Zufluss,  welcher  in 
nordöstlicher  Richtung  bis  auf  das  kleine  Jura -Kalkplateau  gegen 
Ponor  heraufreicht,  welches  die  Strasse  von  Nisch  nach  Knjesevatz 
überschreitet.  Von  Osten  fliessen  in  letzteren  noch  Wässer  von 
Krenta  und  Lukovo  herab. 

Vom  Svrliker  Thermal-ßad  bis  nach  Knjesevatz  empfängt  der 
Timok  drei  Zuflüsse,  namentlich  von  Süden  oder  Schlivovik  und 
Drainui  einen  kleinen  und  dann  ungefähr  eine  Stunde  weiter  zwei 
grosse  von  Norden,   namentlich  die  Topla  von  Topla  und  von  Beli- 


308  Boue.    Über  die  neuen  Karten  der  zwei  serbischen 

potoku  herunter.  Am  rechten  Ufer  des  Timok  unterhalb  Sverlik 
liegt  zwischen  dem  Fluss  und  seinem  Zufluss  der  Zaglavskii-Timok 
ein  ziemlich  bedeutendes  Kalkplateau,  indem  zwischen  dem  Timok 
und  der  Topla  eine  gebirgige  Landschaft  auch  herrscht,  welche  die 
türkische  Grenze  ausmacht  und  um  welche  ein  Dutzend  Dörfer  lie- 
gen, namentlich  gegen  Westen  Trbavtzi  und  Kopai-Kaschar,  gegen 
Süden  Nischestzi,  Varosch  und  etwas  höher  Metschidol,  gegen  Osten 
Palilula  und  Talibabinatz  und  gegen  Norden  Radmirovatz,  das  Kloster 
S.  Arendjel  und  das  Baddorf  Potschitza  (ein  Thermal-Wasserort). 
Wegen  diesen  zwei  Gebirgsgegenden  musste  die  Landstrasse  von 
Nisch  oder  dem  serbischen  Grumada  über  dem  rechten  Plateau 
tracirt  werden,  wo  sie  nur  zwischen  Ponor  und  Ilna  herun- 
ter geht. 

Von  Knjesevatz  geht  eine  Strasse  in  nordwestlicher  Richtung 
nach  Banja  in  einem  ziemlich  offenen  kahlen  Thale,  wo  nur  Wasser 
besonders  in  Regenzeiten  fliesst;  das  bildet  die  nördliche  Grenze 
der  Svrliker  Districts-Abtheilung,  indem  südlich  der  Zaglaver  liegt 
und  östlich  der  Timoker.  Nördlich  des  Thaies  sind  nur  die  Dörfer 
Bulinovatz  und  Vina,  und  zwischen  jenem  Thale  und  Topla  liegen 
die  Dörfer  von  Glogovatz,  Trezna,  Balanovatz,  Bojnovatz,  Oreschatz 
und  nördlich  der  Badeort  Riegoschte  am  Tiinokfluss. 

Unterhalb  Knjesevatz  mündet  von  Norden  ein  ziemlich  grosser 
Zufluss,  welchen  Kiko  Mali-  oder  kleinen  Timok  nennt,  indem 
H.  Kanitz  diesen  Namen  auf  den  Zufluss  unterhalb  Zaitschar  an- 
wendet. Dieser  Bach  hat  oberhalb  Valjevtzi  zwei  Hauptquellen, 
namentlich  die  westlichste  von  Stogarovatz  und  Dretschinovatz  und 
die  östliche  vonBoutschie,  Sokolontza  und  Lepena  herunterfliessend. 

Vom  Mali -Timok  bis  zum  Engpass  Vratarnitza  (die  kleine 
Thüre)  und  bis  zu  Zaitschar  liegt  die  Hügelreihe  Magien  mit  12 
Dörfern,  namentlich  Schtapina ,  Potrkanie ,  Dranovatz ,  Borovatz, 
Zagradje,  alle  nicht  weit  zum  Flusse,  welcher  sich  etwas  nach 
OSO.  dreht;  höher  an  dem  Hügel  liegen  Ravna,  Debelitza, 
Manimatz,  Kojel,  Marinovatz  und  Belareka.  Nur  weiter  östlich 
unterhalb  Zaitschar  fliesst  der  Mali-Timok  von  Zvesdan  und  Gamsi- 
grad  mit  SW.  nach  NO.  Richtung  im  Timok  und  empfängt  von  Nor- 
den die  Tzerna-Rieka,  welche  nach  Vuk  Stephanovitsch  aus 
einer  Kalkhöhle  entspringt  und  einem  der  Districte  des  Negotiner 
Kreisen  seinen  Namen  gibt. 


Kreise  von  Uscliitze  und  von  Knjesevats-  300 

Auf  seiner  südlichen  oder  rechten  Seite  empfängt  der  Timok 
von  Knjesevatz  bis  Vratarnitza  oder  eigentlich  bis  Izvor  fünf  grosse 
Bäche.  Der  grösste  ist  der  Zaglavski  i -Timok,  welcher  gleich 
unterhalb  Knjesevatz  und  fast  gegenüber  dem  Mali-Timok  des  Herrn 
Kiko  mündet.  Sein  Lauf  ist  fast  von  S.  nach  N.  und  am  Ende  von 
SW.  nach  NO.  Er  entspringt  uie  der  Svrlitschkii-Timok  in  den 
bulgarischen  Gebirgen  nördlich  von  Isnebol  und  tritt  bei  Korenatatz 
in  Serbien  ein.  (Vergl.  Sitzungsbericht  1856,  Bd.  20,  S.  556.) 
Er  empfängt  von  SO.  drei  Zuflüsse;  der  erste  bei  Kloster  S.  Mrude, 
an  welchem  die  drei  Dörfer  von  Reuschnitza,  Pritschevatz  und 
Gora-Kamenitza  liegen ;  der  zweite  weiter  unten  bei  Jukovatz;  an 
diesem  liegen  Kandulitza  und  Gradischte.  Im  letzteren  Orte  bilden 
die  zwei  Bäche  von  Brevnik  und  Aldinatz  den  Kopf  dieser  Wässer. 
Endlich  kommt  der  dritte  bei  Trgovischte,  ungefähr  eine  Stunde 
oberhalb  Knjesevatz.  Die  Dörfer  Tchtiraratz  und  Bidevatz  liegen 
an  demselben  und  etwas  östlicher  das  obere  Zunitch,  Lokva  und  das 
Kloster  des  heiligen  Petrus. 

Östlich  vom  untern  Zunitsch  wirft  sich  die  Elaschnitza  in 
den  Timok.  Dieser  Bach  fliesst  auch  von  Süden  herunter,  aber 
seine  Hauptquelle  ist  noch  in  Serbien  unter  Aldinatz  und  Rasobiti- 
Kamen.  Auf  seinem  oberen  Theile  liegen  Raditschevatz,  Scherba- 
novatz  und  unterhalb  einem  kleinen  östlichen  Zuflüsse  Jankovatz. 

Weiter  unten  empfängt  der  Timok  von  Süden  an  auf  einer 
kurzen  Strecke  noch  drei  Bäche,  namentlich  bei  Han  und  Novi-Han 
einen  Bach,  welcher  drei  Urquellen  bei  Novo-Korito  und  Oschlake 
hat  und  auf  diese  Art  fast  bis  zu  den  Grenzwachposten  von  Kutka  und 
Tresak  reicht.  Das  Dorf  Petruscha  liegt  an  dem  mittleren  Laufe  dieses 
Baches.  Der  zweite  Bach  kommt  von  Savi-Kladenatz-Karaul  oder 
dem  westlichen  Theile  des  Bergrückens  Babin-Nos  herunter  und  an 
ihm  steht  das  Kloster  Sr.  Bogoroditze  und  unterhalb  das  Dorf 
Selatschka.  Endlich  der  dritte  Bach  fliesst  vom  Babin-Nos  herab, 
hat  aber  einen  kurzen  Lauf  und  endigt  unterhalb  Isvor  im  Timok, 
Suvodol  liegt  zwischen  beiden  letztgenannten  Bächen  und  von 
Isvor  nach  Vratarnitza  Han  oder  die  türkische  Grenze  ist  kaum  eine 
Stunde. 


310  Boue.  Geologie  der  europäischen  Türkei 

Geologie  der  europäischen  Türkei,   besonders   des  slawischen  Theiles. 

In  den  Jahren  1836  —  1840  befand  ich  mich  gegenüber  der 
Geologie  des  südlichen  und  südöstlichen  Europa  ungefähr  wie  alle 
Geologen  in  den  Jahren  1812  —  1819  für  die  Kenntniss  der  Jura - 
kette  und  Gebilde;  denn  obgleich  die  Engländer,  besonders  Will. 
Smith  schon  den  Lias  und  mehrere  Abtheilungen  der  Jura  in  ihrem 
Lande  unterschieden,  so  wurde  dieses  in  Continental-Europa  nur 
nach  dem  Jahre  1819  ausgeführt.  Charbaut's  Abhandlung  über 
Lons-Ie  Saunier  warf  das  erste  Licht  auf  die  Zusammensetzung  der 
französischen  Jura  (Ann.  des  mines  1819,  Bd.  4,  S.  579 — 622). 
Früher  wusste  man  nur,  dass  der  Jura  zum  Flötzgebiete  gehörte; 
ob  er  jünger  oder  älter  als  der  Muschelkalk  sei,  war  unermittelt.  Sollte 
ich  beschämt  über  meine  ehemalige  Unwissenheit  nach  dem  damali- 
gen Stande  der  Wissenschaft  meine  jetzigen  Classificirungs- Ver- 
suche bei  Seite  lassen  ,  wo  endlich  Post  Tenebras  lux.  Solches 
Verfahren  wäre  aber  nicht  das  eines  die  Wahrheit  suchenden  Natur- 
forschers, sondern  nur  eine  alberne  systematische  Irrthumsbeförde- 
rung.  Dann  kommt  noch  der  Umstand  dazu,  dass  neben  meinen 
Lagerungs-Beobachtungen  die  Entdeckung  von  charakteristischen 
Petrefacten  manchmal  sich  gesellen,  so  dass  jetzt  oft  alle  Classi- 
ficationszweifel  verschwinden. 

In  der  Zeit  meiner  türkischen  Reisen  lag  die  Alpen-Geologie 
noch  im  Dunkel,  besonders  waren  sehr  wenige  Petrefacten  der 
Species  nach  bestimmt  und  selbst  die  Nummuliten-Formation  war 
nur  von  wenigen  Geologen,  wie  Buckland,  Brongniart, 
Keferstein  u.  s.w.,  als  theilweise  wenigstens  unteres  Tertiär 
anerkannt.  Bake  well 's  allgemeine  Ansichten  über  den  Lias  Sa- 
voyens  (1823)  und  Buckland 's  theilweise  sehr  wahre  Ansichten 
über  den  Trias  der  Alpen  (1821)  hatten  noch  nicht  gehörigen  Fuss 
gefasst.  Als  Beispiel  diene  meine  jetzige  nächste  Nachbarschaft  zu 
Vösl.ui;  ich  wusste  wohl,  wie  der  selige  Partsch,  dass  in  Hirten- 
berg Ähnliches  mit  dem  Aptychen-Voironskalk,  bei  Hornstein  kar- 
pathischer  Klippenkalk  und  bei  Vöslau  Kalkstein  wie  bei  Hallstatt 
waren,  aber  die  ordentliche  paläontologische  Einreihung  fehlte  uns. 
Da  man  das  nummulitische  Gebiet  noch  nicht  allgemein  zum  Eocen 
rechnete,  oder  besser  gesagt,  es  zwischen  letzteren  und  der  Kreide 
theilte,  so   begang  ich  im  Jahre  1824  in  meiner  Classificirung  der 


besonders  des  slavischen  Theiles.  Oll 

Kalksteine  der  deutschen  Alpen  den  Fehler,  im  Nummulitenfels  der 
Alpen  nur  die  untere  Kreide  (Ann.  d.  mines  1824,  Bd.  9,  S.  477  — 
520)  zu  sehen,  indem  ich  ziemlich  richtig  neben  Hippuriten-Kreide 
Jura  und  Muschelkalkstein ,  so  wie  salzführende  bunte  Sandsteine 
wie  Buckland  annahm.  Doch  meine  Bemühung,  Alpen-Zechstein 
zu  finden,  war  wieder  eine  Utopie.  Als  ich  im  Jahre  1836  Serbien 
betrat,  hatte  ich  aber  schon  so  weit  mit  der  Alpen-  und  Karpathen- 
Geologie  im  Allgemeinen  Bekanntschaft  gemacht,  um  zu  wissen, 
dass  die  Geologie  des  Erdballes  nicht  so  gleichförmig  war,  wie 
Werner  und  seine  Schüler  sich  gedacht  hatten,  indem  im  Gegen- 
theile,  wie  die  Erde  ihre  Zonengürtel  besitzt,  so  gestalten  sich  in 
der  geologischen  Geographie  mehrere  besondere  Typen  nach  den 
verschiedenen  Klimaten  und  vorzüglich  nach  der  Vertheilung  der 
Länder-  und  Wasserstrecken,  so  wie  die  sehr  ungleiche  Tiefe  der 
Meere  während  den  verschiedenen  geologischen  Perioden. 

Den  alpinisch-karpathischen,  grössteutheils  pelagischen  Typus 
charakterisirte  ich  und  erstreckte  ihn  damals  schon  nicht  nur  auf 
die  meisten  Ränder  des  mittelländischen  Beckens,  sondern  ich 
delinte  ihn  durch  Kleiu-Asien  weit  hin  nach  Indien  aus  (Guide  du 
Geologue-Voyageui  1836,  Bd.  2,  S.  358-360).  Diese  Thatsache 
ist  jetzt  endlich  allgemein  anerkannt  (siehe  Dr.  Peters,  Sitzungs- 
ber.  1863,  Bd.  13)  und  bildet  eigentlich  ein  mineralogisch-geo- 
gnostisch-paläontologisches  Feld,  welches  uns  vorzüglich  die  wissen- 
schaftliche Gründlichkeit  und  der  Fleiss  der  Gelehrten  der  kais. 
geologischen  Reichsanstalt  erschlossen  haben. 

Mit  diesen  Kenntnissen  ausgestattet,  kann  ich  mich  heutzu- 
tage nicht  recht  erklären,  wie  ich  der  Autorität  eines  Berghaupt- 
mannes Herder  so  weit  huldigen  zu  müssen  glaubte,  um  Anfangs  an 
seiner  ausgedehnten  Grauwacke  Serbiens  Geschmack  finden  zu  kön- 
nen (Bull.  Soc.  geol.  de  Fr.  1837,  Bd.  22,  S.  47),  wo  ich  doch  nur 
Alpen-Sandstein  sah,  eine  Welt,  welche  den  Sachsen  natürlicher- 
weise unbekannt  geblieben  war.  —  Doch  zu  meiner  Entschuldigung 
muss  ich  hervorheben,  dass  die  besten  Charaktere  des  Alpen-  und 
Karpathen-Flötzcomplexes  in  der  Türkei  fehlten  oder  wenigstens 
theilweise  anders  sich  gestalteten.  So  z.  B.  den  auffallenden  hell- 
gefärbten Klippenkalk  vermisste  ich,  wenn  nicht  gewisse  graue 
Encrinit-  Kalkstöcke  wie  bei  Kosnik  in  Serbien  und  im  östlichen 
Ober-Mösien    zwischen  Pirot,  Grlo  und  Trn  ihn  ersetzen.  Dann  von 


312  Boue.    Geologie  der  europäischen  Türkei 

den  verhärteten  Mergel-  und  Ruinen-Marmorschichten  sah  ich  höchst 
wenig ,  von  den  steinkohlenhaltigen  Grestener  Schichten  aber 
nichts,  in  dem  grossen,  grauen,  mergeligen  Sandstein  Anhäu- 
fungen. Nur  die  Fucoiden-Schiefer,  so  wie  hie  und  da  kleine  unbe- 
deutende Pflanzenreste  in  dem  Sandstein,  aber  keine  Keuper-Pflan- 
zen,  waren  überall  zu  sehen,  indem  in  einigen  Gegenden,  wie  z.  B. 
längs  des  kleinen  Kamtschik  im  östlichen  Bulgarien  diese  Aggregate 
mir  ähnliche  vom  oberen  Jablunka-Thale  in's  Gedächt niss  brachten. 

Sah  ich  mich  in  den  Flötz-Kalkgebirgen  um,  so  war  mir  nicht 
das  Glück  zu  Theil,  daselbst  weder  die  damals  schon  beschriebenen 
Monotis-Schichten  um  den  alpinischen  Trias-Salzstöcken,  oder  die 
vicentinischen  oder  St.  Cassianer  Muschelkalke,  noch  die  oft  rothen 
ammoniten-  oder  cephalopodenreichen  Adnether  und  Hallstätter 
Lager  zu  entdecken.  Alles  dieses  war  mir  im  Allgemeinen  bekannt, 
obgleich  die  richtige  geognostische  Stellung  nur  fast  10  Jahre 
später  festgestellt  wurde.  Was  die  Werfener  Schichten  oder  den 
unteren  rothen  Flötz-Sandstein  betrifft,  bemerkte  ich  wohl  Ähn- 
liches in  mehreren  Localitäten,  aber  die  Annahme  zu  ausgedehnter 
Kreidegebilde  trübte  damals  mein  Schluss-Urtheil. 

Die  schon  im  Jahre  1836  gemachte  Entdeckung  von  korallen- 
reichen Orbitolithen-  und  Cyklolithen-Kalken  in  der  Mitte  Serbiens  bei 
Dratscha,  w  estlich  von  Kragujevatz,  führte  mich  bald  aus  der  idea- 
len Welt  des  Herrn  Herder;  doch  hatte  ich  sogleich  meine  Kreide- 
Petrefacten  erkannt,  so  konnte  ich  im  Jahre  1837  in  jenen  einen  unge- 
heuren Raum  einnehmenden  grauen  Sandsteinen  noch  dazu  in  ge- 
neigten und  selbst  sehr  gestürzten  oder  gekrümmten  Lagern  nichts 
anderes  als  den  Karpathen-  und  Wiener  Sandstein  sehen ,  in  wel- 
chem sowohl  gewisse  Kalksteine  als  Serpentine  (Berg  Avata)  und 
metallführende  Hornblende-Porphyre  (Visoka,  Maidan  etc.)  einge- 
schlossen sind.  Da  ich  aber  in  den  Karpathen  die  Überzeugung 
gewonnen  hatte,  dass  wenigstens  ein  Theil  jener  Sandsteine  zum 
unteren  Kreide- System  gehörten  (J.  d<>  Geologie  1830,  Bd.  I, 
S.  118),  unl  da  manche  Geologen  diese  Meinung  theilten  und  selbst 
auf  den  Apenninen-Sandstein  ausdehnten,  so  kam  ich  dazu,  den 
serbischen  Karpathen-Sandstein,  als  zur  unteren  Kreide  gehörig, 
anzunehmen,  indem  ich,  durch  meine  italienische  Reise  belehrt, 
nicht  umhin  konnte,  fast  dieselben  Gebilde  mit  vielen  Serpentin- 
und  Dialhg-Gesteinen  und  rothen  verkieselten  jaspisartigen  Lagern 


besonders  des  slavisehen  Theiles.  313 

eben  sowohl  im  Myrtiden-Land  wie  am  Pindus  bei  Metzovo  und  in 
der  Kette  von  Kratschovo  NO.  von  Malakassi  bis  NW.  von  Stagus- 
Kalabak  zwischen  den  Becken  des  Milias  und  des  Cachia  im  west- 
lichen Thessalien  zum  Kreide-System  auch  zu  rechnen. 

Seitdem  aber  hat  es  sich  herausgestellt,  dass  die  Eocen- 
Bildung1  in  den  Alpen,  Pyrenäen,  Apenninen  und  Karpathen  nicht 
nur  eine  grosse  Nummuliten-Kalkbildung,  sondern  auch  eine  mäch- 
tige Masse  von  besonders  grauem  Mergel  und  Sandstein  mit  Fucoi- 
den  (F.  intricatus  und  furcatus)  umfasse.  Doch  scheinen  die  Fu- 
coiden  in  jenen  Karpathen-Sandsteinen  u.  s.  w.  auch  nicht  fremd  zu 
sein,  welche  Geognosten  jetzt  zur  Kreide  noch  rechnen. 

Nach  dieser  gut  bestätigten  und  durch  lange  Controverse  fest- 
stehenden Classificirungs-Methode  nimmt  jetzt  die  Geologie  eines 
bedeutenden  Theiles  der  Türkei   eine  ganz  andere  Form  an. 

Als  positive  Resultate  meiner  Erforschungen  bleibt  immer  die 
Entdeckung  der  Hauptdistricte  für  Granite,  für  Protogine,  Syenite, 
Serpentine,  Trachyte,  Augitporphyre,  Felsitporphyre,  dann  diejenige 
der  Hauptgebirge,  wo  die  älteren  rothen  Gneiss-  (Rhodopus)  oder 
die  jüngeren  krystallinischen  Schiefer  (der  Schar,  Ober-Mösien  und 
der  grosse  Balkan)  dominiien,  so  wie  jene  des  unteren  Kreide-Systems 
und  die  Plätze  der  tertiären  und  Alluvial-Becken. 

Wenn  man  nun  von  richtig  erkannten  Orbitolithen-Kalkbergen 
bis  zum  krystallinischen  auf  einer  Seite  die  beobachteten  Fels- 
schichten durch  ihre  Beschreibung  in  den  Reise-Tagebüchern  sich 
wieder  vergegenwärtigt,  so  bleibt  wenig  Zweifel,  dass  die  Haupt- 
formation vom  rothen  oder  bunten  Sandstein  an  bis  zum  jungen 
Jurakalk,  zum  Neocomien  daselbst  zugegen  sind,  wenn  auch  einige 
nur,  wie  in  den  Alpen,  durch  andere  etwas  zurückgedrängt  werden. 

Das  östliche  Serbien  ist  nur  eine  Verlängerung  des 
Banates.  Das  Timoker  Becken  ist  ein  tertiärer,  theilweise  eocener 
(besonders  Sandstein-Conglom^rateJ,  theilweise  miocener  (in  der 
Thalsohle)  Becken;  welcher  vom  Jura-Kalkberge  umgeben  ist.  Un- 
fern Gamsi  -  Grad  steht  der  Timosit  B  r  e  i  t  h  a  u  p  t's  an,  welches  Gestein 
zu  dem  metallführenden  grünlichen  Hornblende-Porphyre  Ungarns 
gehört  (s.  Berg-  u.  Hüttenm.  Zeit.  1860,  S.  124,  und  1861,  S.  51), 
und  wohl  auch  in  die  Eocen-Periode  fallen  wird.  Wenn  das  Eocene 
die  jüngeren  tertiären  (mergel-und  petrefactenreiehen)  Kalke  Nego- 
tins    unteitHifi,   so  herrscht  gegen  Widdin    dasselbe   Terrain,  so 


314  Boue.    Geologie  der  europäischen  Türkei 

dass  ich  selbst  noch  die  rothen  feinen  Conglomerate  der  sonder- 
baren Felsen  der  Belgradschiker  Festung  fast  dazu  rechnen  möchte, 
über  welches  Herr  Kanitz  so  phantastische  Bilder  gezeichnet  hat. 
Wäre  ich  im  Irrthum,  so  könnte  es  nur  unterer  Trias  sein;  doch 
schon  ihr  ziemlich  hohes  Lager  scheint  dagegen  zu  sprechen. 

Die  bekannte,  aus  Flötzkalk,  Jura,  Neocomien  und  Kreide 
sammt  Steinkohlen  führende  Lias  (Dobra)  bestehende  Gebirgskette 
des  Banates  mit  ihren  Kupfer-  und  Eisenlagerstätten  neben  meta- 
morphischem  körnigem  Kalke  endigt  schon  in  Serbien  südlich  von 
Budaglava.  Weiter  imGorniaker  Gebirge,  im  Stol-,  Omolie-,  Rtagn- 
Gebirge  und  bei  der  Eishöhle  (siehe  Bibliographie  darüber  am  Ende 
der  Abhandlung)  gibt  es  nur  Jurakalkn  ohne  Metalle.  Im  Süden 
des  Timoker  Thaies  fand  ich  bei  Ponor  zwischen  Knjesevatz  und 
dem  Svrlitskii-Timok  unterhalb  Giumada  auf  den  Anhöhen  Jura- 
Felsarten  und  Petrefacten  des  Coralrag  (siehe  Turquie  d'Europe, 
Bd.  I,  S.  263  und  265).  Jenes  Juragebiet  mag  sich  durch  den 
Tzrni-Vrch  und  die  Stara-Planina  bis  gegen  Wikrar  eistrecken, 
indem  vor  ihr  das  untere  durch  Orbitolithen  charakterisirte  Kreide- 
System  höchst  wahrscheinlich  mit  dem  Neocomien  südlich  von 
Belgradschik,  Drinovatz,  Milkovatz  und  Kamenopol  nach  Lovatz 
(T.  Lovdscha)  zieht.  Dann  im  Östlichen  Theil  Bulgariens  kommt 
über  den  Orbitolithen-Kalk  noch  eine  Art  grüner  Sand,  Hippuriten- 
Kalk  und  endlich  eine  schmutzigweisse  belemnithaltige  obere  Kreide 
wie  in  Podolien.  (Siehe  Taf.  I,  Fig.  2.) 

In  jenem  westlichen  bulgarischen  Lande  gibt  es  auch  Locali- 
täten,  wie  z.  B.  südlich  von  Bania  bei  Nisch,  östlich  von  Topolnitza 
Rieka,  östlich  von  Malina  und  bei  Strigl  im  südwestlichen  Bulgarien 
(siehe  Turquie  d'Europe,  Bd.  I,  S.  261  und  262),  wo  röthliche 
Sandstein-Agglomerate  sammt  gewissen  dichten  Kalksteinen,  Rauch- 
wacken  und  Dolomiten  sehr  wahrscheinlich  dem  Trias  anzurechnen 
sein  werden.  Ähnliche  Bildungen  kennt  man  eben  sowohl  nördlich 
in  Serbien  bei  Slalova,  südlich  der  Mutnitzka  Rieka  und  beiKrivi-Vr 
nördlich  vonSerbisch-Bania  als  im  südöstlichen Ober-Mösien,  südlich 
zwischen  Dubnitza  und  Radomir  (S.  269)  und  besonders  am  süd- 
lichen Abhänge  der  Schiroka-Planina  (S.  251).  Die  benachbarten 
Kalksteine  und  Bauchwacken  von  Selenigrad  und  Trn,  so  wie  die  bei 
Krivi-Vr  würden  auch  dem  Trias  gehören.  Über  und  neben  ihr 
würden  Jura-,  Klippenkalk-    (S.    260-  264)    und    möglichst  Neo- 


besonders  des  slaviselien   Tlieiles.  «i  I  5 

comien-Gebilde  (S.  260  und  263)  nicht  nur  östlich  bis  zum  unter- 
sten Kreideberg,  sondern  auch  westlich  (S.  259)  bis  zu  dem 
Glimmerschiefer-Gebirge  der  Baditsehka,  Shiroka  und  Shirena  Pla- 
nina reichen.  Zwischen  diesem  älteren  Gebilde  und  dem  Flötz- 
gebirge liegen  keine  älteren  Kreidefelsen,  sondern  die  Flötzgebirge 
würden  sich  an  erslere  nur  anlegen.  Die  Stara  und  Suva  Planina 
südöstlich  von  Nisch  und  westlich  von  Topolnitza  würden  eben  so- 
wohl wie  die  westliche  Seite  des  Vitoscher  Gebirges  möglich  theil- 
weise  aus  Dachstein-Kalk,  wenn  nicht  auch  aus  Trias-Kalk  bestehen 
und  in  allen  Fallen  über  diesen  rothen  Sandsteinen  liegen  (S.  261). 
(Siehe  Tat.  I,  Fig.  3.) 

Die  Muthmassung  des  Dr.  Peters,  dass  der  dichte  dunkle 
Kalkstein  in  der  mittleren  Höhe  des  nördlichen  Abhanges  des  aus 
Thon-Talk-  und  Glimmerschiefer  bestehenden  Tschipka-Balkan  Lias 
sein  könnte,  muss  ich  leider  unbeantwortet  lassen,  da  ich  die  Petre- 
facten  ganz  unbestimmt  Hess.  Aber  die  kleine,  schön  in  abgegrenz- 
ten Lagern  getheilte  graue  und  röthliche  Kalkkette  nordöstlich  von 
Eski-Sagra  in  Thracien  unfern  des  Kezanliker  Granit-  und  krystal- 
linischen  Schiefers  möchte  ich  jetzt  eher  zum  Flötzgebirge,  viel- 
leicht zum  mittleren,  als  zum  paläozoischen  (S.  232)  angehörend, 
annehmen.  Die  Folge  möchte  zeigen,  dass  sie  jünger  sind  als  alle  jene 
mit  Schiefern  abwechselnden ,  sehr  gestürzten  Kalkstöcke  eben  so- 
wohl zwischen  Sua-Rieka  und  der  Pristina-Ebene  als  westlich  von 
Vardar  längs  und  westlich  der  Tscherna.  (Siehe  Taf.  I,  Fig.  1.) 

Diese  meine  jetzigen  Muthmassungen  stützen  sich  eben  sowohl 
auf  die  erlangten  Kenntnisse  über  die  Alpengeologie  als  über  die 
Banater  Flötz-Kalklagerung  (siehe  Kudernatsch,  Sitzungsber. 
von  1837,  Bd.  23,  S.  39—148,  und  meine  Beobacht.  Bull.  Soc. 
geol.  Fr.  1838,  Bd.  8,  S.  136  —  148).  Die  geologischen  Verhält- 
nisse letzterer  Gebilde,  so  wie  die  des  Capellengebirges  ähneln  sehr 
denjenigen  im  östlichen  Serbien  und  westlichen  Bulgarien,  wo  ich 
jetzt  den  Trias  vermuthe.  Dieses  würde  wieder  eine  Stütze  für  die 
Behauptung  Breit haupt's  sein,  dass  die  Möglichkeit,  im  SO.  Ser- 
biens, Steinsalz  oder  Salzquellen  zu  finden,  vorhanden  ist.  Auf  der 
andern  Seite  lassen  die  Details  über  den  Neocomien  und  die  Kreide 
des  Banates  mir  fast  keinen  Zweifel,  dass  ausser  dem  Jurakalk  viel 
Neocomien  wenigstens  im  westlichen  Bulgarien,  in  den  Sukava-  und 
Lukanitschka- Gebirgen    und     selbst    im    Balkan    (siehe    Turquis 


31  G  Boue.    Geologie  der  europäischen  Türkei 

d'Europe  Bd.  I,  S.  239,  243,  251)  steckt,  indem  die  wahren 
geognostischen  Knöpflöcher  von  den  Tuchsen-  und  Panorthälern, 
sowie  von  dem  derDobra  oder  die  rotlien  Sandstein-Hervorragungen 
im  Banat  ihr  Ebenbild  in  der  Lagerung  der  eben  erwähnten  in  der  Türkei 
finden  werden.  Ob  das  Detail  der  Durchschnitte  des  Islivne-  und 
Tschipka-Balkans  die  Muthmassung  des  Vorhandenseins  nicht  nur 
des  Lias,  sondern  auch  des  rotlien  Flötz-Sandsteins  erlaubt,  über- 
lasse ich  der  Beurtheilung  der  Leser  (S.  244  und  247).  Im  öst- 
lichen Bulgarien  ist  es  auch  möglich,  dass  eocene  Fucoiden-Sand- 
steine  sich  längs  dem  grossen,  sowie  längs  dem  Akali-  und  Deli- 
Kamtsehik  bis  gegen  Vetschera  von  Osten  aus  in  einer  Kreidemulde 
gelagert  haben.  Die  sehr  geneigten,  schwarzgrauen  Schiefer  bei 
letzterer  Ortschaft  sind  voll  Fucoiden  (F.  intricatus  u.  s.  w.).  Auch 
wäre  die  Möglichkeit  des  Eocen-AIters  des  fucoidenführenden, 
sehr  schiefrigen  Sandsteines  am  Lepen  nördlich  von  Etropol  nicht 
ausgeschlossen  (S.  241),  er  würde  auch  an  den  Neocomien  (?) 
Wikrar,  sowie  an  dem  sehr  geneigten  dunklen  Schiefer  und  Kalk 
von  Etropol  und  Etropol- Balkan  anstossen. 

Solche  eocene  Sandsteine  unterscheiden  sich  sehr  gut  von  den 
ähnlichen  quarzreichen  Kreidefelsen,  welche  uns  einige  Formen  der 
sächsischen  Schweiz,  z.  B.  NNW.  von  Kasan  auf  der  Strasse  nach 
Tschatak  darstellen  (S.  238).  Auch  fehlen  dann  in  einiger  Entfer- 
nung fast  nie  das  miocene  Tegel-  und  Sandgebiet,  wie  wir  es  nörd- 
lich von  Lovatz,  um  Selvi,  bei  Eski-Djumaa,  Schumla  in  Bulgarien 
u.  s.  w.  sahen. 

Im  westlichen  Serbien  fehlen  uns  die  Anhaltspunkte  des 
östlichen  Theiles.  Die  Kalkgebirge  gehören  daselbst  nur  theilweise 
zum  Kreide-System  nach  den  spärlichen  Petrefacten,  welche  wir  da 
fanden.  Wenn  wir  aber  im  Balkan  keine  Gosau-Gebilde  zu  bemerken 
Gelegenheit  hatten,  so  kann  es  solche  eben  sowohl  hier  als  im 
benachbarten  Bosnien  geben.  Charakteristische  Petrefacte  wie  Tor- 
natella  gigantea  und  Nerineen  fanden  wir  daselbst  bei  Bela-Tzrka, 
so  wie  auf  der  östlichen  Seile  des  Ufers  des  Scutari-Sees  in  Alba- 
nien (S.  268  und  274).  Auf  der  andern  Seite  bleibt  die  Möglich- 
keit des  Vorhandenseins  der  Werfener  Schichten  nicht  ausge- 
schlossen und  ich  zweifle  nun  sehr,  dass  die  galenaführenden  Kalk- 
steine südwestlich  von  Krupain  im  Gebirge  Jagode-Planina,  so  wie 
die  zwischen  dein  Schargan-  und  Vs- Gebirge  im  Uschitzer  Kreise 


hesonders  des  slavischen  Theiles.  317 

zur  Kreide  gehören.  Sie  erinnern  uns  viel  mehr  an  jene  Blei-  und 
Galmei-Berge  in  Nord-Tirol  (wie  bei  Nassereit),  welche  vom  Jura- 
oder selbst  vom  Muschelkalk  nicht  getrennt  werden.  Diese  west- 
liche serbische  Kalkkette  wäre  in  allen  Fällen  vom  unteren  Kreide- 
Sandstein  und  Kalk  gegen  Osten  flankirt.  Oh  sie  auch  Dachstein- 
Kalk  beherbergt,  muss  sich  später  zeigen. 

Das  Schwierigste  bleibt  das  Sandstein  -  Eocengebiet  ohne 
Nummuliten-Kalk  (?)  von  dem  unteren  Sandstein- Kreidegebiete  in 
der  Mitte  Serbiens  zu  trennen;  denn  bis  jetzt  bietet  uns  die  Analogie 
mit  Ungarn  daselbst  nur  einige  Anhaltspunkte,  wie  z.  B.  das  wahr- 
scheinliche Vorhandensein  der  eocenen  Karpathen-Sandsteine  und 
nicht  Kreide-Sandsteine  um  den  Trachylbergen  des  Giuja-Thales 
im  Kotlenik  und  zwischen  jenem  Thale  und  demjenigen  von  Kragu- 
jevatz,  wo  dann  der  wahre  Wiener  Tegel  mit  einigen  der  gewöhn- 
lichen Petrefacten  darauf  liegt  (S.  288).  Bei  Dratscha  und  in 
Topschidere  1)  stehen  aber  Partien  von  Orbitolithen-Kalk  in  kleinen 
Felsenthälern  an  (S.  258)  und  dein  möglichen  Vorhandensein  des 
Neocomien  steht  nichts  im  Wege.  Fucoiden  gibt  es  eben  sowohl  in 
Masse  in  Kreide  als  im  Eoccn-Sandstein  und  jene  erkannte  ich  auf 
das  Deutlichste  eben  sowohl  in  manchen  Ottern  Central-Serbiens 
als  am  Balkan,  im  Pindus,  in  Epirus  (S.  257),  z.  B.  südlich  von 
Mitschikeliberg  östlich  von  Janina  u.  s.  w. 

Die  Frage  entsteht  dann,  ob  man  nicht  die  ganze  mittlere 
niedrige  Kette  Serbiens  oder  eigentlich  der  Schumadia  zwischen 
den  Thälern  der  Morava  und  Kolubara  und  von  der  serbischen 
Morava  zwischen  Stalatch  und  Tschatschak  bis  nach  den  Avala  zum 
Eocenschlagen  soll,  weil  daselbst  Diorite,  grüne  Porphyre  (Rud- 
niker  Berge)  und  Serpentine  durchgebrochen  sind  (s.Viquesnel's 
geol.  Charte).  An  der  Donau  würde  das  Eocen  durch  Tegel  und 
das  Wiener  Leitha-System  wieder  bedeckt  sein. 

In  diesem  Falle  wäre  wahrscheinlich  auch  die  Tzer-Kette  zwi- 
schen Jadar  und  Kolubara  eocen  und  dasselbe  durch  Tegel,  obere  ter- 
tiäre Sandstein-Schichten  und  älteres,  sowie  jüngeres  Alluvium  be- 
deckte Gebilde  würde  die  Becken  des  Kolubara  sowie  der  grossen 
Morava  umringen,  sowie  die  ehemalige  Meeresenge  zwischen  dem 
Glimmerschiefer  des  Berges  Jastrebatz  und  dem  Flötz-Kalkgebirge 
von  Bania   als   niedrige  Hügel  ausfüllen.     Sehr  schöne  Tegel-  und 

*)  Seite  258  lese  Orbitolithen  anstatt  irrthumlich  Nummulilen. 


OIO  B  o  ii  e.    Geologie  der  europäischen  Türkei 

Wiener  Bildungen  wären  wieder  in  den  Resava-,  Ravanitza-  und 
unteren  Mlava-Thälern,  sowie  auch  im  Nischer  und  unteren  Timoker 
Becken  (Negotin  u.  s.  w.)  vorhanden.  Doch  muss  ich  bemerken, 
dass  wenn  diese  Sandsteine  an  der  bulgarischen  Morava  und  im 
Timoker  Becken  eocen  und  nicht  miocen  sind,  sie  schon  mehr 
molasse-  und  nagelfluhartig  aussehen. 

Südlich  von  der  serbischen  Morava  haben  wir  bedeu- 
tende mitteltertiäre  Ablagerungen  in  den  Thälern  des  Botuna  und 
Raschina,  aber  zu  gleicher  Zeit  bei  Botnnie  wahrscheinlich  gestürzte 
eocene  Sandsteine  mit  Fucoiden  wie  im  Kahlenberg.  In  den  obersten 
Theilen  dieser  Thäler  steht  aber  eine  Kalkstein-Kette  mit  Enerinilen 
(Berge  Kosnik  u.  Jelin),  welche,  wenn  nicht  Neocomien,  doch  dem 
Klippenkalk  eher  als  älteren  Kalksteinen  angehören  würden  und  an 
den  krystallinischen  Glimmerschiefer  anstossen.  Die  Möglichkeit  ist 
gegeben,  dass  diese  Kette  auch  die  ähnlich  liegenden  Berge  Ovt- 
schar  und  Kablar  an  der  Morava  zwischen  Tschatschak  und  Pojega 
umfasse  und  die  pyramidalische  Form  letzterer  erinnerte  mich  leb- 
haft an  jenen  des  Klippenkalkes  zu  Arva  wie  zu  Hörnstein  in  Nieder- 
österreich. Im  oberen  Rasehina-Thale  ziehen  sich  die  Serpentin- 
Ausbrüche  bis  zum  letzteren  ältesten  Schiefergebirge  herauf  und 
stellen  sich  auch  wieder  an  der  Ratscha  und  Ibar  an.  wo  einiges 
trachylisches  und  jüngeres  Gebilde,  so  wie  Flötzkalke  vorhan- 
den sind.   (Siehe  Taf.  I,  Fig.  5.) 

Wenn  die  Classificiiung  hier  eine  sehr  ungenügende  einst- 
weilen bleiben  muss,  so  treten  wenigstens  noch  südlicher  im  alten 
Serbien  bedeutende  Dachstein  -  Kalke,  besonders  auf  der  nörd- 
lichen, westlichen  und  südlichen  Seite  des  Metoja-  und  Prisren- 
Beckenvor.  Die  am  Fusse  des  Schar  schon  erwähnten  Kalksteine  der 
Art  fanden  wir  auch  hinter  dem  Kloster  Detschani  und  am  Berge 
Peklen  bei  Ipek  mit  dem  charakteristischen  Megalodon  (siehe  Turquie 
d'Europe,  Bd.  I,  S.  272),  so  dass  er  auch  im  Glieb  anstehen  sollte, 
dessen  oberste  Gipfel  Hippuriten-Kalk  sind  und  dessen  unterster 
schieferiger  Theil  vielleicht  die  Werfener  Schichten  repräsentiren 
könnte  (S.  275). 

In  dem  Meto  ja -Becken  südlich  dieser  Gebirgskette  finden 
wir  im  nordöstlichen  Theile  die  Nummuliten-Kalke  von  Wiener 
petrefactenreichen  Congerien  miocen  überlagert  (S.  296).  Die- 
ser   Punkt   blieb   uns   der   nördlichste    für   die    Nummuliten  in  der 


besonders  des  slavischen  Theiles.  319 

Central-Türkei,  da  wir  letztere  in  Serbien  nicht  sahen.  In  jenen 
Ländern  enthält  das  eocene  Nummuliten  -  Gebilde  Asphalt  und 
Steinkohle,  wie  in  Istrien  und  dein  östlichen  Mesopotanien  nur  bei 
Aulona  in  Epirus  (S.  279). 

Da  die  bestimmte  Geogenie  des  oft  so  mächtigen  Dachstein- 
Kalkes  noch  Manches  zu  wünschen  übrig  lässt,  so  möchte  ich 
Geognosten  auf  den  von  mir  im  südlichen  Coburgischen  beschrie- 
benen Hornstein  und  Jaspis  führenden  Dolomit  aufmerksam  machen 
(Geognost.  Gemälde  Deutschlands,  1829,  S.  231-233),  weil  da- 
selbst der  Lias  fehlt  und  dieses  ziemlich  mächtig  petrefactenlose 
Gestein,  wenn  nicht  zum  oberen  Keuper  gehörend,  als  zwischen 
Keuper  und  Jura-Kalk  liegend ,  vielleicht  zum  Dachstein-Kalk  in 
einigem  geogenetischen  Zusammenhang  sein  könnte. 

Auch  in  Bosnien  hätten  wir  Andeutungen  von  jenen  älteren 
Gebilden,  welche  man  im  Capellengebirge  auf  der  Höhe  der  croati- 
schen  Strasse  zwischen  Mersla-Voditza  und  Moravitza  kennt  (siehe 
Foetterle's  Beschreibungen).  So  z.  B,  bei  Batsche  (Turquie 
S.  275),  zwischen  Senitza  und  Hissar,  bei  Minareti-Han  und  Tschai  - 
nitza  (S.  273),  nordwestlich  von  Pratza  bei  Koleschitz  (S.  269), 
zwischen  Travnik  und  Serajevo,  im  Voinitza-Thale  (S.  274),  im 
Lepenitza-Thale  bei  Rivest,  nordwestlich  von  Serajevo,  im  Iva- 
goschtscha-Thale,  oberhalb  Podgorehan,  7  Stunden  südwestlich  von 
Zvornik.  Vielleicht  selbst  bei  den  Salzquellen  zuTuzla  u.s.  w.,  könnte 
man  jetzt  Werfen  er  Schichten  sammt  etwas  Trias-Kalk  vermuthen. 
Denn  für  eocene  Karpathen-Sandsteine  sind  jene  Gesteine  zu  dicht, 
zu  krystallinisch,  Mergelschichten  und  Fucoiden  führen  sie  nicht, 
und  ihre  verbreitete  röthliche  Farbe  erinnert  noch  dazu  eher  au 
Werfen. 

Wenn  Herr  Dr.  Peters  die  Anwesenheit  des  Dachstein- 
Kalkes  in  Bosnien  bezweifelt  (Sitzungsber.  29.  Nov.  1863,  Bd.  18, 
S.  5),  so  glaube  ich,  dass  er  sich  irrt,  und  dass  in  jenem  Lande 
nicht  nur  Trias,  sondern  auch  viel  Dachstein,  selbst  die  Avicula 
contorta  Schichten,  die  Kössener  Schichten  (Mileschave-  und  oberes 
Ugrathal)  sammt  manchen  jurassischen  Abtheilungen  ausser  der 
Gosau-  und  Hippuriten- Kreideformation  vorhanden  sein  werden. 
In  dieser  theoretischen  Voraussetzung  stelle  ich  mir  jetzt  den  Dach- 
steinkalk in  dem  grossen  Kalkgebirge  südlich,  östlich  und  westlich 
von  Serajevo,  bei  Mokro,  auf  beiden  Seiten  des  mittleren  Laufes 

Sitzb.  d.  mathera.-naturw.  Cl.  XL1X.  Bd.  I.  Abth.  22 


320  Boue.  Geologie  der  europäischen  Türkei, 

des  Krivaja-Thales,  südlich  von  Jadar  an  der  Drina,  nordwestlich  von 
Travnik,  selbst  in  den  hohen  Porim  undVranatz  in  der  Herzegowina, 
so  wie  am  Fusse  des  Prokletia,  in  den  Bergen  westlich  von  Novibazar 
u.  s.  w.  vor.  Überall  stehen  da  sehr  petrefaetenleere  graue  und  weiss- 
liche  Kalke  an.  Auf  der  Höhe  des  Porim  habe  ich  Gelegenheit  gehabt, 
dichte  weissliche Kalksteine  mit  flachem  muschligen  Bruche  zu  sehen, 
welche  an  gewissen,  ammonitenführenden  Bianconi  oder  Majolica 
der  italienischen  Alpen  erinnern.  Auch  bemerkte  ich  beim  Herunter- 
steigen vom  selben  zum  nördlich  gelegenen  Jezero  eine  dolomitische 
Breccie  wie  die  tertiäre  Vöslauer  als  Reibsand  in  Wien  gebräuchliche. 
Südlich  von  Mileschevedo  und  zwischen  diesem  tiefen  Einschnitt 
und  Hissardgi  stehen  lichte  Kalkfelsen  voll  mit  Brachiopoden  und 
anderen  Jura-Petrefacten,  so  dass  es  vielleicht  Hirlatz-Schichten 
wären.  Dann  auf  der  Grenze  von  Bosnien  und  Herzegowina  erstrecken 
sich  in  NW.  —  SO.  Richtung  von  Raduscha  und  Vranatz  bis  zum 
Sutschesa-Thal,  dem  Dormitor,  Kom  und  Prokletia  am  albanesischen 
Drin  eine  Reihe  von  Dolomit-Kegeln,  welche  ganz  den  Süd-Tirolern 
gleichen  und  welche  ich  dem  unteren  Jura  jetzt  unterordnen  möchte. 

Ausserdem  aber  bliebe  noch  viel  Hippuriten-Kalk  vorzüglich  auf 
den  Höhen  und  dem  Plateau  der  Gebirge  übrig,  wie  z.  B.  bei  Glugovik, 
Vratsche,  Mekinie  (S.  268  — 269),  im  Tissovatzer  Gebirge,  bei  Podro- 
monium  und  selbst  einige  Dolomite  können  dazu  gehören.  Inder  Her- 
zegowina bilden  solche  Kalksteine  auch  gänzliche  Berge,  wie  zwischen 
Nevesign  und  Blagay,  und  im  Gatzkoer  Gebirge  lehnen  sich  die  eocenen 
Nummuliten-Schichten  an  den  Juragebirgen.  (Siehe  Taf.  I,  Fig.  4.) 

Erratische  Blöcke  haben  wir  in  keinem  Theile  der  euro- 
päischen Türkei  beobachtet,  doch  müssen  wir  die  ungeheuren  Kalk- 
und  dolomiteckigen  Blöcke  nicht  vergessen,  welche  um  den  kleinen 
See  (Rikavetz?)  im  oberen  Gruja-Thale,  nordöstlich  von  Prokletia 
liegen.  Besonders  wird  der  steile  Aufgang  von  da  zum  eigentlichen 
Pass  des  Prokletia  fast  nur  durch  solche  in  grösster  Unordnung 
liegende  gebildet.  Wenn  sie  nichts  mit  dem  erratischen  Phänomen 
zu  thun  haben,  so  müssten  sie  von  einem  Bergstürze  in  diesem  engen 
Thal  herrühren,  was  auch  möglich  ist.  Einige  Schramme  hat 
Viquesnel  auf  dem  Felsen  im  unteren  Gruja-Thale  sehen  wollen; 
aber  dieselbe  Ungewissheit  herrscht  über  ihre  wahre  Natur.  Zu 
berücksichtigen  wäre  doch  der  Umsland,  dass  auf  der  östlichen 
Seite   des   Prokletia-Passes   leicht   ein  kleiner  Gletscher  entstehen 


besonders  des slavischen  Thpiles.  o21 

könnte,  wenn  es  eine  Reihe  von  kalten  Sommern  und  sclineereiehen 
Wintern  gäbe;  denn  der  Schnee  schmilzt  daselbst  schon  nie 
gänzlich.  (Vergl.  Collomb's  Beschreib,  d.  kleinen  Maladetta- 
Glätscher,Bull.  Soc.  geol.  Fr.  1862,  Bd.  19,  S.  1144.) 

Über  die  wohl  bekannten  Blöcke  von  krystallinischen  älteren 
Gebirgsarten  aus  der  Molasse  bei  dem  Kloster  von  Meteor  in  Thes- 
salien habe  ich  mich  in  meiner  Beschreibung  schon  ausgesprochen 
(S.  302).  Die  eigentliche  Ursache  dieser  ungeheuren  Conglomerat- 
Bildung  bleibt  denn  doch  ein  ungelöstes  Räthsel.  Sollte  da  viel- 
leicht eine  eigene  locale  Ejaculation  im  Spiele  gewesen  sein? 

Was  die  Vertheilung  der  Thermal- Wässer  der  Türkei 
betrifft,  so  bestätigen  die  neueren  weiteren  Entdeckungen  immer 
mehr,  was  ich  über  diese  schon  im  Jahre  1840  mittheilte.  So  z.  B. 
wurde  die  am  südlichen  Fusse  des  Balkans  laufende  0. — W.-Linie 
dieser  Wässer  durch  die  durch  Dr.  Barth  besuchten  Ilidja,  3  Stun- 
den westlich  von  Kezanlik  am  Fusse  des  krystallinischen  Schiefer- 
gebirges Karadja-Dagh,  sowie  die  zu  llidja-Koei  unfern  Mentesche, 
westlich  von  Ober-Tundja-Engpass  bei  Kalifer,  bereichert. 

Auf  jener  langen,  manchmal  etwas  gegen  Norden  oder  Süden 
verschobenen  Ost- West-Spalte  kennt  man  nur  mit  Schwefelwasser- 
stoff ganz  geschwängerte  Wasserquellen  und  keine  Kohlensäure- 
Wässer,  indem  die  kohlensauren  reichen  Thermalquellen  den  NW. 
— SO.  laufenden  Spalten  eigen  zu  sein  scheinen.  Auf  der  anderen 
Seite  gibt  es  auch  einige  ähnliche  Schwefel wässer,  wie  in  der 
Central-Türkei,  in  dem  NNW. — SSO.  laufenden  Gebirgssystem  des 
Banates  und  des  östlichen  Serbiens.  Merkwürdig  bleibt  es,  dass  der 
aus  krystallinischen  Schiefern  bestehende  hohe  Schar,  so  wie  über- 
haupt die  höchsten  Gebirge  der  westlichen  slavischen  Türkei  keine 
Thermalwässer  aufzuweisen  haben.  Dasselbe  würde  selbst  für  die 
grössten  Serpentin-Eruptionen  Nord-Albaniens  auch  gelten,  wenn 
man  nicht  in  einer  ziemlichen  Entfernung  unterhalb  Croja  und  in  der 
schwarzen  Drin -Spalte  auch  geschwefelte  warme  Wässer  kennen 
würde. 


Bibliographie  der  bekanntesten  Eishöhlen. 

Eishöhle  zu  Herrngrund  bei  Schemnitz  (Ungarn),  kein  Eis  im  Winter. 

B  i  1 1  e  r  e  z  Baume,  5  Stunden  von  Besancon  im  Jura-Kalk  (Mein.  Acad. 

roy.  P.  1,  1712). 


22  * 


*>4<C  Boue.    Bibliographie 

Bei  (Math.),  bei  Scelicze,  Comit.  v.  Thorna  (Siebenb.)  (Lond.  phil. 

Trans.  1739,  B.  41,  Nr.  452,  Art.  3). 
ßourrit   (M.  Th.),  Desc.  des  Glacieres,  Glaciers  ete.  du  duche  de 

Savoie  1774,  8,  N.  descript.  etc.  1785. 
Prevost  (P.),  Baume  bei  Besancon  (Bibl.  brit.  Genevel769,  B.  20. 

S.  264). 
La  Franche  Comte  Anc.  et  moderne  ad  Lettres  a  Madell.  d'Udressier 
P.  1779,  S.   32    (Beckmann,  Physik.  Biblioth.  1781,  B.  11, 
S.  387).  Giorn.  di  fisica  Pavia  1816,1  Dec.  B.  9  (Bibl.ital.  1816, 
B.  13,  S.  157). 
Patrin,   bei  den  Chilia-Bergwerken  (Daurien)  weniger  im  Winter 

(J.  de  Physiq.  1791,  B.  38,  S.  252). 
De  Saussure  (H.  Bened.),  Berg  Vergy  (Voy.  dans  les  Alpes  1796, 

B.  3,  §.  1404-1415). 
Girod  -Chantrans   (C),   6  Stunden  von  Besancon  (J.  des  Mines 
Jahr.  4,  B.  4,  Nr.  21,  S.  65—72.  Molls  Jahrb.  f.  Berg-  u.  Hütt. 
1798,  B.  2,  S.  397—399). 
Cassini,  deto  (Mem.  pres.  ä  V  Ac.  d.  sc.  P.  1 798,  B.  1,  Creils  Neuest. 

Chem.  Ann.  1798,  B.  1,  S.  44—46). 
Moll   (von),  Unterberg   (Sein   Ann.  d.  Berg-  u.  Hütt.  1803,   B.  2, 
S.  302  u.  s.  Jahrbuch  B.  2,   S.  397—399,   Begensb.  Bot.  Zei- 
tung 1802,  Nr.  21,  S.  321—333). 
Andre  de  Gy,  Gemeinde  La  Chaux  im  Jura  (s.  Theorie  de  la  terre 

1806,  S.  168—173). 
Sartori,  Ungarn  (Naturvvund.  d.  österr.  Kaiserth.  1807). 
Cossigny,   Die   Baumhöhle   5   St.    von  Besancon  bei  der  Abtei  la 
Grace  de   Dieu  (Mem.  Acad.  Sc.  P.  Satans  etrangers    1811, 
B.  1,  S.  195,  Taf.  Bibl.  univ.  Geneve  1822,  B.  20,  S.  263). 
Parrot,  Physik  d.  Erde,  1813. 

Hericart  de  Thury,  Höhle  Fondeurle  Dep.  des  Droine  (Dauphine) 
(I.  d.  mines,  Nr.  194,  B.  33,   S.  157,    Gilberts   Ann.  Phys. 
1815,  B.  49,  S.   305,  Tascb.  f.  Min.    1817,   B.    11,   Th.   2, 
S.  558—564,  Edinb.  phil.  J.  1820,  B.  2,  S.  80—82). 
Silliman,  im  Trapp  Menden  (Cüimecticut)  (Americ.  J.  of.se.  1821, 
B.  4,  S.  174-177,  Edinb.  phil.  J.  1822.  B.  6.  S.  353—356). 
Deine  (J.  Andre).  Ann.  d.  Ch.  et  Phys.  1822,  B.  21.  S.  113—126. 
Dearborn  (H.  A.  S.)  u.  Ives  (Th.),  Snow  Hole  bei  Williamstown 
(Mass.)  (Americ.    J.  of  sc.  1822.    B.  4.  S-  33,  add.  v.  Dewey 
1823,   B.  5,  S.  398—399). 


der  bekanntesten  Eishöhlen.  323 

Pictet  (A.),  Jura  u.  Alpes  (Helvet.  Ges.  Juli  1822, Bibl.  univ.  Geneve 
1822,  B.  20,   S.  261—284.   und  Edinb.   phil.  J.  1823,   B.  8, 
S.  1-7). 
Pictet,  unter  Lava  bei  Niedermendig  (Mem.  Soc.  de  pbys.  Geneve. 

Edinb.  phil.  J.  1822,  B.  7.  S.  190). 
Pictet,  Höhle  Montargues  an  der  Spitze  des  Berges   Vergy  (Fau- 

cigny)  (Bibl.  univ.  Geneve  1824,  B.  25,  S.  243—245). 
Im  Glimmerschiefer  zu  Salisbury   (Ver.  Staat.  N.    Amer.)   (Americ. 
J.   of  sc.  1824,   B.  8,  S.   254.   Edinb.   J.  of  sc.   1825.  B.  2, 
S.  187). 
Dufour,   Schafloch  am  Bothorn   (Bibl.  univ.  Geneve   1822,  B.  21. 
S.  113—118,  Edinb.  phil.  J.  1823.  B.  8,  S.  290—294,  Gior- 
nal  di  agricol.  arti  e  Comm.  di  Milano  1823.  S.  311). 
Erdmann,  im  Gyps  einige  Werst,    v.   Kungur  am  Iren   (Beiträge 
z.  Kenntn.  v.  Bussl.  1822,  ß.  2,  Th.2,  S.  147,  Zeitschr.  f.  Min. 
1826,  B.  2,  S.  425). 
Eishöhle  an  der  Quelle   der  Jumna.    Indien   (Phil.  mag.  Nov.  1823, 

S.  558.  Bull.  univ.  Ferussac  1824,  B.  3,  S.  8). 
Bei  Beaune  auf  den  Doubs  (Annal.  franc.  d.  Arts.  sc.  1823,   B.  11). 
Berzelius    (Jahresher.  1824.  B.  3.  S.  221,  Zeitschr.  f.  Min.  1825, 

B.  1,  S.  552). 
Lee  (C.  A.).  in  einer  Spalte  des  Glimmerschiefers,  Salisbury  (Conn.) 

(Americ.  J.  of  sc.  1824,  B.  8.  S.  254). 
Bei  Clinton  (Zeitschr.  f.  Min.  1826,  B.  1.  S.  559). 
Homer  (Gehler's  Physikal-Wörterb.  1826.  art.  Eis). 
Muncke  (detto  1822.  art.  Höhle). 
D'Omalius,  bei  der  Kill  (Mem.  pr.  la  desc.  geol.  desPays  Bas, France 

1828,   S.  157). 
Auf   felsigem    Grund    bei    Uzkhinval,    Dislrict   Gori,   am  Fusse  der 
ossetischen  Berge  (Rev.  encyclopediq.  Ausland  1829,  S.  428). 
Cueva  de  la  nieve,  Lava-Höhle  zu  Teneriffa  (Duinont  d'  Urville's  Welt- 
umsegelung 1829,  Hertha  1829,  B.  14,  H.  3,  S.  367). 
Vir I et.  Grace  Dieu  oder  deChaux  Höhle,  Freigrafschaft  (Bull.  Soc. 

geol.  Fr.  1834.  B.  6,  S.  159,  Annuaire  du  Doubs). 
Tyson,  T.  T.,  bei  North  Niver,  Grafsch.  Hampshire,  Virginien  (Bull, 
univ.  Ferussac  1829,  B.  19,  S.  194,  Bibl.  univ.  Geneve  1843, 
B.  48.  S.  200.  N.  Jahrb.  f.  Min.  1833,  S.  630,  Americ.  J.  of 
sc.  1837,    B.  31,  S.  396). 


!$24  B  oiie.  Bibliographie 

Reich  (F.),  Sauberg  bei  Ehrenfriedersdorf  (Freiberg)  (Beob.  über 

d.  Temperat.  d.  Gesteins  1834,  2.  App.,  N.  2). 
W  immer,  Höhle  Szilicze  (Tornaer  Comitat,  Ungarn),  Wasser  lau  im 

Winter  und  mit  Eis  im  Sommer  (Bergbaus,  Ann.  1836,   B.  14, 

3  R.,  B.  2,  S.  155). 
PI  eise  hl  (A.),  in  Basalt-Blöcken  des  Steinberg  bei  Kamenik,  Leit- 

meritz  und  zu  Zinkenstein  (Abh.  k.  böhm.  Ges.  d.  Wiss.  1838 ; 

Ann.   Phys.  Pogg.  1841,  B.  54,  S.  292—299.  —  N.  Jahrb. 

f.  Min.  1844,  S.  240.  —  L' Institut  1842,  Nr.  439). 
Merian   (P.),  zu  Kalkofen   zwischen  Oltingen  und  Zeylingen,  Cant. 

Basel  (N.  Jahrb.  f.  Min.  1836,  S.  222-223). 
Zu  Tschinwali  in  Georgien  (Ausland  1836.  S.  652). 
Man  dl  (Aug.).  Brandstein,    Wildalpen  zu  800   Kl.    absolute   Höhe 

(Steyerm.  Zeitschr.  1838.  n.  F.  Jahrg.  5,  H.  2,  S.  151—159). 
Bei  Frickhofen  am  Fusse  der  Dornburg  in  Westerwald,  500  Kl.  üb. 

Meer   (Ann.  d.   Phys.    Pogg.    1842,  Ergänz.  B.  1,  od.  B.  51, 

S.  517—519). 
Keller  (F.),  Bemerkungen  üb.  d.  Wetterlöcher  u.  natürl.  Eisgrotten 

in  d.  Schweizer  Alpen,  Zürich  1839,  1  Taf. 
Dubois   de  Montpe  yreux,  Khotevithal   (Voy.   au  Caucase  1839, 

S.  380,  atlas  T.  19). 
Jackson   (Charl  T.),   Berg  Abraham  (Maine)   zu  3387  Fuss  abs. 

Höhe   im   Juni   (3   arm.   Report  of  the    geol.  of  Maine  1839, 

Americ.  J.  of  sc.  1839,  B.  37,  S.  378). 
Macombes   (D.  0.),  gefrorene  Brünne  während  4 — 5  Monate  im 

Jahre,   77  Fuss  tief,   40  F.  über  die  Susquehanna   bei   Owego 

(Americ.  J.  of  sc.  1839,  B.  36,  S.  184  u.  185). 
Boue   (A.),   Ledenitza   am  Fusse   des  Btagn  im  SO.  Serbien  (Bull. 

Soc.geol.Fr.l838,B.  8.S.22,  Turquie  d'Europe,  B.1,S.180). 
Boue   (A.),   bei   Mitrovitza   (Süd-Bosnien),  2460   F.    abs.    Höhe, 

(Turquie  d'Europe   1840,  B.   S.  521,  Recueil  d'Itineraires  en 

Turquie  1854,  B.  2,  S.  180). 
T  h  o  m  ä,  das  unterirdische  Eisfeld  bei  der  Dornburg.  Wiesbaden  1841, 

8.  Karte  (Berg-  und  Hüttenm.  Zeit.  1842,  S.  437). 
Carrell,  Herzogth.  Aosta  (flnslitut  1841,  B.  9,  S.  319). 
Herrengrund,   Neusohl,    Ungarn   (Berg-  u.  Hüttenm.  Zeitung   1842, 

S.  514). 


der  bekannteste!!  Eishöhlen.  3^5 

Herschel   (Sir  J.   J.    W.),    Erklärung  derjenigen  bei   Illetzkaja- 

Zatchita,  Orenburg  (Russl.)  (Proceed.  geol.  Soc.  L.  1842,  B.3, 

Th.  2,  S.  697—702;  phil.  Mag.  1842,  B.  21,  S.  359  —  364, 

und  Edinb.  n.  phil.  J.  1834,  B.  34,  S.  14—21 ;  N.  Jahrb.  f.  Min. 

1843,  S.  362;  Amme.  J.  of  Sc.  1843,  B.  44,   S.  206;  Bibl. 

univ.  Geneve  1843,   ß.  43,  S.   169;  L'Institut  1842,  S.  268; 

Ausland    1842,     S.    421;    Ann.     Sc.     geol.     Riviere     1842, 

S.  389). 
Murchison  (R.  J.),  dito  (Proceed.  geol.  Soc.  L.  1842.  B.  3,  S.  696; 

phil.  Mag.  1842,  B.  22,  S.  62;  L'Institut  1842,   S.    128,  unter 

Herschel's  Name). 
Virginien  (L'Institut  1843,  S.  352). 
Hope,  Erklärung  der  Oienburger  Eishöhle  (Edinb.  n.  phil.  J.  1843, 

B.  35,  S.  191—194). 
Hayden  (C.  B.),  Hampshire  Virginien,  in  den  Cacassonbergen  oder 

bei    North  River  (Americ.  J.  of  Sc.  1843,  B.  45,  S.  28—83; 

Ausland  1843,  S.  1101). 
Koch  (Karl),   an  der  Quelle  der  Sabazwinda   (Caucasus)  (Reise  in 

Russland  und  im  Kaukasus  1843,  B.  2). 
Lathrop  (S.  Pearl),  im  Wallingford,  im  d.  Grafsch.  Rutland  (Vir- 
ginien)   (Americ.  J.  of  Sc.  1844,  B.  46,  S.  331). 
Thomae   (C),   Eis-   und   warme  Luftzüge  bei  Dornburg  am  südl. 

Fusse  des  Westerwaldes  (Jahrb.  d.  Ver.  f.  Naturk.  im  Herzogth. 

Nassau  1849,  B.  4,  S.  164—202). 
Rossite -Schlucht    am    Untersberg    bei    Salzburg     (Leonhard's 

Taschenb.  d.  Fr.  d.  Geologie  1846,  S.  84—86). 
Vogel  (Dr.  Jos.),  Taberloch  in  der  Wand.  S.  von  Wien  (Sachse's 

allg.  deutsch,  naturhist.  Zeitung  1846,  H.  3,  S.  224). 
Schtschukin,  zu  ßalagansk  180  Werst  von  Irkutsk  gegen  die  Angara 

(I.  Ministerst.  vnutren  Djel  oder  I.  d.  Minister,  d.  Innern,  1848, 

Nov.,  Ausland  1849,  S.  5—6). 
Kittara,   mehrere  bei   Kangur   (Gouv.  Perm.)   auf  der  Sylva  (dito 

1848,  Juni;  Ausland,    1848,  S.  669—620;  Erman's  Arch.  f. 

wissensch.  Kund.  Russl.  1849,  B.  8,  S.  75—86,  1  Taf.). 
Simon y,  rother  Kogel  bei  Aussee  zu  3620  F.  abs.  Höhe  (Mitth.  d. 

Fr.  d.  Naturwiss.  in  Wien  1849,  B.  5,  S.  265). 
Petruzzi,    6    Höhlen   in  Krain  (Mitth.  d.  Fr.  u.  s.  w.,  Wien  1850, 

B.  7,  S.  56-59,  63—68). 


326  ßoue.  Bibliographie  der  bekanntesten  Eishöhlen. 

Bey  Kurmanajeva,  Kreis  Sterlitamak  (Orenburger  Gouv.)  (I.  Mi- 
nislerst.  vnutren  Djel,  Erma  n's  Archiv  f.  wissensch.  Kunde 
Russl.  1849.  B.  7,  S.  386—390,  1  Taf.). 

Losievskj-Höhlen  mit  unterird.  Seen  (Orenburger  Gouv.)  (Erma  n's 
Arch.  f.  wiss.  K.  Russl.,  1849,  B.  7,  S.  386;  N.  Jahrb.  f.  Min. 

1852,  S.  353). 

Leo  (A),  Eisenberg,   Bergwerke   bei  Rudolstadt,   Thüringer  Wald 

(Berg-  und  Hüttenm.  Zeit.  1850,  S.  503). 
In  Saalberger  Bergen  auf  der  Eichert  (Pogg.  Ann.  Phys.  1850,  B.  81, 

S.  579;  N.  Jahrb.  f.  Min.  1852,  S.  350). 
Hauer    (Franz    v.),  bei    Sonkolyas,  Körösthal  (Jahrb.  d.  k.  geol. 

Reichsanst.  1852,  B.  3,  S.  30). 
Gibbs  (G.),  in  den  Felsenbergen    (Americ.   J.  of  Sc.  1853,   N.  R. 

B.  15,  S.  146). 
1)  i  t  m  a  r,  im  östl.  Sibirien  (Bull.  Acad.  d.  sc.  phys.  et  math.  St.  Petersb. 

1853,  B.    11,  S.    305—312;  addenda   v.  Middendorf  S.  312 
u.  315). 

Guyotu.  Agassiz  (Canad.  J.  1855,  Oct.  S.  355). 

Schmidl,  Lednitza  bei  Szilitze  (Gömörer  Comitat)    (Sitzungsber. 

d.  k.  Ak.  Wiss.  W.  1856,  B.  22,  S.  614—616). 
Vass,  Skerisora  Siebenb.  (Verh.  u.  Mittb.  d.  siebenb.  Ver.  f.  Natur- 

wiss.  zu  Hermannstadt  1852.  S.  162  —  170). 
Thury  (Bibl.  univ.  Geneve.  Archiv  Sc.  nat.  1861.  5  R..  B.  20,  S.  97 

bis  153,  Taf.  2). 
Peters  (Dr.).  Skerisora-Höhle  im  Trias  bei  Diszqyital  (Sitzungsber. 

k.  Ak.  Wiss.  W.  1861,  B.  43,  S.  236— 241,  394,  418,  435  bis 

437;  Hauers  Geologie  Siebenbürgens  1863,  S.  503). 
Soret,  Schafloch  (Soc.  Physiq.  et  Sc.  nat.  Genev.  1862.  Bibl.  univ. 

de  Geneve). 


I$»u<;.    Tebt-r  die  Geologie  der  europäischen  Türkey. 


Tsckinka  Balkan 


Jüngerer 

Miltrl  mi\  AtMst. 


Thon^  Talk  -  ßUmmenfefueßr      Tscfupka 


%■  2. 


JK  Jdeeäer  Durchschnitt  von  der  Donau  zum  östlichen    Balkan 

Orbitnlilsuh'nlk 
hdfiiuiiini  Hiftfiuritea  tirünerSand 
TcrUwr      Kreuk  ;'"-"'''  „  x.     „ 


Uveen 
Mcoceniiai 


Xmiil.vhnn 


Fig. 


q  Jdeulcr  lhinhsihiiilt  durch  das  östliche  Ober  Moesien 

Störa  Flau  in  ii 


W. 


y   y      Trias    V\.   *       *       '    "£</$>      '       ■     , 

!<£>       «%<■  Dil'       »L,^  />/.•_ i. 


ii'"    j^?  Gttmmersehiefgr 


>A. 


Herweg  oviniz 


H' 


■Idealer  Durclisclniilt  durch  Bosnien 


Mittleres  Bosnien 

S'ieiiitza,  itnd> 
Tfchainitx-a. 


Süd  .-Boxmen 
^^Sus-srvaj-serSiläunij 


/7//  .;. 


WesiUch* (jehirye  Idealer  Üiirfhsi limtl   durch  Serbien 

MUk  Serbien  . 

-      ÄBoccri . 


0. 

OeJftiiehe  Gebirge. 


JaraXalh      feVr^gS    Jura 

%3- 


9° 


ld  ^  Erxfiihrenib- 

Porphyre 


I  ■■•■.' 

Sifoningsb  .d.k.Akad.rt.W.inath.  ualurw.  01.XLEL3fl.l.  Abth  1864  . 


SITZUNGSBERICHTE 


DER 


KAISERLICHEN  AKADEMIE  DER  WISSENSCHAFTEN. 

MATHEMATISCH -NATURWISSENSCHAFTLICHE  CLASSE. 

XLIX.  BAND. 

ERSTE  ABTHEILUNG. 

4. 


Enthält  die  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der  Mineralogie,  Botanik, 
Zoologie,  Anatomie,  Geologie  und  Paläontologie. 


23 


327 


X.  SITZUNG  VOM  14.  APRIL  1864. 

Herr  Dr.  Jos.  R.  Lorenz  dankt,  mit  Schreiben  von»  12.  April. 
fiir  die  ihm,  zum  Zwecke  seiner  Brakwasser  -  Studien ,  bewilligte 
Unterstützung  von  350  f). ,  und  Herr  Dr.  Fr.  Stein dachn er, 
mit  Schreiben  vom  13.  April,  für  die  ihm  zur  wissenschaft- 
lichen Erforschung  der  Fauna  Spaniens  gewährte  Subvention  von 
300  fl.  ö.  W. 

Herr  B.  Günsberg.  Adjunet  der  Chemie  an  der  k.  k.  tech- 
nischen Akademie  zu  Lemberg.  übersendet  eine  Abhandlung  „über 
das  Verhalten  von  Dextringummi  gegen  Hühnerei  weiss ". 

Das  c.  M. .  Herr  Prof.  Dr.  C.  Wedl.  übergibt  eine  vorläufige 
Mittheilung,  betitelt:  „Experimente  über  die  Durchschneidung  des 
Sehnerven",  von  Herrn  Dr.  Bas.  Rosow  aus  St.  Petersburg. 

Herr  Prosector  Dr.  A.  Fried  lowsky  überreicht  eine  Ab- 
handlung: „Beitrag  zur  Kenntniss  der  Hemmungsbildungen  des 
Harn-  und  Geschlechtsapparates  bei  Wiederkäuern". 

Herr  Dr.  G.  Tschermak  legt  eine  Abhandlung  „über  einige 
Pseudomorphosen"  vor. 

An  Druckschriften  wurden  vorgelegt: 
Aceademia    delle    scienze    dell' Istituto    di    Bologna:    Memorie. 

Serie  II.  Toma  III.,  Fase.  2.  Hologna.  1864;  4«- 
Alpen  -   Verein,    österreichischer:    Verhandlungen.     1.    Heft. 

Wien,  1864;  12«- 
Astronomische  Nachrichten   Nr.  1468  — 1470.  Altona,  1864;  4<>- 
Canestrini,    Giov. .    Studi    sui    Lepadogaster    del    Mediterraneo. 

(Estr.  dall'Archivio  per  la  Zool.  etc.  Vol.  III.  Fase.  1.)  Modena, 

1864;  8«- 
Comptes  renilus  des  seances  de  l'Academie  des  Sciences.  Tome 

LVIII.  No.  2  u.  12.  Paris,  1864;  4»- 
Cosmos.   XIIIe  Annee,    24'  Volume,  14* —  15*  Livraisons.   Paris, 

1864;  8"- 
Christ  i  ani  a,  Universität:  Akademische  Gelegenheitsschriften  aus 

den  Jahren  1861—1863.  8n-  &  4<- 

23* 


328 

Dana,  James  D. ,  I.  The  Classification  of  animals  based  on  the 
principle  of  Cephalization  Nr.  III.  —  Classification  of  Herbivores. 
—  II.  Note  on  the  position  of  Amphibians  among  the  classes  of 
Vertebrates.  (From  the  Journal  of  Sciences  &  Arts.  Vol.  37. 
March  1864.)  8«' 

Gelehrt  en-Gesel  1  schalt,  k.  k. ,  zu  Krakau  :  Deutsch-polnisches 
Wörterbuch  Yon  Ausdrücken  der  Rechts-  und  Staatswissen- 
schaft. Krakau,  1862;  8°- — Beschreibung  der  Medicinal-  und 
technischen  Pflanzen.  Von  J.  R.  C  zerwiakowsk  i.  Krakau, 
1863;  8<" 

Gesellschaft,  k.  k.  mähr.-schles. ,  zur  Beförderung  des  Acker- 
baues, der  Natur- und  Landeskunde  in  Brunn :  Mittheilungen. 
1863.  Brunn;  4<>- 

Gewerbe-Verein,  nieder -österr.:  Verhandlungen  und  Mitthei- 
lungen. Jahrg.  1864.  2.  Heft.  Wien;  8»- 

Istituto,  I.  R.,  Veneto  di  scienze,  lettere  ed  arti:  Atti.  Tomo  IX«, 
Serie  3a,  Disp.  2a  e  4%  Venezia,  1863  —  64;  8«- 
—  R.,  Lombardo  di  Scienze,  lettere  ed  arti:  Atti.  Vol.  III.  Fase. 
XIX  —  XX.  Milauo.  1864;  4«*-  —  Rendiconti.  Classe  di  scienze 
matematiche  e  naturali.  Vol.  I.  Fase.  1  &  2.  Milano,  1864;  So- 
Karte,  geologische,  der  Niederlande.  Blatt  Nr.  12,  15,  16,  18. 
Folio. 

Land-  und  forstwirtschaftliche  Zeitung.  XIV.  Jahrg.  Nr.  10 — 11. 
Wien,  1864;  4»- 

Löwen,  Universität:  Akademische  Gelegenheitsschriften  für  das 
Jahr  1863.  8«-  &  12«- 

Lotos.  Zeitschrift  für  Naturwissenschaften.  XIV.  Jahrg.  März  1864. 
Prag;  8»- 

Mondes.  2e  Annee,  Tome  IV.   13" — 14*  Livraisons.  Paris,  Tournai, 

Leipzig,  1864;  So- 
Mo  niteur   scientifique.  175e  Livraison.   Tome  VI6,    Armee   1864. 
Paris;  4° 

Reader,  The  Nr.  67.  Vol.  III.  London,  1864;  Folio. 

Reichsforstverein,  österr.:  Österreichische  Vierteljahresschrift 
für  Forstwesen.  XIV.  Bd.  Jahrg.  18G4.  2.  Heft.  Wien, 
1864;  8o- 

Sc  hin  er,  Rud.  J. ,  Fauna  austriaca.  Die  Fliegen.  (Diptera.J 
II.  Theil.  Wien,  1864;  8°- 


329 

Schlicke  y seil,  C. ,  Mitteilungen  über  die  Fabrication  von 
Press  -  Torf  durch  die  Patent -Universal -Ziegel-  und  Torf- 
Presse.  Berlin,  1864;  8<>- 

Society,  The  Natural  History,  of  Dublin:  Proceedings.  Vol.  IV. 
Part.  1.  Dublin,  1864;  8<" 

Troschel,  F.  H.,  das  Gebiss  der  Schnecken  zur  Begründung 
einer  natürlichen  Classification.  5.  Lieferung.  Berlin,  1863  ;  4° 

Wiener  medizinische  Wochenschrift.  XIV.  Jahrgang.  Nr.  14  — 15. 
Wien,  1864;  4°- 

Wochen -Blatt  der  k.  k.  steierm.  Landwirthschafts  -  Gesell- 
schaft. XIII.  Jahrg.,  Nr.  11.  Gratz,  1864;  4<" 

Zeitschrift   für   Chemie  und    Pharmacie  von   E.   Erlenmeyer. 
VII.  Jahrgang,  Heft  6.  Heidelberg,  1864;  8<>' 
—    für  Fotografie  und  Stereoskopie.  Jänner  1864.  Wien;  8°- 


OOU  Tschertn  sk. 


Einige    Psendomorphosen. 
Von  Dp.  Gustav  Tscher mak. 

III.   Abhandlung. 
(Mit    1    Tafel.) 
(Vorgelegt  in  der  Sitzung  am  14.  April  1864.) 

Nachdem  ich  meine  früheren  Beobachtungen  an  Pseudomor- 
phosen  veröffentlicht  hatte  »)>  blieben  mir  nocb  einige  Fälle  übrig, 
die  einer  genauen  Untersuchung  unterworfen  werden  mussten.  In 
der  Zwischenzeit  kam  noch  einiges  Neue  hinzu,  das  ich  bei  der 
Durchmusterung  der  Sammlungen  des  k.  k.  Hof-Mineralien-Cabinetes 
aufTand.  Bevor  indess  die  Bearbeitung  der  vorliegenden  Pseudomor- 
phosen  mit  Erfolg  durchgeführt  werden  konnte,  war  eine  chemische 
Untersuchung  mehrerer  derselben  unumgänglich  nothwendir. 

Diese  wurde  mir  durch  die  Unterstützung,  welche  die  hoch- 
verehrte kais.  Akademie  meinen  chemisch-mineralogischen  Arbeiten 
angedeihen  liess,  ebenso  durch  die  Güte  des  Herrn  Prof.Schrötter, 
welcher  mir  die  Benützung  des  Laboratoriums  am  polytechnischen 
Institute  gestattete,  und  besonders  durch  die  freundliche  Gewogen- 
heit des  Herrn  Directors  Hörn  es,  der  meine  Arbeiten  auf  jede 
Weise  unterstützt,  ermöglicht. 

So  wurde  ich  in  den  Stand  gesetzt,  eine  neue  Beihe  von  inter- 
essanten Fällen  der  chemischen  Umwandlung  im  Mineralreiche  zu 
studiren,  meine  früheren  Angaben  zu  ergänzen  und  zu  berichtigen. 
Die  Besultate  lasse  ich  folgen  als  besten  Ausdruck  meines  Dankes 
für  die  allseitige  freundliche  Unterstützung  meiner  Bemühungen. 

Zinnerz  nach  Quarz. 

Die  Entstehungsgeschichte  des  Zinnerzes  bietet  der  For- 
schung noch  manche  Schwierigkeiten,  besonders  weil  man  es  so 
selten  als  Umwandlungsproduct  anderer  Mineralien  findet.  Wir 
kennen  blos  die  Pseudomorphosc  nach  Orthoklas,  und  diese 
leigt  uns  das  Endresultat  eines  Processes,  den  wir  nicht  vollkommen 


»)   Sil*ung»lHT.  der  Wiener  kai>.   Ak*ci..    Bd.  XI. VI.    S.  48:i  IT.  und  Bd.  XLVII,  S.  443  ff. 


Einige  Pseudoinorphosen.  331 

übersehen.  Durch  die  Seltenheit  des  Vorkommens  der  Zinnerze 
wird  zwar  dieser  Stand  unserer  Erfahrung  erklärt,  doch  lässt  sich 
erwarten,  dass  noch  manche  alte  Stufe,  mancher  neue  Anbruch  uns 
nähere  Aufschlüsse  bringen  werden.  Ein  Beleg  für  diese  Behauptung 
ist  die  Stufe  3813  der  ersten  Handsammlung  des  k.  k.  Hof-Minera- 
lien-Cabinetes,  ein  „weisses  Zinnerz"  mit  der  Jahreszahl  1834  und 
dem  Fundorte  St.  Agnes  in  Cornwall,  Grube  Huel-Philmone.  Es  ist 
ein  vorwaltend  aus  Quarz  bestehendes  Gangstück.  Das  Neben- 
gestein, welches  von  einem  Thonschiefer  oder  Chloritschiefer  her- 
rührt, ist  so  vollständig  von  Quarz  durchdrungen,  dass  es  nur  an 
wenigen  Punkten  von  der  Stahlspitze  geritzt  wird.  Die  Gangmasse 
ist  zum  Theil  weiss,  zum  Theil  graulichgelb  gefärbt  und  scheidet 
sich  scharf  vom  Nebengestein;  hie  und  da  sieht  man  etwas  Eisen- 
kies und  Kupferkies  darin;  an  einigen  Punkten  zeigen  sich  Höhlun- 
gen, deren  Ansehen  beweist,  dass  sie  durch  einen  Auflösungspro- 
cess  gebildet  wurden. 

Die  weisse  Gangmasse  ist  grobkrystallinischer  Quarz,  in  einer 
Höhlung  finden  sich  auch  deutliche,  angegriffen  aussehende  Quarz- 
krystalle.  Der  graugelbe  Theil  der  Gangmasse  zeigt  flachmuschligen 
Bruch,  schwachen  Fettglanz  auf  den  Bruchflächen,  er  bildet  auf  der 
einen  Seite  der  Stufe  einer»  unregelmässigen  Hohlraum,  der  von 
wirr  durcheinanderliegenden  Krystalleu  theilweise  erfüllt  wird.  Die 
letzteren  stellen  sechsseitige,  an  der  Oberfläche  schwach  glänzende 
Säulen  von  graulichgelber  Farbe  dar.  Die  wenigen  Säulen,  die  ein 
freies  und  unbeschädigtes  Ende  haben,  erscheinen  dort  wie  zerfa- 
sert, in  eine  Druse  von  kleinen,  parallel  gestellten  Pyramidenspitzen 
auslaufend  (Fig.  1).  Die  Form  ist  vollständig  die  des  Quarzes;  so- 
gar die  Querstreifung  der  Säulenflächen  zeigt  sich  noch  erhalten. 
An  zwei  Punkten  finden  sich  auch  Krystallc  .  die  zum  Theil  noch 
hellglänzend  und  wasserklar,  zum  Theil  zu  einer  undurchsichtigen 
graugelben  Substanz  umgewandelt  erscheinen.  Die  pseudomorphe 
Masse  ist  nicht  homogen.  Bei  genauer  Betrachtung  überzeugt  man 
sich,  dass  jene  veränderten  Krystalle  sowohl  als  auch  die  derbe  grau- 
gelbe  Masse  aus  unzähligen  kleinen  durchsichtigen  Quarztheilchen 
bestehen,  welche  von  einer  gelblichen,  undurchsichtigen  Substanz  zu 
einem  vollkommen  dichten  Aggregat  verbunden  werden,  so  dass 
letzteres  durch  die  Loupe  wie  Mörtel  aussieht.  Das  Eigengewicht 
ist  merklich  höher  als  das  des  Quarzes;  ich  fand  an  einer  Probe  die 


<>  f )  <£  T  s  c  h  e  r  m  a  k. 

Zahl  3-67.  Die  Härte  ist  etwas  geringer  als  7.  Die  chemische  Unter- 
suchung wies  die  Gegenwart  von  Kieselsäure,  Zinnsäure,  Eisenoxyd, 
Tlionerde  nach.  Obgleich  an  eine  constante  Zusammensetzung  bei 
einem  mechanischen  Gemenge,  wie  das  eben  beschriebene,  nicht  zu 
denken  ist,  so  erscheint  es  doch  von  Wichtigkeit,  zu  wissen,  wie 
weit  der  Umwandlungsprocess  vorgeschritten  sei.  Ich  bestimmte 
daher  an  einer  kleinen  Menge  die  Zusammensetzung.  Die  Probe,  an 
welcher  ich  das  Eigengewicht  ermittelt  hatte,  ergab: 

Kieselsäure  .  .54*4 
Zinnsäure  .  .44*1 
Eisenoxyd  .  .  l-2 
Thonerde  .    .    .  Spur 

99-7  i) 

Es  lässt  sich  zwar  nicht  durch  den  chemischen  Versuch  ent- 
scheiden, ob  alle  Kieselsäure  als  Quarz  vorhanden  sei,  oder  ob 
nebst  Quarz  noch  ein  Zinnoxydsilicat  auftrete;  doch  ein  Blick  durch 
die  Loupe  auf  das  Gemenge  zeigt  die  Richtigkeit  des  ersten  Satzes. 
Der  durchsichtige  Quarz  überwiegt  nämlich  bedeutend  über  das 
undurchsichtige  Bindemittel.  Darnach  folgt  aus  der  Analyse,  dass 
ein  Gemenge  von  544  Gewichtstheilen  Quarz  gegen  45-3  Gewichts- 
theilen  Zinnerz  untersucht  worden.  Auf  das  Volumen  berechnet,  gibt 
dies  76  Raumtheile  Quarz  gegen  24  Zinnerz.  Die  Untersuchung 
mit  der  Loupe  überzeugte  mich  von  der  Wahrscheinlichkeit  dieses 
Resultates. 

In  dem  vorliegenden  Falle  erscheint  also  der  Quarz  theilweise 
durch  Zinnerz  verdrängt.  Eine  merkliche  Volumänderung  ist  dabei 
nicht  eingetreten  2). 

Die  veränderte  graugelbe  Masse  ist  gegen  den  weissen  Quarz 
überall  scharf  abgegrenzt,  dort  hingegen,  wo  sie  an  das  Neben- 
gestein anstösst,  zeigen  sich  auf  dem  Durchschnitte  concentrische 
Bögen,  die  von  einem  blaulichgrauen  fettglänzenden  Mineral  gebil- 
det werden.  Es  mag  dies  vielleicht  eine  Zinnverbindung  sein,  in 
welcher  die  Thonerde  eine  Rolle  spielt.  Zur  Untersuchung  ist  die 
Menge  zu  gering. 


i  )  540  Mg.  Subst.  lieferl«»n  294  Zinnsäure,  238  Kieselsäure,  6  Eisenoxyd. 

2)   Dies  erklärt  sich  dadurch,  dass  ein  Austausch,  Atom  für  Atom,   stattfand.  Die  speci- 

(ischen  Volumen  des  Quarzes  und  Zinnerzes  sind  nämlich   wenig  verschieden,  sie 

verhalten  sich  wie  11;  10*iJ- 


Einige  Pseudoinorplioseii.  3  O  3 

Das  vorhin  beschriebene  pseudornorplie  Gemenge  ist  wohl 
nicht  zum  ersten  Male  untersucht  worden.  Vor  16  Jahren  beschrieb 
Breithaupt  unter  dem  Namen  Stannit  ein  „weisses  Zinnerz" 
aus  Cornwall  ,  von  gelblichweisser  bis  isabellgelber  Farbe, 
schwachem  Fettglanz  und  flachmuscheligem  Bruche.  Die  Härte  fand 
er  nahezu  der  des  Quarzes  gleich,  das  specifische  Gewicht  3*533 
bis  3*558  und  gab  an.  dass  das  Mineral  gemengt  sei  mit  weissem 
krystallinischen  Quarz,  wenig  dunkelbraunem  Zinnerz  und  Eisen- 
kies, welche  Mineralien  gleichsam  porphyrartig  in  der  Hauptmasse 
schwimmen  *)•  Plattner  bestimmte  den  Gehalt  an  Zinnoxyd, 
Bischof  lieferte  eine  vollständige  Analyse  2).  Des  Vergleiches 
wegen  führe  ich  beide  Resultate  hier  an  und  stelle   meine  Zahlen 

daneben. 

Plattner         Bischof     Tsehermak 

Kieselsäure 51*57  .    .    .54*4 

Zinnsäure    .    .    .    .36*5.    .    .38*91.    .    .44-1 

Thonerde 4*53  .    .    .  Spur 

Eisenoxyd 3-55  ...    1-2 

Kalkerde 0*t6 

Glühverlust 0-43 

Spec.  Gewicht  .  .  .  3-533  bis  3*558  .  .  3*67 
Demnach  scheint  es,  dass  diese  Untersuchungen  sich  auf  das 
gleiche  Gemenge  beziehen,  von  dem  Bischof  vermuthet  hatte,  es 
sei  eine  Pseudomorphose  nach  Orthoklas,  und  das  man  sonst  als  ein 
Zinnoxydsilicat  betrachtete.  Die  letztere  Ansicht  kann  ich,  was  das 
von  mir  untersuchte  Stück  betrifft,  nicht  theilen,  und  muss  darauf 
beharren,  dass  die  pseudomorphe  Substanz  ein  Gemenge  von  Quarz 
und  Zinnerz  sei. 

Nachdem  die  Verdrängung  von  Quarz  durch  Zinnerz  nachge- 
wiesen ist,  erscheint  es  von  Interesse,  auf  die  Orthoklas-Pseudo- 
morphosen  zurückzukommen.  Es  war  allen  Beobachtern  aufgefallen, 
dass  dem  pseudomorphen  Zinnerz  in  diesem  Falle  stets  kleine 
Quarzkörnchen  beigemengt  seien  3).  Das  Resultat  der  Umwandlung 
ist  also  ähnlich  der  von  mir  beschriebenen  Pseudomorphose.  Die 
mir  vorliegenden  Stücke  (Handsammlung  II.  1461)  lassen  noch  einen 
Umstand   erkennen.    Die   Pseudomorphosen    haben    die    Form    der 


i)  Poggend.  Annalen,  Bd.  LXIX,  S.  435. 

2)  Chem.-phys.  Geologie.  1.  Auflage.  Bd.  II,  S.  2027. 

3)  Vgl.  Blum,  Die  Pseudomorphosen.  S.  274. 


334  Tsd.  er  in  ak. 

Karlsbader  Zwillinge  und  bestehen  zum  grössten  Theil  aus  dunkel- 
braunem Zinnerz.  Die  Quarzkörnchen  sind  allenthalben  durch  das 
letztere  zerstreut;  manche  davon  werden  indess  bei  genauerer  Be- 
trachtung als  scharfbegrenzte  Krystalle  erkannt.  An  dem  einen 
Stücke  tritt  aus  einer  Säulenfläche  ein  grösseres  Quarz-Dodekaeder 
zur  Hälfte  hervor.  Es  ist  gegen  das  Zinnerz  scharf  abgegrenzt,  sieht 
jedoch  an  der  Oberfläche  wie  zernagt  aus.  Daraus  entnimmt  man, 
dass  die  Quarzkrystalle  älter  seien  als  das  Zinnerz.  Es  ist  also  auch 
hier  die  Quarzbildung  dem  Absätze  des  Zinnerzes  vorausgegangen. 
Die  Abrundung  der  Quarzkryställchen,  das  zernagte  Aussehen  der 
Oberfläche  entspricht  der  an  manchen  Zinnerzstufen  vorkommenden 
Erscheinung,  dass  die  Quarzkrystalle,  auf  denen  dasselbe  sich  ab- 
setzte, mehr  oder  weniger  angegriffen  erscheinen.  Eine  Gruppe  von 
Quarzkrystallen  aus  Coruuall,  die  mit  Nadelzinnerz  bekleidet  ist 
(I.  3812),  zeigt  dies  sehr  auffallend. 

Die  Quarzkrystalle  sind  au  vielen  Punkten  mit  Büscheln  von 
Nadelzinnerz  bedeckt.  Die  letzteren  haften  hie  und  da  nur  ober- 
flächlich, meistens  dringen  sie  jedoch  in  das  Innere  der  Quarzkry- 
stalle ein.  An  manchen  Stellen  sind  die  beiden  Mineralien  so  innig 
mit  einander  verwachsen,  wie  zuweilen  der  Adular,  Bergkrystall, 
Sphen  mit  dem  Hehninth,  so  dass  man  unsicher  bleibt,  ob  man 
beiden  gleichzeitige  Entstehung  zuschreiben  solle  oder  nicht.  Alle 
Quarzkrystalle  sind  mit  einer  trüben  weisslicheu  Rinde  bedeckt, 
ausser  an  jenen  Stellen,  wo  dicht  haftendes  Zinnerz  schützend 
wirkte. 

Faseriger  Eisenocher  nach  braunem  ülaskopf ,  nach  OöthÜ. 

An  vielen  Stufen  von  braunem  Glaskopf  bemerkt  man  auf  der 
Bruchfläche  lichtbraune  bis  braungelbe  conceutrische  Bögen,  die 
mit  dunkelbraunen  abwechseln.  Jede  Faser  des  Aggregates  ist  in 
derselben  Entfernung  vom  Centrum  gelb  gefärbt  und  es  wechseln 
also  braune  und  gelbe  Kugelschalen  mit  einander.  Zuweilen  sind 
jene  Bögen  sehr  schmal  und  das  Ganze  sieht  aus  wie  ein  pracht- 
volles Seidengewebe  aus  gelben  und  braunen  Fäden.  Das  gelbe 
Mineral  wird  gewöhnlich  Gelbeisenstein  genannt  und  Hausmann 
selbst  schreibt  hierüber  '):   „Unter  den   Varietäten   des  Gelbeisen- 


•)  Handbuch  Her  Mineralogie  «847.  2.  Ablh.,  S.  »76. 


Einige  Psoudomorpliosen.  OtSö 

steines  findet  sieh  der  faserige  am  seltensten.  Gewöhnlich  kommt  er 
in  Begleitung  von  Brauneisenstein  vor  ,  mit  welchem  er  zuweilen 
lagenweise  wechselt,  in  den  er  aber  auch  wohl  innig  verwebt 
erscheint." 

An  manchen  Stufen  ist  die  Vertheilung  minder  regelmässig; 
es  häuft  sich  die  gelbe  Färbung  au  einzelnen  Stellen.  Solche  gelbe 
Partien  sind  sehr  locker,  weich,  abfärbend.  Das  Cabinet  besitzt 
mehrere  Stufen,  an  denen  sich  die  erwähnten  Erscheinungen  zei- 
gen, namentlich  einige  von  Katharinenburg  in  Sibirien.  Durch  diese 
wird  man  bald  überzeugt,  dass  das  gelbe  Mineral  ohne  Zweifel  aus 
dem  Brauneisenstein  hervorgegangen  sei.  Unwiderstehlich  be- 
weist dies  aber  eine  Slufe  aus  Cornwall  (I.  4040).  Sie  zeigt 
tropfsteinartige  Formen,  auf  dem  frischen  Bruche  gleichförmig  nel- 
kenbraune Farbe.  An  drei  Seiten  erscheint  sie  oberflächlich  zer- 
setzt. Die  ursprünglichen  Enden  der  Stalaktiten  fehlen.  Von  jedem 
Zapfen  ist  gleichsam  ein  Stück  abgenagt.  Wegen  der  ungleichen 
Zersetzung  der  verschiedenen  Schichten  treten  auf  dem  Quer- 
schnitte erhabene  Ringe  hervor,  den  Jahresringen  von  Baumzweigen 
vergleichbar.  Eine  dem  entsprechende  Zeichnung  zeigt  sich  auf 
dem  zersetzten  Längsdurchschnitte  der  Zapfen. 

Überall  nun,  wo  die  Zersetzung  wahrzunehmen  ist,  wird  die 
Stufe  von  jenem  weichen,  gelben  Mineral  bedeckt,  das  die  Structur 
des  Brauneisensteines  vollkommen  erhalten  hat. 

Um  Einsicht  in  den  Vorgang  zu  erhalten,  untersuchte  ich  eine 
Stufe  aus  Sibirien  genauer.  Auf  dichtem  Brauneisenstein  von  erdi- 
gem Bruche,  der  zum  Theil  schon  gelh  geworden,  ruht  zersetzter 
Glaskopf.  Die  mittleren  Schichten  des  letzteren  zeigen  den  voll- 
ständigen Übergang  des  faserigen  Brauneisensteines  in  das  gelbe 
Mineral.  Wo  dieses  vorherrscht,  ist  in  Folge  der  lockeren  Beschaf- 
fenheit alles  ausgebröckelt.  Die  oberste  Schichte  des  Glaskopfes 
ist  in  verschiedene,  doch  immer  geringe  Tiefe  in  Häinatit  umgewan- 
delt. Dies  erinnert  an  Volger's  Ansicht  von  der  Entstehung  der 
Eisenerze,  nach  welcher  aus  dem  Gelbeisenstein  der  braune  Glas- 
kopf hervorgeht,  und  aus  dem  letzteren,  wie  bekannt,  der  Häinatit. 
Doch  mit  unserem  gelben  Mineral  verhält  es  sich  umgekehrt,  es  ist 
ein  Zersetzungsproduct  des  Brauneisensteines.  Der  Farbeuton  des- 
selben liegt  zwischen  isabellgelb  und  ochergelb;  beim  Pulvern  wird 
die  Farbe  dunkler:  das  feingepulverte  Mineral  hat  dieselbe  gelb- 


336  Tschermak. 

braune  Farbe  wie  das  Pulver  des  Brauneisensteines.  Dieses  aus- 
nahmsweise Verhalten  zeigt,  dass  die  lichte  Farbe  des  Minerales 
blos  durch  die  Structur  bedingt  wird,  während  seine  eigentliche 
Farbe  gelbbraun  ist.  Das  wahre  Eigengewicht  der  porösen  Substanz 
bestimmte  ich  zu  3*97.  Für  die  Zusammensetzung  erhielt  ich  bei 
der  Untersuchung  des  lufttrockenen  Minerales  die  folgenden  Zahlen: 

Kieselsäure     .    .    0*4 

Eisenoxyd  .    .    .  84*2 

Wasser   ....  15-2 

99-8  i) 
Diese  stimmen  sehr  nahe  mit  den  für  den  Limonit  berechneten 
überein,  für  welchen  die  Formel  8556  Eisenoxyd  und  14*44  Was- 
ser ergibt.  Ich  hatte  erwartet,  dass  das  gelbe  Mineral  viel  mehr 
Wasser  liefern  werde,  die  Untersuchung  aber  zeigt,  dass  in  dem 
vorliegenden  Falle  das  Veränderungsproduct  des  braunen  Glas- 
kopfes wiederum  Brauneisenstein,  doch  von  sehr  lockerer  Textur 
sei.  Um  zu  erfahren,  wie  viel  Substanz  bei  diesem  Processe  weg- 
geführt worden,  bestimmte  ich  das  scheinbare  Eigengewicht  des 
gelben  Minerales,  indem  ich  das  Volum  einer  gewogenen  Menge  mit 
Zuhilfenahme  von  Quecksilber  ermittelte  3).  Ich  erhielt  die  Zahl 
2*29.  Wird  nun  angenommen,  dass  der  ursprüngliche  Brauneisen- 
stein dasselbe  Eigengewicht  besass  ,  wie  der  Rest  desselben  ,  so 
ergibt  sich  die  Gewichtsabnahme  pr.  Kubik-Centimeter  bei  der  Ver- 
änderung zu  3*97  —  2-29  =  l-68Grm.  oder  423  Pct.  des  ursprüng- 
lichen Gewichtes.  Die  Menge  des  weggeführten  Brauneisensteines 
verhält  sich  also  zu  der  des  übriggebliebenen  wie  3  :  4. 

Der  Göthit  scheint  zuweilen  einem  ähnlichen  Processe  zu  unter- 
liegen. Das  Cabinet  besitzt  eine  Stufe  von  Nadeleisenerz,  welches 
aus  einer  Achatmandel  von  Oberstein  herrührt  (Hs.  II.  3020).  Alle 
Nadeln  sind  vom  Centrum  aus  bis  zur  Hälfte  in  eine  sehr  lockere 
gelbe  Masse  verwandelt.  Die  Farbe  ist  etwas  dunkler  als  bei  dem 
vorhin  beschriebenen  gelben  Mineral. 


i)  Aus  660  Mg.  Substanz  2-6  Kieselsäure,  .'iö6  Eisenoxyd.  Aus  068  Mg.  der  Substanz 
56  Wasser.  Überdies  wurde  eine  Spur  von  Eisenoxydul  und  von  Mangan  nach- 
gewiesen. 

*)  Bei  der  Anwendung  des  Quecksilbers  für  pyknometrische  Bestimmungen  erhält  man 
für  das  Volum  eine  etwas  zu  grosse  Zahl.  Ich  bestimmte  die  Correction,  welche 
daraus  für  das  Eigengewicht  folgt,  zu  +  0*006.  Im  obigen  Falle  gab  das  Experiment 
das  Eigengewicht  zu  2284,  mit  der  Correction  also  die  oben  angeführte  Zahl. 


Einige  Pseudomorphosen.  o»>  i 

Ich  halte  die  ohige  Untersuchung  des  gelben  Minerales  schon 
desshalh  nicht  für  vverlhlos,  weil  dadurch  die  Frage  nach  der  Exi- 
stenz des  Gelbeisensteines  oder  Xanthosiderites  wieder  angeregt 
wird.  Nach  dem  Vorgange  von  Hausmann  haben  bekanntlich 
einige  Mineralogen  den  Gelbeisenstein  als  etwas  vom  Limonit  Ver- 
schiedenes betrachtet,  da  er  eine  andere  chemische  Zusammen- 
setzung besitze,  ein  anderes  Hydrat  sei  als  dieser.  Gleichwohl  haben 
die  bisherigen  Analysen  dies  noch  nicht  sicherzustellen  vermocht  *). 
Die  gewöhnlich  citirte  Untersuchung  von  E.  E.  Schmid  weist  so 
viel  fremde  Beimengung  nach,  dass  es  vollständig  unsicher  bleibt, 
wie  viel  von  dem  gefundenen  Wassergehalte  dem  Eisenhydrat,  wie 
viel  den  Beimengungen  zuzuschreiben  und  wie  viel  Eisensilicat 
darin  anzunehmen  sei.  Es  bleibt  also  die  Möglichkeit  offen,  dass  der 
Gelbeisenstein  mit  der  vorhin  beschriebenen  Pseudomorphose  im 
Zusammenhang  stehe,  umsomehr  da  Hausmann  selbst  die  letztere 
als  Gelbeisenstein  bestimmte.  Um  hierüber  in's  Klare  zu  kommen, 
verglich  ich  unseren  Xanthosiderit  aus  den  Pyrolusitlagern  bei 
Ilmenau  und  eine  Stufe  v»n  Gelbeisenstein  (Hs.  4043)  von  Klein- 
Schmalkalden  bei  Gotha  mit  jener  Pseudomorphose.  Das  erstere 
Stück  besteht  aus  einem  gelblichbraunen  faserigen  Mineral  von 
zerstörtem  Aussehen  ,  das  mit  jener  Pseudomorphose  im  Ver- 
halten übereinstimmt ,  doch  eine  etwas  festere  Textur  besitzt 
und  mehr  ungleichförmig  zernagt  erscheint.  I)ie  zweite  Stufe  ist 
ausgezeichnet.  Auf  dichtem  Botheisenerz  sitzt  ein  lichtröthlich- 
brauner  Glaskopf,  im  Bruche  von  prachtvollem  Seidenglanz.  Die 
nierenförmige  Oberfläche  ist  bedeckt  von  einer  Lage  dichten  Roth- 
eisenerzes von  derselben  Beschaffenheit  wie  die  Unterlage.  Der 
Glaskopf  zeigt  sich  ganz  compact.  Die  Fasern  aber  haben  geringe 
Härte  (2  und  etwas  darüber),  ihr  Pulver  ist  ochergelb  mit  einem 
Stich  in's  Rothe.  Schon  mit  blossem  Auge  erkennt  man  auf  dem 
Bruche  des  Glaskopfes  graue  Bögen,  die  dem  Rotheisenerz  ange- 
hören. Mit  Hilfe  der  Loupe  sieht  man,  dass  ausserdem  das  Roth- 
eisenerz in  wechselnder  Menge  zwischen  den  Fasern  liege,  woher 
denn  der  rothe  Thon  der  Farbe  kommen  mag.  Darnach  ist  auch  zu 
schliessen,  dass  die  Härte  der  braunen  Fasern  bedeutend  geringer 
sein  müsse  als  2,  da  die  Beimengung  von  Botheisenerz  die  Härte 


i)  Vgl.  Rarameisbergs  Hdb.  der  Mineralchemie,  S.  130. 


«» » » ö  Tscher  mak. 

erhöht.  Die  Zusammensetzung  der  braunen  Fasern  zu  ermitteln,  ist 
demnach  nicht  möglich,  da  sie  von  der  Beimengung  nicht  vollstän- 
dig getrennt  werden  können.  An  einer  Partie,  welche,  so  gut  es 
ging,  gereinigt  worden,  bestimmte  ich  den  Glühverlust  zu  10-2  Pct. 
Wird  nun  angenommen,  das  faserige  Mineral  habe  die  Zusammen- 
setzung des  Limonites,  so  ergibt  sich  hieraus ,  dass  die  Beimengung 
von  Botheisenerz  29*3  Pct.  betrage.  Dies  scheint  mir,  der  ich  die 
untersuchte  Partie  genau  angesehen,  fast  zu  viel.  Wollte  man  hin- 
gegen die  supponirte  Zusammensetzung  des  Xanthosiderites  anneh- 
men, so  würde  eine  Beimengung  von  sogar  44  5  Pct.  Botheisenerz 
sich  berechnen,  was  ich  um  so  weniger  richtig  finden  kann.  Ich  glaube 
daher,  dass  dieser  Gelbeisenstein,  ohne  Beimengungen  gedacht, 
wohl  dieselbe  Zusammensetzung  haben  möge,  wie  die  von  mir 
untersuchte  Pseudomorphose. 

Während  des  Druckes  der  vorliegenden  Abhandlung  erhielt 
ich  noch  durch  die  Güte  des  Herrn  Dr.  Madelung  eine  ausge- 
zeichnete Probe  von  Xanthosiderit  zur  Untersuchung.  Das  Resultat 
schliesse  ich  hier  an. 

Die  Stufe  stammt  vom  selben  Fundorte  wie  die  von  Schmid  t 
untersuchten  Stücke;  sie  besteht  zum  grössten  Theil  aus  einem 
derben  Mineral  von  verworren  faseriger  Structur  und  geringer 
Härte  (2),  auf  frischem  Bruche  zeigt  sie  licht  gelblichbraune  Farbe. 
An  einigen  Stellen  finden  sich  Höhlungen,  in  denen  feine  vierseitige 
Nadeln  mit  stumpfem  Ende  sichtbar  sind.  Es  gelang  an  einer  der 
letzteren  den  Säulenwinkel  mit  Sicherheit  zu  95°  zu  bestimmen. 
Es  herrscht  Spaltbarkeit  nach  der  Längenrichtung  der  Nadeln, 
genauer  konnte  ich  dieselbe  nicht  orientiren.  Die  Nadeln  und  das 
derbe  Mineral  besitzen  gleiche  Eigenschaften.  Das  morsche  und 
lockere  Wesen  lässt  sogleich  erkennen,  dass  man  es  mit  einein 
Zersetzungsreste  zu  thun  habe.  Das  ursprüngliche  Mineral  mag  wohl 
Nadeleisenerz  gewesen  sein,  dessen  Säulenwinkel  94°  53' beträgt. 
Es  ist  also  auch  dieser  Xanthosiderit  eine  Pseudomorphose,  wahr- 
scheinlich nach  Göthit.  Bei  der  chemischen  Untersuchung  erhielt 
ich  ähnliche  Besulfate  wie  Schmidt,  auch  den  Gehalt  an  Wismuth 
und  Antimon  in  sehr  geringen  Mengen  fand  ich  bestätigt.  Das 
specifische  Gewicht  ergab  sich  zu  345.  In  Salzsäure  löst  sich 
das  Mineral  bis  auf  einen  geringen  Bückstand. 


Einige  Paeiidomorphosen.  ooH 

Schmidt  Tschennak 

Kieselsäure 251 1-4 

Thonerde 132 04 

Eisenoxyd 74-96 780 

Manganoxyd       182 13 

Kalkerde — 0-2 

Magnesia — 0-2 

Wasser 15-67 14-8 

Unlöslich - 31 


96-28  99-4  *) 

Es  erscheint  nicht  statthaft .  ein  Hydrat  von  der  Zusammen- 
setzung Fe203  (H20)a  anzunehmen,  denn  wofern  von  den  Beimen- 
gungen gänzlich  abgesehen  wird,  d.  h.  dieselben  als  wasserfrei  ange- 
sehen weiden,  erfordern  die  gefundenen  Mengen  Eisen-  nnd  Mangan- 
oxyd nach  obiger  Formel  17-2  und  178  Pct.  Wasser.  So  viel  weist 
keine  der  beiden  Analysen  nach.  Und  doch  ist  jene  Annahme  für 
obige  Formel  die  günstigste. 

So  lange  demnach  die  Existenz  jenes  Eisenhydrates,  das  man  im 
Gelbeisenstein  zu  sehen  glaubte,  nicht  sicher  nachgewiesen  ist,  möchte 
ich  die  Gelbeisensteine  für  Limonite  von  lockerer  Textur  halten. 

Eisenkies  nach  Eisenglanz,  nach  Kalkspath. 

Auf  einem  Gestein  von  Felsöbanya,  das  wie  ein  zersetzter  Quarz- 
trachyt  aussieht  (Kl.  Hs.  4655),  sitzen  in  einem  unregelmässigen 
Hohlraum  kleine  Quarzkrystalle.  Die  Säulenflächen  sind  matt,  die 
Rhomboederflächen  glänzend.  Die  grösseren  zeigen  jene  Ausbildung, 
die  uns  bei  den  Scepterquarzen  aus  Ungarn  entgegentritt.  Neben 
dem  Quarz  sind  kleine  Krystalle  von  Adular  als  Auskleidung  des 
Hohlraumes  verbreitet.  Sie  zeigen  das  aufrechte  Prisma,  die  schiefe 
Endfläche  und  die  Fläche  x  (Naum.).  Auf  den  beiden  genannten 
Mineralien  sitzen  metallglänzende  gelbe,  stellenweise  grau  angelau- 
fene Blättchen  mit  feingekörnter  Oberfläche;  einige  davon  lassen 
den  regelmässig  sechsseitigen  Umriss  ganz  deutlich  erkennen,  die 
Messung  ergibt   den  Winkel  von  120°.    Die  Blättchen    sind   kaum 


i)  789  Mg.  lufttrockener  Substanz  gaben  24  Mg.  Rückstand,  11  Kieselsäure,  3  Thon- 
erde, 10  Manganoxyd,  3  Kalkcarbonat,  4-5  Magnesiasalz.  Das  Gesammtgewicht  der 
Kieselsäure,  Thonerde,  des  Eisen-  und  Manganoxydes  betrug  639  Mg.  An  387  Mg. 
bestimmte  sich  der  Glühverlust  zu  87  Mg.  Herr  Adjunct  P.  Wesels  kr  hatte  die 
Güte,  den  Gehalt  an  Eisen-  und  MangaBoxyd  durch  einen  Titrirversuch  zu  prüfen. 
Er  erhielt  für  die  Summe  beider  797  Pct, 


340  Tscher  mak. 

papierdünn,  überall  nahe  aneinander  gedrängt,  bald  parallel  gestellt, 
bald  fächerförmig  verwachsen;  die  Druse  hat  ein  zellenähnliches 
Aussehen.  An  manchen  Stellen  erkennt  man  leicht,  dass  diese  Blätt- 
chen aus  kleinen  Eisenkieskrystallen  zusammengesetzt  seien.  Die 
chemische  Untersuchung  weist  auch  sonst  keinen  andern  Bestand- 
teil nach.  Man  pflegt  in  Fällen,  wie  der  vorliegende,  eine  Pseudo- 
morphose  nach  Magnetkies  oder  Kalkspath  anzunehmen;  ich  glaube 
indessen,  dass  das  ursprüngliche  Mineral  Eisenglanz  gewesen  sei, 
weil  das  Vorkommen  der  Pseudomorphose  und  das  Ansehen  der 
Druse  am  meisten  an  manchen  Eisenglanz,  wie  z.  B.  der  von  Alten- 
berg in  Sachsen,  erinnert.  Mit  Sicherheit  lässt  sich  jedoch  hier 
nichts  entscheiden  und  ich  habe  diese  Pseudomorphose  nur  ange- 
führt, um  wiederum  darauf  hinzuweisen,  wie  wenig  sicher  die  Deu- 
tung in  ähnlichen  Fällen  ist,  daher  die  Umwandlungen  des  Magnet- 
kieses in  Eisenkes,  Arsenikkies,  noch  nicht  als  bewiesen  zu  be- 
trachten  sind. 

Ein  anderer  mir  vorliegender  Fall  gestattet  hingegen  eine 
sichere  Entscheidung.  Eine  Stufe  von  Schemnitz ,  die  ich  aus  der 
Sammlung  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt  durch  den  Herrn 
Bergrath  Fo  ett  er  le  zur  Untersuchung  erhielt,  zeigt  auf  einer  Druse 
kleiner  Quarzkrystalle  grössere  regelmässig  sechsseitige  Tafeln  mit 
feingekörnter  Oberfläche,  die  aus  Eisenkies  bestehen.  Manche  von 
den  Tafeln,  die  zerbrochen  sind,  erscheinen  im  Innern  hohl;  alle 
zeigen  an  den  Kanten  einen  Besatz  von  etwas  grösseren  Eisenkies- 
krystallen. Da  alle  Einzelnheiten  der  Ausbildung  der  früheren  Kry- 
stalle  vollkommen  erhalten,  die  Pseudomorphosen  genügend  gross 
sind,  um  dies  zu  erkennen,  so  überzeugt  man  sich  trotz  der  viel- 
deutigen Form  sehr  bald,  dass  das  ursprüngliche  Mineral  nichts  an- 
deres als  Kalkspath  gewesen  sein  könne.  Die  alte  Etiquette  spricht 
freilich  von  Afterkrystallen  nach  Baryt.  Doch  die  Seitenkanten  messen 
eben  120°,  während  beim  Baryt,  der  allerdings  zu  Schemnitz  auch  in 
sechsseitigen  Tafeln  vorkömmt,  diese  Kanten  129  und  102°  haben. 

Eine  linwandluiigsphasc  des  Vivianites. 

Vor  Kurzem  überbrachte  mir  Herr  Professor  Hieser  in  Wien 
ein  eigentümlich  aussehendes  Stück  aus  seiner  Sammlung  zur  Unter- 
suchung. Die  6Millim.  langen,  metallähnlich  glänzenden,  scharf  aus- 
gebildeten Krystalle,  die  auf  einem  gelblichbraunen  eisenschüssigen 


Einige  Pseudomorphosen.  o41 

Gestein  aufsitz  en,  sind  sehr  auffallend  und  nach  dem  Ansehen  und 
ihren  Eigenschaften  mit  keinem  bekannten  Mineral  übereinstimmend. 
Die  Form  ist  monoklinisch  (Fig.  2,  3)  nach  der  Längsfläche  b 
herrscht  sehr  vollkommene  Spaltbarkeit,  daher  auf  dieser  Fläche 
der  metallähnliche  Perlmutterglanz  ,  während  die  übrigen  Flächen 
Glasglanz  zeigen.  Die  6-Flächen  erscheinen  licht-tombackfarben, 
die  anderen  schwärzlichbraun,  der  Strich  hat  ochergelbe  Farbe. 
Die  Härte  ist  sehr  gering,  an  den  Kanten  höchstens  1*5  ,  die  Kry- 
stalle  sind  sehr  leicht  zerbrechlich  und  zerreiblich.  Der  sehr  auffal- 
lende Perlmutterglanz,  die  eben  erwähnten  Textlirverhältnisse  und 
die  sebr  zerstört  aussehende  Umgebung  lassen  bald  errathen ,  dass 
eine  Pseudomorphose  vorliege. 

Die  Form  ist  die  des  Vivianites  (aq  =  125°  30,  ab  =  90<>, 
bq  =  90°;  ap  =  146°;  oq  =  149°  als  annähernde  Bestimmungen). 
Das  Verhalten  vor  dem  Löthrohre  ist  fast  dasselbe,  wie  bei  diesem, 
doch  schmilzt  die  pseudomorphe  Substanz  noch  leichter  zur  magne- 
tischen, halb  metallisch  glänzenden  Kugel.  Das  specilische  Ge- 
wicht bestimmte  ich  zu  2-95,  also  höher  als  das  des  Vivianites. 
Die  chemische  Zusammensetzung  weist  ausser  den  gewöhnlichen 
Bestandteilen  des  Vivianites  noch  etwas  Natron  auf.  Die  Substanz 
löst  sich  leicht  in  Säuren  auf;  nach  dem  Glühen  und  dem  Entweichen 
des  Wassers  bleibt  ein  schwarzbrauner  Rückstand,  der  in  Säuren 
sich  schwer  auflöst. 

Um  die  Stufe,  die  vorläufig  ein  Unicom  ist,  nicht  stark  zu  be- 
schädigen, nahm  ich  nur  eine  geringe  Quantität  der  Pseudomorphose 
zur  Untersuchung.  Einige  der  umgewandelten  Krystalle  zeigen  im 
Innern  einen  blauen  Punkt  als  Rest  des  früheren  Stadiums.  Daher 
mag  zum  Tbcil  der  geringe  Eisenoxydulgehalt  kommen,  der  sich 
nachweisen  liess,  den  ich  indess  nicht  zahlenmässig  bestimmte. 
Mangan  ist  in  unbestimmbar  kleiner  Menge  zugegen.  Das  Resultat 
der  mit  aller  Sorgfalt  ausgeführten  Bestimmung  ist: 

Phosphorsäure 30*5 

Eisenoxyd 55 

Natron 1*5 

Wasser 14 

101  i) 


i)  279  Mg-,  der  Substanz  gaben  mir  beim  Glühen  39  Mg.  Wasser,  ebensoviel  Gewichts- 
verlust. 229  Mg.  der  geglühten  Substanz   lieferten  122  Eisenoxyd  and   123  Magne- 
siasalz. 240  Mg.  der  ursprünglichen  Substanz  gaben  7"5  Mg.  Cblornstrium. 
Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abth.  24 


342  Tschermak. 

Den  Natrongehalt  werde  ich  weiterhin  besprechen.  Um  den 
Gang  der  stattgehabten  Veränderung  verfolgen  zu  können,  ver- 
gleiche ich  unter  C  meine  Beobachtungen  mit  der  Zusammensetzung 
des  unveränderten  farblosen  Vivianites  aus  Delaware  nach  Fischer 
(J)  und  mit  den  von  Rammeisberg  für  den  blauen  Vivianit  von 
Mullica  Hill  erhaltenen  Resultaten  (ß),  indem  ich  annehme,  dass  das 
Natron  erst  während  der  Veränderung  aufgenommen  worden,  und 
dass  der  Gehalt  an  Eisen  dabei  constant  geblieben  sei.  Dazu  ist 
man,  wie  ich  glaube,  vollkommen  berechtigt,  da  das  Äquivalenten- 
verhältniss  der  Phosphorsäure  und  des  Eisens  dasselbe  ist,  wie 
beim  unveränderten  Mineral.  So  ergeben  sich  die  folgenden  Ver- 
hältnisse : 

ABC 
Phosphorsäure.  .  .27-2.  .  .27-8.  .  .27 
Eisenoxydul.    .    .    .  44i.    .    .33-6.    .    .    ? 

Eisenoxyd 0-0  .    .    .  li-6  .    .    .49 

Wasser 279.    .    .25-4.    .    .12-5 

Natron 1*5 

n  dem  ersten  Stadium  der  Veränderung,  beim  Übergang  des 
farblosen  Vivianites  in  den  blauen,  erfolgt  eine  theilweise  Oxydation 
und  Abnahme  des  Wassers;  in  dem  von  mir  untersuchten  Stadium 
schreitet  die  Abnahme  des  Wassers  und  die  Oxydation  weiter  ,  so 
dass  ein  Verlust  von  10  Pct.  entsteht,  daher  die  lockere  Textur  der 
Pseudomorphose.  Die  letztere  Umwandlung  mag  wohl  durch  Tage- 
wässer herbeigeführt  worden  sein,  die  unterwegs  alkalische  Carbo- 
nate  aufgelöst  hatten.  Die  letzteren  bewirkten  die  Fortführung  einer 
geringen  Menge  Phosphorsänre;  wogegen  eine  kleine  Menge  Natron 
in  die  pseudomorphe  Verbindung  überging.  In  Folge  der  Oxyda- 
tion verminderte  sich  der  Wassergehalt,  weil  das  Phosphat  des 
Eisenoxydes  weniger  Wasser  bindet. 

Die  Pseudomorpliosen  sind  stellenweise  von  einer  geringen 
Menge  Grüneisemrzes  umgeben,  das  einen  schwärzlichen  Überzug 
bildet.  Vielleicht  hat  die  ausgeschiedene  Phosphorsäure  und  der 
Eisengehalt  der  Unterlage  dessen  Entstehung  bewirkt.  An  einzelnen 
Punkten  der  Stufe  kamen  bei  der  Abtrennung  des  Untersuchungs- 
materiales  theilweise  umgewandelte  Krystalle  zum  Vorschein,  die 
noch  mehr  oder  weniger  blau  sind. 


Einige  Pseudomorpliosen.  o  i'.l 

Das  pseudomorphe  Mineral  steht  dem  Beraunit  Breithaupt's 
nahe,  der  gleichfalls  ein  veränderter  Vivianit  ist,  wie  Breithaupt 
selbst  angibt  •),  doch  soll  der  Beraunit  ein  etwas  geringeres  Eigen- 
gewicht (2  "878),  grössere  Härte  (2-  5)  haben.  Eine  Analyse  liegt 
nicht  vor.  Bevor  ich  selbst  eine  solche  ausführen  mochte,  verglich 
ich  die  beschriebene  Pseudomorphose  mit  einigen  Beraunitstufen. 
Herr  Prof.  Hieser  stellte  mir  eine  solche  von  St.  Benigna  zur  Ver- 
fügung, die  ich  beliebig  zerstören  konnte.  So  war  ich  in  den  Stand 
gesetzt,  den  Zusammenhang  des  Beraunites  mit  jener  Pseudomor- 
phose kennen  zu  lernen. 

An  allen  Handstücken  bemerkte  ich  als  Begleiter  des  Beraunites 
ein  amorphes  schwarzbraunes,  dem  Stilpnosiderit  ähnliches  Mineral. 
Überzüge  bildend,  nirgends  in  grösserer  Menge  angehäuft.  Es  über- 
zieht die  Beraunitnadeln  an  vielen  Stellen  mit  einer  dickeren  oder 
dünneren  stark  fettglänzenden  Haut,  oder  imprägnirt  dieselben  blos. 
Beim  Zerbröckeln  kam  ich  auf  Nadeln,  die  innen  hohl  waren;  der 
Beraunit  war  verschwunden  und  nur  der  pechglänzende  Überzug 
geblieben.  In  Folge  des  genannten  Überzuges  oder  der  Impräg- 
nation haben  die  Beraunitnadeln  alle  Nuancen  von  schwarzbraun 
durch  rothbraun  bis  licht  bräunlichroth. 

Die  letzteren  lichten  Beraunite,  die  am  wenigsten  durch  die 
amorphe  Suhstanz  verunreinigt  sind,  stimmen  in  Bezug  auf  Farbe, 
Glanz.  Strichpulver.  Härte  vollkommen  mit  den  oben  beschriebenen 
Psendomorphosen  überein.  Eine  Analyse  auszuführen,  gestaltete  die 
Seltenheit  solcher  Partien  nicht,  doch  blieb  mir  kein  Zweifel,  duss 
beide  Pseudomorpliosen,  der  lichte  Beraunit  und  die  von  mir  unter- 
suchte, demselben  Stadium  der  Umwandlung  angehören. 

Da  die  veränderten  Vivianile  von  St.  Benigna  sich  meistens 
in  jenem  Zustande  befinden,  indem  sie  durch  die  amorphe  Substanz 
ein  wenig  imprägnirt,  etwas  dunkler  und  härter  erscheinen,  als  die 
reineren  Pseudomorpliosen,  so  mag  wohl  Breit haupt  bei  der 
Aufstellung  der  neuen  Mineralart  nur  diese  Partien  berücksichtigt 
haben,  daher  die  Abweichungen  zwischen  seiner  und  meiner  Be- 
schreibung. 


i)  Berg-  und  Hütlenmänn.  Zeitg.  f.  1853,  S.  402. 

24 


344  Tschermak. 

Das  stilpnosideritähnliche  Mineral  verdankt  seine  Entstehung 
ohne  Zweifel  dem  früheren  Vivianit.  Es  erinnert  dieses  Vorkommen 
an  ßl  unTs  Pseudomorphose  :  Stilpuosiderit  nach  Vivianit. 


Die  Pseudomorphosen  im  antiken  grünen  Porphyr. 

In  der  ersten  Abhandlung  über  Pseudomorphosen  ')  erwähnte 
ich  bereits,  dass  die  im  antiken  grünen  Porphyr  eingesprengt  vor- 
kommenden Feldspathstücke  zum  Theile  Pseudomorphosen  seien. 
Um  sich  davon  zu  überzeugen,  darf  man  sich  jedoch  nicht  mit  einem 
Stück  jenes  Porphyrs  begnügen ;  unter  einer  grösseren  Anzahl  wird 
man  hingegen  bald  eines  finden,  das  die  feinkörnige  Structur  der 
Einsprengunge  deutlich  zeigt,  während  die  Oberfläche  der  letzteren 
die  Feldspathform  noch  mit  grosser  Schärfe  wieder  gibt,  so  dass 
kein  Zweifel  über  die  pseudomorphe  Natur  der  Einsprengunge  übrig 
bleibt.  Leider  lässt  sich  das  Vorkommen  solcher  umgewandelter 
Feldspathkrysialle  nicht  auf  einen  bestimmten  Fundort  beziehen,  da 
die  Angaben  über  die  Herkunft  der  einzelnen  Handstücke  nicht  zu- 
verlässig sind. 

Ein  Handstück,  welches  die  Erscheinung  in  ausgezeichneter 
Weise  darbietet,  führt  die  Bezeichnung:  „Val  Camonica".  Ich  habe 
desselben  schon  früher  erwähnt.  Die  Grundmasse  ist  blänlichgrün, 
die  Einsprengunge  sind  blass  gelblichgrüu  gefärbt.  Die  letzteren 
zeigen  die  Formen  von  Feldspathkrystallen  genau  so  wie  die 
im  grünen  Porphyr  aus  dein  südlichen  Morea.  Eben  so  lässt  sich 
an  dem  Wechsel  der  Farbentöne  die  frühere  lamellare  Verwach- 
sung noch  gut  erkennen.  Ich  habe  diese  Pseudomorphose  genauer 
untersucht. 

Die  blass  gelbgrüne  fetlglänzende  Masse  ist  völlig  dicht  von 
splittrigem  Bruche,  daher  die  äussere  Ähnlichkeit  mit  Serpentin,  die 
bei  den  Pseudomorphosen  noch  mehr  als  bei  der  Grundmasse  her- 
vortritt. Die  Härte  ist  ein  wenig  geringer  als  6.  Das  Eigengewicht 
wurde  zu  2-89  bestimmt,  während  für  die  Grundmasse  2-92  gefun- 
den wurde.  Beim  Erhitzen  wird  die  pseudomorphe  Substanz  röth- 
lich  und  schmilzt  dann  zu  schwarzem  Glase. 


i)  Berichte  der  Wiener  k.  Akademie,  Bd.  XLVI,  S.  486. 


Einige  Pseudomorphosen.  345 

Für  die  Zusammensetzung  erhielt  ich  bei  der  Untersuchung  der 
Pseudomorphose        Grundmasse 

Kieselsäure  ....  47-3 56-0 

Thonerde 222 13-5 

Eisenoxyd 9-8 15-5 

Kalkerde 8-6 7-0 

Magnesia 0-7 0-3 

Kali 3-3 11 

Natron 4-6 Sl 

Wasser 2-7 2-3 

99-2  1)  100-8  2) 

Die  Prüfung  auf  Eisenoxydul  gab  bei  der  Pseudomorphose  ein 
negatives  Resultat;  bei  der  Grundmasse  wurde  eine  kleine  Menge 
desselben  nachgewiesen. 

Der  Hauptunterschied  dieser  Zusammensetzung  und  der  eines 
Kalkfeldspathes  liegt  offenbar  im  Wassergehalt  und  der  verhältniss- 
mässig  bedeutenden  Menge  Eisenoxyd;  daher  m«n  wohl  annehmen 
darf,  dass  bei  der  Umwandlung  die  durchdringenden  Wässer  auf 
einen  Ausgleich  der  Zusammensetzung  hinarbeitend,  den  Feldspath- 
krystallen  Eisenhydrat  zugeführt  haben;  denn  die  Grundmasse  besitzt 
einen  höheren  Eisengehall  als  die  Einsprengunge.  Die  übrigen 
Veränderungen  lassen  sich  nicht  so  leicht  errathen,  so  lange  die 
Zusammensetzung  des  unveränderten  Minerales  nicht  bekannt  ist. 

Nach  der  bisher  gepflogenen  Sitte  wären  die  eben  beschriebe- 
nen Einsprengunge  als  eine  neue  Mineralart  zu  betrachten,  während 
sie  nur  ein  bisher  unbekanntes  Stadium  der  Umwandlung  von  Feld- 
spathkrystallen  darstellen.  Ich  halte  es  indess  nicht  für  unnöthig, 
diese  Veränderungsphase  durch  einen  Namen  zu  bezeichnen  und 
möchte  dieselbe  Chlorolithin  nennen.  Sie  ist  nicht  mit  dem 
Vosgit  Delesse's  zusammenzustellen,  wie  ich  früher  meinte, 
denn  die  Zusammensetzung  beider  ist  sehr  verschieden. 

D  eless  e  hat  vor  einiger  Zeit  die  grünen  Feldspath-Einspreng- 
linge  in  einem  grünen   Porphyr  aus  Lakonien   untersucht  3),   deren 

!)  982  Mg.  Substanz  gaben  464  Kieselsäure,  218  Thonerde  ,  93  Eisenoxyd,  150  Kalk- 
carbonat,  19  Magnesiasalz ;  1210  Mg.  Substanz  lieferten  207  Platinsalz  und  104 
Chlornatrium;  850  Substanz  gaben  23  Wasser. 

2)  Aus  932  Mg.  der  Grundmasse  erhielt  ich  522  Kieselsäure,  126  Thonerde,  145  Eisen- 
oxyd, 116  Kalkcarbonat,  8  Magnesiasalz  ;  aus  828  Mg.  19  Wasser.  Herr  Prot.  Ro  the  , 
der  die  Alkalien  bestimmte,  erhielt  bei  Anwendung  von  1303  Mg.  Substanz  29  Platin 
und  125  Chlornatrium. 

3)  Journal  f.  prakt.   Chemie.  Bd.  43,  S.  440. 


Kieselsäure    . 

.    .  53-20 

Thonerde  .    . 

.    .  27-31 

Eisenoxyd  .   . 

.    .    103 

Kalkerde  .    . 

.   .    8-02 

Magnesia  .    . 

.    .    101 

Kali  .... 

.    .    3-40 

.    .    3-52 

.    .    2-51 

346  Tschermak. 

Zusammensetzung  sich  der  gewisser  Labradorite  nähert.  Da  nun  die 
von  mir  untersuchten  Pseudomorphosen  vielleicht  aus  derselben  Ge- 
gend herstammen,  so  mögen  beide  Resultate  hier  verglichen  werden. 
Delesse's  veriind.  Labradorit:     Chlorolithin: 

53-20 47-3 

22-2 

9-8 

8-6 

0-8 

3-3 

4-6 

....    .    2-7 
100-00  99-2 

Obne  Zweifel  verfolgt  derVeränderungsprocess  in  beiden  Fällen 
dieselbe  Richtung,  im  Chlorolithin  ist  derselbe  jedoch  bedeutender 
vorgeschritten.  Bei  Aufnahme  von  Wasser  und  Eisenoxyd  vermindert 
sich  die  Menge  der  Kieselsäure  und  der  Thonerde.  Wahrscheinlich 
erfolgt  eine  Epidotbildung,  dafür  spricht  Delesse's  Beobachtung, 
der   in  dem  Gestein  Adern    von  Epidot   und  Quarz   bemerkte. 

Calcit  nach  Feldspath  (Labradorit). 
Bei  den  eingewachsenen  Pseudomorphosen,  welche  durch  die 
Verdrängung  des  Feldspathes  durch  Calcit  entstehen,  lässt  sich  die 
Form  nur  schwierig  bestimmen  *)•  Es  gelang  mir  indess,  an  kleinen 
Stücken  des  Grünsteines  von  Dillenburg  in  Nassau  durch  vorsichtiges 
Ätzen  den  Calcit  wegzubringen  ,  ohne  dass  die  Grundmasse  allzu 
morsch  wurde.  Es  blieb  an  der  Stelle  der  Pseudomorphosen  ein 
lockerer  weisser  Zersetzungsrest  des  Feldspathes  zurück,  der  sich 
leicht  entfernen  Hess.  Die  entstandene  Höhlung  wurde  mit  Wachs 
abgeformt  und  so  die  tafelförmige  Gestalt  eines  klinoklastischen 
Feldspathes  erhalten,  woran  M  oder  P  vorwiegend  ausgebildet  sind, 
und  ausserdem  T,  l,  zuweilen  auch  x  als  begrenzende  Flächen  auf- 
treten. Das  ursprüngliche  Mineral  mag  wohl  die  Zusammensetzung 
eines  Labradorites  gehabt  haben. 

Biotit  nach  Hornblende. 

Die  Pseudomorphosen  vom  Radhausberg  bei  Gastein,  welche 
durch  Magnesiaglimmer  (Biotit)  gebildet  werden  2),  habe  ich  einer 


1)  Sitzungsber.  der  Wiener  kais.  Akademie,  Bd.  XLVI,  S.  48«. 

2)  Ebendas.  S.  490. 


Einige  Pseudomorphosen.  34? 

nochmaligen  Untersuchung  unterworfen.  Da  dieselben  in  einer 
locker  feinkörnigen  Orthoklas-Grundmasse  eingewachsen  sind,  so 
gelingt  es  nicht,  dieselben  zu  isoliren,  dagegen  vermochte  ich  in 
einzelnen  Fällen  auf  die  Weise  zur  Kenntniss  der  Form  zu  gelangen, 
dass  ich  die  Glimmerschüppchen  allmählich  mit  einer  Nadel  entfernte 
und  die  Höhlung  mit  Wachs  abzuformen  versuchte.  So  erhielt  ich 
Prismen,  deren  scharfe  Kanten  abgestumpft  waren,  begrenzt  durch 
die  schiefe  Endfläche.  Der  stumpfe  Winkel  des  Prisma  wurde  zu 
124°  bestimmt,  in  Übereinstimmung  mit  dem  Winkel  der  Hornblende. 
Bei  der  Ähnlichkeit  in  der  Zusammensetzung  der  Biotite  und 
der  thonerdehaltigen  Hornblenden  mag,  abgesehen  von  der  Wasser- 
aufnahme, kein  sehr  bedeutender  Stoffwechsel  bei  dieser  Umwand- 
lung stattgefunden  haben. 

Voigtit  nach  Biotit. 

Der  Biotit  erleidet  in  gewissen  Fällen  eine  eigenthümliche  Zer- 
setzung, in  Folge  deren  die  Blättchen  ihre  Elasticität  verlieren  und 
biegsam  werden  wie  Chloritblättchen.  Es  erfolgt  eine  Aufnahme  von 
Wasser,  die  Farbe  wird  grünlich  grau,  dann  graubraun  bis  holzbraun; 
bei  grösseren  Glimmerkrystallen  werden  die  Blättchen  gekrümmt  und 
es  tritt  ein  Wachsglanz  auf,  der  stellenweise  perlmutterartig  ist.  Ein 
solches  Umwandlungsproduct  beschrieb  E.  E.  Schmidt  unter  dem 
Namen  Voigtit.  Kenngott  und  ich1)  fanden  im  Granit  von  San 
Domingo  in  Brasilien  ein  Derivat  des  Biotites,  das  nach  seinen  physi- 
kalischen Eigenschaften  der  Beschreibung  des  Voigtites  vollkommen 
entspricht  und  das  von  C.  von  Hauer  analysirt  wurde. 

Bevor  ich  dieses  Vorkommen  kannte,  beschrieb  ich  ein  Zer- 
setzungsproduct  aus  dem  Trachytporphyr  von  Offenbanya  und  nannte 
die  pseudomorphe  Substanz  provisorisch  Chlorit. 

Diesmal  habe  ich  nicht  blos  jene  Benennung  zu  berichtigen, 
sondern  kann  noch  ein  anderes  Vorkommen  angeben,  das  ganz  aus- 
gezeichnet ist. 

In  einer  Platte  von  Kaliglimmer  (Mustovit)  von  Southacworth 
in  Newhampshire,  Nordamerika,  die  etwa  8  Zoll  Länge,  7  Zoll  Breite 
hat,  sind  zwei  sechsseitige  Biotitsäulen,  jede  von  1 '/3  Zoll  Durch- 
messer, eingeschlossen  ,   so  dass  die  Spaltflächen  der  letzteren  mit 


*)   Sitzuugsber.  der  Wiener   k.  Akademie,  Rd.    XLV1I,    S.  408   und   414,    wo    auch  die 
übrigen  Nachweise  zu  linden  sind. 


348  Tschermali. 

denen  des  Mnscovites  in  derselben  Ebene  liegen,  während  im  Übri- 
gen keine  bestimmte  Orientimhg  der  Biotitkrystalle  gegen  einander 
oder  gegen  die  seeundären  Spaltrichtungen  des  Muscovites  zn  beob- 
achten ist.  Der  mehr  gegen  die  Mitte  der  Platte  zu  liegende  Biotit- 
krystall  sieht  fast  ganz  unverändert  aus,  nur  an  der  Kante,  die  gegen 
den  andern  Krystall  gewendet  ist,  ist  eine  anlängende  Voigtit- 
bildung  bemerkbar.  Der  andere  Krystall,  der  näher  dem  Rande  der 
Platte  liegt,  also  früher  dem  umgebenden  Gestein  näher  war,  ist 
beinahe  vollständig  in  Vuigtit  umgewandelt;  nur  hie  und  da  ist  ein 
Restchen  von  dem  ursprünglichen  Mineral  zu  linden.  Der  die  Pseu- 
domorphose  umgebende  Muscovit  sieht  unverändert  aus,  doch  findet 
sich  hie  und  da  etwas  Eisenocher  zwischen  seinen  Blättchen. 

Der  Voigtit  ist,  wie  man  leicht  einsieht,  keine  selbststäudige 
Mineralart,  sondern  nur  ein  Umwandlungs-Stadium  des  Biotites. 

Klinochlor,  Diopsid  und  Granat,  nach  Vesuvian. 

Eine  Stufe  von  Slatoust  (Hands.  I.  3673)  zeigt  eine  Reihe  von 
merkwürdigen  Erscheinungen  aus  dem  Gebiete  der  chemischen  Um- 
wandlung des  Vesuvians.  Sie  ist  in  dieser  Beziehung  ein  Pracht- 
stück. In  einem  Hohlräume  in  Chloritschiefer  sitzen  halbzerstörte 
pistaziengrüne  Vesuviankrystalle  neben  gelblichweissem  Titanit  und 
Blättchen  von  dunkel  lauchgrünem  Klinochlor,  welche  in  dem 
bunten  Gewirre  der  Krystalle  nirgends  fehlen.  An  einem  Punkte 
findet  sich  neben  grossen  Klinochlor-Blättchen  eine  Anhäufung  von 
lauchgrünen  Diopsid-Säulen,  aber  auch  sonst  ist  der  Diopsid  in 
Gesellschaft  mit  dem  Klinochlor  auf  der  Stufe  verbreitet,  doch  in 
geringerer  Menge  als  der  letztere.  Dunkelgrüne,  kleine  Granatkry- 
stalle  linden  sich  ebenfalls  an  vielen  Punkten.  Die  ganze  Druse  mag 
früher  von  Calcit  bedeckt  gewesen  sein,  der  künstlich  weggeätzt 
wurde;  denn  es  findet  sich  an  dem  tiefsten  Punkte  ein  Calcitrest, 
dessen  Aussehen  keine  andere  Deutung  zulässt. 

Die  sämmtlichen  Vesuvian-Krystalle  sind  im  Innern  zerstört, 
während  die  äussere  Haut  sich  erhalten  hat  und  die  Combination  des 
Prisma,  der  Pyramide,  des  verwendeten  Prisma,  der  Endfläche  zeigt. 
Es  sind  von  den  Krystallen  gleichsam  nur  die  Bälge  übrig  geblieben, 
aus  papierdünnen  Häutchen  gebildet,  Kartenhäusern  vergleichbar, 
die  beim  leisesten  Anstoss  zerfallen.  Manche  sind  daher  stellenweise 


Einige  Pseudomorphosen.  o4t) 

eingebrochen  ,  viele  aber  werden  durch  die  im  Innern  wuchernde 
Nachkommenschaft  gestützt.  Auffallend  ist  dabei,  dass  die  End- 
flächen (oP)  stets  durchgefressen  sind,  so  dass  jeder  Balg  wenig- 
stens von  dieser  Seite  her  den  Einblick  in's  Innere  gestattet. 

In  dem  einen  Stadium  der  Umwandlung  zeigt  sich  innen  ein 
morscher  Rest  von  Vesuvian-Substanz  ,  in  den  Zwischenräumen 
haben  sich  Blättchen  von  Klinochlor  angesiedelt,  hie  und  da  erblickt 
man  lichtgriine  Diopsid-Säulchen  mit  undeutlicher  Endigung  und 
G ran at-Kry stalle,  letztere  Dodekaeder-  und  Leucitoeder-Flächen 
zeigend.  Da  die  papierdünnen  Bälge  durchsichtig  sind,  so  bemerkt 
man  schon  von  aussen,  wo  sich  Anhäufungen  von  Klinochlor  oder 
Diopsid  finden.  Fig.  4  ist  das  Bild  einer  Pseudomorphose,  welche 
im  Innern  einen  morschen  Vesuviankern  enthält,  während  der  übrige 
Raum  durch  Klinochlor  ausgefüllt  wird. 

In  vielen  Fällen  ist  die  Umwandlung  so  weit  vorgeschritten, 
dass  im  Innern  die  ursprüngliche  Substanz  ganz  verschwunden  ist 
und  die  drei  Nachkömmlinge  den  Raum  mehr  oder  minder  vollstän- 
dig einnehmen.  Die  dünnen  Wände  der  hohlen  Krystalle  werden 
durch  den  Klinochlor  und  die  Diopsid-Säulen  gestützt.  Fig.  5  zeigt 
einen  solchen  Fall.  Zuweilen  hängen  an  den  Klinochlor-Aggregaten 
nur  noch  einige  Fetzen  von  dem  Vesuvian-Kleide  ,  wie  dies  Fig.  6 
andeutet.  Die  Granaten  begleiten  überall  ihre  beiden  Genossen, 
doch  werden  sie  nicht  so  leicht  bemerkt,  da  ihre  Farbe  von  der  des 
Vesuvian  wenig  verschieden  ist. 

Die  wenigen  aber  verhältnissmässig  grossen  Titanit-Krystalle 
zeigen  sich  fast  durchwegs  unabhängig  von  den  anderen  Mineralien, 
nur  in  einem  Falle  erscheint  ein  solcher  Krystal!  neben  Klinochlor 
im  Innern  eines  hohlen  Vesuvian-Krystalles,  auf  der  einen  Seite  an 
die  Hülle  angewachsen.  Ich  möchte  es  für  diesmal  noch  unentschie- 
den lassen,  ob  auch  der  Titanit  aus  der  Substanz  des  Vesuvians  her- 
vorgegangen sei;  da  indess  die  Menge  des  Titanites  im  Vergleiche 
zu  den  drei  pseudomorphen  Mineralien  gering  ist,  so  wird  die  Deu- 
tung des  vorliegenden  Umwandlungsvorganges  durch  diese  Unsicher- 
heit wohl  nicht  beirrt. 

An  dem  einen  Ende  der  Stufe  ist  fast  jeder  Rest  des  Vesuvians 
verschwunden,  und  man  hat  jenes  Zusammenvorkommen  von  Klino- 
chlor, Diopsid,  Granat,  welches  man  auf  manchen  sibirischen,  nor- 
wegischen, piemuntesischen   Stufen   sieht.  Wenn    nun   auch   nicht 


350  Tschermak. 

behauptet  werden  kann,  dass  in  allen  diesen  Fällen  die  drei  Mine- 
ralien aus  Vesuvian  hervorgegangen  seien,  to  geben  doch  die  Beob- 
achtungen an  der  oben  beschriebenen  Stufe  einen  bedeutsamen  Wink, 
wie  man  die  constante  Paragenesis  gewisser  Mineralien  aufzufassen 
habe.  Der  chemische  Vorgang,  welcher  durch  die  beschriebene 
Pseudomorphose  angedeutet  wird,  bestand  darin,  dass  die  Kalkerde 
des  Vesuvians  grossentheils  durch  Magnesia  ersetzt  *)  und  Wasser 
aufgenommen  wurde,  während  zugleich  ein  Zerfallen  in  mehrere 
Verbindungen  stattfand  3). 

Vor  Kurzem  hat  Prof.  Blum  Einiges  über  eine  Pseudomorphose 
von  „Chlorit  nach  Idokras"  mitgetheilt  3).  Es  wäre  von  Interesse  zu 
sehen,  ob  nicht  etwas  Diopsid  mit  vorkömmt ,  wie  es  auch  in  dem 
folgenden  Falle  beobachtet  worden. 

Eine  Stufe  mit  der  Angabe  Achmatowsk  (Hs.  3446)  zeigt  ein 
früheres  Stadium  des  eben  erwähnten  Umwandlungsprocesses.  In 
einer  Höhlung  des  Chloritschiefers  bemerkt  man  pistazgrüne  Vesu- 
viau-Krystalle  neben  Klinochlor-Blättchen.  Der  Kalkspath,  welcher 
früher  Alles  einhüllte,  ist  unvollständig  weggeätzt.  Die  Vesuvian- 
Krystalle  sind  stellenweise  fleckig,  zeigen  Sprünge  und  Krümmungen 
der  glatten  Flächen.  Die  blass  lauchgrünen  und  die  dunkelgrünen 
Flecken  rühren  von  den  Diopsid-  und  Klinochlor-Krystallen  her,  die 
sich  im  Innern  angesiedelt,  und  die  Krümmungen  der  Flächen  ver- 
anlasst haben.  Alle  Vesuvian-Säulen  sind  theilweise  ausgehöhlt,  die 
äussere  dünne  Hülle  ist  von  dem  morschen  Kern  getrennt,  oder  durch 
die  epigenetischen  Minerale  damit  theilweise  verkittet.  Jene  Säulen, 


i)  Vergl.  Bischofs  Geologie.  2.  Aufl.  1.  Bd. ,  S.  75. 

-)  Nach  den  besten  Analysen  hat  man,  unter  AliOs  und  Mg  0,  die  geringe  Menge  der  ent- 
sprechenden Eisenoxyde  mitverstanden,  für  den  obigen  Vesuvian  die  Formel  (Si  Os)i 
(Alz  03)  (CaO)5,  für  den  Klinochlor  (Si  Oz)3  (AI-,  03)  (Mg  0)a  (If,  0)%  u.  s.  w.  Ver- 
doppelt mau  des  Vergleiches  wegen  die  Vesuvianformel,  so  ergibt  sich  aus  dem  Schema  : 
Vesuvian    ....     (Als  03)2     (Si  0S)8     (Ca  O)i0 
Klinochlor  .  .   .     (Alz  03)       (Si  0;)3     (Mg  0)5     (H*  0), 
Orauat (Ah  03)      (Si  02)3     (Ca  0)s 


Diopsid (Si  0»),      |  C 


Mg  O 

dass   der  Vesuvian  bei  dem  partiellen  Austausche  der  Kalkerde  gegen  Magnesia  und 
der  Aufnahme  des  Wassers  nach  einlacher  Weise  in  die    drei    Verbindungen  zer- 
fallen   könne,  ohne  dass  weiter  von  der  Substanz  etwas  hinweggeführt  wird.    Die 
ausgeschiedene  Kalkerdu  tritt  jedenfalls  als  Carbonat  auf. 
s)   Dritter  Nnchtr.   r.   d.   Pspudomorphoscu.  S.   lf>6. 


Einige  Pseudomorphosen.  OOl 

die  gegen  Aussen  besser  abgeschlossen  waren,  widerstanden  der 
Säure  des  Mineralienhändlers  mehr  und  behielten  zum  Theil  die 
Calcitausfüllung.  Sie  zeigen  ,  wie  vordem  die  dünne  Krystallhülle 
durch  den  körnigen  Calcit  gestützt  worden.  Eine  an  der  Endfläche 
eingebrochene  Säule  zeigt  die  ersten  Anfänge  der  Üiopsid-  und 
Klinochlor-Bildung  in  dem  morschen  Innern  sehr  schön  (Fig.  7). 
Granat  ist  nirgends  zu  sehen  *)•  An  einem  Punkte  findet  sich  ausser 
Zusammenhang  mit  den  Vesuvian-Säulen  ein  gelblicher  Titanit- 
Krystall. 

Die  beiden  Vesuvian-Stufen  sind  ausgezeichnete  Beispiele  von 
Perimorphosen.  Denkt  man  sich  nämlich  den  Calcit,  der  früher 
die  Vesuvian-Säulen  umgab  und  erfüllte,  restituirt,  so  hat  man  jene 
oft  bewunderte  Erscheinung,  die  zuweilen  an  Vesuvian-und  Granat- 
Stufen  beobachtet  wird.  Eine  papierdünne,  glattflächige  Krystall- 
hülle umgibt  ein  Gemenge  von  körnigem  Calcit  und  Vesuvian-  oder 
Granatkörnchen.  Im  vorliegenden  Falle  war  im  Innern  der  Vesuvian- 
Säulen  ein  Gemenge  vorhanden,  das  bei  den  mehr  veränderten  Kry- 
stallen  vorherrschend  aus  Calcit  und  Klinochlor,  bei  den  minder  ver- 
änderten aus  Calcit  und  Vesuvian-Resten  bestand. 

Es  ist  nicht  zu  verwundern,  dass  Manche,  die  solche  Erschei- 
nungen sahen  ohne  die  Zwischenstufen  beobachtet  zu  haben,  sich 
nicht  entsehliessen  konnten,  an  eine  Pseudomorphose  zu  glauben; 
denn  eine  so  zarte  und  absichtsvoll  aussehende  Arbeit  mochten  sie 
der  Natur  nicht  zutrauen,  obgleich  sie  auf  der  andern  Seite  über- 
sahen, dass  gar  viele  Pseudomorphosen  denselben  Grad  der  Sub- 
tilität  in  anderer  Weise  darbieten.  Während  Sillem,  Reuss, 
Bischof,  Volger  kein  Bedenken  trugen,  diesen  Fall  als  Pseudo- 
morphose anzuerkennen,  sprachen  sich  Sc  he  er  er,  Knop,  Blum 
dagegen  aus.  Sc  heerer  erfand  den  Ausdruck  „Perimorphose, 
Krystallbildung  von  aussen  nach  innen",  damit  sollte  die  Schwierig- 


')  Wenn  aus  dem  Vesuvian  blos  Klinochlor  und  Üiopsid  hervorgeht,  so  erfolgt  nebst 
dem  Austausch  von  Magnesia  gegen  Kalk  noch  eine  Mehraufnahme  von  Magnesia, 
wie  das  Schema : 

Vesuvian   .   .  ■  ■     (Ah  Oa)2     (Si  Q3)8     (Ca  Q)1U 
Klinochlor  .  .   .     (Ah  03)t     (Si  0,)6     (Mg  0)w     (Hz  0), 

Diopsid     (Si  0,)3     (Mg  0  Ca  0) 

zeigt.    Die  beiden  Schemate  geben  natürlicher  Weise  das  Mengenverhältniss  nicht 
richtig  an  ,    weil  sie  auf  die  Wandlungen   des  Eisens  keine  Rücksicht  nehmen. 


352  Tsc  her  mak. 

keit  gehoben  werden;  was  jedoch  mit  diesen  Worten  gemeint  sei, 
ist  nicht  zu  errathen.  Knop  denkt  sich  den  Granat  und  Calcit 
gleichzeitig  entstanden,  den  letzteren  also  als  Einschluss.  Blum 
stimmt  dieser  Ansicht  für  gewisse  Fälle  bei.  Wer  sich  indess  an 
die  bisher  gewonnenen  Beobachtungen  über  Krystallbildung  hält, 
muss  sagen,  dass  auch  Knop's  Vorstellung  unhaltbar  sei.  Die  Kry- 
stalle  wachsen  nie  anders  als  von  einem  Centrum,  von  einem  Kern- 
punkte aus,  und  wenn  sie  auch  beim  Fortwachsen  dies  und  jenes 
einschliessen,  so  geht  doch  die  ununterbrochene  Verbindung  der 
äusseren  und  inneren  Theile  nie  verloren.  Wie  soll  sich  eine  Scluile 
von  Granat ,  wie  ein  Balg  eines  Vesuvian-Krystalles  durch  directe 
Krystallisation  bilden  und  sich  dabei  mit  Calcit  ausfüttern? 

Warum  müssen  die  Schwierigkeiten,  auf  die  wir  stossen,  durch 
naturwidrige  Annahmen  noch  vermehrt  werden?  Und  ist  vielleicht 
die  pseuilomorphe  Bildung  unerklärlich  und  gibt  es  keine  analogen 
Erscheinungen?  Ich  glaube  nicht.  Volger  hat  bereits  darauf  hin- 
gewiesen, dass  das  Sonderbare  darin  liege  ,  dass  bei  der  Verdrän- 
gung des  Granates  durch  Calcit  in  dem  vorliegenden  Falle  „der 
chemische  Process  augenscheinlich  tausendmal  von  zweien  benach- 
barten Granatatomen  dem  einen  vollständig  den  Garaus  gemacht  und 
Calcit  für  dasselbe  substituirt  hat,  während  das  andere  unmittelbar 
daneben  unverändert  geblieben  ist".  Diese  Erscheinung  kömmt 
indess  nicht  blos  beim  Granat  und  Vesuvian  vor,  sondern  bei  sehr 
vielen  Mineralien.  Da  nun  das  Wunderbare  diesen  Charakter  ver- 
liert, sobald  es  alltäglich  geworden,  so  möchten  wohl  Manche  nichts 
mehr  Sonderbares  an  der  Sache  linden,  wenn  sie  anderen  ähnlichen 
Vorkommnissen  ebenfalls  einige  Aufmerksamkeit  zuwenden.  Dabei 
findet  sich  aber  auch  leichter  die  Erklärung,  welche  hingegen  bei 
einer  beschränkten  Zahl  von  Beobachtungen  oft  irre  geht. 

Ich  möchte  hier  auf  einige  bekannte  Erscheinungen  hinweisen, 
die  mir  geeignet  zu  sein  scheinen,  über  den  Vorgang  Aufschluss 
zu  geben. 

Bei  der  Zersetzung  der  Krystalle  widerstehen  öfters  krystallo- 
graphisch  gleiche  Theile  gleichartig  der  Zerstörung,  während  die 
übrigen  Theile  der  Krystalle  unterliegen.  Ein  schönes  Beispiel 
geben  die  von  Blum  beschriebenen  Pseudomoiphosen  von  Braun- 
eisenstein nach  Eisenkieswürfeln  von  Motbo,  welche  ich  bei  mei- 
ner   Anwesenheit     zu    Heidelberg     zu    sehen    Gelegenheit    hatte: 


Kinige  Pseudomorphosen.  Duo 

Von  den  Flächen  gegen  den  Mittelpunkt  hin  ist  alles  Brauneisen- 
stein geworden,  von  den  Kanten  zum  Centrum  hin  sind  Wände  von 
Eisenkies  stehen  geblieben.  Denkt  man  sieh  den  Eisenkieswürfe] 
durch  einen  gleichförmigen  Ausatz  von  Schichten  au  einen  kleinen 
Würfel  gebildet,  so  lautet  die  Sache  so,  dass  alle  bei  der  Krystalli- 
sation  gebildeten  Kanten  der  chemischen  Einwirkung  widerstanden, 
während  die  Flächen  unterlagen. 

Etwas  Ähnliches  bieten  halbzerstörte  Granatkrystalle  aus  der 
Gegend  von  Donegal,  Irland  (Hs.  3552).  Von  den  Kaulen  des  Rhom- 
bemiodekaeders  gegen  das  Centrumzusind  Wände  stehen  geblieben, 
während  die  übrige  Substanz  weggeführt  worden,  so  dass  an  der 
Stelle  der  früheren  Fläcben  sich  jetzt  Gruben  von  rhombischem  Um- 
riss  befinden.  Auch  hier  sind  es  aho  die  Kanten,  welche  der  Zer- 
störung trotzten. 

Sollten  es  nicht  vielleicht  Diehtigkeitsunterschiede  sein,  welche 
diese  Erscheinung  hervorrufen?  Dem  Wesen  nach  hat  man  im  vor- 
liegenden Falle  denselben  sonderbaren  Vorgang,  wie  bei  der  Bil- 
dung der  Perimorphosen.  Doch  ich  will  dem  Gegenstande  näher 
kommen. 

Man  findet  nicht  selten,  dass  bei  angegriffenen  Krystalleu  eine 
Anwacbsungsschicht  um  den  ganzen  Krystall  herum  /.erstört  ist, 
während  die  nächste  unversehrt  blieb,  dass  eine  der  darauf  folgen- 
den wiederum  zerstört  ist,  die  nächste  wiederum  stehen  blieb  und 
so  fort.  An  einem  Barytkrystall  von  Pfibram  (Hs.  II.  686),  der  die 
gewöhnliche  Combination  P  und  M  (Naum.)  zeigt,  sind  viele  An- 
wachsschiebten., welche  den  Säulenflächen  M  parallel  liegen,  aufge- 
löst, während  die  zwischenliegenden  unzerstört  blieben.  Eine  Fluss- 
spathstufe  aus  Derbyshire  (Hs.  219)  bietet  einen  ausgezeichneten 
Fall.  An  all  den  oktaedrischen  Krystallen  sind  die  gleichalterigen 
Anwacbsungsschichten  aufgelöst  worden.  Eine  verhältnissmässig 
dicke  Schicht  leistete  Widerstand.  So  blieben  vollständige  Oktaeder 
als  Kerne  in  einer  mehrfachen  gleichgestalteten  Hülle  (Fig.  8).  Aber 
auch  diese  Kernoktaeder  sind  innen  hohl  (Fig.  9).  Soll  ich  weitere 
Beispiele  an  Calci t,  Quarz  und  anderen  Mineralien  anführen?  Sie 
sind  bekannt. 

Wenn  nun  bei  solchem  Vorgange  anstatt  der  zerstörten  Sub- 
stanz eine  andere  Mineralsubstanz  substituirt  wird,  so  entsteht  jene 
schalige  Bildung,  wie  sie  bei  gewissen  Granat-Pseudomorphosen,  die 


354  Tschermak. 

aus  abwechselnden  Schalen  von  Granat  und  Calcit  bestehen,  vor- 
kömmt. Volger  erwähnt  eines  solchen  Vorkommens  vom  Lolen  im 
Magisthai  »).  mir  liegt  eine  Stufe  aus  dem  Aostathal  vor,  welche 
dasselbe  zeigt.  Ebenso  habe  ich  eine  Stufe  von  Rezbanya  (Hs.  3610) 
die  bereits  Mobs  beschrieb  2),  vor  mir,  welche  schalig  zusammen- 
gesetzte veränderte  Grossularkrystalle  führt.  Die  letzteren  sind  von 
Tremolith-Pseudomorphosen  umgeben,  die  aus  einer  steatitähnlichen 
Substanz  bestehen.  Die  Granatschalen  wechseln  mit  Schalen  der 
steatitähnlichen  Substanz  3).  Die  Umstände  sind  übrigens  dieselben 
wie  im  vorigen  Falle.  Dort  ist  es  Calcit,  hier  Steatit,  welche  als 
pseudomorphe  Substanz  auftreten.  Bei  keiner  solchen  Schalenbil- 
dung fehlen  übrigens  Sprünge,  welche  die  unveränderten  Schalen 
durchsetzen  und  die  Communication  der  verändernden  Wässer 
vermitteln. 

Die  Ursache  der  wechselnden  Zersetzbarkeit  der  verschiede- 
nen Anwachsungsschichten  liegt  wohl  nicht  fern.  Die  verschiedenen 
Schichten  haben  oft  ungleiche  chemische  Zusammensetzung,  wie 
man  dies  schon  oft  an  der  verschiedenen  Farbe  wahrnimmt 
(Beryll,  Epidot,  Vesuvian  etc.).  Nicht  nur  dass  die  isomorphen 
Bestandtheile  in  ihrem  Verhältnisse  wechseln,  auch  die  Menge  der 
nicht  zur  Substanz  gehörigen  Beimengungen  wechselt  in  den  ver- 
schiedenen Schichten  oft  bedeutend,  wie  beim  Quarz,  Flussspath, 
Calcit  u.  s.  w.  So  kommt  es,  dass  die  eine  Schicht  viel  leichter 
auflöslich,  oder  vermöge  dev  Natur  ihrer  fremdartigen  Einschlüsse 
viel  leichter  zerstörbar  ist  als  die  vorhergehende  und  die  folgende. 

Zuweilen  bleibt  blos  die  äusserste,  letzte  Schichte  unzerstört, 
während  die  übrige  Substanz  verändert  oder  aufgelöst  wird. 

Sehr  merkwürdig  sind  in  der  eben  angedeuteten  Beziehung 
sehr  viele  der  Pseudomorphosen  von  Malachit  nach  Kupferlasur. 
Viele  Krystalle  von  Chessy  sind  aussen  noch  schön  blau  ,  im  Innern 
bestehen  sie  aus  Malachit,  die  blaue  Rinde  ist  nur  sehr  dünn.  An 
einer  Stufe  aus  Sibirien  (Hs.  II.  976)  lässt  sich  die  blaue  Rinde 
absprengen,  es  bleibt  ein  ebenflächiger  Malachitkern  von  der  frü- 
heren Form  zurück.   Zuweilen  liegen  auf  den  Malachit-Pseudomor- 


1)  Entwicklungsgeschichte  der  Talkglimmer-Familie,  p.  96  und  581. 

2)  V.  d.  NuU's  Min.-Cabinet.  Bd.  I,  S.  548,  Nr.  1256. 

s)  Vergl.  die  Beschreibung  derselben  von  K.  Peters.  Sitzungsber.   der  Wiener   kais. 
Akademie,  Bd.  XLIV,  8.   126. 


Einige  Pseiidomorphosen.  !>.)> 

phosen  einzelne  blaue  Schuppen  ohne  gegenseitigen  Zusammenhang 
aber  parallel  der  ursprünglichen  Form  der  Kupferlasur  ausgebildet 
und  es  erinnert  dies  an  die  Erscheinung  bei  den  zersetzten  Ortho- 
klaskrystallen  von  Hirschberg,  an  denen  frischer  Albit  in  paralleler 
Stellung  haftet,  oder  an  die  zersetzten  Sahlitkrystalle  von  Monroe, 
Orange  Cty.  Nordamerika,  in  unserer  Sammlung  (Hs.  II.  1551),  an 
denen  aussen  kleine  schwarze  Hornblendeprismen  in  paralleler  Stel- 
lung angewachsen  sind. 

Ich  komme  nun  wieder  zu  dem  Gegenstande,  von  dem  ich  aus- 
gegangen, zum  Vesuvian.  Wer  noch  an  der  pseudomorphen  Bildung 
der  sogenannten  Perimorphosen  zweifelt,  dem  möchte  ich  eine  Stufe 
von  Eger  in  Norwegen  (Hs.  3451)  zeigen.  Die  ziemlich  grossen 
Vesuvian-Krystalle  haben  eine  vollkommen  glatte,  spiegelnde  Ober- 
fläche und  zeigen  eine  verwickelte  Flächencombination.  Doch  nur 
die  Oberfläche  ist  frisch,  hart,  durchsichtig,  nur  diese  ist  Vesuvian. 
Wo  die  Krystalle  zerbrochen  sind,  erblickt  man  im  Innern  überall 
nur  zerstörte  poröse  Zersetzungsreste.  Die  Oberfläche  allein  wider- 
stand also  den  zerstörenden  Einflüssen. 

Die  Stufen  von  Achmatowsk,  die  ich  zum  Theil  schon  be- 
schrieben, zeigen  mit  den  noch  übrigen  (Hs.  3464  e.  3467)  in  die 
Reihe  gestellt  alle  Stadien  der  fortlaufenden  Umwandlung  des  In- 
nern, während  die  Oberfläche  unversehrt  bleibt.  Der  Vorgang  ist 
immer  der ,  dass  zuerst  unmittelbar  unter  der  Oberfläche  sich 
Klinocblor  und  Calcit  ansetzen.  Allmählich  trennt  sich  so  die  äussere 
Kinde  von  dem  Innern,  welches  von  dem  Umwandlungsprocesse 
immer  mehr  absorbirt   wird,   die  Rinde  bleibt. 

Wie  ist  diese  Widerstandsfähigkeit  der  äusseren  Rinde  zu 
erklären?  Damit  reicht  man  offenbar  nicht  aus,  dass  man  die 
Dichte,  welche  im  Allgemeinen  an  der  Oberfläche  grösser  ist  als 
im  Innern,  oder  eine  etwas  verschiedene  chemische  Zusammen- 
setzung für  sie  in  Anspruch  nimmt,  denn  es  bleiben  auch  im  In- 
nern Wände  stehen,  die  der  Zerstörung  lange  Zeil  trotzen,  offen- 
bar in  Folge  ihrer  chemischen  Zusammensetzung.  Aber  zuletzt 
müssen  auch  sie  weichen,  während  die  Rinde  spiegelglatt  und  zu- 
sammenhängend bleibt! 

Offenbar  spielt  bei  der  Erhaltung  der  Oberfläche  der  umge- 
bende Calcit  oder  im  Allgemeinen  die  umgebende  Substanz  die 
Hauptrolle,  denn  die   ausgezeichneten   Perimorphosen   finden  sich, 


)),')()  Tscher  mak.  Einige  Psendomorphosen. 

nach  Allem,  was  ich  bisher  gesehen,  nur  eingewachsen;  im  entge- 
gengesetzten Falle  habe  ich  mich  stets  überzeugt,  d;iss  sie  durch 
Ätzen  freigelegt  wurden.  Der  umgebende  Calcit  schützt  beim  ersten 
Angriff  die  Oberflache  vor  der  zerstörenden  Flüssigkeit  und  gestattet 
derselben  nur  durch  feine  Sprünge  gegen  das  Innere  vorzudringen. 
Sobald  die  Punkte  unter  der  Oberfläche  weggeführt  und  durch  Calcit 
ersetzt  sind,  wird  die  vom  Innern  getrennte  Oberfläche  durch  den 
Calcit  auch  auf  der  Innenseite  gegen  weitere  Angriffe  geschützt. 
Dass  aber  die  Hülle  doch  nicht  sogleich  anfangs  von  Innen  her  zer- 
stört wird,  mag  wohl  durch  den  Contaet  mit  dem  umgehenden  Calcit 
herbeigeführt  werden,  vielleicht  in  der  Weise,  wie  bei  einem  elektro- 
chemischen Vorgänge. 


Tschermäk.   Psendoraorpliosen 


Sil'Aiiii».sh  (I  k   .\k,id  d  W  mafli   lul.im.  CkXJil.V  3ii   L.Abtk.  s « «-. - 


Revision  der  Cephalocotyleen.  Abtheilung:  Cyclocotyleen.  o57 


Revision  der  Cephalocotyleen.  Abtheilung:  Cyclocotyleen. 

Von  dem  w.  M.  Dr.  K.  M.  Die  sing. 

(Vorgelegt   in   der   Sitzung   vom   5.    November   1863.) 

SECTIO  II.   CYCLOCOTYLEA. 

Entozoa  cystica  et  Cestoidea  Rudolphi  partim. 

Animalia  solitaria  libera,  alba,  transparentia  vei  opaca,  longi- 
tudine  aliquot  linearum,  pollicum  vel  pedum,  imo  praelonga,  interdum 
ad  40  — 100  pedes  increscentia.  Corpus  elongatum  inolle  paren- 
chymatosum,  planum  vel  depressum,  rarius  teretiusculum,  articula- 
tum  s.  polysomum,  articulis  successive  evolutis,  ultimis  maturis  facile 
deciduis.  Caput  corpore  continuum  vel  collo  inarticulato  discretum, 
acetabulis  circularibus4  v.8  oppositis.  Bothria  nulla,  rarissime  4  auxi- 
liaria  ad  Collum  sita.  Os  terminale  sessile  vel  in  apice  proboscidis  sueto- 
riae  s.  myzorhynchi  retractilis,  inermis  velarmati.  —  Tractus  cibarias 
proprius  nullus,  ejusque  loco  vasa  longitudinaliaplerumque4,  similibus 
transversalibus  passim  inter  se  juncta,  vascula  capillaria  vibrantia  re- 
ticulato-ramosa  emittentia;  vasa  longitudinalia  in  articulo  primitive 
ultimo  ad  marginemposticum  in  vesiculam  pulsatoriam  poro  excretorio 
praeditaminserta.  Systemanervorumudhuc  iub'mm. Androgyna.  Penes 
protractiles  filiformes  et  apeiturae  genitalium  femineae  numerosae 
postpositae,  marginales,  rarius  laterales.  Organa  genitalia  interna, 
mascula :  testiculus,  vas  deferens  et  burseola  penis;  feminea:  Or- 
ganum germinativum  et  Organum  vitelligenum,  uterus  ramosus, 
ramulis  coecis,  cum  vagina.  Ovipara,  ovulis  maturis  plerumque 
simul  cum  articulis  corporis  posticis  facile  deciduis  et  cum  faecibus 
extus  delatis.  Embryo  subglobosus,  uncinulis  locomotoriis  sessilibus 
6  instructus.  Evolutio  directa  (?)  aut  per  larvas  metageneticas  i.  e. 
per  gemmificationem  ad  blastocystidem,  e  transformatione  embryonis 
prodientem,  ortas.  In  Hominis  et  animalium  vertebratorum  praepri- 
mis  Mammalium  et  Avium,  rarius  Amphibiorum  et  Piscium  tractu 
cibario. 

De  metagenesi,  hucusque  solummodo  in  genere  Taenia  observata,  confer 
expositionem  ad  calcem  hujus  generis. 

Sitzb.  d.  mathein. -naturvv.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abth.  25 


358  Bitsin 


Conspectas  dispositionis  iamüiarnm  et  genemm   adnexis 
laryarnm  formis.  (Contiouatio.) 

SECTIO  II.   CYCLOCOTYLEA. 

Caput  acetabulis  circularibus  4  aut  8  oppositis  (aut  quatuor 
in  latere  infero  sitis?)  instructum.  —  Tractus  cibarius  proprius 
nullus  (aut  simplex  ano  stipatus?)  —  Androgyna  (aut  sexu 
discreta). 

TRIBUS  I.    CYCLOCOTYLEA  APROCTA. 

Acetabula  4  aut  8  opposita.  —  Nee  tractus  cibarius  pro- 
prius,  nee  anus.  —  Androgyna.  —  Evolutio  direeta?  vel  per  meta- 
genesin. 

I  amilia  XI.  Tetracotylea.  Corpus  articulatum.  Caput 
corpore  eontinunm  vel  collo  discretum,  acetabulis  quatuor  oppositis. 
Bothria  nulla,  rarissime  4  auxiliaria  ad  collum  sita.  Aperturae  geni- 
talem marginales,  rarius  laterales.  In  Hominis  et  animalium  vertebra- 
torum  praeprimis  Mammalium  et  Avium  intestinis.  Evolutio  direcla  (?) 
vel  p<r  metagenesin. 

32.  Taenia.  Corpus  articulatum.  Caput  corpore  eontinunm  vel  collo 

discretum,  subglobosum  vel  tetragonum,  acetabulis  4  oppositis. 
Os  terminale  in  fundo  cupulae  capiti  immersae,  vel  in  apice 
prominentiae  conicae,  aut  in  apice  myzorhynchi  protractilis; 
tarn  cupula,  quam  prominentia  et  myzorbynchus  inermes 
vel  armati.  Aperturae  genitalium  marginales,  rarius  laterales. 
In  Hominis  et  animalium  vertebratorum  praeprimis  Mam- 
malium et  Avium  intestinis.  Evolutio  direeta  (?)  aut  per  meta- 
genesin. 

33.  Sciadocephalus.  Corpus  articulatum.  Caput  horizontaliter  dis- 

eiforme,  acetabulis  quatuor  disci  centro  immersis,  in  quadran- 
gulum  dispositis.  Os  in  fundo  cupulae  inter  acetabula  pro- 
minulae.  Collum  nullum.  Aperturae  genitalium  marginales 
alternae.  In  Piscium  fluviatilium  intestinis.  Evolutio  ignota. 


Revision  der  Cephalocotyleen.  Autlieilung1 :  Cyclocotyleen.  359 

34.  Ephedrocephalns.     Corpus    articulatum.     Caput    collo    crasso 

sellaeformi  insidens,  parvum,  tetragomim,  acetabulis  4  angu- 
laribus. Os  terminale.  Aperturae  genitalium  femineae  latera- 
les. Penes  marginales  alterni.  In  Piseium  fluviatiliurn  inte- 
stinis.  Evolutio  ignota. 

35.  Ampboteromorphas.  Corpus  articulatum.  Caput  coIId  subqua- 

drato,  foveis  s.  bothriis  auxiliariis  quatuor  instructo,  insidens, 
parvum,  tetragonum,  acetabulis  quatuor  angularibus.  Os 
terminale.  Aperturae  genitalium  femineae...  Penes  mar- 
ginales vaginati.  In  Piseium  fluviatiliurn  intestinis.  Evolutio 
ignota. 

Familia  XII.  Octocotylea. 

36.  Peltidocotyle.    Corpus   articulatum.    Caput  globoso-inflatum, 

acetabulis  octo,  scutellis  quatuor  cruciatim  capiti  adnatis  per 
paria  immersis.  Os  terminale;  Aperturae  genitalium.  ...  In 
Piseium  fluviatiliurn  intestinis.  Evolutio  ignota. 

Larvae  Cyclocotyleorum  aproctorum. 

Familia  Tetracotylea. 

I.  Larva  metagenetica  solitaria  antice  in  blastocystidis  pagina  externa. 
1.    Caput  tetragonum    v.  subglobosum ,   prominentia  terminali 

inerrai  vel  armata,  aut  cupula  terminali,  acetabulis  quatuor  angula- 
ribus vel  lateralibus  oppositis.  Collum  subeylindricum  vel  depres- 
siuseulum;  caput  cum  collo  in  blastocystidem  retractile.  Blastocystis 
turgida  vel  depressa.  In  Hominis  et  Mammalium,  rarissime  Avium 
visceribus  variis. 

Status  perfectus:  Taenia  mediocanell  ata  sp.  1;  T.  Sol  ium  sp.  41; 
T.  crassicollis  sp.  42;  T.  crassieeps  sp.  44;  T.  serrata  sp.  46; 
T.  marginata  sp.  47 ;  T.  t e n u i e o  1 1  i s  sp.  5 1 . 

II.  Larvae  nietageneticae  numerosae  ad  paginam  blastocystidis  exter- 

nam  aut  internam  irregulariter  dispositae. 
«.  Larvae  numerosae  ad  paginam  externam  blastocystidis. 
2.  Capat  tetragonum,  prominentia  terminali  armata,  acetabulis 
quatuor  angularibus.     Collum    depressiusculum;    caput    cum   collo 
in  blastocystidem  retractile.  Blastocystis  subglobosa.  In  Mammalium 
cerebro,  rarius  in  organis  aliis. 

Status  perfectus:  Taenia  Coenurus  sp.  48. 

25* 


360  D  i  esi  ng. 

ß.  Larvae  numerosae  ad  paginam  internam  blastocystidis. 
3.  Caput  variabile,  prominentia  armata,  acetabulis  quatuor  cru- 
ciatim  oppositis.  Collum  obovatum  variabile.  Blastocystis  subglobosa. 
In  Hominis  et  Mammalium  visceribns  variis. 

Status  perfectus  :  Taenia  Echinococcus  sp.  49. 
De  larvis  metageneticis,  quarum  Status  perfectus  hactenus  ignotus  est, 
confer  expositioneru  ad  finem  Taeniarum. 

TRIBUS  II.  CYCLOCOTYLEA  PROCTUCHA. 

Acetabula  quatuor  in  capitis  latere  infero  sita.  Tiactus  cibarius 
simplex  hinc  ore  illinc  ano  terminatus.   Sexus  discretus. 

Familia  XIII.  Hypoeotylea*  Forma  typica  hucusque 
ignota. 

TRIBUS  I.    CYCLOCOTYLEA  APROCTA. 

Acetabula  4  aut  8  opposita.  —  Nee  tractus  cibarius  proprius, 
nee  anus.  —  Androgyna. 

Familia  XI.  Tetracotylea.  Dies.  Corpus  articulatum. 
Caput  corpore  continuum  vel  collo  discretum,  acetabulis  quatuor 
per  paria  vel  singillatim  oppositis.  Bothria  nulla,  rarissime  4  auxi- 
liaria  ad  collum  sita.  Aperturae  genitalium  marginales,  rarius  late- 
rales. In  Hominis  et  animalium  vertebratorum,  praeprimis  Mammalium 
et  Avium  intestinis.  Evolutio  directa(?)  vel  per  metagenosin. 

XXXII.   TAENIA  i)    LINNE. 

Vesicaria  Pallas.  —  Alyselminthus  et  Halysis  Zeder.   —  Fimbriaria  Frölieh.  — 

Rhytelminthus  Olfers.  —  Anoplocephaia  Blanchard.  —  Hymenolepis,  Proteo- 

cephalus,  Taeniarhynchus,  Echinococcifer   Weinland. 

Corpus  plano-depressum,  taeniaeforme,  rarissime  teretius- 
culum,  transverse  plicatum  vel  articulatum.  Caput  corpore  conti- 
nuum vel  collo  discretum,  subglobosum  vel  tetragonum,  acetabulis 
quatuor  per  paria  vel  singillatim   oppositis.    Os  terminale  in  fundo 


i)  Dispositio  specierum  generis  Taeniae  hujus  loci  non  ab  illarum  similitudiae  reci- 
proca  sed  ab  affinitate  animalium  in  quibus  oecurrunt  petita  est;  hoc  modo  conspec- 
tus  praesentiae  Taeniarum  in  diversis  Vertebratorum  classibus  et  simul  varii  modi 
evolutionis  horum  vermiuin  obtinetur. 

Species,  in  quibus  myzorhynchus  est  retraetus,  vel  quarum  eoronula  uncinulis 
fugaeibus  jam  denudata  est,  vel  quae  articulis  carent  perfecte  evolutis,  exti  icatu 
difficillima. 


Revision  der  Cephalocotyleen.  Abtheilung:  Cyclocotyleen.  » j  O  1 

cupulae  vel  in  apice  prominentiae  conicae  inermis  vel  armatae  aut 
in  apice  proboscidis  suctoriae  s.  myzorhynchi  protractilis  inermis 
vel  armati  »)•  Aperturae  genitalium  marginales  secundae,  alternae 
aut  oppositae,  rarissime  laterales.  —  In  Hominis  et  animalium  verte- 
bratorum  praeprimis  Mammalium  et  Avium  tractu  intestinalis  rarissime 
in  vesica  (ellea.  —  Evohäio  diieeta(?)  aul  per  metagenesin  2). 

Status  larvae  metageneticae:  Blastocystis  utricularis  vel  subglobosa, 
liquore  limpido  turgida,  rarius  compressa,  vel  larvam  unicam  vel  plures  in 
pagina  sua  externa  vel  larvas  numerosas  in  pagina  sua  interna  producit. 
Caput  larvarum  subglobosum  vel  tetragonum,  acetabulis  quatuor  oppositis  et 
cupula  vel  prominentia  conica  terminali  instructum  simulque  uncinulorum 
coronula  duplici,  rarius  simplici  vel  triplici  cincta  vel  nulla  est  exornatum. 
Collum  breve  in  larvis,  ad  paginam  externam  blastocystidis  exortis,  cum  capite  in 
eam  retraetile.  —  In  Hominis3),  Mammalium  et  quidem  praeprimis  Ruminan- 
tium,  Pacbydermatum  (Suum),  rarius  Simiarum,  Carnivororum,  Insectivororum 
vel  Rodentium  organis  variis,  excepto  tractu  cibario;  rarissime  in  Avium  cavo 
abdominis. 

Conspectus  formarum  principalium  larvarum  per  metagenesin  ortarum. 

Blastocystis,  ex  (ransformatione  embryonis  orta,  extus  aut  intus  gemmi- 
para. 

I.  Blastocystis  extus  gemniipara  (ectoblastocystis)  in  superficie  sua  lar- 
vam  solummodo  unam  vel  numerosas  producit. 

a.  Blastocystis  larvam  solummodo  unam  producit  (ectoblastocystis 
monocampa.  Cysticercus,  Acantbothrias  et  Piestocystis  Aue- 
tor u  m). 


*)  Proboscis  suetoria  s.  myzorbynebus  Cephaloeotyleorum  Organum  identicum  est  cum 
proboseide  Acauthocephalorum. 

2J  De  ovulorum   testa   dura  Taeniarum  metagenesi  subjeetarum  confer   Weinland:   in 
Nov.  Act.  Nat.  Cur.  XXVill.  1861. 

s)  Larvae  Cyclocotyleorum,  metagenesi  ortae,  in  corpore  humano  nonnisi  casu  in- 
opinato  oecurrunt,  nee  ulteriorem  nietamorphosim  subeunt.  Nam  quodsi  Taeniae 
Solium  ovula  vel  eoruin  einbryoues  prorepti  quodain  casu  in  intestina  hominis 
delati  fuerint,  eorum  parietes  raox  aggrediuntur  ac  his  perforatis,  in  alia  Organa 
ejusdem  individui  inimigrant.  Larvae  ex  his  embryonibus  enatae  tune  solmn  per- 
feetam  evoliitionem  atüngerent,  quodsi  earo  humam  larvis  iufestata  ventriculum 
et  intestina  hominis  ingrediretur ,  quod  apud  anthropophagos  solum  contiugere 
facile  iutelliges.  Idem  |>artim  valet  de  Taeniae  Echinococci  larvis,  haud 
raro  ac  magno  saepe  numero  in  corpore  humano  oecurrentibus ,  quum  larvae 
suminum  evolutionis  suae  fastigium  tunc  solum  nansiseerentur ,  dummodo  caais 
cadavere  hominis  Echinococcis  exeruciati  paseeretur :  quo  in  casu  et  quidei 
rarissimo,  ulterior  earum  evolutio  in  animal  perfectuiu  in  intestinis  canis  pro 
grediretur. 


ein 


362  Diesing. 

1.  Blastocystis  e  transformatione  embryonis  orta,  liquore  repleta,  trans- 
parens,  subglobosa,  ovalis,  transverse  elliptica  vel  subcylindrica.  Caput  larvae 
terminale  quadrangulare ,  acetabulis  quatuor  angularibus,  antice  in  conulum 
brevem,  (rostellum  A  uctor.)  elevatum,  uneinulorum  eorona  duplici,  rarissime 
triplici  einetum.  Os  in  apice  conuli  capitis;  eaput  cum  collo  in  blastoeystidem 
retraetile. 

Evolutio  larvae:  Blasfocystidis  pars  antiea  intussuscipitur  et  ad  fun- 
dum  intussusceptionis  ex  gemma  oritur  larva,  demum  eversa. 

Alius  modus  propagationis  interdum  occurrens  est:  per  cystides  seeun- 
darias  (deuterocystides,  paidoeystides,  Tochterblasen)  prolificatione  ad  pstginam 
externam  vel  inlernam  partis  posterioris  vesieae  matricis  (protocystldis,  metro- 
cystidis,  Mutterblase)  ortas  cum  vel  sine  larvis. 

In  Hominis,  animalium  ruminantium  et  Pachydermatum,  rarius  Simiaruin , 
Carnivororum,  Insectivororum  vel  Rodentium  organis  variis,  praesertim  hepate, 
peritoneo,  pleura,  mesenterio,  in  cerebro,  in  corde,  inter  musculos,  erratice  in 
camera  anteriore  oculi,  sub  conjunctiva,  nee  non  in  vesica  urinaria,  libere  vel 
folliculo  inclusa.  (Cysticercus  et  Acanthotrias). 

2.  Blastocystis  e  transformatione  embryonis  orta,  liquore  repleta,  trans- 
parens,  primum  subglobosa  dein  oblonga.  Caput  larvae  terminale  subglobosum 
acetabulis  quatuor  et  cupula  aeetabuliformi  terminali,  echinorum  deeiduorum 
coronula  simplici  cineta;  caput  cum  collo  in  blastoeystidem  retraetile.  — 
Vasa  longitudinalia  quatuor  antice  in  annulum  vascularem  cupulam  cingentem 
inserta. 

Evolutio  larvae  simili  modo  quam  in  praecedentibus. 

Inter  musculos  praesertim  thoracis  et  colli  Vitulorum ,  cum  artieulis 
Taeniae  medioeanellatae ,  ovula  matura  includentibus,  pastorum.  (Cysticercus 
Taeniae  medioeanellatae.) 

3.  Blastocystis  depressa  oblonga,  utplurimum  transverse  rugosa,  trans- 
parens,  marginibus  integris,  crenulatis  vel  crispatis.  Caput  larvae  terminale 
subtetragonum,  acetabulis  quatuor  angularibus  vel  lateralibus  oppositis,  conulo 
uneinulorum  Corona  simplici  cineto  vel,  nee  conulo,  nee  uneinulorum  eorona 
instruetum;   caput  cum  collo  brevi  in  blastoeystidem  retraetile. 

Evolutionis  larvae  modus  ignotus. 

Multiplieatio  interdum  fit  per  prolificalionem  in  pagina  externa  partis 
posticae  blastocystidis  obtinentem. 

In  Quadrumanum,  Bodentium  et  Carnivororum  cavo  pectoris  et  abdomi- 
nis,  rarius  in  Avium  cavo  abdominis  et  ad  pulmone«,  libere  v.  folliculo  inclusae. 
(Piestocystis.) 

,3.  Blastocystis    larvas  numerosas  producit    (ectoblastocystis   pol y- 
campa.  Coenurus  Auctorum). 

4.  Blastocystis  e  transformatione  embryonis  orla,  liquore  repleta, 
Iransparens,  subglobosa,  pagina  sua  externa  larvas  numerosas  per  gemmifica- 
tionem  producens.  Caput  larvarum  tetragonum  acetabulis  qua/uor  angularibus, 


Revision  der  Cephalocotyleen.  AKtheiluiig:  Cyclocotyleen.  363 

antice  in  conulum  brevem  (rostellum  Auetor.)  elevatum,  uncinulorum  Corona 
duplici  oinclum.  Os  in  apice  conuli  capitis;  capita  cum  collis  in  blastocystidem 
retractilia. 

Evolutio  larvae:  ßlastocystidis  pagina  externa  plurimis  locis  intussus- 
cipitur  et  ad  fundum  cujuslibet  intussusceptionis  ex  gemma  oritur  larva,  demum 
eversa. 

Multiplicatio  blastocystidis  interdum  fit  per  partitionem  spontaneam 
ope  stricturae. 

Num  larvae  interdum  sponte  deciduae  in  blastocystidem  secundariam, 
num  in  locum  opportunum  delatae  ,  in  animalcula  perfecta  excrescant,  obser- 
vationibus  directis  bucusque  deficientibus,  adhuc  incertum. 

Blastocystis  plerumque  solitaria  occurit  in  Mammalium,  praesertim  Rumi- 
nantium,  ventriculis  cerebri,  rarissime  et  tunc  solummodo  erratice  in  spina  dorsali, 
folliculo  membranaceo  inclusa,  serius  quandoque  libera. 

II.  Blastocystis  intus  gemmipara  ad  paginam  suam  internam  larvas 
numerosas  producit  (endoblastocystis  polycampa).  (Echinococcus  Auetor.) 

5.  Vesica  liquore  limpido  repleta,  intus  gemmipara.  Vesica  duplicis 
originis;  vesica  primaria  (jprotoeystis,  s.  metroeystis,  Mutterblase  Bremser), 
ex  transformatione  embryonis  direeta,  vesica  secundaria  {deuteroeystis  s. 
paidoeystis,  Tochterblase  Bremser),  minime  ex  transformatione  embryonis 
sed   alio  modo  oritur. 

Caput  larvarum  subglobosum  acetabulis  quatuor  instruetum,  antice 
in  conulum  brevem  (rostellum  Aucto  r.)  elevatum  uncinulorum  Corona  duplici 
est  cincium.    Os  in  apice  conuli  capitis. 

Evolutio  ex  protoeystide  duobus  stadiis  absolvilur. 

In  stadio  primo  s.  Mio  ante  evolutionem  larvarum  (Acephalocystidibus 
Laennec)  vesica,  diametri  VW"  usque  ad  magnitudinem  cerasi  aueta, 
cuticulam  stratis  eoncentricis  contextam  offert,  cujus  pagina  interna  mem- 
brana  germinativa  granulosa  ac  reticulo  denso  massae  homogeneae  instrueta 
vestitur,  liquorem  limpidum  in  cavo  suo  centrali  recludit.  Versus  finem 
hujus  stadii  pagina  interna  membranae  germinativae  ciliis  vibrantibus  acute 
conicis  basique  inflatis  est  obsessa  et  in  cystidibus,  magnitudinem  cerasi 
attingentibus,  corpüscula  calcarea  in  pagina  interna  membranae  germinativae 
oceurrunt. 

In  stadio  seeundo  s.  evolutionis  larvarum  (Echinococcis  scolieiparienti- 
bus  Küchenmeister)  vesica  magnitudinem  nueis  avellanae  majoris  vel  nucis 
juglandis  minoris  utplurimum  est  naeta.  Granula  membranae  germinativae 
variis  locis  accumulata  prominentias  sensim  elongatas  subclavatas  breve  pedicel- 
latas,  extus  ciliis  vibrantibus  obsessas,  produeunt.  Haec  prominentiae  ulterius 
memhrana  interna  indutae  ac  liquore  repletae  capsulas  germinativas,  (Brutkapseln 
Leuckart,  Nestblasen  E schriebt)  formant.  Ad  paginam  internam  (teste 
Naunyn),  externam  (fideHuxley  et  Leuckart),  sensim  evolvitur  gemma 
clavaeformis  vel  pyriibrmis  breve  post  in  larvam  transformata,  quae  tunc 
extremitate  sua  libera  collaii  annuliformi  cineta  et,  retro  collare,  echinis  de- 
eiduis  in  series  plures  transversales  dispositis  armata  cernitur.  Echini  serierum 


364  D  i  e  s  i  n  ff. 

duarum  anteriorum  demum  in  uncinulos  coronae  duplicis  trän s forma ntur.  Unci- 
nuli  capitis  32—50.  Acetabula  primum  plana  demum  concava,  limbo  callosö. 
Larva  dein  non  immediate,  sed  ope  styli  brevis,  capsulae  germinativae  insidet. 
Viisa  duo  styl  um  cavum  pereurrentia ,  extremitate  anteriore  in  larvam  con- 
tinuantur,  ubi  singula  in  Fantos  duos  divisa,  vasis  capillaribus  intus  ciliis 
vibrantibus  instructis  juncta,  pone  coronam  uncinulorum  annulum  vascu- 
larem  efl'ormant,  extremitate  vero  sua  postica  paginam  externam  capsulae 
germinativae  ,  imo  mediante  stylo  paginam  internam  vesicae  matricis 
petunt.  Corpuscula  calcarea  magis  magisque  copiosiora  adparent.  Larvae 
juveniles  intus  cavae  interdum  evertuntur,  quo  fit  quod  pagina  interna 
nunc  exterior  redditur,  et  tunc  extremitate  libera  in  cavum  vesicae  matricis 
prominent.  In  larvis  magis  provectis  nonnunquam  intussuscipitur  pars  an- 
terior in  partem  posteriorem  inflatam,  tunc  supra  anteriorem  retractam 
clausam. 

In  Capsula  germinativa  primum  gemma  unica,  bac  provectiore,  tunc 
secunda,  demum  tertia  et  sensim  plures  in  vario  evolutionis  gradu  versantes 
prostant. 

Alius  modus  propagalionis  est  deuterocystidibus  s.  bydatidibus  illis, 
quae  magno  saepe  numero  haud  raro  in  liquore  protocystidum,  pomi  magni- 
tudinem  attingentium,  occurunt  ac  protocystidibus  juvenilibus  simillimae  sunt. 
Deuterocystidum  ortus  triplex: 

Evolutio  ex  larvis:  In  protocystidibus  larvae  vel  libere  in  liquore  vesicae 
natantes  vel  in  Capsula  germinativa  inclusae  interdum  forma  mutantur  ac  per 
metamorphosin  retrogradam  in  hydatides  secundarias  transformantur. 

Evolutio  deuterocystidem  e  capsulis  germinativis:  Membrana  hyalina 
cavuin  centrale  capsulae  germinativae  vestiens  in  cuticulam,  stratis  concentricis 
contextam,  transformatur  et  larvae  intra  capsulam  jam  formatae  resolvuntur. 
Hydatis  secundaria  ita  formata  a  membrana  germinativa  mox  separatur.  — 
Interdum  cavum  centrale  capsulae  germinativae  strictura  in  cava  duo  sepa- 
ratur et  nunc  in  cavo  uno ,  nunc  in  ambobus  hydatis  secundaria  formatur; 
non  raro  in  hydatidibus  secundariis,  Capsula  germinativa  adliuc  inclusis, 
larvae  cuticula  munitae  occurrunt ,  ex  quibus  probabiliter  hydatides  tertiariae 
prodire  videntur. 

Evolutio  deuterocystidum  directa  e  protocystidis  membranae  germina- 
tivae pagina  externa:  Hydatides  secundariae  inter  cuticulae  strata  occu<runt, 
(secundum  cl.  Naunyn)  nee  in  cuticula  ipsa  (quod  cel.  viri  Kühn, 
Lövinson  et  Leuckart  opinati  sunt),  sed  in  diverticulis  membranae  ger- 
minativae protocystidis  in  cuticulam  protractis,  vel  inter  plicas  conglutinalas 
protoeystidum  collapsarum  enaseuntur.  Hydatides  illae,  demum  magnitudinem 
pisi  haetae,  strata  relaxata  cuticulae  protocystidis  rumpunt  ac  hac  via  nunc 
in  ejus  superficiem  externam  (fide  Leuckart)  perveniunt  vel  ejus  cavum 
intrant. 

Ortum  hydatidum  tertiariarum  ex  intussuseeptione  et  constrictione  pa- 
rietis  hydatidum  seeundariarum  obsei'vasse  cl.  Eschricht  affirmat. 


Revision  der  Cephaloootyleen.  Abtheilung ':  Cyclocotyleen.  365 

Denegat  el.  Naunyn,  larvas  e  deuteroeystidibus  orlas  forma  ac  un- 
cinuloi'um  numero  differe  ab  Ulis,  e  protoeystidibus  orlis,  quod  cl.  Küchen- 
me ister  contendebat. 

Endoblastocystides  polycampae  in  Hominis  ,  Siniiarum  ,  Ruminantium, 
rarius  Pachydormatum  visceribus  variis ,  praesertim  hepate  ef  pulmonibus, 
vel  erratice  in  cerebri  ventriculo,  inter  retinam  et  choroideam ,  obviae, 
plerumque  numero  plure-s  in  folliculis  membranaceis  inclusae  occurrunt, 
rarius  liberae. 


Taeniarum  larvae  cum  blastocystide  in  aliorum  auimalium  praesertim 
carnivororum  tractum  cibarium  cum  alimentis  translatae,  dissoluta  blastocystide 
in  animalia  perfecta  evolvuntur. 

Larvae  generis  memorati  praesertim  animalia  herbivora  domestica,  nee 
non  raro  animalia  tarn  berbivora  quam  Carnivora  theriotrophiis  inclusa  infe- 
stant.  Constat  ex  observationibus  cl.  Joh.  Natterer,  indefessi  Helminthum 
collectoris  ac  peregrinatoris  in  Brasilia,  qui  spatio  18  lere  annorum,  quo 
degebat,  animalium  sane  millena  in  hanc  finem  examinavit,  numerum  Taenia- 
rum jam  perfecte  evolutarum  ibidem  longe  multo  esse  majorem  quam  lar- 
varum,  quas  nonnisi  sub  Cysticercorum  forma,  attamen  rarissimas,  oecurrentes 
vidit. 

Conspectus  dispositionis  specierum  huc  speetantium. 

SUBGENUS  I.  ARHYNCHOTAENIA.  Myzorhynchus  nullus.  Os  nunc 
in  fuiido  cupulae  capiti  immersae  vel  proininulae,  inermis  vel 
annatae,  nunc  in  apice  proininenliae  capitis  inermis  vel  armatae 
eollocatum. 

a.  Osin  fundo  cupulae  inermis  vel  armatae. 
*  Cupula  inermis  sp.  1 — 37. 
**  Cupula  armata  sp.  38  —  39. 
ß.  Os  in  apice  prominentiae  capitis  inermis  vel  armatae. 
*  Prominentia  capitis  inermis  sp.  40. 
**  Prominentia  capitis  armata  sp.  41 — 57. 

Sl'BGENUS  II.  RHYNCHOTAENIA.  Os  in  apice  myzorhynohi  pro- 
traclilis  inermis  vel  armati. 

a.  Os  in  apice  myzorbynchi  inermis  sp.  58 — 71. 

ß.  Os  in  apice  myzorbynchi  armati  sp.  72 — 124. 

Species  inquirendae  1 — 9. 


366  D  i  e  s  in  £. 

SUBGENUS  I.  ARHYNCHOTAENiA.  Os  nunc  in  fuiido  cupulae 
capiti  antice  immersae  vel  prominulae,  inermis  vel  armatae, 
nunc  in  apice  prominenliae  capitis  conicae  inermis  vel 
armatae. 

a.  Os  in  fundo  cupulae  capiti  antice  immersae  vel  prominulae,  inermis  vel 
armatae  —  Hominis,  Mammalium ,  rarius  Avium  et  Piscium,  rarissime 
Amphibiorum    endoparasita.  —  Evolutio   metagenetica    solummodo  in  Homine 

cognita. 

*  Cupula  inermis. 

1.  Taenia  mediocaoellata  KÜCHENMEISTER. 

Caput  magnum  cupula  terminali  >),  acetabulis  anticis  magnis 
plerumque  nigrescenfibus.  Collum  subnullum.  Articuli  anteriores 
exquisite  emarginati,  triplo  latiores  quam  longi,  posteriores  usque 
ad  triplum  vel  quadruplum  longiores  quam  lat».  Aperturae  genita- 
lium  magnae,  tumidulae,  marginales,  irregulariter  alternantes,  in 
posteriore  articuli  parte.  Penes  laeves,  falciformes.  Longit.  ad  12', 
longit.  articul.  primorum  l/2'",  subsequentium4i/3 —  7'",  posteriorum 
1  —  li/V';  latit.  articul.  prim.  i1/^",  subsequentium  5  —  S1/^", 
poster.  3— 4"'. 

Uterus:  canalis  rectus  crassus  in  medio  articulorum,  ramis  lateralibus 
20 — 35,  indivisis  vel  diehotomis.  Nomen  a  forma  uteri  a  cl.  auctore  depromptum. 
—  Ovula  ovalia,  lesta  dura. 

Bruce:  Voyage  enNubie,  enAbyssinie  pendant  les  annees  1768 — 1773  trad. 
d.  l'angl.  Paris  1791  IX.  117  (Taeniarum  ortus  copiosus  e  carne 
cruda  vulgo  consumta). 

Taenia  dentata  Nicolai?  in  Amnions  N.  Zeilschr.  f.  Natur-  u.  Heilk.  I.  464. 

Taenia  solium  Bremser:  Lebende  Würmer  97 — 198  partim  Tab.  III. 
(solummodo  Fig.  13  et  14).  —  Knox:  in  Froriep's  Notizen  1822, 
122.  (De  Taeniarum  apparitione  frequentissima  in  Cafraria  e  carne 
bovium  exhaustorum  comesla.)  —  Aubert:  Menioires  sur  les  substances 
anthelminthiques  usilees  enAbyssinie  in  Mein,  de  l'Acad.  Roy.  de  Med. 
IX.,  (1841)  698  (de  frequentia  Taeniarum  ex  abusu  carnis  crudae 
comestae).  —  Wawruch :  in  Jahrb.  d.  österr.  Staates  1841,  142  exe. 
inWiegm.  Arch.  363  (generalia)  —  et  ej.  Prakt.  Monogr.  d.  Bandwurm- 
krankh.  1844,  34  (Taenias  solummodo  inermes  observavit).  —  Bocket 


i)  De  cupula    terminali    Taeiiiae  mediocanellatae    adurtae  confer    Lcuckatt:   Meuschl. 
Parasit.  I.  411. 


Revision  der  Cephalocof yleen.  Abtheilnng;  Cyclocotyleen.  OO T 

d'Hericourt:  Second  voyage  sur  les  deux  rives  de  la  mcr  rouge  1846. 

—  Ferret  et  Galinier :  Voyage  en  Abyssinie  1847.  il,  109.  —  Weisse: 
in  Journ.  f.  Kinderkrankh.  XVI.  1851,  384  (de  praesentia  Taeniarum 
in  infantibus  cum  earne  bovina  cruda  nutriti«,  Petropoli;  observationes 
similes  et*am  in  Germania  el.  Harnier,  Schmidt  et  Leuckart  fecerunt. 
Leuck.  Menschl.  Parasit  I.  293).  —  Seeger :  Die  ßandw.  des  Menschen 
1852.  15.  Tab.  I.  (solummodo  (ig.  5  et  7).  —  Anderson  et  Gordon, 
inMedic.  Times  and  Gaz.  1857,  N.  357;  Mat.  et  Pharmaceutical  Journ. 
andTransact.1858.XVH.409.  —  Leuckart  in  TroscheTs Arch.  1858. 
II.  127  (Praesentia  Taeniae  in  militibus  Indiae  orientalis  ex  observa- 
tionibus  cl.  virorum  Anderson  et  Gordon  a  victu  animali  dependet). 

—  Barclay:  in  Medic.  Times  1859.  March.  26;  extr.  Leuckart:  in 
Trosch.  Arch.  1860,  II.  139  (de  nexu  inter  Taeniae  praesentiam  et 
nutritionem  cum  earne  cruda  vel  semieruda  versante).  —  Karschin : 
in  Petersb.  med.  Ztg.  1861.  366  (de  praesentia  frequentissima  Tae- 
Diarum  apud  Buraetos  earne  cruda  Boum,  Ovium,  Camelorum  et  Equo- 
rum  nutritos.  —  Daeaine  Traife  des  Entozoaires  XXX  et  9t — 92 
(notitiae  de  origine  Taeniarum  in  infantibus  cum  earne  bovina  cruda 
nutritis). 

Ndak--   Tutschek:  Medic.  Zustände  in  Tumale  15. 

n 

Dothriocephalus  fropicus  Schmidimüller :  in  Hannoversche  Annal.  Jahrg. 
VII.  1847.  Heft  5  et  6,  602. 

Taenia  lata  Pruner:  Krankheiten  des  Orientes  1847,  245.  —  Tutschek: 
in  Ausland  1853.  N.  2. 

Taenia  humana  inermis  Brera(?J  Lezioni  12.  Tab.  I,  4,  5,  7,  9,  12 — 15 
(ic.  Bonn);  ej.  Mem.  81.  Tab.  I,  15  et  16.  —  Knock:  in  Mem.  Acad. 
St.  Petersb.  7  ser.  V.  1862,  131. 

Taenia  mediocanellata  Küchenmeister:  in  Deutsche  Klinik  1852.  9.  —  Idem 
in  Prager  Vierleljahrschr.  et  ej.  Cestoden  1853  107  —  120  et  126. 
Tab.  I.  5,  12,  13;  Tab.  II,  3-  6;  Tab.  III,  1—3,  5-6.  (Vermis  et  ejus 
partes).  —  Idem  Parasit.  I,  88-93.  —  Beneden  in  Bullet.  Acad.  Bel- 
gique  1856;  Institut  1856.  229.  —  Leuckart:  Blasenbandw.  1856, 
65—66.  —  Bilharz:  in  Zeitschr.  Gesellsch.  Ärzte  Wien  1858,  I,  28 
(de  Taenia  inermi  Aelhiopum  et  Abyssiniorum).  —  Weinland:  Essay 
on  theTapeworms  40  c.  fig.  —  Idem  in  Correspondenzbl.  d.  wüiitemb. 
ärztl.  Vereines  XXIX.  1859,  31  et  in  Trosch.  Arch.  1859  II.  177  et 
1860.  II.  140.  —  Gervais  et  Beneden:  Zool.  medic.  II,  242  -  243.  — 
Davaine :  Traite  des  Entoz.  1860.  XXX.  c.  fig.  —  Beneden:  Iconogr. 
des  Helminthes  1860.  Tab.  II.  1 — 6.  —  Mosler:  Helminthologische 
Studien  und  Beobachtungen  1864,  1 — 22  (de  differentiis  speeificis 
inter  T.  mediocanellatam  et  T.  solium). 

Taenia  Laverlachere :  in  Annal.  de  la  propagat.  de  la  foi  1852,  Jan. 


368  D  i  e  s  i  n  g. 

Taenia  (Cystotaenia)  mediocanellata  M.  Leuckart:  in  Nachrichten  v.  d. 
G.  A.  Univers.  u.  k.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  zu  Göttingen  1862.  15. 
—  Idem:  Mensehl.  Parasit.  I.  224  et  285—306  c.  fig.  xylogr.  et  748 
(de  Taeniis  apud  Buraetos)  749. 

Taenia  solium  var.  mediocanellata  Diesingi  in  Sitzungsb.  d.  k.  Akad.  XIII. 
1854.  614. 

?Taenia  vom  Cap  der  guten  Hoffnung  Küchenmeister:  Parasiten  I.  93.  — 
Weinland:  in  Trosch.  Arch.  1859,  I.  278  (num  varietas  vel  mon- 
strositas  Taeniae  solium  vel  T.  mediocanellatae?). 

Taeniarhynchus  mediocanellatus  Weinland:  in  Nov.  Act.  Nat.  Cur.  XXVIII. 
1861.  18  (de  ovulorum  testa  dura  et  de  differentia  a  Taenia 
solium. 

Statu  larvae:  Caput  subglobosum,  acetabulis  quatuor  et 
cupula  acetabuliformi  terminali  (rostello  Leuck.),  limbo  coro- 
nula  echinorum  deciduorum  simplici  cincta.  Collum  transverse 
nigosum.  Blastocystis  primum  subglobosa,  dein  oblonga.  Longit. 
capitis  cum  collo  ultra  1  i/a  —  2"',  longit.  blastocyst.  l'/3 — 4'"; 
latit.    i/3'". 

Vasa  longitudinalia    quatuor    larvae     antice    in    annulum    vascularem 
inserta. 

Cysticercus  Taeniae  mediocanellatae  Üavaine:  in  Compt.  rend.  L.  (1860), 
367  (Cl.  Küchenmeister  conjectura  de  larva  in  sue).  —  Huber:  in 
Bericht  des  naturhist.  Vereines  in  Augsburg  1860.  27  (opinio  de 
praesentia  Cysticerci.  Taeniae  mediocanellatae  in  Bove  Tauro).  — 
Leuckart:  in  Trosch.  Arch.  1861.  II.  279  (de  Cysticerco  Taeniae 
mediocanellatae  e  musculis  et  visceribus  vitulorum).  —  R.  Leuckart: 
Mensehl.  Parasiten  I.  291  —  297,  406  —  414  (de  evolutione),  747 
(novum  experimentum),  et  748  (de  opinione  circa  larvam  a.  cl. 
Küchenmeister  exposita.  —  Mosler  I.  s.  c.  1 — 22,  Tab.  I,  II  (de  larvis 
Iranslatione  ovulorum  cum  articulis  Taeniae  mediocanellatae  Hominis 
in  vitulo  ortis). 

H  a  b  i  t a  c  u  I  u  m.  Statu  perf'ecto :  Homo :  in  A ustria  (B  r  e  m  s  e  r 
et  Wawruch),  in  Hollandia,  Saxonia,  Würtembergia  et  ad  littora 
maris  baltici  et  gennanici  (Kücb  en  meist  er),  in  Dania  (Krabbe), 
Francoforti  ad  Moenum  (Schmidt),  Petropoli:  in  infantibus  cum 
carne  bovina  cruda  nutritis  (Weisse),  in  Belgia  (Beneden),  in 
Francogallia  et  Syria  (Davaine),  in  Buraetis  ad  laeiun  Baikal 
habitantibus,  Irkutzkiae  (Karscbin),  in  India  orientali  (Ander- 
son  et  Gor don),    in  Batavia  in  Aethiopis   (Scbmidtmüller), 


Revision  der  Cephalocotyleen.  Abtheilung-:  Cycloeotyleen.  369 

per  totam  Abyssiniam«  abunde  sed  solummodo  in  Hominibus  carne 
cruda  nutritis,  nun  quam  in  illis  carnem  crudam  respuentibus(B  ruc  e, 
Ro  eher  d'Hericourt,  Ferret  et  Galin ier  et  pl.  alii),  in  Africa 
centrali  apud  Tu  malus,  quibus  Ndak-f,  audit  teste  Djalo 
Djodan  Are  apud  Tutschek,  in  montibus  Syriae  prope  Aleppo, 
in  montibus  Assir  in  Arabia,  in  Ahyssinia  et  in  regionibus  a  stirpe 
Aethiopica  inhabitatis.  frequens,  numquam  in  Egypto  (Pruuer), 
in  Cafraria  (Knox),  ad  Promontorium  bonae  spei  in  Hottentotto 
(Rose),  in  Africa  australi  (teste  Leuckart),  in  America  boreali 
ad  littoria  lacus  Abbi  apud  aborigines  frequentissime  (Laver- 
löchere)  etiam  in  mulatto  (Weinland). 

Statu  larvae:  Bos  Taurus:  inter  musculos,  in  corde,  cerebro, 
capsulis  renalibus  et  ad  vasa  Iymphatica  vitulorum  cum  articulis 
Taeniae  mediocanellatae,  ovula  rnatura  includentibus,  pastorum 
(Leuckart),  inter  vituli  musculos  corporis,  diaphragmatis,  cordis, 
linguae  et  peritonei  (Mosler). 

Metatnorphosis  embryonis  in  blastoeystidem  larvigeram  intra  spatium 
trium  mensium  absolvitur  (teste  Leuckart:  Parasit.  I.  410);  tempus  evolutionis 
larvae  in  animal  perfectum  bueusque  ignotum. 

Var.  abietina  WEINLAND. 

Taenia  solium  var.  abietina  Weinland'.  Essay  on  tapeworms  of  man  43.  — 
Idem:  in  Trosch.  Arch.  1859.  I.  28  (sine  descript.)  —  Idem  in  Nov. 
Act.  Nat.  Cur.  XXV11I.  1861.  5  et  12—14.  Tab.  V.  18—20. 

Taenia  inediocanellata  Leuckart:  Menscht.  Parasit.  1.  289  c.  Rg.  xylogr. 

Habitaculum.  Homo:  in  Indico  (Chippeive)  lacus  supe- 
rioris  (Agassiz). 

Fragmentum  aeephaium  aliquot  pedum. 
Num  varietas,  num  species  propria? 

Taenia  tenella  PRUNER  nee  PALLAS. 

Apertur ae  genitalium  seeundae.  Longit.  6';  latit.  articul.  ulti- 
morum  3 — 3ya"'. 

Taenia  tenella  Pruner:  Krankh.  des  Orients  1847,  24S  (in  nota). 
Habitaculum.  Simul  cum  Taenia  lata  (T.  inediocanellata). 


370  Di  e  s  i  n  g. 

2.  (15)  Taenia  megastoma  *)  DIESING:  Syst.  Helm.  I.  503  adde: 
Idem:  in  Denkschr.  d.  k.  Ak.  XII.  33.  Tab.  V.  16—20. 

Habi  taculum.  In  Simiarum  Brasiliensium  intestinis. 

3.  Taenia  melanocephala  BENEDEN. 

Caput  cum  acetabulis  nigrescens.  Articuli  primi  collo  multo 
latiores.  Longit.  4y3". 

Taenia  melanocephala  Beneden:  Mem.  Vers  intest.  162. 

Habitaculum.  Simia  Maimon :  in  intestinis,  speeimen  unum 
(Beneden). 

4.  (11)  Taenia  litterata  BATSCH  —  DIESING.  Syst.  Helm.  I.  501 
adde: 

Molin:  in  Sitzb.  k.  Ak.  XXX.  (1858),  138  et  in  Denkschr.  XIX.  250.  — 
Leuekart:  Blasenbandw.  66  Anmkg.  (de  absentia  prominentiae  conicae 
capitis).  —  Idem:  in  Trosch.  Arch.  1859.  II.  177. 

Habitaculo  adde:  Canis  Vulpes :  in  intestino  tenui,  Martio, 
Patavii  (Mol in). 

5.  Taenia  ©ligarthra  DIESING. 

Caput  tetragonum,  cupula  terminali  limbo  circulari,  acetabulis 
lateralibus  in  dimidia  postica  capitis  parte.  Collum  capite  brevius. 
Articuli  corporis  3 — 4,  ultimus  ellipticus,  tota  longitudine  ovulis 
farctus.  Apertura  nna  genitalis  marginalis  in  anteriore  articuli 
ultimi  parte,  altera  ....  Longit.  total.  3/4 — i1/»'"  Iatit.  artic. 
Ultimi  i/3'". 

Taeniae  crassicollis  juvencula  Diesing:  Syst.  Helm.  I.  519  (in  nota  ad 
calcem  habitaculi). 

Taeniolae  Felis  concoloris  Leuekart:  Blasenbandw.  56. 

Habitaculum.  Felis  concolor:  in  initio  intestini  tenuis,  simul 
cum  Taenia  crassicolli  copiose,  Junio  in  Brasilia  (Natterer). 

Species  haec  numero  exiguo  articulorum  (3  —  4)  quam  maxime  ad 
Taeniam  Echinococcum  Canis  familiaris  et  T.  proylottinam  Phasiani  Galli 
accedit. 


1)  Id  quod  pridem   os  limbo  amplo  calloso  nominavi,  est  oris  vestibulum,   seu  cupula 
nonnullorum  auetorum,  capiti  antice  immersa ;  cesticillus  Molin. 


Revision  der  Cephalocotyleen.  Abtheilung:  Cyclocotyleen.  371 

6.  (16)  Taenia  angostata  RUDOLPH!  —  DIES1NG.    Syst.  Helm.  I. 
503  adde: 

Apertur ae  genitalium  laterales. 

Taenia  angustata  R.  —   Wedl:  in  Sitzb.  d.  kais.  Akad.  XVIII.  (1855),  23. 
Tab.  III.  42,  43. 

Habitaculum.  Meles  Taxus:  in  intestinis,  autumno 
(Bremser). 

7.  (8)  Taenia  omphalodes  HERMANN—  DIES1NG:  Syst.  Helm.  I. 
500  adde: 

Aperturae  genitalium  vage  alternae  (S  t  i  e  d  a). 

Taenia  omphalodes  Stieda:    in  Troseh.  Arch.  1862.  I.  200.  Tab.  VIII. 
1 — 4  (de  org.  genital,  et  illorum  evolut. 

Habitaculum.  In  Lemmorum  intestinis  —  Lemmus  arvalis: 
in  intestino  tenui  Dorpati  (Stieda). 

8.  Taenia  nmbonata  MOLIN. 

Caput  subglobosum,  cupula  obsoleta,  acetabulis  circularibus 
cruciatim  oppositis.  Collum  longuin  angustatum.  Corpus  retrorsum 
dilatatum,  articulis  supremis  quadratis,  posterioribus  oblongis,  im- 
bricato-perfoliatis,  ultimis  bacillaribus.  Aperturae  genitalium  mar- 
ginales vage  alternae.  Longit.  fere  3y8"  latit.  '/V". 

Taenia  umbonata  Molin:  in  Sitzb.  d.  k.  Ak.  XXX.  (1858),  138.  —  Idem: 
in  Denkschr.  XIX.  250.  Tab.  VI.  8,  9. 

Habitaculum.  Mus  Musculus :  in  intestino  tenui,  Novembri 
Patavii  (Mol in). 

9.  (13)  Taenia  pnsilla  GOEZE  -  DIESJNG:   Syst.   Helm.   I.    502 
adde: 

Leidy.  in  Proceed.  Acad.  Philad.  VII.  (1853),  443  et  VIII.  (1856),  46.  — 

Spencer  Cobbold:  in  Proceed.  Zool.  Soc.  London  1861,  119. 
Taenia  pusilla  Goeze?  Stieda:  in  Troseh.  Arch.  1862.  I.  205. 

Habitaculum.  Mus  decumanus:  haud  infrequenter  in  Penn- 
sylvania (Leidy). —  M.Rattus:  speeimen  ultra  20"  longum,  Janua- 
rio,  Londini  (Cobbold).  —  Lemmus  arvalis:  in  intestino  t^nui, 
Dorpati  (Stieda). 


372  Diesing. 

10.  (3)  Taenia  pectinata  GOEZE—  DIES.:  Syst.  Helm.  I.  498  adde: 

Bellingham:  in  Ann.  nat.  hist.  XIV.  318.  —  Diesing:  in  Sitzb.  d.  k.  Akad. 
XIII.  18S4,  602.  —  Leidy:  in  Proceed.  Acad.  Philad.  VII.  (1855),  443 
et  VIII.  (1856)  46. 

Anoploeephala  peetinata  Rlanchard:  in  Annales  des  sc.  nat.  3.  ser.  X.  346. 
Tab.  XI.  6  (juv.)  de  pull. 

Habitaculo  adde:  Lepus  Cuniculus  ferus  :  in  intestinis 
tenuibus,  in  Hibernia  (Bei  lingham) ,  Parisiis  (Blanchard).  — 
Lepus  sylvaticus:  in  intestino  tenui,  fragmenta  octo  in  America 
septentrionali  (Schafhirt). 

11.  Taenia  laticephala  LEIDY. 

Caput  magnum  antice  vix  prominulum,  acetabulis  oppositis, 
prominentibus  magnis  hemisphaericis.  Collum  breve.  Articuli  ante- 
riores breves  parallelepipedi ,  posteriores  subquadrati.  Apertur ae 
genitalium  marginales  alternae.  Penes  elongato-conici.  Longit.  7", 
latit.  max.  s/4'",  latit.  capit.  »/,'",  colli  */4"\ 

Taenia  laticephala  Leidy:  in  Praceed.  Acad.  Philad.  VII.  (1855),  443  et 
VIII.  1856.  46. 

Habitaculum.  Hystrix  dorsata:  in  intestinis  tenuibus,  in 
America  seplentrionali  (Leidy). 

12.  Taenia  tetragonocephala  BREMSER. 
Diesing:  in  Denkschr.  d.  k.  Ak.  XII.  34.  Tab.  VI.  1—5. 

Habitaculum.  Myrmecophaga  bivittata :  Junio  et  August o.  — 
M'  jubata:  Februario,  Martio,  Aprili  et  Octobri:  in  intestinis  tenui- 
bus, in  Brasilia  (Natter er). 

13.  Taenia  globiceps  DIESING : 

In  Denkschr.  d.  k.  Akad.  d.  Wissensch.  XII.  35.  Tab.  VI.  10—14. 

Habitaculum.  Tapirus  americanus :  in  intestinis  tenuibus, 
Aprili  et  Augusto:  in  Brasilia  (Natter er). 

14.  Taenia  decrescens  DIESING : 

In  Denkschr.  d.  k.  Akad.  XII.  34.  Tab.  6—9. 

Habitaculum.  Dicotyles  albirostris:  Julio.  —  D.  torquatus: 
Augu9to  :  in  intestinis  tenuibus,  in  Brasilia  (Natter  er). 


Revision  der  Cephaloeotyleen.  Abtheimng-:  Cycloeotyleen.  373 

15.  (6)  Taenia  perfoliata    GOEZE.  —  DIES.  Syst.   Helm.   I,    499 
adde: 

Cl.  Blatichard  individua  juvenilia  organis  genitalibus  nondum  evolutis 
observavit.  —  Embryo  antrorsura  uncinulis  sex  armatus,  retrorsum  angustatus. 
postice  furcatus  Wedl. 

Anoplocophiila  porfoliata  Blanchard:  in  Regne  anim.  nouv.  edit.  Zoopb. 
Tab.  XXXIX.  2  et:  in  Annal.  des  sc.  nat.  3.  ser.  X.  345  (de  syst.  nerv. 
et  de  pullis). 

Taenia  perfoliata  Goeze  —  Dies. :  in  Sitzb.  d.  k.  Ak.  XIII.  602.  —  Wedl: 
ibid.  XVI.  (18515),  398.  et  407.  Tab.  lb  5  (de  ovulis  et  de  embryone). 

Habitaculum:   Equi  Caballi  intestina. 

Capite  suo  quadrilobo  cum  Taenia gigantea  Peters  (sp.  40,  e  Rhino- 
ceronte)  typum  forfasse  generis  proprii,  jam  a  cl.  BI  anch  ard  nomine  Ano- 
plocephali  salutati,  format. 

16.  (10)  Taenia  fiuibriata  DIESING:  Syst.  Helm.  I.  501  adde: 
Idem:  in  Denkschr.  d.  k.  Ak.  XII.  32.  Tab.  V.  9—15. 

Habitaculum:  Cervorum  brasiliensium  intestina. 

17.  (1)  Taenia  expansa  RUDOLPHI.  —  Dies.  Syst.  Helm.  I.  497 
adde: 

Bellingham:  in  Ann.  nat.  hist.  XIV.  318.  —  Dies.:  in  Sitzb.  XIII.  602.  — 
Dressier:  in  Gurlt  et  Hertwig  Magaz.  f.  d.  ges.  Thierheilk.  XXI. 
1855.  238—241  (de  epizootia).  —  Leidy:  in  Proeeed.  Acad.  Philad. 
VII.  1855.  443. 

Habitaculo  adde:  Capra  Aries:  in  intestinis,  in  Hibernia 
(Bellingham).  —  Bos  Taurus:  in  intestino  tenui,  fragmentum 
bipedale,  in  Pennsylvania  (Leidy). 

18.  (21)  Taenia  perlata   GOEZE.  —   Dies.    Syst.    Helm.   I.    505 

adde: 

Taenia  margaritifera  Creplin:  in  Trosch.  Arch.  1851.  I.  282. 

Taenia  perlata  Goeze  —  Dies.:  in  Sitzb.  XIII.  602. 

Habitaculo  adde:  Falco  Milvus :  in  intestinis,  Junio. 
Gi-yphiae  (Crepli  n). 

19.  (24)  Taenia  globifera  BATSCH.  —  Dies.  Syst.  Helm.  I,  506 
adde: 

Molin:  in  Sitzb.  d.  k.  Ak.  XXX.  1858.  136.  —  Idem:  in  Denkschr.  XII. 
251.  (characf.  reform,  et  de  identitate  cum  T.  Flagello  Goeze). 
Sitzb.  d.  mathem.-naturw.  Cl.  XLIX.  Bd.  I.  Abth-  26 


374  D  i  e  s  i  ii  g. 

Habitaculo  adde:  Falco  rufus:  in  intestino  tenui,  Januario, 
Patavii  (Moli  n). 

Cel.  Rudolphi  in  nonnullis  individuis  hujus  speciei  ex  variis  animalibus 
lectis,  caput  sine,  in  aliis  cum  prominentia  (rostello  brevi)  observavit. 

20.  Taenia  pestifera  LEIDY. 

Caput  parvum  collo  coutinuum,  acetabulis  terminalibus ,   obli- 

quis,  parurn  promiuentibus ,   beinispbaericis,    ore   haud  prominulo. 

Collum  longum.  Articuli  cuneati,  anteriores  breves,  lati,  posteriores 

longiores.    Longit.  specim.  ex  Molothro   l'/3— 2",    latif.  max.  2/5'"; 

longit.  specim.  ex  Dolichonyce  41/8",  latit.  max.  3/3'". 

Taenia    pestifera  Leidy-.   in  Proceed.  Acad.  Philad.  VII.  (1855)  443  et 
VIII.  (1856)  46. 

Habitacul  um.  Molothrus  pecoris:  in  intestino  tenui,  speci- 
mina  tria  (ßaird).  —  Dolichonycv  oryzivora:  in  intestino  tenui, 
specimen  nnum  (Schafhirt),  in  America  septentrionali. 

21.  Taenia  Cantaniana  POLONIO. 

Caput  globosum,  cupuia  terminali  uinbunata,  acetabulis  eru- 
ciatim  oppositis  ob  majorem  capitis  molem.  Collum  nulluni.  Corpus 
retrorsum  dilatatum,  articulis  supremis  campanaefnrmibus,  scquen- 
tibus  campanaeforniibus  imbrieatis  trapezoidalibu*.  Aperturae  (jeni- 
talium  marginales.  Longit.  ad.  T". 

Taenia  Cantaniana  Polonio:  in  Lotos  1860.  22. 

Habitacul  um.  Meleagris  Gallopavo:  in  intestino,  O.tubri, 
Patavii  (Polonio). 

Haec  Taenia  in  speciminibus  Gallopavonis  13,  et  quod  excurrit,  in  Museo 
Caesareo  Vindobonensi  zoologico  dissectis,  numquam  reperta  fuit. 

22.  (36)  Taenia  microps  DIESING:  Syst.  Helm.  J,  510  add^: 

Taenia  tumens  Melius?  —  Creplin:  in  Erichs.  Aren.    1846.  I.    133   et 

1851.  I.  285. 
Taenia  microps  Diesing:  in  Sitzb.  d.  k.  Ak.  XIII.  1854.  603. 

H  a  h  i  t a  c  u  I  u  in :  In  intestinis  Tetraonis  Urogalli. 

23.  Taenia  calva  BAIRD. 

Caput  parvum  rotundatnrn  laeve,  acetabulis  ..  .  Collum  con- 
strictum.   Articuli  supreiui  angustissimi,  subsequentes  s^nsim  latio- 


Revision  der  Cephalocotyleen.  Abtheilung1:  Cyclocotyleen.  3 Tu 

res,  medii  septies  latiores  quam  longi,  demum  longitudine  in- 
creseente  et  subquadrati,  ultini  dnplo  fere  longiores  quam  lati, 
omnes  transverse  s'riati.  Longit.  ö1^",  latit.  capit.  x/ta,'"t  latit. 
max.  artic.  31/,'",  latit.  postiee  l/z'". 

Taenia  calva  Baird:  Catal.  Enloz.  Brit.  Mus.  83.  —  Idem  in  Proceed. 
Zool.  Soc.  London  1853.  24.  Tab.  XXX.  1  la  et  in  Ann.  nat.  bist. 
2.  ser.  XV.  (1855)  75. 

Habitacnlum.   Tetrao  scoticus :  in  intestinis  (Mus.  Brit.). 

24  (35).  Taenia  megalops  NITZSCH.  —   Dies.  Syst.  Helm.  I.  510 
adde: 

Molin:  in  Sitzb.  d.  k.  Ak.  XXX.  (1858)  138.  —  Idem:  in  Denkscbr.  d. 
k.  Ak.  XIX.  252. 

H  abitarui  u  m:  In  Anatidarum  Europae  et  Brasiliae  inte- 
stinis.—  Anas  Crecca:  in  cavo  abdominis,  Novembri,Patavii(Molin). 

25.  Taenia  sulciceps  BAIRD. 

Caput  tetragonum  magnum,  aeetabulis  anticis  angularibus  hemi- 
sphaericis  binis,  sulco  iuterposito  segregatis.  Collum  longum  laeve. 
Articuli  supremi  breves,  subsequentes  longiores,  infundibulifonnes, 
angusfi,  marginibus  undulatis,  crenatis.  Aperturae  genitalium  mar- 
ginales seeundae.    Longit.  fragmentorum  ad  13". 

Taenia  sulciceps  Baird:  in  Proceed.  Zool.  Soc.  London  1859.  111.  t.  56. 
f,  i\  lb  et  in  Ann.  nat.  hist.  3.  ser.  IV.  (1859)  240. 

Ha  bita  cul  um.  Diomedea  exulans:  in  intestinis  (Edw. 
Gerrar d)  Mus.  Brit. 

26.  Taenia  rotnndata  MOLIN. 

Cum  observatione  circa  evolutionem  organorum  genitalium  ante  corporis 
segmentationem. 

Taenia  rotundata  Molin :  in  Sitzb.  d.  k.  Ak.  XXXVIII.  (1859)  12.  Tab.  I.  1. 

Habitacnlum.  Podarcis  muralis :  in  intestina  tenui ,  Majo, 
Patavii  (Mol in). 

27    Taenia  lactea  LEIDY. 

Caput  parvum  collo  ßontinuum,  aeetabulis  anticis  angularibus 
bpmispbaericis.  Collum  medioeris  longitudinis.  Articuli  anteriores 
transverse  oblongi.  posteriores  longiores  quam  lati,  quadrangulares, 

26' 


376  Di  es  in  ff. 

angnlis  rotundatis.    Aperturae  genitalium   marginales  indistinctae. 
Longit.  16",  latit.  »/3'". 

Taenia   lactea  Leidy:  in  Proceed.   Aead.  Philad.  VII.  (1855),  444,  VIII. 
1856.  46. 

H  a  b  i  t  a  c  u  1 »  m  :  Tropidonotus  sipedon :  in  inteslinis;  in  Penn- 
sylvania (Leidy). 

28.  Taenia  dispar  GOEZE  —  Dies.  Syst.  Helm.  I.  511  adde: 

Beneden:  in  Compt.  rend.  1852,  2.  semestre  78H  et  in  Annal.  des  sc.  nal. 
3.  ser.  XX.  318.  —  Idem:  in  Bullet.  Aead.  Belgique  XX.  et  lnstit.  1854. 
N.  1059  (de  evolut.).—  Diesing:  in  Silzungsber.  d.  k.  Ak.  XIII.  1854, 
603  —  0.  Schmidt:  in  Halle  Abhandl.  V.  1  —  13;  et  in Zeitsehr.  für  die 
ges.  rWiirV.  Halle  1850,  430  —  Idem  ibid.  1855,  1  —  13.  Tab.  I,  II, 
(cum  anatom.  et  de  evolut.).  —  Leidy :  in  Proceed.  Aead.  Philad.  VII. 
(1855),  444  et  VIII.  (1856)  46  (de  identifateTaeniae  pulehellae  cum 
T.  dispaie).  —  Diesing:  in  Denkschr.  d.  k.  Ak.  XII,  24.  —  Beneden: 
Mein.  Vers  intest.  163.  Tab.  XXII.  4 — 15  (de  evolutione  jteculiari 
hujus  spcciei,  de  intmitu  emhryonis  in  corporis  pareuchyma,  de 
forma  emhryonis  et  ovulorum,nPc  non  de  vesicula  pulsatoria  in  ultimo 
articulo).  —  Molin:  in  Sitzungsber.  d.  k.Ak.  XXXIII.  293. —  /dem:  in 
Denkschr.  d.  k.  Ak.  XIX.  252  (de  segmentalione  corporis  non  per 
gemmationem  sed  per  constrictionem). 
Taenia  pulchella  Leidy:  in  Proeeed.  Aead.  Philad.  V.  241. 
Proteocephalus  dispar  Weinland:  in  Nov.  Act.  Nat.  Cur.  XXVIII.  (1861) 
21.  (de  ovulortim  testa  duplici,  exferiore  mucilaginosa). 

Hiiiiitaculo  adde:  Rana  temporaria:  in  inteslinis,  in  Bel- 
gi;i  (Ben  e den);  in  inteslinis  prope  Mngdeburguin  copiose,  Augusto 
et  Septembri  (0.  Schmidt).  —  Bufo  americanus:  in  inteslinis, 
specimina  duo  6"  longa.  —  Rana  pipiens:  speciinina  qnatuor,  in 
Pennsylvania  (Leidy).  —  Menobranchus  maculatus:  in  inteslinis, 
fragmenta  acephala  (Agassi/.).  —  Phryne  (Bufo)  vulgaris:  in 
intestino  crasso,  Marlio,  Patavii  (Polonio). 

In  speciminibus  e  Menobraneho  maculato  apeiturae  genitalium  laterales 
et  marginales  alternae,  penes  filiformes  (Leidy). 

29  (43).  Taenia  ocellata  RUD0LPH1  —  Dies.  Syst.  Helm.  I.  513 
adde: 

Apertur ae  genitalium  fVmineae  laterales.   Penes  marginales. 

Taenia  ocellata  Rud.  —  Siebold:  Lehrb.  d.  vergl.  Anat.  147  (de  apertur. 
genital.).  —  Idem:  Band-  u.  Blasenwürmer  43  (de  individuis  erra- 
tice  in  liepate  occurentibus  cystide  inclusis,    corpore  articulato,  sed 


Revision  der  Cephaloeotyleen.  AbUieilung:    Cyclocotyleen.  »>77 

organis  genitalibus  haud  evolutis.  —  Uiesing :  in  Sitzungsber.  der 
kais.  Akad.  XIII.  603.  —  M.  Schnitze:  in  V.  Carus  Icones  zootoin. 
Tab.  VII,  13  (anatom.  juv.).  — Beneden:  Mein.  Vers  intest.  165  (de 
corpore  inarticulato  individuorum  in  intestinis  Pörcae  fluvialilis 
et  de  eoruin   vesicula  pulsatoria). 

Habitiiculo    adde:  Perca  fluviatilis :    in  intestinis,  in   Bel- 
gia  (Beneden). 

30  (41).  Taenia  ambigua  DUJARDIN  —  Dies.  Syst.  Helm.  I.  512 
adde: 

f'roteocephalus  ambiguus  Weinland:  in  Nov.  Act.  Nat.  Cur.  XXVIII.  (1861) 
21  (de  ovulorum  testa  duplici,  exteriore  mucilaginosa). 

Habitaeulum.    Gasterosteus  laevis:   in  intestinis,  Rhedoni 
(Dujard  in). 

31  (40).  Taenia  filicollis  BUDOLPHI.  —  Dies.  Syst.  Helm.  I.  512 
adde: 

Bettingham :  in  Ann.  nat.  hist.  XIV,  319.  —  Üiesing :  in  Sitzungsber.  d.  k. 
Ak.  XIII,  1854,  603.  —  Cobbold'.  in  Transact.  Linn.  Soc.  XXII,  156. 
et  169.  Tab.  XXXI,  1  (scdm.cl.  Cobbold  animal  imperfecte  evolutum). 

Proteocephalus  filicollis  Weinland:  in  Nov.  Act.  Nat.  Cur.  XXVIII.  (1861) 
21  (de  ovulorum  testa  duplici,  exteriore  mucilaginosa). 

Habitaculo    adde:    Gasterosteus   aculeatus:    in    intestinis, 
Julie,  in  Hibernia  (Bell  ing  li  am);   in  Ai.glia  (Cobbold). 

32  (46).  Taenia  niacrophalla  UIESING:  Syst.  Helm.  I.  514  adde: 
Idem:  in  Denkschr.  d.  k.  Akad.  XII.  35.  Tab.  VI,  15—21. 

Habitaeulum    Cichla  Monoculus:  .lulio  et  Octobri,  in  Bra- 
silia (Natte  rer). 

33  (45).  Taenia  torulosa  BATSCH  —   Dies.  Syst.   Helm.  I.   514 

adde: 

Taenia  porulosa  (spbalinate  loco  torulosa)  Beneden:  Mein.  Vers  intest. 
162.  et  371.  Tab.  XXII,  1  —  3  (de  vesicula  pulsatoria  et  de  vasibus 
in  illam  excurrentibus). 

Habitaeulum.  In  Cyprinideorum  speciebus  varii.%  in  Belgia 
(Beneden). 


378  D  i  e  si  n  g. 

34  (42).   Taenia  longicollis  RUDOLPHL  —  Dies.   Syst.  Helm.  I. 

512  adde: 

Siebold:  Band-  und  Blasenwürmer  43  (de  individuis  erratiee  in  hepate 
occurrentibus  cy-tide  inclusis,  corpore  aiticulato  s;  d  ovganis  geni  a- 
libus  haud  evolutis). 

Habitaculum:  In  Salmonidum  specierum  variarum  intestinis, 
rarius  in  hepate. 

35  (44).  Taenia  macrocephala  CREPLIN.  —  Dies.  Syst.  Helm.  I. 

513  adde: 

Molin:  in  Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  XXX.  (1858)  138  et  XXXVIII.  (1859) 
13.  -  Idem:  in  Denkschr.  XIX.  252. 

Habitaculo  adde:  Angnilla  vulgaris:  in  intestino  tenui, 
Decembii,  in  ventriculo,  Martin,  Patavii  (Mol in). 

36.  Taenia  hemisphaerica  MOLIN: 

In  Sitzungsber.  d.  k.  Ak.  XXXVIII.  (1859)  14. 

Habitaculum:  Anguilla  vulgaris,  in  intestino  tenui,  No- 
vembri,  Patavii  (Molin). 

37.  Taenia  gibbosa  LEIDY. 

Caput  exiguum  horizontaliter  discoideum,  acetabulis  circulari- 
bus  in  disco  dispositis,  contiguis,  ore  haud  prominulo.  Collum  lon- 
gum  latum  et  crassum,  Corporis  pars  articulala  l»revis,  articulis 
transverse  oblongis,  ultimo  discif'ormi.  Aperturae  genitalium  .  .  . 
Longit.  li/3",  latit.  i */,'". 

Taenia  gibbosa  Leidy:  in  Proceed.  Acad.  Philad.  VII.  (1855)  444  et  VIII. 
(1856)  46. 

Habitaculum.  Lamnae  species:  ad  liltus  occidentale  Ame- 
ricae  septentrionalis :  in  intestinis,  specimina  duo  (Le  Conte). 
Num  fortasse  generi  Sciadocephalo  affinis? 

*  *  Cupula  armata. 

38.  Taenia  proglottina  DAVAINE. 

Caput  ovatum,  cupula  terminal!  ampla,  limbo  spinularum  ultra 
80   Corona    duplici    cincta,    acetabulis    uncinulis   miuimis    armatis. 


Revision  der  Ceplialocotyleen.  AbUieilung:  Cyclocotyleen.  379 

Collum  breve  capite  minus.  Corpus  bi-  vel  triarticulatum,  articulo 
primo  capile  majore,  secundo  et  tertio  sensim  multo  majoribus. 
Aperturae  genitalium  marginales  alternae  in  articulis  duobus  ultimis. 
Longit.  vix  «/■"*• 

Penis  in  vagina  echinata.  Ovula  magna  embryone  vivacissimo.  Artieuli 
soluti  cito  increscunt  et  longitudinem  statu  expanso  ultra  s/4'"  attingunt,  viva- 
ces,  Hirudinum  more  incedunt. 

Taenia du  Coq Dujardin  in  Annal.  des  sc. nat. 2.  ser.  XX.  (1843)  342 (solum 
artieuli). 

Taenia  proglottina  Davaine:  Traite  des  Entoz.  X.,  XXIV.  et  XXXIX.  Fig.  5 
et  13. 

H  a  b  i  t  a  c  u  I  u  m.  Phasianus  Gallus:  in  inlestinis  (D  u j  a  r  d  i  n), 
in  duodeno  copiose,  Octobri,  St.  Amand  in  Franeogallia  (Davaine). 

39.  Taenia  oscolata  GOEZE. 

Caput  subglobosum,  cupula  terminali  prominente  uncinulorum 
deeiduorum  Corona  quadruplici  cinr-ta,  acetabulis  hemisphaericis 
anticis.  Collum  subuullum.  Artieuli  supremi  brevissimi,  reliqui 
subquadrati.  Aperturae  genitalium  vage  alternae.  Longit.  1  — 12'", 
latit.  1—1  i/a"\ 

Taenia  osculata  Goeze.  —  Dies.  Syst.  Helm.  I.  523.  —  Wagener:  in  Nov. 
Act.  Nat.  Cur.  XXIV.  Suppl.  32-34  et  69.  Tab.  II,  25  (caput 
an.  adulti.  Tab.  III,  26—29.  —  Idem:  in  Natuurk.  Verh.  Haarlem  XIII. 
94. Tab.  111,16  (de  vesicula  pulsatoria).  —  Idem:  inV.Carus:  Icones 
zootom.  Tab.  VII,  14  (reddita).  —